Kultur-Kompass: „Der Freiheitshandel“

Die westlichen Werte sind in Gefahr – sowohl innen als auch außen. Mathias Döpfner (Foto) hat eine kurze Zusammenfassung über den aktuellen Stand des Westens geschrieben: Wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich mit historischen Bezügen.

Die Straßen in Deutschland sind schon lange nicht mehr sicher. Davon zeugen praktisch tägliche Messer-Angriffe. Traurig, aber wahr: Der Bewegungsraum vieler Bürger ist massiv eingeschränkt.

Während der Mehrheit der Machteliten aus Politik und Wissenschaft, Medien und Kultur diese Entwicklung aus der Ferne wie eine deutsch-muslimische Fortsetzungskooperation der Filmreihe „Scream – Schrei des Todes“ erscheinen muss, ist der „normale“ Bürger gezwungen sich in Bus und Bahn, auf der Straße und im Freibad tagein, tagaus mit dieser Bedrohungslage zu arrangieren. Indem er den öffentlichen Raum meidet, lernt sich selbst zu verteidigen. Man kann auch sagen: Mit jeden Tag nehmen seine Sicherheit und seine Freiheit ein weiteres Stück ab.

Außenpolitisch sieht es auch nicht gerade besser aus. Diktaturen sind auf dem Vormarsch. Der Westen schafft es nicht mit anti-demokratischen Staaten und Organisationen fertig zu werden.

Innen- wie außenpolitisch werden demokratische Gesellschaften bedroht. Das veranschaulicht, nüchtern und stringent, Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE) in seinem neuen Buch „Der Freiheitshandel. Warum Geschäfte mit Diktatoren unsere Demokratie gefährden“. Ganz unideologisch, überparteilich und um Objektivität bemüht, nähert er sich dabei dieser sensiblen Thematik an.

Jemand, der sich nicht von einer rosaroten Brille verblenden lässt

Es berichtet jemand, der stark besorgt ist um unsere Demokratie. Es spricht jemand, den es nicht kalt lässt, dass der Westen verwirrt ist. Es schreibt jemand, der die Demokratie liebt. Von ganzem Herzen. Jemand, der sich aber nicht von einer rosaroten Brille verblenden lässt. Anders als jene, die an China und Russland als ernst zu nehmende Partner festhalten. Auch trotz der jüngsten Ereignisse.

Unsere westlichen Werte sind weltweit in der Defensive. „Etwa 38 Prozent der Weltbevölkerung leben in unfreien Ländern. Das ist der höchste Stand seit 1997“. Westliche, internationale Organisationen haben sich zu Bürokratiemonstern entwickelt. Von der UNO (United Nations Organization) über die WHO (World Health Organization) bis zur WTO (World Trade Organization). Zudem breiten sich chinesische Verhältnisse langsam in der Mitte unserer Gesellschaft aus. Eine neue „Form von staatlich gesponsertem Kapitalismus“ zeugt zum Beispiel hiervon.

China strebt wirtschaftlich, politisch und kulturell eine Führungsposition an. Hierzu rüstet es nicht nur militärisch auf, sondern beansprucht Führung in den so wichtigen Bereichen der Künstlichen Intelligenz und der Biotechnologie. Zunehmend verlangt es von Wirtschaftspartnern, dass sich diese ihren Regeln unterordnen. „Das bedeutet konkret: Überwachungsstaatliche Mechanismen und massive Einschränkungen der Meinungsfreiheit […].“ Trotzdem machen sich mehr und mehr westliche Länder, wie zum Beispiel Griechenland und Italien, von China abhängig. Aus freien Stücken. Aus rein wirtschaftlichen Gründen. Doch es ist noch nicht zu spät. Noch sind demokratische Länder stark genug, um sich aus der roten und erstickenden Umarmung Chinas zu entreißen.

