Der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis hat für großen Aufruhr gesorgt, als er am 25. November in der „Times“ den Antisemitismus in der Labour-Partei anprangerte. Der Judenhass sei ein Gift, das von ganz oben gebilligt werde, und sich in der Partei festgesetzt habe. Labour-Chef Jeremy Corbyn sei wegen seines Umgang mit dem Thema nicht geeignet, Premierminister zu werden.
Gestern Abend hat Andrew Neil ein Fernsehinterview mit Jeremy Corbyn geführt. Das Urgestein des britischen Journalismus gab dem Politiker mehrmals die Chance, sich für den Antisemitismus in seiner Partei und seinen Umgang damit zu entschuldigen – vergeblich. Die ausweichenden Antworten des Labour-Chefs sind heute das große Medienthema in Großbritannien – die meisten Tagesszeitungen brachten es als Aufmacher. Achgut.com gibt hier den Austausch zwischen Neil und Corbyn wieder, in deutscher und in englischer Sprache.
Deutsch:
Andrew Neil: Möchten Sie diese Gelegenheit heute Abend nutzen, um sich bei der britisch-jüdischen Gemeinde für das, was passiert ist, zu entschuldigen?
Jeremy Corbyn: Was ich sagen werde, ist folgendes: Ich bin entschlossen, unsere Gesellschaft für Menschen aller Glaubensrichtungen sicher zu machen. Ich möchte nicht, dass sich jemand in unserer Gesellschaft unsicher fühlt und unsere Regierung wird jede Gemeinschaft schützen...
A.N.: Also keine Entschuldigung?
J.C.: ... gegen die Beleidigungen, denen sie ausgesetzt ist, auf der Straße, in den Zügen oder in irgendeinem anderen...
A.N.: Also keine Entschuldigung dafür, wie Sie damit umgegangen sind?
J.C.: ... in irgendeinem anderen Lebensbereich.
A.N.: Ich werde es noch einmal versuchen.
J.C.: Moment mal, Andrew. Darf ich erklären, was wir vorhaben?
A.N.: Das haben Sie und es wurde Ihnen viel Zeit gegeben, es zu tun. Ich habe Sie gefragt, ob Sie sich entschuldigen wollen, und das haben Sie nicht.
J.C.: Andrew, ich will nicht, dass jemand das durchmacht, was jemand anderes durchgemacht hat.
A.N.: Und das haben Sie schon mehrmals gesagt. Ich verstehe das, Mr. Corbyn. Ich habe Sie nach einer Entschuldigung gefragt. Kommen wir nun zum Brexit...
J.C.: Moment. Kann ich einfach klarstellen, dass Rassismus in unserer Gesellschaft ein totales Gift ist, …
A.N.: Das haben Sie schon mehrmals gesagt. Also, wissen Sie, wir verstehen das. Ich bestreite das nicht.
J.C.: ... sei es Islamophobie, Antisemitismus...
A.N.: Und das haben Sie schon gesagt. Kommen wir nun zum Brexit.
J.C.: ... oder jede andere Form von Rassismus. Und ich möchte mit jeder Gemeinschaft zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Rassismus eliminiert wird. Dem habe ich mein ganzes Leben gewidmet.
A.N.: Das haben Sie bereits klargestellt, und die Menschen werden sich ihre eigene Meinung bilden.
Englisch:
Andrew Neil: Wouldn’t you like to take this opportunity tonight to apologise to the British Jewish community for what’s happened?
Jeremy Corbyn: What I’ll say is this: I am determined that our society will be safe for people of all faiths. I don’t want anyone to be feeling insecure in our society and our government will protect every community…
A.N.: So no apology?
J.C.: … against the abuse they receive, on the streets, on the trains, or in any other…
A.N.: So no apology for how you’ve handled this?
J.C.: … in any other form of life.
A.N.: I’ll try one more time.
J.C.: No hang on a minute, Andrew. Can I explain what we’re trying to do?
A.N.: You have and you’ve been given plenty of time to do it. I asked you if you wanted to apologise and you haven’t.
J.C.: Andrew, I don’t want anyone to go through what anyone else has gone through.
A.N.: And you’ve said that several times, I understand that Mr Corbyn. I was asking you about an apology. Let’s move on to Brexit…
J.C.: Well hang on, can I just make it clear racism in our society is a total poison…
A.N.: You’ve said that several times. So, you know, we get that. I’m not arguing about that.
J.C.: … be it islamophobia, antisemitism…
A.N.: And you’ve said that too. Let’s move on to Brexit.
J.C.: … or any other form of racism. And I want to work with every community, to make sure it’s eliminated. That is what my whole life has been about.
A.N.: You’ve made that clear, and people will make up their own minds.
Ein Video des Dialogs finden Sie hier.