News-Redaktion / 14.05.2020 / 06:13 / Foto: Pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Legionellen! Wie der Lockdown gemeingefährlich wird

Legionellen im Trinkwasser können grippeähnliche Erkrankungen und schwere Lungenentzündungen hervorrufen. Immer wieder gibt es Todesfälle. Die Legionärskrankheit ist eine schwere Form der Lungenentzündung. Sie entwickelt sich typischerweise sehr rasch mit Brust- und Kopfschmerzen, Husten, Schüttelfrost und hohem Fieber von mehr als 40 Grad. Dabei kann es zu schweren Verwirrtheitszuständen kommen. Gelegentlich treten Bauchschmerzen mit Durchfall und Erbrechen auf. Die Lungenentzündung verläuft häufig schwer und dauert rund vier Wochen. Bei etwa jedem zehnten Betroffenen verläuft sie tödlich.

Akute Gesundheitsgefahr durch Legionellen besteht dann, wenn der Grenzwert von 10.000 sogenannter koloniebildender Einheiten (KBE) pro 100 ml Trinkwasser überschritten wird. Im Jahre 2013 war das der Fall in Frankfurt am Main 59-mal, in Dresden 38-mal, 70-mal in Leipzig und 119-mal in München. In ganz Baden-Württemberg 212-mal.

Das Umweltbundesamt (UBA) vermutet bis zu 3.000 Tote pro Jahr infolge der Legionellose, fast so viele Opfer wie im Straßenverkehr. 20.000 bis 30.000 Personen erkranken laut UBA jährlich. Dazu kommt die zehn bis 100-fache Anzahl an Infektionen durch das Pontiac-Fieber, einer milderen Form der Legionärskrankheit. Genaue Zahlen existieren aber nicht, da nicht jede Legionellose als solche erkannt wird, sondern meist als „normale“ Lungenentzündung in die Statistiken einfließt.

Jetzt droht eine fahrlässige Inbetriebnahme zahlreicher Gebäude, die seit Wochen nicht mehr genutzt werden. Zahlreiche Hotels, Betriebe, Ämter, Schulen, Fitness-Einrichtungen verfügen über sanitäre Einrichtungen und Duschen, deren Wasserdampf Legionellen enthalten kann. "Nach der wochenlangen Schließung von Hotels, Kaufhäusern und Büros sieht die Berliner Sanitär-Innung ein potenzielles Gesundheitsrisiko in Wasserleitungen. Auch Klimaanlagen könnten zur Gefahr werden", berichtet die Berliner-Zeitung. „Wir können im Zuge der schrittweisen Öffnung von zum Beispiel Hotels, Gaststätten und Schulen nur dringend an die Betreiber der Trinkwasseranlagen dort appellieren, das Legionellen-Thema äußert ernst zu nehmen“, sagte Innungsgeschäftsführer Andreas Koch-Martin der Berliner Zeitung. Offenbar wurde und wird vielfach versäumt, ähnlich wie in den Hotels auf der BER-Ruine, regelmäßig die Wasserleitungen zu spülen. Leider bewahrheitet sich die Befürchtung, dass viele Entscheidungsträger nicht verstehen, was für Konsequenzen es hat, wenn man eine hochgradig vernetzte Zivilisation zu stoppen versucht. 

Das reiht sich in Befürchtungen ein, die auch der Verfasser des Corona-Papiers aus dem Innenministerium geäußert hat, zu dessen Zuständigkeiten die Wasserversorgung zählte. Er warnte vor "Gefährdungen im Bereich der Trinkwasserversorgung" weil wegen des Lockdowns unter anderem Produkte und Materialien nur eingeschränkt verfügbar werden könnten, "die für die störungsfreie Versorgung mit frischem Trinkwasser unverzichtbar sind." Technische Details zur Problematik finden sich hier.

Eine stichprobenartige Recherche von Achgut.com Autor Rüdiger Stobbe in Aachen ergab: Für die Trinkwasserversorgung ist in Aachen und Umgebung die Regionetz GmbH verantwortlich. Die zuständigen Wasserwerke liefern einwandfreies Trinkwasser bis zum Wasserzähler der Immobilen. Ab Wasserzähler ist grundsätzlich der Eigentümer der Immobilie, in der das Wasser verteilt wird, dafür zuständig, dass die Wasserqualität einwandfrei bleibt, also immer und überall der vom Wasserwerk gelieferten Trinkwasserqualität entspricht.

Stellt die Regionetz GmbH fest, dass ein Wasserverbraucher – das ist vollkommen unabhängig von den aktuellen Corona-Stillständen – einen extrem geringen Verbrauch hat, wird er angeschrieben und darauf hingewiesen, dass bei längerer Abwesenheit und anschließend erneuter Inbetriebnahme des Trinkwassernetzes in der eigenen Immobilie bestimmte Vorsorge-Regeln zu beachten sind. Die für die Trinkwasserversorgung mitverantwortliche Mitarbeiterin der Regionetz GmbH machte einen kompetenten Eindruck. Dass ein spezielles Problem in der Trinkwasserversorgung wegen der zahlreichen Corona-Stillstände in Hotels, Gastronomie und Gewerbe entstanden ist, war ihr durchaus bewusst.

