Furedis Ausführungen zu Nationalismus, Souveränität, Antipopulismus und zum Projekt EU, kann nicht darüber honwegtäuschen, dass es darüber hinaus noch etwas gibt, das nicht gern, und schon gar nicht offen, diskutiert wird: Eine kraftstrotzende, nach außen hin einig erscheinende EU, wird einen neuen EU-Nationalismus hervorbringen, der wieder Abgrenzung, Feindbilder und Konflike generiert. Ungarn und Polen geben einen Vorgeschmack auf internationale Verwerfungen, die die EU mit übernationalen Eingriffen in die Nationalitäten unvermeidlich schaffen wird. Und alles ohne eine demokratische Legitimation! Wenn Nationales und Traditionelles und Diverses (hier als Unterschiede zwischen EUropäischen Nachbarn gemeint!) tatsächlich gelöscht werden oder verächtlich gemacht werden soll, muss das Projekt EU am Demos scheitern! Auch der Antiamerikanismus, zutreffender noch: die Feindschaft zu dem freiesten und demokratischsten Staat (und Volk), darf nicht weiterhin konstituierend für die EU der Oligarchen sein. - Diese Diskussion muss vor den nächsten EU-Wahlen unbedingt intensiviert werden. Der Anfang ist gemacht.
Selektive Herangehensweise. Nicht bekannt, oder mir nicht aufgefallen ist ein Vorgehen der 24 verbleibenden Mitglieder gegen die drei, die durch ihre Handlungsweise, hier ihre Steuergesetzgebung, die öffentlichen Haushalte der 24 ausplündern, indem sie eine Plattform schaffen, damit die in Europa tätigen Großkonzerne so gut wie keine Steuern zahlen. Das Geld bringen stattdessen die Mittelschichten auf oder es wird der jungen Generation oder den Rettungsschirmfinanziers (also auch den Mittelschichten) in Form von Schulden aufgebürdet. Wer sind die drei? Malta, Zypern oder Rumänien? Nein die Gründungsmitglieder Niederlande und Luxemburg sowie der “celtic tiger” Irland.
Als hätte die EU-Oligarchie nicht vom raschen Zerfall Jugoslawiens gelernt, wie schwach die supranationalen Klammern auf Dauer sind. Ihre Friedensstiftung ist damit nicht verifiziert. Darüber hinaus sind es meist die selben Stimmen, die dem ehemaligen europäischen Kolonialismus die Schuld am Unfrieden am wirtschaftlichen Desaster in Afrika und im Nahen Osten geben, weil ‘künstliche’ Grenzziehungen keine Rücksicht auf die ethnischen Verhältnisse genommen hätten, was ein indirektes Eingeständnis ist, dass die Grenzen eben nur ‘richtig’ gezogen sein müssten, um Frieden zu haben. Das Problem der Philosophen ist, dass sie ihre Thesen nie validieren müssen, und sollten sie nicht funktionieren, sie immer andere Einflüsse schuld sind. In einem Europa der offenen Grenzen konkurrieren die nationalen Konzepte. Man braucht keine Philosophen, die Migration innerhalb Europas ist die Messlatte.
Die EU souveräner Staaten hat sich zur einer Rätediktatur selbstverliebter “Eliten” entwickelt, die zwar Vielfalt predigt, aber Gleichschaltung praktiziert. Die Rätediktatur ist inklusiv, wie der Islam,: Jeder, der sich unterwirft, ist willkommen. Die EU entwickelt sich zum Leviathan, dem säkularen Zwillingsbruder des Kalifats. Schade. Aber es ist ein Problem der einfältigen “Eliten”, nicht der sich wohlgesonnenen europäischen Völker in ihrer natürlichen Vielfalt.
Wer einzig mit Moral argumentiert, zeigt, dass er das Problem nicht verstanden hat. Wer Argumente mit Moral untermauert, zeigt, dass seine Argumente schwach sind. Moralismus führt in der Konsequenz immer in ein totalitäres System, da über Moral nicht diskutiert werden kann, da sie als absolut gesetzt gilt. Moral ist der Gegenpart zur Vernunftgeleiteten Ethik im Geiste der Aufklärung. Ja, das geht der EU vollkommen ab. Die heutige EU ist ein antiwestliches Konstrukt.
