Sehr geehrter Prof. Jacobsen, mit Verlaub, ich verstehe Ihr Problem nicht. Entscheidend ist doch nicht ob Sie nun tatsächlich in die Kirche gehen oder nicht, Nein, maßgebend ist dass Sie die “Möglichkeit” dazu haben ..... und dafür sollten Sie schon bezahlen wie für alle anderen “Möglichkeiten” auch . Nochmal: Die Kirche ist eine von vielen “Möglichkeiten” und warum soll sie die einzig mögliche Ausnahme sein wenn ansonsten alles “Mögliche” bezahlt werden muss?!! Also mir scheint dass nicht die Kirche Sie, sondern Sie die Kirche zum Dhimmi machen und das geht nicht, zumindest nicht nach Kant….
Antwort an Herrn Seiler: Meine Frau zahlt Kirchensteuer entsprechend Ihrem Einkommen. Ich zahle meinen Beitrag an den Humanistischen Verband. ZUSÄTZLICH lässt die Ev.Kirche 396€ “Besonderes Kichgeld” einziehen, obwohl ich von dem Verein keinerlei Service erhalte und auch nicht will. Die dafür geschaffene Rechtsgrundlage ist bizarr, aber whl juristisch nicht zu ändern, sondern nur über eine öffentliche Debatte. Der andere Skandal ist das Gebaren der Landeskirche, die von mir verlangt, meine gesamte Steuererklärung zu offenbaren. Mit anderen Worten: Eine Organisation, der ich nicht angehöre und der ich sehr kritisch gegenüber stehe, erhält Einblick in all das, was ich steuerlich offenbaren muss. Für mich eine ungeheure Zumutung. Auch halte ich es für einen Skandal, dass der Kirche im Datenschutzrecht ein Privileg eingeräumt wird.
Insgesamt ist der Artikel eine hübsche Stimmungsmache in der Echokammer, aber in Sachen Kirchgeld nicht sonderlich erhellend. Zum Einen ist es ja ganz nett, Nicht-Kirchenmitglieder mit Dhimmis zu vergleichen, aber das haut ja nicht so ganz hin. Wo ist die denn Schutzfunktion der christlichen Kirche? Heutzutage wird einem ja nur noch (Schutz-)Geld aus der Tasche gezogen. Zum Anderen ist es eh klar, dass die Begründung der Kirche für das besondere Kirchgeld nichts taugt, von dort bekommt man sowieso nur Falschdarstellungen. Da muss man schon selber schauen. Eine kurze Google-Suche hat die Seite https://kirchgeld-klage.info/ zu Tage gefördert. Die ist zwar weniger unterhaltsam als der o.a. Artikel, dafür aber deutlich informativer (leider auch umfangreich), bis hin zum Mustereinspruch. - Ergänzender Tipp : Der obige Hinweis von H. Ermel zur Getrenntveranlagung wird im Saldo fast immer teurer als das Kirchgeld. Ganz so schlicht geht das nicht, also aufpassen.
Derlei Kirchengeld-Eintreiberei muss nachdenklich stimmen. Wenn der Staat sie erlaubt, fühlt sich die Kirche zu Wohlverhalten veranlasst, auf dass die Einnahmequellen nicht versiegen. Das erklärt, wieso sich EKD-Chef Bedford-Strohm aufführt, als sei er der Sprecher der Großen Koalition und habe einen dringenden Umerziehungsauftrag zu bewältigen, selbstverständlich mit höchstem Segen. Selbstverständlich entsteht durch den Betrieb einer Nachrichtenagentur (epd), eines Verlags (eva), einer illustrierten Wochenzeitung (chrismon) und eines kleinen Medienimperiums in Frankfurt (Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik, gep) mit grossflächiger Performance in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein hoher Bedarf an Liquidität. Und es stimmt: Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen werden nach dem Sozialgesetzbuch vergütet; in ihren Betrieb fließt kein Cent des “besonderen Kirchengeldes”. Es bleibt zu befürchten, dass die Kirche solange dieses unsägliche Kirchgeld von Nicht(mit)gliedern fordern darf, wie sie ihren Segen zum Einzug der öffentlich-rechtlichen Demokratieabgabe erteilt. Eine Hand wäscht die andere. Sitzen wir nicht alle in einem Boot?
