In Kürze ist es wieder so weit. Während die jährliche Grippewelle langsam abebbt, befindet sich die Folgeseuche in den Startlöchern. Sie taucht seit geraumer Zeit zuverlässig im Jahresrhythmus auf, in etwa zeitgleich mit der Magnolienblüte und der Veröffentlichung deutscher Kriminalstatistiken. Letztere beginnt erfahrungsgemäß ungefähr Mitte Februar. Ab dann präsentieren die ersten der 16 Bundesländer ihre Auswertungen der Straftaten des Vorjahres. Die bundesweite PKS, die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes, das alle Länderzahlen in einem Gesamtwerk zusammenführt, folgt üblicherweise zwischen Ende April und Ende Mai.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt erreicht die Epidemie, von der wir sprechen, ihren Höhepunkt. Trotz ihrer weiten Verbreitung hat die Krankheit bisher keinen Namen. Beheben wir diesen Mangel und benennen wir sie hiermit nach einem ihrer prominentesten Träger: Pfeiffersches Phrasen-Fieber. Christian Pfeiffer, Kriminologe und ehemaliger SPD-Politiker, von 2000 bis 2003 Justizminister des Landes Niedersachsen, gilt manchen sogar als „Patient Null“, also Ausgangspunkt der Seuche.
„Fieber“ nennen wir das PPF, weil es in vielen Fällen mit erhöhter Körpertemperatur einhergeht, was sich besonders häufig im Rahmen von Talkrunden zeigt. Nicht umsonst spricht der Volksmund von „hitzigen“ Debatten oder „aufgeheizter“ Stimmung. Tatsächlich handelt es sich beim PPF jedoch nicht um eine virale Infektion wie bei einer Grippe, sondern um eine schwere psychische Erkrankung.
Symptome wie bei Tourette
Das Pfeiffersche Phrasen-Fieber ist eine Zwangsstörung, die sich im unkontrollierten, reflexhaften Ausstoßen bestimmter Laute manifestiert. Diese Erscheinungen erinnern an das bekannte Tourette-Syndrom. Wie beim Tourette können beim PPF die Symptome manchmal für Wochen oder Monate verschwinden, aber auch unvermutet wieder auftreten. Regelmäßig bricht das PPF dort akut aus, wo über Kriminalität berichtet oder diskutiert wird. Genauer: über Ausländerkriminalität. Die Krankheitszeichen sind leicht erkennbar. Es handelt sich im Wesentlichen um die zwanghafte Ausscheidung dreier Phrasen, meist in kurzer zeitlicher Abfolge.
1. Die Jungmann-Phrase: „Junge Männer neigen eher zu Kriminalität als andere Alterskohorten ihres Geschlechts und eher als vergleichbare weibliche Alterskohorten.“ Kurz: Jungs sind krimineller als Babys, Frauen und alte Männer.
2. Die Sozialstatus-Phrase: „Menschen mit geringem sozialen Status (Bildung, Einkommen) neigen eher zu Kriminalität als Menschen mit hohem sozialem Status.“ Kurz: Hartz-Empfänger sind krimineller als Uni-Professoren.
3. Die Anzeigeverhalten-Phrase: „Menschen mit erkennbarem Migrationshintergrund (Aussehen, Sprache) werden häufiger krimineller Taten bezichtigt als optisch und akustisch Unauffällige.“ Kurz: Bunte werden öfter angezeigt als Weiße.
Die drei Phrasen treten nicht isoliert auf, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit den übergreifenden Behauptungen „Ausländer sind nicht krimineller als Deutsche“ oder „Flüchtlinge sind nicht krimineller als Einheimische“. Diese sogenannten Master-Phrasen sind der eigentliche Ausdruck wahnhaften Relativierungszwanges, der das Pfeiffersche Phrasen-Fieber im Kern kennzeichnet.
