Oswald Metzger, Gastautor / 14.06.2015 / 20:25 / 1 / Seite ausdrucken

Leben auf Pump

Wer sich das Ausmaß der Kreditfinanzierung in den allermeisten Staaten auf diesem Globus anschaut, den müssten Panikattacken befallen. Die Wachstumsrate bei der öffentlichen Verschuldung liegt im Trend stabil über dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Aus diesem Grund erhöht sich der Schuldenstand der meisten Staaten in Relation zum Bruttoinlandsprodukt beständig weiter. Von nachhaltiger Finanzierung kann aber keine Rede sein, wenn in immer mehr Ländern das Mehrfache einer volkswirtschaftlichen Jahresleistung auf Pump finanziert ist. Und dabei fehlen in der statistisch ausgewiesenen Staatsschuld die immensen Kosten der sozialen Sicherung. Für Renten und Pensionen und die Krankenversicherung alternder Gesellschaften gibt es kaum irgendwo Rücklagen - und wenn, dann stehen diese in keinem Verhältnis zu den immensen Kosten.

Wer sowohl die ausgewiesene, also die explizite Staatsverschuldung, wie auch die in den sozialen Sicherungssystemen versteckte implizite Staatsverschuldung addiert, muss viele Volkswirtschaften dieser Welt als bankrott einstufen. Oder glaubt wirklich jemand an das Märchen, dass gewaltige Produktivitätssprünge durch kluge Köpfe und modernste Technik das volkswirtschaftliche Trendwachstum so steigern, dass es die Ausgabendynamik der Staaten dauerhaft übersteigt? Alternde Gesellschaften müssten sich zu einer nahezu sagenhaften Innovations-Performance aufschwingen, um ein solches Wunder zu vollbringen. Dieses Wunder geschah selbst in den vergangenen Jahrzehnten nicht, als die Volkswirtschaften noch deutlich jünger waren.

In dieser Realität sollte es vernünftigen Politikern leicht fallen, die Öffentlichkeit für eine Sparpolitik zu gewinnen, mit der das Leben auf Pump beendet wird. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. En vogue ist längst die Diskreditierung der so genannten Austeritätspolitik, die Armut und wirtschaftliche Depression schüre. Nicht die Brandstifter, die mit einer hemmungslosen Kreditfinanzierung und schier grenzenlosen staatlichen Leistungsversprechungen ein vermeintlich sorgenfreies Leben auf Pump propagieren, werden attackiert. Ziel des Hasses, der nicht nur von der politischen Linken befördert wird, sind diejenigen, die das verfestigte Anspruchsdenken mit Strukturreformen in den Sozialversicherungen und durch Ausgabenkürzungen in den öffentlichen Budgets bekämpfen wollen.

Doch wir leben nicht in Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat. Die Realität der nackten Zahlen läßt sich auf Dauer nicht verdrängen. Obwohl gerade die griechische Tragödie tagtäglich beweist, zu welcher Wirklichkeitsverdrängung europäische (und deutsche) Politiker imstande sind.

Zuerst erschienen auf dem isnm-Oekonomenblog hier.

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Leserpost

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Hans Meier / 14.06.2015

Lieber Herr Metzger, woher sollen denn solche „sonderbaren Politiker“ auftauchen, die nicht „mehr Konsum auf Pump“, sondern realistische Finanzierungen vertreten ? Sie beschreiben zwar völlig zutreffend was da abläuft. Jene „märchenhafte Situation“, in der ein „US-Dukaten-Esel“ unentwegt „Dollars“ produziert, mit denen global so viele „Amts-Schimmel und -Stuten“ gefüttert werden, die dafür sorgen, diesem Prozedere nicht nur in der EU-Zone Vortrieb zu besorgen, sondern bis in die deutschen Provinz-Haushalte zu folgen, liegt im Trend. Aus Sicht von erfahrenen Kaufleuten, also denen, die hauptberuflich was verkaufen, ist es essentiell, wenn ihnen die Politik, Käufer zuführt oder Kartelle eröffnet, dass können wir doch deutlich sehen, wenn die Politik Verordnungen erlässt, mit denen z. B. das Wetter bewirtschaftet oder Wärmedämmung zur Vorschrift wird oder über zwei Jahrzehnte Vergütungen für „Edelstrom“  der Bevölkerung „aufgebrummt“ werden. Warum sollte nicht nur materielles Handelsgut und nicht auch der materialisierte Glaube bewirtschaftet werden ? Das war in allen Zeiten nicht anders als heute, wo die Wettermacher und „Klima-Helfer“ ihre Apanage einfordern und eine „Klima-Kanzlerin“ diesen Scharlatanen vorsteht.  Die Einflussnahme der Kaufleute, auf die politische Agenda, um wirtschaftliche Optionen zu realisieren, lässt sich elegant mit Stiftungen, Thinktanks, NGO`s, Studien und Säcken von Geld aus der Portokasse, als Werbeausgaben absetzen. Mit Senioren ist kaum Umsatz im Media-Markt zu steigern, im Immobilienmarkt, in den Supermärkten und allen Märkten, die Großkaufleute wachsen sehen wollen. Ob diese Käufer mit eigenem, selbst erwirtschafteten Geld, oder aus öffentlichen kreditfinanzierten Mitteln alimentiert, zum Umsatz der Großkaufleute beitragen, sieht der steuerzahlende Großkaufmann, als gesellschaftlich und politisch aktiver Gestalter, wohl so, wie zu allen vorherigen Zeiten. Er stiftet an und gestaltet, in dem er Einfluss auf die Politik nimmt.  

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