Sebastian Biehl, Gastautor / 16.07.2024 / 15:00 / Foto: Imago / 7 / Seite ausdrucken

Kurzkommentar: Trumps echte „Diversity“

J. D. Vance oder Kamala Harris: Welcher Vize steht mehr für das benachteiligte Amerika?

Mancher Kommentator der üblichen Medien hat sich sofort abfällig über den frischgebackenen Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance geäußert, schon mal, weil er Republikaner ist und deswegen natürlich (igitt!) rechts. Dazu ist er noch ein „Wagniskapitalgeber“, also ein vor Geld stinkender Kapitalist gemäß dem linken Weltbild. Auch fällt hier, mit dem üblichen Diversitätsraster im Kopf, auf, dass es „noch ein weißer Mann“ ist, also die zu erwartenden Kriterien nicht bedient werden, die die amtierende Vize-Präsidentin Kamala Harris als Frau mit etwas dunklerer Haut aufweist und die bekanntlich der wohl entscheidende Grund war, sie zum „running mate“ von Joe Biden zu machen.

Das Kamala Harris‘ „Diversität“ nichts mit einem vermeintlich benachteiligten Status als „woman of colour“ zu tun hat, ist längst bekannt: Sie entstammt väterlicherseits einer karibischen und mütterlicherseits einer indischen Elitefamilie, beide Eltern waren angesehene Akademiker. Mit den schwarzen Baumwollpflückern des tiefen Südens hatten sie oder ihre Familie nichts zu tun, auch wenn sie immer wieder als „erste Afro-Amerikanische Vize-Präsidentin“, die dadurch den Rassismus bekämpfe, gepriesen wird. Die rührende Erzählung vom persönlichen Kampf gegen Benachteiligung und Armut, Stoff vieler Hollywood-Epen, gilt bei ihr nicht, auch wenn sie diese immer wieder zu konstruieren versucht.

Allerdings gilt diese Erzählung von Armut und Benachteiligung umso mehr für J. D. Vance. Er ist das beste Beispiel dafür, dass die weiße Hautfarbe nicht automatisch zu Privilegien führt. Das war nicht einmal in den Südstaaten des 19. Jahrhunderts so, wo deutlich mehr Weiße der Unterschicht angehörten als der Pflanzer-Aristokratie, die ihrerseits auf das „weiße Pack“ genauso herabsah wie auf die schwarzen Sklaven.

J. D. Vance, der auch als Bestsellerautor der „Hillbilly Elegy“ berühmt wurde, kam von ganz unten. Er wuchs in einer Kleinstadt in Ohio auf, kannte seinen Vater nicht, seine Mutter war drogenabhängig und er hatte verschiedene Stiefväter, wurde auch misshandelt. Erzogen wurde er von den Großeltern, selbst Leute, die in prekären Verhältnissen lebten, aber an ihren Enkel glaubten und wollten, dass er es mal weiterbringen würde als sie. Und das tat er. Er lernte fleißig bis zum Abschluss, studierte sogar an der Elite-Universität Yale Jura und arbeitete sich hoch zum möglicherweise bald zweitwichtigsten Mann der USA. Entscheidend dabei war, dass er die prekären Verhältnisse seiner Kindheit nicht als Entschuldigung benutzte oder als Schicksalsschlag sah, sondern diese überwinden wollte.

Trump, als Multimillionär, der auch schon aus recht soliden Familienverhältnissen kam, aber sich immer auch mit den Arbeitern identifizieren konnte, hat also mit der Wahl von Vance eine Brücke zu den wirklich Benachteiligten geschlagen und damit den Glauben an die vereinigende Kraft des Aufsteigerlandes USA bekräftigt.

 

Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin.

Foto: Imago

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Leserpost

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W. Renner / 16.07.2024

Die Konservativen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und arbeiten für den Erfolg. Die Linken jammern und nehmen das Geld der arbeitenden in die Hand.

