Joachim Nikolaus Steinhöfel / 11.08.2022 / 14:07 / Foto: Achgut.com / 79 / Seite ausdrucken

Landesvertretung gibt gegenüber Broder und Steinhöfel Unterlassungs-Erklärungen ab

Die Absage einer für den 31.08.2022 vorgesehenen Veranstaltung des „Transatlantischen Forums“ hat für die Landesvertretung Baden-Württemberg jetzt rechtliche Konsequenzen.

Die Veranstaltung, für die neben Reden des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und des US-Senators Lindsey Graham auch Auftritte von Henryk M. Broder und Joachim Steinhöfel vorgesehen waren, hat im Vorfeld und nach ihrer Absage breite mediale Resonanz hervorgerufen. Insbesondere der CDU-Vorsitzende Merz, der den Einflüsterungen jüngerer Berater folgte und seinen Sprecher und langjährigen Vertrauten bei seiner ad hoc-Entscheidung, die auch den US-Senator Graham desavouierte, überging (zu den Details folgt ein ausführlicher Text), wurde heftig kritisiert, vergleiche, hier, hierhierhierhier und hier.

In der Folge lehnte Graham ein Treffen nur mit Merz ab und solidarisierte sich mit den anderen Teilnehmern („Konservative würden sich ‚nicht gegenseitig canceln, bevor sie sprechen‘. Das sei ein Markenzeichen demokratischer und konservativer Prinzipien. Folge man den Prinzipien nicht, ‚dann sind wir nicht anders als die Linken‘.“).

Die Landesvertretung Baden-Württemberg, in deren Räumen die Veranstaltung geplant war, machte auf Twitter publik, man werde vom Mietvertrag „zurücktreten“. In den – inzwischen gelöschten – Tweets hieß es weiter, die „genannten Referenten weisen eine starke Nähe zur AfD auf. Die Veranstaltung ist daher geeignet, das Ansehen der Landesvertretung zu beschädigen.“

Diese persönlichkeitsrechtsverletzenden und – da von einer staatlichen Stelle stammend – auch verfassungswidrigen, möglicherweise auch strafbaren Inhalte wurden von Broder und Steinhöfel abgemahnt. Über Henryk M. Broder muss man dank seiner „überragenden Bekanntheit“ (so die Pressekammer des LG Hamburg in einem zu seinen Gunsten erlassenen Beschluss) kein Wort verlieren. In der Abmahnung Steinhöfels heißt es:

Die Behauptung, unser Mandant als einer der Referenten der Veranstaltung des Transatlantischen Forums, das für den 31.08.2022 in ihrer Landesvertretung vorgesehen ist, „weise eine starke Nähe zur AfD auf“ entbehrt jeder Tatsachengrundlage. Unser Mandant ist Rechtsanwalt und hat in dieser Funktion ein Verfahren für die AfD geführt, das zum Parteiausschluß des rechtsextremistischen Andreas Kalbitz führte. Mit der beanstandeten Behauptung dichten Sie unserem Mandanten jenseits anwaltlicher Tätigkeit und ganz im Sinne des mit Kontaktschuld operierenden und daher verfassungswidrigen Radikalenerlasses eine politisch-ideologische Nähe zu den Positionen der AfD an, für die keine tragfähige Grundlage existiert. Wie völlig politisch abwegig ihre Insinuation ist, zeigt nur beispielhaft der hierunter eingeblendete Tweet unseres Mandanten vom 01.03.2022:

Noch schwerwiegender ist Ihre an einen großen Empfängerkreis gerichtete rufschädigende These, die bloße referierende Anwesenheit unseres in einer Reihe von grundrechtssensiblen Fragen, insb. solchen der Meinungsfreiheit häufig zitierten Mandanten sei geeignet, Ihr „Ansehen zu beschädigen.“ Damit wird unser Mandant nicht nur fachlich als nicht mehr diskursfähig geschmäht, sondern ad hominem….

Dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat ist es verfassungsrechtlich untersagt, sich ohne hinreichend rechtfertigenden Grund herabsetzend über einen Bürger zu äußern (BVerfG, Beschluss vom 17. 8. 2010 – 1 BvR 2585/06).

