Besonders erfreulich sind Leserkommentare, die eigentlich selbst eigene kleine Texte sind. Und damit sie nicht alle in der Menge untergehen, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig den „Leserkommentar der Woche“.
Diesmal ist es ein Kommentar von Marc Greiner zu Ahmet Refii Deners Beitrag „Der depperte Tante-Emma-Laden-Besitzer“:
„Schöner Artikel, der mich an meine Jugend erinnert. Ich habe mal ca. 2 Monate in Selamicesme verbracht, gleich neben der Bagdad-Straße, privat auf Einladung. Meine Freunde dort und die, die ich kennengelernt hatte, waren super Typen, Jungs wie Mädels. Einige konnten akzentfrei Deutsch (österreichisches Gymnasium), andere Englisch oder Französisch. Auch ich habe natürlich ihre Sprache angenommen, so gut es ging. Ein fantastischer Sommer. Habe Istanbul so gut gekannt wie kaum einer, da als Auswärtiger man mit einem anderen Auge das Ganze sieht. Mein Lieblingsviertel war Suadiye. Das Bessere ist eben des sehr Guten Feind. Habe ein-, zweimal pro Woche Geld gewechselt und hatte ausgesorgt. Immer gut gegessen, immer auf Achse, auf der Bagdad-Straße flanieren, mittags, nachmittags und abends abmachen. Habe auch andere Ausländer dort kennengelernt, die auch als Gäste dort waren und auch diese Kontakte hielten recht lange, manche bis zum Ableben. Am Meer auf den Inseln baden. Bin rüber zum Taksim ins Swissair-Büro, um den Rückflug zweimal, glaube ich, zu verschieben. Schöne Zeiten, die mich wehmütig stimmen. Damals hatte ich noch die Hoffnung auf eine westliche Türkei. Überhaupt, wenn man moderne Türken sehen wollte, musste man nach Istanbul, nicht nach Deutschland (Ausnahmen ausgenommen, auch von dort könnte ich einiges erzählen). Solche 'Ferien' hatte ich danach auch in Russland, Ukraine, Bulgarien und noch weiteren Orten. Ich nannte sie Insiderferien. Wenn man privat unterwegs ist, sieht man das wahre Leben im Land. Und lernt fleißig Sprachen. Die Baklava-Läden vermisse ich sehr. So eine Auswahl.“
Zum Hintergrund: Leserkommentare dienen nicht nur dem Gedankenaustausch, sondern ergänzen mitunter die dazugehörigen Texte um neue Aspekte und geben ein Bild der Stimmungslage. Leserkommentare sind dabei nicht repräsentativ für die Leserschaft, viele Achgut-Leser stehen beispielsweise im Berufsleben und haben gar keine Zeit oder haben Scheu, sich öffentlich zu äußern. Umso mehr freuen uns sachliche und im Ton konziliante Zuschriften, die entsprechend unserer Netiquette ruhig kritisch sein können, aber nicht verletzend sind. Die Redaktion freut sich dabei ganz besonders über Kommentare, die eigentlich selbst eigene, kleine Texte sind.