Erich Wiedemann / 25.12.2016 / 10:25 / Foto: Pujanak / 2 / Seite ausdrucken

Lechts und Rinks in der Politik

Was ist rechts, was ist links in der Politik? Im Deutschen Bundestag ist rechts die Seite  des Hauses, auf der die CDU/CSU-Fraktion sitzt und wo nächstes Jahr vielleicht wieder die FDP und ziemlich sicher die AfD sitzen werden. So unsympathisch Ihnen das auch sein mag: CDU, CSU, FDP und AfD sind rechte Parteien. Links sitzen Sozialdemokraten, Grüne und Linke - eben da, wo sie hingehören.

Die weltanschauliche Positionsbestimmung ist schwieriger. SPD-Reformkanzler Gerhard Schröder hat mal gesagt, er verzichte auf die Wörter rechts und links, für ihn für ihn gebe es nur richtige und falsche Politik. Doch mit dieser Haltung hat er sich nicht durchgesetzt. Seine Partei will einen klaren Schnitt zwischen Gut und Böse.

Nach der allgemeinen Lehrmeinung steht rechts für ein Demokratieverständnis, bei dem die individuellen Freiheiten wichtiger sind als die Gleichheit. Links bedeutet mehr (soziale und politische) Gleichheit, manchmal auch auf Kosten individueller Freiheiten. Die Meinungsforscherin Noelle-Neumann hat aus ihrer Sicht beschrieben, was die Menschen in Deutschland unter linken Werten verstehen. Linke Ideale sind danach: Gleichheit, Gerechtigkeit, menschliche Nähe und Wärme, Formlosigkeit,  das „Du“. Der Zeitgeist ist links.

Die Rechten dagegen sind eine aussterbende Spezies. Nicht mal sie selbst wollen mehr so genannt werden. Volker Kauder, der CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, lehnt es sogar ab, seine Partei als konservativ zu bezeichnen. Die CDU sei eine christliche Partei, basta. Dabei ist Kauder selbst ein reinrassiger Konservativer, wenn nicht ein echter Rechter.

War Hitler ein Linker? 

Die Linken sind salonfähig. Alle sagen, niemand solle ausgegrenzt werden. Aber rechts ist verbrannt.  Rechts riecht nach Hitlergruss und Brandstiftung in Flüchtlingsheimen. Links dagegen riecht nicht nach Gulag, Mauer und Schießbefehl. Die Linken wissen eben besser, wo sie öffentlich Distanz halten müssen zu den unguten Werten ihres geistig-politischen Erbes.

Wie schwer sich auch die Wissenschaft mit den Begrifflichkeiten tut, sieht man daran, dass sie sich bis heute nicht endgültig entschieden hat, ob der Nationalsozialismus vorwiegend nationalistisch oder sozialistisch war. Wir erinnern uns, wie sich die deutsche Linke besudelt fühlte, als der Historiker und Hitler-Biograph Joachim Fest 2003 in einem Zeitungsartikel die Frage stellte, ob Hitler womöglich ein Linker war. „Manche guten Gründe sprechen dafür, dass der Nationalsozialismus politisch eher auf die linke als auf die rechte Seite gehört.“   

Beide, Linke und Rechte, bekennen sich zur Freiheit, so wie sie die Freiheit verstehen. Linke meinen Freiheit von äußerer Not. Der Staat soll sich um soziale Sicherheit und Geborgenheit kümmern. Ihr zentrales Anliegen ist Solidarität mit den Schwächeren. Sie wollen wirtschaftliche Werte nicht primär erzeugen, sondern vor allem umverteilen. Rechte dagegen stellen sich gegen staatlichem Zwang. Sie schätzen Anstrengung, Leistung, Risikobereitschaft, Eigenaktivität.

Die Linke hat die bessere Lobby und das stabilere Selbstverständnis. "Wer links ist, lebt im schönen Gefühl, immer Recht zu haben“; schreibt „Spiegel“-Autor Jan Fleischhauer in seinem Buch „Unter Linken.“ Und: „In der Politik haben sich die Linken oft geirrt, aber irgendwie macht das nichts, immer werden ihnen die besten Motive zugebilligt. Warum eigentlich?“

Fleischhauer hat die Erfahrung gemacht, dass es in den Medien fast nur Linke gibt. Er ist beim „Spiegel“ der einzige nichtlinke Kolumnist. Heute ist er einer derjenigen, vor denen seine Eltern ihn immer gewarnt haben. Jedoch, wehe, es würde ihn einer einen Rechten nennen, dann könnte er rabiat werden.