Ob allerdings alle betroffenen Immobilieneigentümer von der Regionetz GmbH informiert werden, konnte nicht abschließend zugesagt werden. Wie gesagt: Nur bis zum Wasserzähler ist die Regionetz GmbH für die einwandfreie Qualität des Trinkwassers verantwortlich. Es ergab sich gleichwohl der Eindruck, dass ein Denkprozess angestoßen wurde. Nichts wäre schlimmer, wenn Gäste oder Mitarbeiter zwar nicht an Covid-19 erkranken, dafür aber zum Beispiel eine Legionellen-Infektion erleiden.

Ein Hinweis durch die Wasserversorger mit den zu treffenden Maßnahmen wäre sicher hilfreich und womöglich lebensrettend. 

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Andi Nöhren / 14.05.2020

Angst schüren und Katastrophenszenarien herbeischreiben ist wohl derzeit in in Deutschland.

Christian Feider / 14.05.2020

zumindest für grössere Hotels,speziell Kettenhotels,kann man dieses spezielle Problem eigentlich minimiert betrachten. Soweit ich weiss,sind in den HACCP-Verordnungen in D besonders auch die Trink-und Bracuhwasser-Risiken beinhaltet. Geschlossene Hotels und Restaurants sind “eigentlich” angehalten, alle Leitungen mindestens täglich einmal zu benutzen,um abstehendes Wasser und damit Legionellen-Bildung zu vermeiden. Da eine komplette “Grundreinigung” gegen Legionellen mittels chemikalischer Durchspülung des Netzes weit mehr Kosten und vor Allem dann eine tagelange Betriebsunterbrechung bedeutet(von den Folgekosten der Gesundheitsbeeinträchtigung ganz zu schweigen),dürfte jeder klar denkende Hotellier dieses altbekannte Problem sehr genau im Blick haben. SELBST in Drittweltländern wie Ägypten oder Pakistan war dieses Risiko stets hochpräsent in jedweder Krise (arab Spring 2011) oder Marriott-Bombing 2008

Heiko Stadler / 14.05.2020

Vor vier oder fünf Jahren ist ein Arzt aus meinem Bekanntenkreis an Lungenentzündung erkrankt, die er glücklicherweise gut überstanden hat. Seit dem stelle ich die Temperatur in meinem Warmwasserspeicher einmal in der Woche auf 80 Grad, um die Bakterien abzutöten. Ein Hotel in Luxemburg macht das jede Nacht. Von anderen Hotels ist mir das nicht bekannt. Die vertrauen darauf, dass der Wasserdurchsatz so hoch ist, dass sich keine kritische Mengen an Bakterien bilden können. Ob die finanziell geschwächte Hotelbranche diesen Mehraufwand nach der Wiederinbetriebnahme machen wird, ist zweifelhaft. Für die Politik dürfte das kein Problem sein, denn die vielen tausend Shutdowntoten (durch Legionellen, verschobene Untersuchungen, Operationen ... ) werden als “Coronatote” in die Statistik einfließen.

Hans Buchner / 14.05.2020

Seit wann gibt es das Thema Legionellen bei uns? Seit die Vorlauftemperaturen in den häuslichen Verteilsystemen gesenkt werden mußten. Angeblich, um Energie zu sparen. Legionellen werden bekanntermaßen ab etwa 60 °C abgetötet. Darunter vermehren sie sich. Die Heißwassertemperatur bei mir hat seit Jahren den Wert 55 °C nicht überschritten. Außer, wenn mal wieder Legionellen bekämpft werden müssen. Weil ein Bewohner im 5. Stock nicht regelmäßig das warme Wasser aufdreht. Dann werden für 2 Tage die Vorlauftemperaturen auf 70 °C eingestellt und jeder im Haus soll das heiße Wasser voll aufdrehen und mehrmals am Tag mind. 5 Minuten laufen lassen. Ja, so wird heute Energie gespart… ABM für Hausverwalter, die Gesundheitsbehörden, den TÜV und die Dekra, Handwerker. Was hat uns also das Energieeinspargesetz beschert? Nur ein weiteres von vielen Problemen, die wir vorher nicht hatten.

B. Rilling / 14.05.2020

Vor allem könnte man derartig Erkrankte auch aufgrund der Symptomatik und der derzeitigen Zustände erst mal als Coronaerkrankte identifizieren, wenn dann der Test, welcher ja schon mal falsch testen kann, noch falsch positiv anzeigt, dann wurde wieder zu Recht gewarnt vorm zu schnellen Beenden des Lockdowns.

Thomas Müller / 14.05.2020

Es ist das Lichtmesz-Sommerfeld-Gesetz, welches lautet: “Alles, was Linke über Rechte sagen, schreiben, denken, trifft immer und ausnahmslos auf sie selber zu.”

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