Döpfner: „Taiwan ist ein symbolischer Testfall mit Auswirkungen auf die gesamte Weltordnung. Wenn die Ukraine fällt, fällt höchstwahrscheinlich auch Taiwan. Wenn Taiwan fällt, weil die demokratische Welt wehrlos war, beginnt die Unterwerfung“. Allen voran Donald Trumps Verdienst sei es, dass sich die USA von der Volksrepublik gelöst haben. Andere Staaten können es auch. Die USA zeigen, dass es möglich ist.

Eine scharfsinnige Vogelperspektive

„Der russische Krieg in der Ukraine und der Angriff der Hamas auf Israel haben dem letzten Optimisten schmerzlich gezeigt: Es geht – wenn es darauf ankommt – um Werte und Regeln“. Nur ein demokratischer Staat kann demnach ein verlässlicher Wirtschaftspartner sein. Doch alleine ein Staat oder einige Staaten können das nicht schaffen. Hierfür bedarf es einer neuer Welthandelsordnung, einem Bündnis, „das wirklich freien Handel zwischen Demokratien garantiert“. „Freihandel muss neu definiert und organisiert werden, in einem multinationalen Rechtsrahmen des wirklich freien Handels: der Freiheitshandelsallianz.“

 Allem in allem analysiert Döpfner auf den nicht einmal 200 Seiten die Geschehnisse der Gegenwart treff- und zielsicher. Es fehlt ihm zwar an inhaltlicher Tiefgründigkeit, doch die Komplexität der Thematik und ihr globales Ausmaß erfordern es auch nicht. Eine scharfsinnige Vogelperspektive samt vernünftiger Verknüpfung der Sachverhalte reichen vollkommen aus. Und genau das liefert Döpfner mit seinem Werk: Eine kurze Zusammenfassung über den aktuellen Stand des Westens: wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich mit historischen Bezügen.

 

Döpfner, Mathias (2024):Der Freiheitshandel. Warum Geschäfte mit Diktatoren unsere Demokratie gefährden“. Kulmbach: Börsenmedian AG.

Dr. phil. Deborah Ryszka, geb. 1989, Kind politischer Dissidenten aus Polen, interessierte sich zunächst für Philosophie und Soziologie, dann für Kunst und Literatur und studierte Psychologie. Später lehrte sie an verschiedenen Hochschulen und ist seit 2023 Vertretungsprofessorin für Psychologie an einer privaten Hochschule. Zudem schreibt sie regelmäßig Beiträge zu gesellschaftspolitischen Themen und bespricht Bücher.

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Foto: Axel Springer SE - Axel Springer SE, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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H. Berger / 21.07.2024

Für Symbolpolitik, ob in der Ukraine (unsinnig) oder in Taiwan (prinzipiell sinnvoll), hat der Westen schon längst keine ausreichenden Kapazitäten mehr. Der Wunsch sich ökonomisch in gemütliche Clubs, ob Klima oder “Freiheitshandel”, zurückziehen zu wollen, während man weiterhin jeden potentiellen Sozialhilfeempfänger als Fachkraft begrüsst, ist nicht nur Symptom einer gewissen Debilität oder der Unfähigkeit, sich endlich von den posthistorischen Illusionen der 1980/90er Jahre zu lösen, er führte mangels industrieller Substanz zwangsläufig zu weiterem Abstieg. Wobei die EU-Staaten in dieser Hinsicht weit stärker zurückgefallen sind als die USA. Anstatt neuer Definitionen braucht es eine von harten protektionistischen Massnahmen flankierte Politik der Reindustrialisierung, eine interne Konsolidierung der Gesellschaft, nicht zuletzt durch das Setzen von Grenzen, von der Staatsgrenze bis zu sittlichen Grenzen, massive Rückabwicklung der Asylmigration inklusive, und eine Rückbesinnung auf das christliche Wertefundament. Auf einer solchen Basis wird man sich einmal mit China arrangieren müssen und können, zumal China mit der gegenwärtigen Phase des CCP-Regimes keineswegs am Ende seiner zivilisatorischen Entwicklung angekommen sein dürfte. Und für alle Nostalgiker der Posthistorie: China ist keine Sowjetunion, die irgendwann irgendwie durch Glasnost mal Perestroika mal Staatsüberschuldung einfach verschwinden wird.

