Besonders erfreulich sind Leserkommentare, die eigentlich selbst eigene kleine Texte sind. Und damit sie nicht alle in der Menge untergehen, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig den „Leserkommentar der Woche“.
Leserkommentare dienen nicht nur dem Gedankenaustausch, sondern ergänzen mitunter die dazugehörigen Texte um neue Aspekte und geben ein Bild der Stimmungslage. Leserkommentare sind dabei nicht repräsentativ für die Leserschaft, viele Achgut-Leser stehen beispielsweise im Berufsleben und haben gar keine Zeit oder haben Scheu, sich öffentlich zu äußern. Umso mehr freuen uns sachliche und im Ton konziliante Zuschriften, die entsprechend unserer Netiquette ruhig kritisch sein können, aber nicht verletzend sind. Die Redaktion freut sich dabei ganz besonders über Kommentare, die eigentlich selbst eigene, kleine Texte sind.
Und damit diese entsprechend gewürdigt werden, veröffentlichen wir an dieser Stelle regelmäßig „Leserkommentare der Woche“. Diesmal ist es ein Kommentar zu Gerd Buurmanns Beitrag "Oma Courage", in dem es um die gleichnamige FDP-Wahlkampagne für Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht und darum, was mit den Assoziationen zu Bertolt Brechts Stück "Mutter Courage" eigentlich gesagt wird. Thomas Hechinger schreibt:
Ehrlich gesagt, Herr Buurmann, ohne Ihre Hilfe hätte ich mich auch nicht mehr an die Einzelheiten des Theaterstücks erinnert. Ich bin damit nur einmal in Berührung gekommen, und zwar in der Schule, als das Stück im Deutschunterricht durchgenommen wurde. Ich habe es damals instinktiv abgelehnt, daran kann ich mich noch erinnern, und zwar weil es so furchtbar trist und hoffnungslos war. Das verträgt sich nicht mit einem aufstrebenden Jüngling, der noch voller Optimismus und Zuversicht ist. Mein Gott, ja, das war ich einmal! Nun will ich den „Achse“-Lesern nicht zu nahe treten, und vielleicht ist die Mehrheit in Bezug auf das epische Theater auch viel gebildeter als ich. Ich hege aber den leisen Verdacht, daß auch der ein oder andere Leser hier sich da nicht so hundertprozentig auskennt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die unstimmige Verknüpfung von „Oma Courage“ und „Mutter Courage“ dürfte den meisten Menschen gar nicht auffallen. Was am Plakat ins Auge sticht, ist, daß einem bei „Oma Courage“ eine in schwarz-weiß gehaltene verbiesterte, alte, böse Frau entgegenblickt, nicht die Oma, zu der man flieht, wenn es mal in der Schule nicht so gut läuft und man mit den Eltern über Kreuz liegt, sondern die Oma, vor der einem graut, wenn ein Besuch bei ihr ansteht und sie einen mit einem feuchten Kuß auf der Wange, so voller Erbarmungslosigkeit, empfängt. „Mama, muß ich wirklich mit zu Oma Agnes?“ „Kind, jetzt sei nicht so, du weißt, daß Oma Agnes dich lieb hat. Und wir waren auch schon mehrere Monate nicht mehr bei ihr.“ „Aber ich mag sie nicht, sie fragt mich immer so blöde Sachen. Und in ihrer Wohnung riecht es so komisch.“ „Kind, was redest du! Du kommst mit. Und jetzt ist Ruhe.“ Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die „Oma Courage“.