Dietmar Herrmann / 16.07.2024

Noch eine kleine historische Anmerkung: die Kindersterblichkeit in der schwarzen Südstaatenbevölkerung war niedriger als die unter den ach so privilegierten weißen Suprematisten in den frühkapitalistischen Industriehöllen des Nordens. Am Ende des Bürgerkriegs kämpften schwarze Freiwillige für den Süden, nachdem sie Zeugen der Befreiung durch Shermans Mörderbanden geworden waren. Das beste, was ihnen die Yankees nach der Niederbrennung ihrer Existenzgrundlage zu bieten hatten war der Spruch : Ihr seid frei, verpißt euch, aber wagt es nicht, im Norden aufzukreuzen! Die Autorin von “Onkel Toms Hütte ” hatte zuvor nicht mehr zu bieten als eine verlogene Hypermoral, auf die die Yankee-Propaganda nach 3 erfolglosen Kriegsjahren trotz zehnfacher materieller Überlegenheit gerne zurückgriff, so wie man aktuell fanatisch den Kampf gegen rääächz instrumentalisiert, wenn man schon sonst alles in die Grütze reitet.

Wilfried Cremer / 16.07.2024

Hi! Der dritte Donnerschlag lässt auf sich warten: Biden wird gegangen. Optimal vor Kameras wie Herr Ceausescu, aber ohne Kugel.

George Samsonis / 16.07.2024

J.D. Vance ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass - trotz der massiven Probleme, die die USA haben - über diesem Land immer noch die Star-Spangled Flagge weht und es das Land der Freien ist die Heimat der Mutigen!!!

Tobias Meier / 16.07.2024

Der amerikanische Traum, vom Tellerwäscher zum Millionär - und zwar durch Einsatz, Fleiß und ein Quäntchen Glück, ist das direkte Gegenteil linker Utopien. Leistung bringen für Erfolg? Wir Nazi ist das denn bitte? J D Vance scheint eine menschgewordene Manifestation dieses amerikanischen Traums zu sein. Kein Wunder, dass er bei der veröffentlichten Meinung schlechte Karten hat.

Thomas Szabó / 16.07.2024

Ich stelle mir vor wie Kamala Harris sich jeden morgen vor dem Spiegel dunkel schminkt. Sie könnte sich einen Südstaaten-Akzent zulegen. In unbeobachteten Momenten, wenn nicht mehr als ein dutzend Kamerateams dabei sind, könnte sie alte “Worksongs”, Sklavenlieder aus dem alten Süden still vor sich hin summen. ♦ Die Eltern von J. D. Vance mögen Versager gewesen sein, aber er hatte das “White privilege” verantwortungsvolle, vernünftige, liebende Großeltern zu haben, die an ihn glaubten, ihn förderten, ihn (auch durch ihr eigenes Vorbild) motivierten. Das waren eben nicht der Typ Drogendealer, die tagsüber faul auf dem Sofa herumliegen, von Sozialhilfe schmarotzen, sich selber bemitleiden und bei gewalttätigen Demonstrationen, während sie die Geschäfte asiatischer Kleinhändler abfackeln, weinerlich in “Black Lives Matter” Klagen ausbrechen.

Lutz Liebezeit / 16.07.2024

Die Tagesschau tat gestern so, als hätte der Attentäter Trump einsichtig geschossen. Und heute, als habe sie sich Trump sehnlichst gewünscht. Ist “America first” und “Make Amerika great again” nicht irgendwie Nazi? Und ist die Parole “alle Knete für die Tagesschau, wenn nötig mit Gewalt” nicht doch chauvinistisch?  Das Compact-Magazin ist wegen Rechtsextremismus (der richtig dicke Hammer) verboten worden, dann haben die wahrscheinlich Massenvernichtungswaffen im Keller versteckt? Denn “Extremismus” ist eigentlich reserviert für den terroristischen Kampf mit der Waffe in der Hand?  So wie Che Guevarra,  der Massenmörder Che Guevarra, der Spaß am töten hatte und dadurch als Vorbild für die Fußballfans und die Jugend besonders gut geeignet zu sein scheint? Ich will das Magazin nicht in Schutz nehmen, das war stets störrisch, als gehöre die AfD ihm allein. Daß es die Partei unmöglich einfärbt und die es schwer hat, sich aus der Umklammerung der Neurechten zu lösen, ist denen nie aufgegangen. Ganz schön egoistisch, denn das neurechte Element schreckte die mimosenhaften Wähler der Mitte ab. Praktisch hat Faeser sich mit dem plumpen Verbot allerdings den besten Zuarbeiter für ihre Wahnvorstellungen abgeschaltet.

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