„Flüchtlinge“ sind krimineller
Der Namenspate des PPF, Christian Pfeiffer, weiß natürlich, dass die Master-Phrasen objektiv falsch sind. Dies zeigen ausnahmslos alle Statistiken und Untersuchungen zum Thema Kriminalität in Deutschland. Wir wollen an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, das haben wir auf der Achse schon oft genug getan, zum Beispiel hier.
Tatsache ist, dass Ausländer in Deutschland deutlich überproportional kriminell sind. Ganz besonders gilt dies für „Flüchtlinge“ (genauer: Migranten, die Asyl- oder Flüchtlingsschutz beantragen). Diese Gruppe wies zum Beispiel 2017 gegenüber der Gesamtbevölkerung einen gut viermal so hohen Anteil an Tatverdächtigen bei allen Straftaten auf und einen etwa siebenmal so hohen Anteil bei Straftaten gegen das Leben. Es gibt Hinweise, dass diese Zahlen sogar noch zu niedrig sind, denn die polizeilichen Kriminalstatistiken bilden nur einen Bruchteil aller Straftaten ab.
Wenn etwa aufgrund von Personalmangel oder politischen Entscheidungen (vorwiegend ausländische) Drogendealer nicht kontrolliert werden, werden auch ihre Straftaten nicht erfasst. Außerdem gehen hunderttausende Straftaten ausländischer Täter bereits deshalb nicht in die deutsche Kriminalstatistik ein, weil der „Tatort“ im Ausland liegt. Dies gilt für aus Litauen operierende Internetbetrüger genauso wie für Callcenter-Banden, die aus südosteuropäischen Ländern oder der Türkei anrufen. Nach Erhebungen von Ermittlern haben sie bereits Millionen Deutsche geschädigt, unter anderem mit dem berüchtigten „Enkeltrick“ (den bevorzugt spezialisierte Roma-Sippen einsetzen).
Hätte, hätte, Fahrradkette
Wie gesagt, all das weiß der Kriminologe Pfeiffer – und zwar aus erster Hand, weil er über Jahrzehnte selbst in leitender Funktion an der Erstellung von Studien beteiligt war. Die „Welt“ schreibt über die jüngste Studie unter Pfeiffer-Ägide vom Januar 2018:
„Den Autoren zufolge ist die seit 2014 eingetretene Zunahme der aufgeklärten Fälle von Gewalt zu 92,1 Prozent der Gruppe der Flüchtlinge zuzurechnen. […] All diese von den Autoren als ,Flüchtlinge‘ bezeichneten Zuwanderer über das Asylsystem waren 2016 für mehr als jede achte aufgeklärte Gewalttat in Niedersachsen verantwortlich (13,3 Prozent). Ihr Bevölkerungsanteil dürfte allerdings nur bei etwas über einem Prozent liegen. Die Kriminalität durch Deutsche geht indes seit vielen Jahren zurück. Damit fallen die Zuwanderer deutlich häufiger als Verdächtige bei einer Gewalttat auf, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.“
Trotzdem kann der Patient Pfeiffer nicht anders, als die eigenen Forschungsergebnisse schönzureden, zum Beispiel hier. Die zentrale Aussage ist dabei seit über einem Vierteljahrhundert gleich. Die „Zeit“ fasste bereits 1992 mit Pfeiffers Hilfe wie folgt zusammen: „Würde man den Vergleich auf ein deutsches Milieu mit demselben Sozialprofil beschränken, dann würde von dem populären Vorurteil: ,Ausländer sind krimineller als Deutsche‘ nichts mehr übrigbleiben.“
Es ist das klassische Hätte-hätte-Fahrradkette-Argument: Hätten wir andere Migranten als die, die wir haben, dann wären sie möglicherweise nicht krimineller als die Einheimischen. Das mag zutreffen. Die verständnisvollen Überlegungen zum Sozialprofil hypothetischer Zuwanderer dürften die realen Opfer der realen Zuwanderer allerdings kaum trösten.
