Erik Lommatzsch, Gastautor / 15.02.2021 / 10:00 / Foto: Pixabay / 74 / Seite ausdrucken

Kretschmers Eier

Die dunklen Schatten der Arbeitslosigkeit dräuten einst über der Zukunft von Michael Kretschmer (CDU). Hatte ihm doch das Wahlvolk im September 2017 seinen schönen Sitzplatz im Bundestag entzogen und, auch das noch, ausgerechnet einem Abgeordneten der Bös-Partei schlechthin überantwortet.

Glücklicherweise wurde dann gerade eine Stelle frei. Ein nicht mehr erwünschter Volksvertreter im Bundestag ist für den Posten des Regierungschefs von Sachsen vollkommen ausreichend. Zumal ein Teil der – je nach Leserstandort – hiesigen oder dortigen Bewohner für seinen Berliner Mandatsverlust direkt verantwortlich zu machen ist. Sie hatten ihn im Bundestagswahlkreis Görlitz direkt nicht gewählt. Nun ist er auch ihr Landesvater. Strafe muss sein. Und die wird brav hingenommen.

Die Anforderungen, die an den Posten des sächsischen Ministerpräsidenten gestellt werden, lasten natürlich schwer. Kretschmers sichtliche, permanente Übermüdung spricht Bände. Oft sind eindeutige Ansagen gefragt, verständlich in der Diktion, jedermann eingängig, gerade in Zeiten, in denen man durchgreifen muss. So verlangte er beispielsweise Mitte Dezember letzten Jahres „ganz klare, autoritäre Maßnahmen des Staates“.

Immer wieder Druck, immer muss es schnell gehen. Um dem befürchteten – letztlich aber ausgebliebenen – Unmut über das verbotstriefende, maßnahmenvergällte Weihnachtsfest entschlossen zu begegnen, besann sich Kretschmer auf einige in seinem Gedächtnis verbliebene, religiöse Rudimente und verkündete: „Jesus und Maria waren Heiligabend auch alleine.“ Die intensiv geschossene Fahrkarte hatten eh nur ganz wenige bemerkt, also sei‘s drum. Für die Spitzfindigen: Erstens hatte Kretschmer – unschwer erkennbar – Jesus und Josef verwechselt. Zweitens holpert es aber auch noch nach dem Zurechtrücken des Personals. So ganz allein waren Maria und Josef (plus Jesuskind) nämlich in den besagten Stunden auch nicht, da sollen schon noch ein paar Leute gekommen sein. Jedes Christenlehrkind hätte den sächsischen Ministerpräsidenten hier korrigieren können. Und drittens war es – eigentlich – hierzulande aus der Mode gekommen, die Grundfesten jedweden Glaubens zustimmungsheischend für regierungsseitiges Machtausleben in Dienst zu nehmen.

Oster-Verbote wie im letzten Jahr

Peinliche Berührtheit und Erregungsgrad der meisten sächsischen Untertanen halten sich nach derartigen Verlautbarungen ihres Ministerpräsidenten in Grenzen. Oder mögen sie ihn einfach so? Der Verdacht liegt nahe, denn nach kleinen Brosamen – Kitas (ehemals „Kindergärten“) und Grundschulen dürfen wieder öffnen –  beglückt der Landesvater mit weiteren wegweisenden Ideen, die gesamte Republik hat er dabei wieder mit im Auge: „Osterurlaub in Deutschland kann es dieses Jahr leider nicht geben.“ Nein, das ist nicht der Text von 2020, das ist der Text für 2021. So kennt man Kretschmer, so liebt man ihn. Klar, man würde sonst „alles zerstören, was wir seit Mitte Dezember erreicht haben“. Immer um das Wohlergehen des Volkes besorgt. Staatsmännisch.