Der EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy lag 2010 gar nicht so falsch. Angst ist ein Problem in der EU. Die Frage ist, was man mit dieser Einsicht macht. Normalerweise wird diese Angst kleingeredet oder stigmatisiert als Mangel an Weltoffenheit. Das ist die milde Form. Dann gibt es noch die schwere Form: Fremdenfeindschaft. Und die schwerere: Rasissmus. Die schwerste Form dieser Angst: Faschismus. Behandelt werden die Träger solcher bedauernswerten Einstellungen alle gleich, nämlich wie Kranke. Der brillante Hans-Magnus Enzensberger benannte diesen Vorgang in seiner einsichtsreichen kleinen Aufsatzsammlung “Versuche über den Unfrieden” (Suhrkamp, 11 Euro - Pflichtlektüre!). Enzensberger zog kühl das Fazit: Die Bürger werden von den Eliten wie Kranke behandelt. Es wurde, sagt er, das therapeutische Denken verstaatlicht und zur unhinterfragten Norm erhoben. Die unausgesprochene Mehrheitsüberzeugung lautet nunmehr: Wer nicht für uns ist, ist krank. Wer aber krank ist, ist gefährlich; und wer gefährlich ist für die Demokratie, muss (und soll!) bekämpft werden. Jedenfalls sind seine Argumente wertlos. Man versagt dem Gegner die gleiche Achtung, die unter Demokraten eigentlich zwingend geboten ist. Diese Haltung ist für die herrschende Mehrheit bequem, aber sie hat ein kleines Problem zur Folge: Die therapeutische Weltsicht unterläuft die öffentliche Debatte und - sie ist im Kern hierarchisch, also strikt undemokratisch.
Mag Alles so sein. Einmal mehr störe ich mich an dem Ausdruck “linksliberal”. “Links” und “liberal” schliessen einander aus. Ein Liberaler kann mit von seiner Meinung abweichenden leben. Er wird sie nicht lieben, er wird sich verbal damit auseinander setzen, sie aber gewiß nicht bekämpfen. Schon gar nicht mir Sanktionen. Das widerspräche dem Geist der Liberalität. Der typische Linke jedoch akzeptiert keine von seiner Meinung abweichende. Folglich bekämpft er sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Der Begriff “linksliberal” adelt Linke auf eine Weise, die diese sicher nicht verdient haben. Die Worte folgen den Gedanken.
Forderung: Die gegenwärtig exekutiv organisierte Form der EU muss durch eine demokratisch organisierte abgelöst werden. Das ginge jedoch nur, wenn die die EU beherrschende Exekutive der Mitgliedsländer diese Veränderung den EU-Bürgern erlauben würde. D. h., dass die EU-Exekutive initiativ werden müsste. Sie müsste eine EU-Verfassung mit einem demokratischen Aufbau der EU entwerfen: Oben steht der Souverän, der nach dem Prinzip 1 Wahlberechtigter = 1 Stimme das unter ihm stehende EU-Parlament wählt, und der nach dem Direktwahlsystem den EU-Präsidenten, mit wenig Vollmachten, und den EU-Regierungschef wählt, die beide dem Souverän und dem EU-Parlament verantwortlich sind. Ganz unten stehen die Parteien. Das EU-Parlament beauftragt den EU-Regierungschef, die Mitglieder der Regierung dem EU-Parlament zur Abstimmung vorzuschlagen. Jegliche Art von Fraktionsdisziplin o. Ä. ist strafbewehrt untersagt. Damit würde eine demokratische Organisation der EU erreicht werden können, in der nicht mehr Juncker, Merkel und ein Haufen von der Exekutive ausgesuchter Kommissare autokratisch bestimmen, was des EU-Bürgers Sache zu sein hat. Nieder mit der Exekutiv- und Autokraten-EU! Es lebe die Europäische Republik! Es leben die Vereinigten Staaten von Europa! Solange wir es in Deutschland nicht einmal schaffen können, die Parteienautokratie in eine Res publica zu transformieren, in der der Stimmbürger das Wort hat und nicht Parteifürsten, wird, leider, die Europäische Republik Zukunftsvision bleiben.
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