Es stellt sich die philosophische Frage, ob es das Böse überhaupt gibt? Der Großinquisitor meinte es gut, Hitler meinte es gut, Stalin meinte es gut, Mao meinte es gut, Pol Pot meinte es gut, die IS meinte es gut, die Taliban meint es gut, Klaus Schwab meint es gut, die Bundesregierung meint es gut. Die uns bekannten bekennend-bösen Serienmörder brachten vielleicht einige Tausend Menschen um, sie sind Ausnahmeerscheinungen. Ist das Böse nur eine Ausnahmeerscheinung? Alle großen Massenmorde wurden im Namen des Guten begangen. Der Hass eines bösen Menschen guten Menschen gegenüber, der Hass eines guten Menschen bösen Menschen gegenüber, ist es nicht derselbe Hass? Viele gute Menschen argumentierten im Laufe der Geschichte de facto wie folgt: Wenn wir guten Menschen zusammen halten und jeder gute Mensch einen bösen Menschen umbringt, dann bleiben nur noch die guten Menschen übrig. Heute argumentieren viele so: Wir Demokraten bekämpfen die Feinde der Demokratie. Die Feinde der Demokratie sind diejenigen, die unsere Definition von Demokratie nicht teilen. Andersdenkende sind Feinde der Demokratie. Der demokratische Diskurs delegitimiert die Demokratie und ist deshalb undemokratisch. Unsere Demokratie ist die einzig wahre Demokratie. Sie ist absolut & total. Wollt ihr die totale Demokratie? Wollt ihr sie – wenn nötig – totaler und radikaler, als wir sie uns heute überhaupt erst vorstellen können?
Dostojewskis Großinquisitor legt dem „Angeklagten“ Jesus das „Unrecht“ dar, welches dessen Botschaft „anrichten“ würde. Er „erklärt“ die Position der Kirche, die den Weg Jesu unter keinen Umständen mitgehen könne, da die Umsetzung dieser Botschaft unmöglich für alle Menschen gelten könne und deshalb großes Leid schaffe. Er verurteilt Jesus folgerichtig zum Tode. Mit Politik hat das eher weniger zu tun. Es geht um menschliche Anmaßung. Ähnlich misslang schon der Versuch Goethes Faust politisch zu deuten, ihn etwa filmisch auf die Nazizeit zu übertragen. Es geht in Wirklichkeit um Tiefergehendes.
Ist Lethen, Helmut geimpft? Hasst er Corona- oder Klimaleugner? Was hält er warum von der AfD? - Bevor ich mir jemals wieder irgendwas von irgendjemandem über Macht und Machtmissbrauch erzählen lasse, wüsste ich gerne, ob er mein Feind ist.
Nee, das Böse ist nicht nur pathetisch gesprochen da, sondern es ist da. So wie es hell und(!) dunkel gibt. Es macht keinen Sinn, davon zu sprechen, dass es hell ist, wenn es nicht auch das Gegenteil davon gibt. Und ebenso verhält es sich mit “gut” und “böse”. Das Gute gibt es nur, weil es auch das Böse gibt - und umgekehrt. Von daher ergibt sich, dass es Gott - so es ihn denn gibt - unmöglich war, eine Welt ohne das Böse zu erschaffen. Ich fände eine Welt ohne das Böse auch ziemlich langweilig und gar nicht wünschenswert. Wir sollten davon ausgehen, dass es Gott genauso geht. Hand aufs Herz: Wir interessieren uns doch zum Beispiel deswegen so für die Massenvergewaltigungen in der Ukraine, weil wir uns von dem Thema irgendwie magisch angezogen fühlen, genauso wie vom massenhaften Sterben, das dort zur Zeit stattfindet. Und die Leute schauen sich doch nicht wegen dem Bondgirl oder den albernen Tricks, die das Bondauto beherrscht, den jeweils neuen Bondfilm an. Aber, wenn es das nicht ist, was dann? Wollen die Leute sehen, dass Bond gewinnt? Dafür braucht man nicht ins Kino, das weiß man schon vorher. Der Grund ist ein anderer: Die Leute gehen wegen dem Bösewicht in einen Bondfilm. Sie wollen sehen, was der sich wieder ausgedacht hat; das ist im Idealfall schön gruselig und bedrohlich und man bekommt mit etwas Glück sogar eine Gänsehaut. Das ist im Übrigen ein Teilgeheimnis, warum die NS-Zeit für viele so attraktiv war: Irgendwie hatte das Ganze etwas durch und durch Böses. Das spürte man und das erzeugte ein wohlig-schauriges Gefühl. Der Schauspieler Vincent Price war berühmt für seine Darstellungen in Horrorfilmen. Deep Purple haben ihm in dem Lied “Vincent Price” ein Denkmal gesetzt: “Heart pumping louder, the music’s out of time. The vampire’s dying, he’s got to have wine. Red blood dripping ... It feels so good to be afraid.” Es fühlt sich so gut an, Angst zu haben. Genau: Deshalb taten diese Filme auch seelisch immer so gut.
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