Wenn alle daheim bleiben, suchen aber vielleicht dann alle unvernünftigerweise im Pulk Ostereier im Stadtpark. Kretschmer sollte sich also gleich daran machen, den Osterhasen vorsorglich unter Quarantäne zu stellen. Der ist zwar beim Verstecken – wirklich – allein, stachelt aber durch sein Verhalten zu unbedachten und lebensgefährdenden Folgehandlungen auf. Sollte Meister Lampe das nicht einsehen und freiwillig untätig (und damit 1a qualifiziert zum „Corona-Helden“) in seinem Bau ausharren – Sachsen ist für solche Fälle vorbildlich gewappnet. Denkbar wäre zudem die Erweiterung der SächsCoronaSchVO (die „Sächsische Corona-Schutz-Verordnung“ wird tatsächlich so abgekürzt) um wegweisende Strafbestimmungen, etwa bezüglich schokoeierkauender Vierjähriger. Zwei Jahre schwerer Kerker. Mindestens.

Foto: Pixabay

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T. Schneegaß / 15.02.2021

Mein Kommentar ist meine heutige E-Mail an den sächsischen Statthalter: “Herr Ministerpräsident, mit Ihrer Spende des Ostersegens für Ihre versklavten, vielfach um ihre Existenz ringenden Untertanen bereits 7 (in Worten: sieben) Wochen vor der Auferstehung Jesu (den Sie auch schon mal gern mit Josef verwechseln) und den Sieg des Lebens über den Tod haben Sie die Maske endgültig fallen lassen. Und damit meine ich nicht die infantile “Sachsenmaske”, die Sie in die Kameras halten, sondern die unsichtbare Maske, die Ihren wahren Charakter verhüllen sollte. Da Sie Ihren Segen vorsorglich nicht mal mehr an irgendwelche, von der Spielerunde willkürlich erfundenen Zahlen binden, was nichts anderes heißt, dass selbst diese keine Rolle spielen, wird endlich absolut deutlich: Ihr Terror gegen die Menschen basiert auf purer Lust und Sadismus. Zusätzlich bezeichnend ist dabei, dass Sie eben mal so kompetenzüberschreitend in die Entscheidungshoheit der anderen Bundesländer eingreifen, da Sie von Totenstille in ganz Deutschland sprechen (einige Ihrer Komplizen haben ja auch schon mehr oder weniger vorsichtig widersprochen). Diese Chuzpe ist nur so zu erklären, dass Sie die Qualifikation geschafft haben, als 1. Sprachrohr der Alleinherrscherin in Berlin, Ihrer Verwandten im Geiste, eingesetzt zu werden. Zu dieser Ehre kann man Ihnen nur ausdrücklich gratulieren. Die Sachsen wissen nun verbindlich, Sie lieben sie doch alle, Sie lieben doch alle Menschen.”

Gudrun Meyer / 15.02.2021

Worüber wundern Sie sich eigentlich? Die Alpenprawda hat bereits verkündet: “Mehr Diktatur wagen!”. Erzähl mir bitte niemand, das sei mal wieder eine Satire gewesen. Andererseits hat die WELT am Sonntag aufgedeckt, dass alarmistische “wissenschaftliche"Covid-19- Gutachten von der Berliner Obrigkeit in Auftrag gegeben und wie bestellt geliefert wurden. Auch das war keine Satire. Bemerkenswert ist auch, dass es vor einem Jahr in der KW 05 14.168 Grippefälle in D gab, dieses Jahr aber nur 8. In Worten: a.c.h.t. Die übrigen Fälle wurden offenbar auf Covid-19 umdekliniert, wahrscheinlich ohne die Patienten zu untersuchen - wenn die Symptomatik auf Grippe oder Covid-19 oder beides zusammen passt, ist es halt Covid-19. Das kann man eine Realsatire nennen. Keine dieser Nachrichten regt noch irgendwen auf, eben das finde ich auffällig und bei aller berechtigten Vorsicht gegenüber der Journaille halte ich das für ein schlechtes Zeichen. Aber es ist so:  Die Lügenpresse ist am Ende. Sie wird nicht mehr bekämpft, sondern ignoriert. Das Regime glaubt heute noch, nicht ohne seine Presstituierten auszukommen (die allerdings im Unterschied zu ehrlichen Prostituierten nicht etwas verkaufen, das ihnen selbst gehört, sondern je nach Fall die Gesundheit, die Rechtssicherheit oder die wirtschaftliche Absicherung ihrer Zwangsabnehmer, unterm Strich also deren Leben). In einigen Jahren wird die Bedeutung der Publikumsmedien, auch der digitalen, sehr zurückgehen. Sie sind nur solange relevant, wie eine echte, öffentliche Meinung und halbwegs echte Wahlen zugelassen sind. Dem Regime ist jetzt schon offen egal, ob auch das Volk mehr Diktatur wagen will oder nicht.