Der Vergleich von Kirchgeldzahlern und Dhimmis ist ja nett, und zeigt auch, dass Geld vor Moral etc . geht, damals wie heute. Aber ob das alles einen weiterbringt, ist eine andere Frage, zumal die Darstellung (und auch der eine oder andere Kommentar) nicht so ganz der Sachlage entspricht. - Es kommt bekanntlich nicht darauf an, die Welt zu interpretieren, sondern sie zu verändern. Nach 50 Jahren “Rechtsprechung” sind die Handlungsmöglichkeiten begrenzt. Das mit den Weltanschauungsgemeinschaften kann man inzwischen (außer in Bayern) vergessen. Bei besonderen Kirchgeld bleiben somit nur noch rechtliche Schritte, denn auf etwas anderes reagieren die Kirchen nicht, weil sie genau wissen , dass sie das besondere Kirchgeld zum Teil rechtswidrig erheben. D.h., entgegen der Vorgabe des BVerfG, wonach das besondere Kirchgeld nur vom einkommenslosen Kirchenmitglied erhoben werden darf. Wer sich für Einspruch oder Klage gegen das besondere Kirchgeld interessiert, sollte danach googeln. Für Doppelverdiener scheint was möglich zu sein. Aber aufpassen, dass man keine kirchlichen Seiten erwischt, die sind voller Falschdarstellungen.
@Torsten Ermel: Ach so einfach ist das, klasse Tipp ;) Ist ja auch fair, wenn der Staat einem was schenkt, dann kann doch die Kirche auch ein bisschen was vom Kuchen abbekommen. Nicht.
@Marcel Seiler: Das Verfahren, das Sie als gerecht bezeichnen, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1965 verboten (1 BvR 606/60, zum Thema Ehegattensplitting Abschnitt C I 2. a). Bis dahin wurde es in etwa so praktiziert. Folge dieses Urteils war genau das in diesem Artikel beschriebene besondere Kirchgeld, das sich ausschließlich gegen das Kirchenmitglied richtet. Wieso sollte es auch gerecht sein, zur Berechnung der Kirchensteuer das Einkommen eines Nichtmitglieds heranzuziehen?
“Kirchen seit Jahrzehnten Milliardenbeträge vom Staat für Enteignungen von Kircheneigentum von vor über 200 Jahren.” Zu diesem Thema möchte ich auf einen Aspekt aufmerksam machen, der auch in dem verlinkten Artikel nicht deutlich wird. Der Staat zahlt nicht für die Enteignung sondern gleicht den Niesbrauch aus. Das sind die jährlichen Erträge aus den Ländereien, die von der Kirche für die die eigenen Bedürfnisse (also die Kosten für die religiöse Betreuung und den Bau und Unterhalt der Pfarrhäuser und Kirchen) verwendet wurden. Beispiel: Die Pfarrei erbt einen Acker. Der Ertrag des Ackers (Ernte und/oder Pacht) kommt der Pfarrei zu gute. Das ist im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 geregelt. (Hat mit der Kirchensteuer nichts zu tun.) Es gibt zwei Möglichkeiten dies aufzulösen: 1. Die entschädigungslose Enteignung der Kirchen. Ist wohl in unserem Rechtsstaat nicht machbar. 2. Die Ablösung der Nießbrauchzahlung durch eine einmalige Entschädigungszahlung für die enteigneten Ländereien, nach den heute geltenden Rechtsgrundsätzen. Davor schreckt der Staat wegen der Größenordnung zurück. Durch den Reichsdeputationshauptschluss bekamen ca.95.000km² Kirchenland einen neuen Herrscher oder Eigentümer. Das sind ca. 27% der heutigen Fläche des Bundesgebietes von 357.050km². Das Zögern des Staates dieses “heiße Eisen anzufassen kann ich verstehen. Die Katholische Kirche hat mehrfach zu verstehen gegeben, dass sie bereit sei, dazu Verhandlungen aufzunehmen.
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