Kurzkommentar: Einen Wodka-Söder, bitte!

Söder beruft sich wieder einmal auf seinen großen Vorgänger Franz Josef Strauß. Dabei kann man dem nun wirklich nicht nachsagen, die eigene Haltung nach Söder-Art immer wieder so zu verbiegen, dass man am Ende immer selbst widerspricht.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) besinnt sich laut Welt seines großen Vorgängers Franz Josef Strauß: „Franz Josef Strauß hätte wahrscheinlich die AfD als fünfte Kolonne Moskaus bezeichnet“, sagte Söder. Sie seien die „treuesten Vasallen“, die der Kreml in Deutschland vorfinde. Blicken wir daher einmal zurück, was Franz Josef Strauß an Markus Söder aufgefallen wäre.

Typisch Söder: Am 15. März 2020 noch rasch Kommunalwahlen abhalten lassen und am 16. März 2020 den Katastrophenfall nebst strengem Lockdown ausrufen: „Die Bayerische Staatsregierung unter Führung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat heute aufgrund der Corona-Pandemie ab sofort den Katastrophenfall für ganz Bayern ausgerufen. (…) Veranstaltungen und Versammlungen werden landesweit untersagt.“

Noch typischer Söder: 2011 angeblich seine Karriere an den Atomausstieg 2022 knüpfen, bei Zuwiderhandeln mit Rücktritt drohen und 2023 vehement die Laufzeitverlängerung der deutschen, wenigstens aber der bayerischen Kernkraftwerke fordern.     

Am typischsten Söder: Söder und Russland. Januar 2020: Söder besucht Putin in Moskau. Januar 2022: Söder lehnt Sanktionen gegen russische Gaslieferungen ab. Im Januar 2022 sagt Söder auch: „Russland ist kein Feind Europas“. Immer noch Januar 2022: Söder spricht sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. März 2022: Söder weist im Interview jegliche Kritik daran immer wieder zurück.

Nun zu seinem großen Vorbild, Franz Josef Strauß: Ja, auch Strauß war in Moskau, allerdings nicht bei Putin nach Ende des Kalten Friedens, sondern bei Gorbatschow gegen Ende des Kalten Kriegs. Strauß flog die Maschine sogar selbst, politisch wie aeronautisch auf nicht ganz risikofreie Weise, und er kassierte dafür die entsprechend süffisante Kritik. Außenpolitik gegenüber Moskau war nie simpel, und es ist selbstverständlich richtig, den Kanal offen zu halten. Wenn man ihn nicht bereits gestrichen voll hat. War Franz Josef Strauß 1987 daher die „Fünfte Kolonne Moskaus“? Und hat der selbsternannte Diplomat Söder seinen Kanal gestrichen voll?

Ebenfalls von Franz Josef Strauß aber stammt dieses fast zeitgleiche Zitat, angesichts des Aufstiegs der„Republikaner“: „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Und dank konsequenter konservativer Politik, von Strauß und Dregger über Kohl bis hin zu Geißler, Blüm und Süßmuth, verschwanden die „Republikaner“ in der Bedeutungslosigkeit. Das war die alte Integrationskraft der CDU/CSU. 

Apropos konsequente konservative Politik: Als was würde der Strauß Franzl dann den Söder Markus bezeichnen? Als die „Fünfte Kolonne der AfD“ oder doch nur als das „weißblaue Fähnlein im Wind“? Eins aber würde er mit Sicherheit tun, der Strauß Franzl: sich einen Wodka-Söder bestellen. Besonders in Moskau.

Foto: Bundesarchiv, Ludwig Wegmann, CC BY-SA 3.0 de, Link

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Leserpost

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sybille eden / 20.07.2023

FJS und Ludwig Erhard waren die besten Politiker die dieses Land je hatte ! Und wer ist jetzt noch mal dieser Söder ?

T.Resias / 20.07.2023

Tja Herr Matthes, beim Lesen Ihres Kurzkommentars habe ich sehr gemischte Gefühle. Dass Söder sein Fähnlein nach dem Wind hängt und seine Haltung entsprechend ändert sei unbestritten ( ich bin auch keineswegs ein Fan von ihm ), aber der Strauss war zwar nicht ganz so flatterhaft (obwohl der auch Wendemanöver von 180 (Annalena würde sagen 360 ) Grad hingelegt hat , wie z.B erst Brandts Ostpolitik ablehnen und dann zu Gorbi fliegen und der DDR einen Milliardenkredit gewähren ), aber der Strauss war hochgradig kriminell und absolut rücksichtslos. Sein politisches Leben war gepflastert von Affären ( Fibag-, Spiegel-, Starfighter-, HS30-, Onkel Alois-, Spielbanken-, Amigo- uva ), und er war ein Meister der Verunglimpfung seiner politischen Gegner (“Ratten und Schmeissfliegen” uva ). Ich habe ihn während meiner Zeit in Bayern als hochgradige Gefahr für Demokratie und Frieden (atomare Bewaffnung der Bundeswehr ), Polizeieinsätze in Wackersdorf etc etc etc ) erlebt und war erleichtert dass er damals die Wahl zum Bundeskanzler verlor und 1988 an “akutem Bauch” verschied.

Meier Max / 20.07.2023

Die Republikaner wurden nicht durch die Integrationskraft der CDU/CSU bedeutungslos, sondern durch ihre verfassungswidrige Bekämpfung durch den Verfassungsschutz, der auch damals schon ein Lakai der Machthaber war. Dennoch witziger Kommentar. Den Strauß Franz Joseph habe ich noch live erlebt. Er war der Beste!!! Feiner Unterschied: Markus Söder: Protestant und Franke, wos Schlimmas gibt’s ned. Franz Joseph Strauß: Katholik und Oberbayer. Wos Bessas gibt’s ned!

Gerd Maar / 20.07.2023

Der Söder ist zwar ein abscheulicher Opportunist, aber bezüglich der AfD hat er leider größtenteils recht.

Sturm Peter / 20.07.2023

Im Gesamtblick. 1961 - die ersten türkischen Gastarbeiter 1988 - der Tod von FJS, zur Zeiten von ca.8 Millionen Ausländern, das Problem noch zu klein, um erkennen zu können, daß es später mal nicht mehr zu kontrollieren ist. 2015 - Merkel’s Attentat auf die Nation (Flüchtlingskrise) FJS wäre wohl zum Stauffenberg geworden und hätte Söder den Ar….blau geprügelt, bis zur Erleuchtung seiner Sinne, warum er es hat soweit geschehen lassen…?!

D. Brauner / 20.07.2023

Man mag von Strauß halten, was man will. Seine Warnung vor dem Rot-Grünen-Narrenschiff hat sich jedenfalls bewahrheitet. Leider.

Xaver Huber / 20.07.2023

Sehr geehrter Herr Matthes, in Anbetracht der zeitlichen Beschränkungen, Kommentare einsenden zu können VOR der Rezeption Ihres Artikel: Ein Zitat des in der Ewigkeit ausharrenden Älteren illuminiert sein unterschiedliches Politik- und Staatsverständnis zu dem Jüngeren: Man solle zwar dem Volk aus Maul schauen, doch nicht nach dem Mund reden. \\\ Söder hat vielfach bewiesen, in mehrfach verdrehter Weise das unglückselige Gegenteil zu praktizieren.

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