Franz Klar / 15.02.2021

„alles zerstören, was wir seit Mitte Dezember erreicht haben“. Das Zerstörungswerk zerstören hieße ja , daß Wirtschaft und kulturelles Leben sich erholten . Das darf um Gottes Willen nicht sein , Jesses Maria und Josef !

Reinhard Schilde / 15.02.2021

Mir Saggsn sinn nich nachdragnd, aber mir vergessn nüschd! Grüße aus’m schönen Leibzsch!

D.Kempke / 15.02.2021

@Rolf Mainz Auch wenn ich Ihnen teilweise aus eigener Erfahrung Recht gebe, gibt es schon ein paar “mildernde Umstände”. Die sächsische Union ist viel konservativer als im Rest des Landes (vlt mit Ausnahme der CSU - Söder mal außen vorgelassen). Und sie hat seit 1990 viel für das Land erreicht. Insofern war da bei der Bevölkerung noch ziemlich viel Restvertrauen da. Auch gibt es überdurchschnittlich viele Rentner, denen es bei aller chronischen Unzufriedenheit dieser Gruppe doch relativ gut geht und die schlicht Gewohnheitswähler sind. Auch konnte man sich einfach nicht vorstellen, dass Kretschmer mal eben mit dem gerade mal halb so großen Rot-Grün-Block ins Bett springt und dann gleich noch deren Politik umsetzt. Zumal er sich natürlich vor der Wahl konziliant gab. Auch haben dann noch solche “nützliche Idioten” von der Werteunion, wie H.G. Maaßen oder Patzelt, massiv für die Union getrommelt. Und trotzdem kam die AfD auf >20%. Da sollte man nicht auf die Sachsen zeigen a la selber Schuld. Da haben andere Länder wie im ach so konservativen Schwabenland, wo man in Scharen einen überzeugten Kommunisten von den Grünen (wieder-!) gewählt hat, wesentlich mehr Dreck am Stecken.

Dr. med. Jesko Matthes / 15.02.2021

Zum Kindergeburtstag, vulgo “Weihnachten”, wollte Herodes auch schon längst autoritär eingegriffen haben. Leider durften Maria und Josef reisen. Deshalb muss Herr K. das zu Ostern natürlich unterbinden!

R.E.Rath / 15.02.2021

Lieber Herr Lommatzsch, den Inhalt Ihrer Ausführungen unberücksichtigt lassend, möchte ich mich darüber anerkennend äußern, dass Sie den üblen Begriff der sogenannten „Kitas“ für Ihre jüngeren Leser dahingehend erläutern, dass es sich dabei um die ehemaligen Kindergärten handelt. Es passt in die heutige Zeit, dass der vertrauenserweckende und schöne Begriff „Kindergarten“ durch „Kindertagesstätte“, kurz in Kita gekürzt wie in totalitären Staatsgebilden üblich, verbal vergewaltigt wird und gefühlt auf einer Linie mit den Bezeichnungen wie Strafvollzugsanstalt, Vollstreckungsstelle des Finanzamts, Bußgeldbescheid, Grenzbefestigung, Fahrscheinkontrolle, Volkskammer usw. liegt.

Heike Richter / 15.02.2021

Ich, Dresdnerin,  habe diesen Herrn weder gekannt noch gewählt, da haben ganz andere Mechanismen gewirkt, ganz gewiss nicht die Wählergunst.

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