Die Landesvertretung hat ihre Rechts- und Verfassungsverletzungen erkannt und sowohl gegenüber Broder (Broder UE) wie gegenüber Steinhöfel (Steinhöfel UE) strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben und die Tweets gelöscht. Die Landesvertretung Baden-Württemberg hat in der Folge der Löschung auf Twitter lediglich formuliert: „Unser Tweet zum Rücktritt vom Mietvertrag für die Veranstaltung eines ‚Transatlantischen Forums‘ in den Räumen der Landesvertretung war nicht korrekt formuliert und wurde deshalb von uns gelöscht.“

„Nicht korrekt formuliert“ ist angesichts des drastischen Rechtsbruchs etwas zu zurückhaltend formuliert. Eigentlich sollte es sich ohnehin auch aus dem Anstand und der Integrität der Handelnden und aus den durch das Grundgesetz vorgegebenen Pflichten staatlicher Stellen von selbst ergeben, dass eine rechts- und verfassungswidrige, sowie persönlichkeitsrechtsverletzende Tat vollständig korrigiert wird und deren Folgen für die Betroffenen beseitigt werden, indem man auf den Rechtsverstoß hinweist und diesen allen Empfängern gegenüber mitteilt. Das staatliche Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot gebietet dies ohnehin, auch wenn es den Betroffenen aus persönlichen (also irrelevanten) und möglicherweise weltanschaulichen Gründen (also gleichfalls rechtlich unbeachtet) schmerzen mag. Diesen Anstand und diese Integrität hat die Landesvertretung Baden-Württemberg bislang nicht zu zeigen vermocht.

Dieser Beitrag erscheint auch auf Joachim Steinhöfels Website hier.

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Paul Siemons / 11.08.2022

“Die Landesvertretung hat ihre Rechts- und Verfassungsverletzungen erkannt” - erkannt vielleicht. Aber auch eingesehen? Da habe ich meine Zweifel. Egal. Merz ist hoffentlich als “Hoffnungsträger” der heutigen Blockpartei CDU für alle Zeiten verbrannt.

Rainer Niersberger / 11.08.2022

Eine Art “phyrrussieg” oder praeziser formuliert ein Sieg, der keiner ist, weil er auch keiner sein kann. Die im Schriftsatz enthaltenen “Schlenker” werden natuerlich sowohl von der Rechtsprechung, wie auch dem Feind auf der anderen Seite, dankbar aufgenommen, denn sie ermöglichen exakt das, was dann kam, ohne dass sich substanziell auch nur irgendetwas aendern wuerde. Letztlich konnte die anderer Seite nachgeben, ohne dass man dem rechtlich entscheidenden Aspekt, der Beachtung des grundrechtlichen Persoenlichkeitsschutzes inhaltlich entscheidend naeher gekommen waere.  Bekanntlich handelt es sich bei der AfD um eine zugelassene, demokratische Partei mit Sitz im BT. Das angestrengte Verfahren ist nachvollziehbar, die Einlassungen auf der Klaegerseite moegen prozesstaktisch klug gewesen sein, um der Rechtsprechung zur richtigen Entscheidung zu verhelfen, in der eigentlichen Sache selbst ist nicht nur nichts gewonnen, sondern, wie die erwartbare Reaktion zeigt, eher mehr verloren. Die Naehe oder Fastnaehe oder Nichtnaehe zur AfD ist grundgesetzlich irrelevant. Die parteilichen Abschaffer der FDGO, darin unterstützt vom “Verfassungsschutz” und dem “BVerfG” sitzen nicht in der AfD, sondern in der Ampel und zumindest partiell auch im Kartell. Sie machen aus diesem Ziel nicht einmal ein Geheimnis. Man sollte nicht ueber jedes Stöckchen springen, dass der Feind hinhaelt. Es gibt hier rein gar nichts zu erklären oder zu rechtfertigen, schon gar nicht mittels einer bemuehten Distanz, um die es dem Feind, der nicht so dumm ist, wie es scheint, gar nicht geht. Er weiss allerdings, wie es in Sch’land funktioniert.  Auf ein Neues, usw…..

Ludwig Luhmann / 11.08.2022

Auch die CDU macht sich die Welt, widdewidde wie sie ihnen gefällt.

Rudolf Krakora / 11.08.2022

Gratuliere zu diesen Erfolg!

Torsten Hopp / 11.08.2022

Da wäre eine Entschuldigung fällig. Soviel Rückrat haben die Anfänger aber nicht. Schlimm genug, dass eine “Nähe” zur AfD in Form von Diskurs zur Schädigung des Ansehens führen soll. Merz sollte sich als Parteiführer canceln.

Michael Scheffler / 11.08.2022

Herzlichen Glückwunsch!

Ludwig Luhmann / 11.08.2022

Auch die CDU macht sich die Welt, widdewidde wie sie ihnen gefällt.

H.Nietzsche / 11.08.2022

Was ist denn an den Positionen der AfD so schlimm? Dass es Positionen sind, aus denen heraus schon vor Jahren vor den Folgen der betriebenen Geld-, Migrations- und Energiepolitik gewarnt wurde? Positionen, die sich Stück für Stück als richtig herausstellen? Für ideologische Fanatiker ist das sicherlich ganz schlimm.

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