Am Tisch der Reaktionäre

Ich selbst war viele Jahre lang Rechtsaußen im „Spiegel“-Auslandsressort. Von meinem Zuschnitt gab es in der ganzen Redaktion damals nur noch zwei weitere Exemplare (Fleischhauer war damals noch ein Linker): Klaus Kröger, vormals D-II-Chef und Wirtschaftsredakteurin Renate Merklein, die unter dem Einfluß ihres Mannes, Professor Armin Gutowski vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut, von einer radikalen Sozialistin zur Marktgläubigen konvertiert war.

Wir drei speisten mittags in der Kantine häufig gemeinsam am „Tisch der Reaktionäre“, wie er genannt wurde. Die anderen hielten, wenn nicht grade rush hour war, auf Abstand, indem sie zwischen sich und uns einen Tisch frei ließen.

Sehr zum Verdruss der Kollegen war ich auch einer von nur zwei „Spiegel“-Leuten, die schon mal als Kommunisten im Gefängnis gesessen hatten. In Südafrika wegen Verstoßes gegen die Rassentrennung. Das wurde mir als Anmaßung ausgelegt, weil die Ehre, eine Woche im faschistischen Apartheid-Staat im Bau verbracht zu haben, mir  moralisch nicht zustand. Der andere war der sanftmütige Personalienredakteur Werner Deutsch. Er war ein richtiger Kommunist, der wegen seiner Nähe oder Zugehörigkeit zur verbotenen KPD verurteilt und eingesperrt wurde.

Die ganz Linken haben heute eine eigene Partei, "Die Linke", die sich als Rechtsnachfolgerin der SED versteht und die mit 64 Parlamentariern im Bundestag vertreten ist. Eine Partei mit dem Namen "Die Rechte" wäre in Deutschland undenkbar.

Was links ist, hat breite Rückendeckung bei den Medien. Die Leitprintmedien und ihre Online-Ableger sind prinzipiell links. Ebenso die meisten Regionalzeitungen. Sie machen sich nicht unbedingt ideologisch gemein mit den Zielen des linksintellektuellen Milieus. Sie vertreten aber die Gemeinplätze, die ihnen von links vorgegeben werden. Vor allem bei der Flüchtlingspolitik und beim Amerika-Bashing. Und stimmen nach jedem Attentat, wie jetzt wieder nach dem Massaker von Berlin, die unvermeidlichen Klagen auf den deutschen Fremdenhass an, der sich diesmal an den Flüchtlingen austobt.

Das Über-Ich von Sahra Wagenknecht

Die Leute von der AfD, so heißt es, sollten nicht ausgegrenzt werden. In fast allen Blättern kommen sie aber nur als Schmuddelkinder vor. Alle Medien - die seriösen und die vom Boulevard - haben dagegen keine Berührungsängste gegenüber der Linken, deren Fraktionsvorsitzende, Sahra Wagenknecht, Mühe hat, ihr stalinistisches Über-Ich unter der Decke zu halten.

Nichtlinke Publikationen sind Mangelware in Deutschland. Und plötzlich kommt ein triebgesteuerter Reklame-Fuzzi um die Ecke und will "Tichys Einblick" und die "Achse des Guten" wegboykottieren, weil sie nicht zu seiner Moral passen. Es wurde ein tiefer Griff ins Klo. Und das war für Leser, die das freie Wort schätzen, eine wahre Freude.  

Ich selbst schreibe für die „Achse“, nicht weil sie mir weltanschaulich nahe steht, sondern weil sie das Meinungskonzert  in Deutschland mit unangepassten Ideen tüchtig belebt. Ohne die "Achse" würde mir was fehlen. Einigen anderen sicher auch.

Die Systemmedien aber bleiben eisern auf Kurs. Sie blenden aus, was nicht in ihr Weltbild passt. Sie prügeln nach wie vor auf Trump ein, als könnten sie seine Amtseinführung noch im letzten Moment verhindern.

Bei vielen deutschen Blättern gibt immer noch der alte verklemmte  Antiamerikanismus den transatlantischen Takt vor. Für die „Süddeutsche“, das Flaggschiff der „Amerika-Kritik“, „schält sich da eine Präsidentschaft heraus, die… die liberale westliche Ordnung unwiederbringlich zerstören könnte“. Darunter tut sie´s nicht.