Opfer waren doch nur Ausländer
So groß das Verständnis der PPF-Kranken für die Täter ist, so empathielos zeigen sie sich gegenüber den Opfern. Mehr noch, sie benutzen die Opfer, um die Migrantenkriminalität weiter herunterzuspielen. Bei „Maischberger“ (hier ab 1:09:32) fand Ende 2017 ein denkwürdiger Austausch statt. Auf den Vorhalt von Alice Weidel, die Anzahl an tatverdächtigen Asylbewerbern in der Kategorie Mord habe sich im Vorjahr verdoppelt, fiel dem Experten Pfeiffer nichts anderes ein, als aufgeregt dazwischenzugrätschen: „91 Prozent dieser Getöteten waren Ausländer!“ – ganz so, als ob das Leben eines Ausländers weniger wert wäre als das eines Deutschen.
Um die Ungeheuerlichkeit dieses Einwandes zu erfassen, hilft ein Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, Alice Weidel hätte rechtsextremistische Gewalttaten mit der Anmerkung verharmlost, die Opfer seien zu 91 Prozent Ausländer gewesen. Also alles halb so wild. Die Erschütterungen des (zu Recht) folgenden Shitstorms hätten Erdbebenfrühwarnstationen weltweit messen können. Und Weidel hätte einen solchen unerhörten Rausrutscher (zu Recht) politisch kaum überlebt.
An diesem Beispiel lässt sich ermessen, zu welch bizarrer Verschiebung des moralischen Koordinatensystems die Synapsenverklebung durch PPF führen kann. Im verzweifelten Bemühen, Migrantentaten zu relativieren, schreckt der PPF-Befallene nicht davor zurück, Opfer in eine Zweiklassengesellschaft einzuteilen. Bezeichnend dabei: Keiner der anderen „Maischberger“-Diskutanten nahm Anstoß an der Pfeiffer-Aussage.
PPF und Gutmenschsyndrom
Das ist leicht zu erklären, denn das Pfeiffersche Phrasen-Fieber weist unter Politikern und Journalisten eine besonders hohe Prävalenz auf. Es überrascht daher nicht, dass die Primärübertragung des PPF über herkömmliche Medien stattfindet. Auch in kurzen Meldungen können sich dabei schwere Fälle von PPF zeigen, wie in diesem „Welt“-Beitrag, der die Hälfte der Nachricht den Relativierungsphrasen widmet.
Besonders anfällig für PPF-Befall sind Linke und Grüne. Sie sind häufig stark vorgeschädigt, da sie zu einem hohen Prozentsatz an einer anderen gefährlichen Krankheit leiden, dem Gutmenschsyndrom. Dabei handelt es sich um Wahnvorstellungen, die mit Überlegenheitsgefühlen und Allmachtsphantasien einhergehen („Welt verbessern“, „Klima retten“, „Fluchtursachen beseitigen“). Das Gutmenschsyndrom ist eine Unterart des Gottkomplexes, auch Gottmenschkomplex genannt, und ist gekennzeichnet durch generelle Selbstüberschätzung, Realitätsverlust, vermeintliche Unfehlbarkeit und den unerschütterlichen Glauben, die einzig richtigen Werte und Ideale zu vertreten.
Nicht selten führen diese Erkrankungen zu ausgeprägt sozialschädlichem Verhalten, unter anderem zu besonderen Formen des Rassismus („umgekehrte Diskriminierung“). Im fortgeschrittenen Stadium halten Patienten in ihrem Wahn zum Beispiel Ausländer für grundsätzlich besser als Inländer. Klassisches Beispiel in der Fachliteratur ist die sogenannte KGE-Hysterie („Wir bekommen plötzlich Menschen geschenkt!“, „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf!“, „… weil wir auch Menschen brauchen, die in unseren Sozialsystemen zu Hause sind“).