S.Buch / 21.07.2024

Herr Döpfner hatte wohl einen Aussetzer, als er sein Buch geschrieben hat. Die „westlichen Werte“ sind nicht in Gefahr, sie sind längst gefallen, wie Faeser, Baerbock und Konsorten jeden Tag neu beweisen. Für diese Bestandsaufnahme braucht es keinen - irreführenden - Verweis auf den angeblichen russischen Angriffskrieg und den tatsächlich Hamas-Terror. Die westlichen Werte fallen allein im Westen selbst und nirgends woanders, erst recht nicht in irgendwelchen korrupten Shitholes, die Stellvertreterkriege für den längst in die Unfreiheit gekippten Westen führen.

Rainer Niersberger / 21.07.2024

Ich weiss nicht, wieviel Einfluss der CEO der Springer AG auf das hat, was in der AG produziert wird, weiss aber, dass der CEO normalerweise etwas mehr zu sagen hat als der Buerobote.  Meine Verwunderung ueber Herrn Doepfner ist nahezu grenzenlos, wenn man weiss, was in den diversen Medien verbreitet wird. Von der Personalpolitik und dem Beziehungsgedoens in Hause Springer ganz zu schweigen. Ob es hier um eine Art innere Spaltung geht, die dazu fuehrt, dass Herr Doepfner ein paar Dinge intellektuell nicht mehr zusammenbringt, weiss ich nicht. Er beschreibt literarisch ein Problem, die Oberflächlichkeit glaube ich sofort, bei dem die Springerbätter keine besonders gute Rolle spielen. Und seine persönliche Rolle anlaesslich des ” Genderthemas” und des Auftritts der Biologin zur Frage der 2 Geschlechter scheint er auch im Zustand einer gewissen Verwirrung gespielt zu haben. Nur zur Klarstellung : Der feine Herr ist Teil der sogen (US) Elite. Das ist die, die lt Herrn Wendt die anderen verachtet. Elogen sind da grundsaetzlich fehl am Plätze. Wenn er beweist, dass das, was er da schreibt, zur Maxime seines! Handelns wird, reden wir weiter.  Von der Qualitaetsfrage, die ich vermutlich nie werde beantworten koennen, abgesehen.

Lucius De Geer / 21.07.2024

Die Achse-Betreiber wundern sich darüber, dass die meisten Leser das Angebot zur kostenlosen Lektüre gern annehmen und ihre Zahlungsbereitschaft sich in engen Grenzen hält. Und dann bringt sie die wohlwollende Besprechung des Buchs eines Mainstream-Journalisten wie Döpfner - ganz genau mein Humor.

sybille eden / 21.07.2024

Warum hat dieser Mann sich nicht für Julian Reichelt eingesetzt und ihn fallen lassen ? Warum kriecht er der woken Inquisition zu Kreuze ? Fragen über Fragen ..............

Sirius Bellt / 21.07.2024

Danke für die Vorstellung des Buches von Matthias Döpfner. Kluger Mann. Ich werde das Buch lesen.

Bernd Naumann / 21.07.2024

Habe ich die Namen Fäser und Haldenwang in dem Artikel überlesen? Oder geht es gar nicht um Demokratie, sondern um Besitzstände?

Rolf Mainz / 21.07.2024

„Etwa 38 Prozent der Weltbevölkerung leben in unfreien Ländern. Das ist der höchste Stand seit 1997“. Das liegt allerdings nicht nur an “mehr Unfreiheit” oder mehr “unfreien Ländern”, sondern insbesondere auch an der explosionsartigen Vermehrung der dortigen Bevölkerung. Tendenz massiv steigend. Von der Definition von “Freiheit” ganz abgesehen.

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