Dass fast alle Journalisten links sind, geht natürlich zu Lasten der Meinungsvielfalt, dass so viele politisch so ignorant sind, geht zu Lasten der Qualität ihrer Erzeugnisse.  

Passt auf, die Blase platzt!

Wie gefährlich die Verschmelzung von Macht und Meinung sein kann, hat sich in der letzten Weltfinanzkrise gezeigt. Kein Wirtschafts- oder Börsenjournalist hatte in all den Boomjahren davor gefragt, ob das immer so weiter gehen könne, das Jonglieren mit Milliarden und Billionen. Keiner rief: „Passt auf, die Blase platzt!“

Wirtschaftskommentatoren, so sagt Peter Sloterdijk, „sind eingebettete Journalisten.“ Und: „Für sie wären Argumente gegen den Mainstream beruflicher Selbstmord...Noch nie habe ich eine solche Horde von bleichen Unpersonen beisammen gesehen. Was heute Krise heißt, ist die Weltverschwörung der Spießer.“

Klar, dass Sloterdijk für seine Medienkritik gleich das Brandzeichen der Ultrarechten verpasst kriegte. Der linke Folklore-Philosoph Richard David Precht hängte ihm für seinen Verriss von Merkels Flüchtlingspolitik das Prädikat "Nazijargon" um. Aber Sloti hat den Medien natürlich auch tüchtig was auf die Rübe gegeben. Journalisten, so schrieb er, seien „angestellte Meinungsäußerer, die für Sich-gehen-lassen bezahlt werden“.

Das lesende Volk ist in einer hoffnungslosen No-win-Situation. Die veröffentlichte Meinung macht die öffentliche Meinung weitgehend platt. Man kann die Wahrheit nicht fördern, indem man die Unwahrheit einfach verbietet, wie die Spitzen der Großen Koalition meinen. Das Gesetz gegen die Verbreitung von Fake News, das Justizminister Heiko Maas durchsetzen will, fördert nicht die öffentliche Wahrhaftigkeit. Schon weil es nur die unautorisierten Lügen im Netzt sanktionieren will, aber nicht die Lügen und Halbwahrheiten der Eliten.

Das Gesetz gegen Fake News wird niemanden, nicht einmal Merkels Lieblingsminister Peter Altmaier, daran hindern, auch weiterhin Phantasiezahlen über die Integration der Flüchtlinge zu verbreiten, ohne sich dafür verantworten zu müssen.

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Leserpost

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Andreas Rochow / 26.12.2016

Das ist eine wesentliche Problematik unserer Epoche. Wunschdenken und Realitätsferne des linken Medienzirkus machen die Gefährlichkeit der Verschmelzung von Staatsmacht und ihren Medien aus. Der Prozess hat viele Facetten: Sprachregelungen und Zensurtendenzen behindern den offenen Diskurs und führen zur immer stärkeren Polarisierung der Gesellschaft. Das Nicht-Wahrhaben-Wollen von unangenehmen Tatsachen verhindert Problemerkennung und Einleitung von Maßnahmen zur Problemlösung. Mit der demonstrativ guten linke Absicht werden Fehler und Pannen und ein Verhalten “entschuldigt”, das im übertragenen Sinne Konkursverschleppung genannt werden müsste. Die gegenwärtige Krise des Vertrauens, der Demokratie, des Selbstbildes der deutschen Nation - ja, noch gibt es sie, obwohl es um ihren eiligen Ersatz durch eine linksgrüne Multikulti-Dystopie à la Merkel-Özogus geht! - sollte endlich Anlass dafür sein, linksgrüne Führungspositionen infrage zu stellen und neu zu besetzen. Einschränkung der freien Meinungsäußerung durch den Staat und seine Medien sind ernstzunehmende Symptome einer Diktatur. DDR-Sozialisierte wissen, was das bedeutet; klar, dass sie das nicht noch einmal haben wollen.

Volker greve / 25.12.2016

Es gab früher mal den Satz: Links wählen und rechts gasgeben Und wirklich,bei der gutmenschlichen Umverteilungsorgie fällt immer noch ein schöner Batzen für einen selber ab. Das funktioniert schon seit ewigen Zeiten,als es Links begrifflich noch nicht gab.

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