Diagnostische Schwierigkeiten ergeben sich zuweilen in der Abgrenzung zu Scheinerkrankungen. In bestimmten Fällen täuschen Personen Gutmenschsyndrom vor, um sich der Verantwortung für fehlerhaftes Handeln zu entziehen. Bekanntestes Beispiel in diesem Zusammenhang: die sogenannten Merkel-Märchen („Sie können die Grenzen nicht schützen“, „Es liegt nicht in meiner Macht zu bestimmen, wie viele Menschen hierherkommen“, „Das Volk sind alle, die hier leben“).
Die Achse-PPF-Therapie
Kommen wir zurück zum Pfeifferschen Phrasen-Fieber. Die schlechte Nachricht: Im Spätstadium ist PPF unheilbar, da es auf Dauer irreparable Hirnschäden zur Folge hat. Die gute Nachricht: In der Anfangsphase bestehen noch gute Chancen auf vollständige Genesung. Die Achse-Service-Redaktion hat deshalb eine Gesprächstherapie entwickelt, die in Kombination mit einer systematischen Stärkung des Immunsystems in ersten Tests erstaunliche Erfolge erzielte. Hier die Kurzanleitung.
Lassen Sie den PPF-Erkrankten zunächst reden, ohne ihn zu unterbrechen. Warten Sie insbesondere ab, bis er alle PPF-typischen Phrasen und unwillkürlichen Begleitausrufe („Generalverdacht!“, „Pauschalisierung!“, „Vorverurteilung!“, „Nazi!“) ausgestoßen hat. Anschließend antworten Sie verständnisvoll und bejahend. Sprechen Sie dabei ruhig, deutlich und langsam, um den Patienten nicht zu überfordern:
„Du hast vollkommen recht. Wenn nicht Ali zu uns gekommen wäre, sondern seine kleine Schwester oder seine Großmutter, dann hätte sich das positiv auf die Kriminalstatistik ausgewirkt. Dasselbe gilt, wenn Ali nicht ein teilalphabetisierter Grundschulabbrecher wäre, sondern ein erfahrener Gehirnchirurg. Aber wir wollen nicht übertreiben. Ein guter Anfang wäre, wenn es sich bei Ali tatsächlich um den 17-jährigen Ali aus Damaskus handeln würde und nicht um den 27-jährigen Hassan aus Marrakesch. Dummerweise haben wir aber nicht den Pfeifferschen Phantasie-Ali ins Land gelassen, sondern den realen Hassan. Und der ist nun mal ohne Genderwechsel, ohne Bildung und ohne Besserverdiener-Job im Schnitt deutlich krimineller als der einheimische Maximilian.“
Vorsicht bei fortgeschrittenem PPF
Nach einer kurzen, aber wirkungsvollen Pause fahren Sie fort: „Nun drängt sich eine Frage auf. Die lautet nicht vorrangig: Sind Angehörige bestimmter Staaten, Ethnien oder Religionen generell krimineller als Deutsche? Nein, die relevante Frage ist: Wenn wir so viel wissen über die kriminalitätssteigernden Faktoren bei bestimmten soziologischen Gruppen, warum lassen wir ausgerechnet zu Hunderttausenden die Problembären ins Land und nicht die Unproblematischen, vielleicht sogar fürs Gemeinwesen Nützlichen?“
An diesem Punkt können Sie die erste Sitzung beenden. Bedrängen Sie den Patienten nicht, lassen Sie das Gesagte wirken. Wiederholen Sie die Therapie in der Folgezeit nach Bedarf.
Zum Abschluss noch ein wichtiger Hinweis. Bei Erkrankten mit fortgeschrittenem PPF kann die Reaktivierung lange ungenutzter Hirnregionen zu neuronalen Kurzschlüssen führen und das Gehirn des Patienten explodieren lassen. Sie müssen deshalb nicht auf den Heilungsversuch verzichten. Aus hygienischen Gründen sollten Sie die Therapie jedoch im Zweifel telefonisch durchführen. Achten Sie außerdem darauf, dass sich der Patient in einem gefliesten Raum aufhält. Oder im Plenum eines Grünen-Parteitags.