Kommunikations-Desaster beim WDR – Der Originaltext im Wortlaut

Die deutsche Rundfunkgeschichte bekommt in diesen Tagen ein neues Kapitel, das man noch lange studieren und diskutieren wird. Wie so oft, kam alles unverhofft. Ein lustiges Liedlein explodierte über Nacht – es war natürlich eine dieser „Rauhnächte“ – zum totalen Kommunikationsdesaster. Ob das Liedlein wirklich lustig ist, kann zunächst dahingestellt bleiben; Humor ist immer auch Geschmackssache.

Belustigend ist aber ohne Zweifel, dass sich der größte Sender der ARD, der Westdeutsche Rundfunk, ausgerechnet durch übereifriges Bespielen eines Mediums, das ihn eigentlich gar nichts angeht, nämlich Facebook, einen Medien-GAU eingehandelt hat. Die Hörfunkwelle WDR2 verbreitete dort einen eigens produzierten Song, eine neu betextete Version des fast jahrhundertalten Gassenhauers „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, die mit der Bezeichnung der Oma als „alte Umweltsau“ Anstoß erregte.

Da das Lied vom WDR-Kinderchor Dortmund gesungen wurde, lautete der erste Vorwurf, die Kinder seien „instrumentalisiert“ worden. Gewiss wurden sie das. Auch die Wiener Sängerknaben und die Regensburger Domspatzen werden „instrumentalisiert“, denn sie suchen sich die Werke, die sie vortragen, nicht individuell selbst aus, sondern werden zur Erzielung eines künstlerischen Effekts eingesetzt. Genauso kann es sich um einen Effekt auf dem Gebiet krasser Komik handeln: die Worte „alte Umweltsau“ aus helltönenden Kindermündern stellen eine Transgression dar; jeder spürt das, und das ist der Kern des Spaßes.

Doch hinter diesem Spaß steckt eine bitterernste Absicht, die der WDR (wie übrigens auch alle anderen Sender) in seinen sämtlichen Programmen zu gefühlten 300 Prozent verfolgt: Man möchte wirklich agitieren. Man möchte wirklich „Umweltsäue“ dingfest machen (nicht die Omas, sondern „wir alle“ seien gemeint, lautete die offizielle Erklärung). Nicht von ungefähr ließ der WDR seine Dortmunder Chorkinder bei anderer Gelegenheit stolz zu „Botschaftern für Klimagerechtigkeit“ ausbilden. Weitgereist sind sie allemal; eine Tournee nach Südkorea gab es auch schon.

Eine Eiertanz-Sendung

Hier beginnt der eigentliche Skandal, zu dem jene Sternstunde des Radios zählt, die wir hier dokumentieren. Vorgestern abend, am Samstag, dem 28. Dezember, strahlte WDR2 eine Eiertanz-Sendung aus, die historisch genannt zu werden verdient, weil sie eine große Umarmungsgeste zum Publikum mit einer gigantischen Aufführung von Geist- und Sprachlosigkeit verband. In der Hauptrolle: der Programmchef der Allroundwelle WDR2 Jochen Rausch, 63 Jahre, Leiter des Bereichs Breitenprogramme und stellvertretender Hörfunkdirektor, ein Mann, der mit Worten weißes Rauschen erzeugen kann wie die Kanzlerin. Versuchen Sie bitte, die fett hervorgehobenen Passagen des nachfolgenden Transkripts inhaltlich zu erfassen.

Wir lernen: a) dass Donald Trump schuld ist an dem Driss, den Rausch jetzt an der öffentlich-rechtlichen Backe hat, b) dass Versachlichung das große WDR-Anliegen ist, sobald dem Sender Hetze vorgeworfen wird, und c) dass es gerade, nachdem man sich „entschuldigt“ hat, darauf ankommt, sich nicht auf die Seite derer „drängen“ zu lassen, bei denen man sich zu „entschuldigen“ versuchte.

Die ganze Sendung dauerte eine Stunde; die in der Mediathek zur Verfügung gestellte Datei umfasst nur die Hälfte. Schnitte sind nicht gekennzeichnet; jeder Hinweis auf die Kürzung fehlt. Gleichwohl ist es erstaunlich, dass der Hörer-Ärger so ausgiebig zugelassen wurde. In den oberen Etagen weiß man längst, wie gefährlich die Anti-Öffi-Stimmung bei Publikum und Politik zu werden droht, just ein paar Tage, bevor WDR-Intendant Tom Buhrow den ARD-Vorsitz übernimmt. So rief er denn aus dem Krankenhaus, wo er seinen alten Vater besuchte, live in der Sendung an, um sich für den Hühnerstall-Mist „ohne Wenn und Aber“ zu entschuldigen. Eine Geste, die ihn für das linksgrüne Fußvolk seines Senders zum Gegner machte. Denn da liegt das eigentliche Problem, das jedes Lippenbekenntnis von Pluralität und Besserung Lügen straft: Abertausende von Programmmachern gieren nach Bestätigung durch ihresgleichen, die durch linksgrünes Engagement am leichtesten zu haben ist. Schließlich weiß man von jeher, dass der Feind rechts steht und möchte bei der Rettung der Welt unbedingt mitwirken. Daher der rasche Tweet eines freien WDR-Mitarbeiters, dem die „alte Umweltsau“ im Liedlein nicht doll genug war und der auf „Nazisau“ erhöhte.

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Transkript Anfang

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MODERATORIN STEFFI NEU:
WDR 2 mit einem Spezial an diesem Samstagabend, sozusagen in eigener Sache: Riesendiskussionen im Internet heute, auch an unserer Hotline, auf allen Kanälen, WDR 2. Wir kriegen viel Gegenwind für dieses satirisch gemeinte Video und wir haben gesagt: okay, wir stellen uns, wir sprechen darüber. Sebastian Auer, WDR 2 aktuell: auch Jan Böhmermann und auch NRW-Ministerpräsident Laschet haben sich geäußert bei Twitter. Was haben die gesagt?
SIDEKICK AUER:
Ja, geht also wirklich rauf bis in prominenteste Ebenen. Jan Böhmermann hat geschrieben: „Wer sich jeden Tag Discountfleisch aufbrät, der ist nun mal eine Umweltsau.“ Armin Laschet sagt, Klimaschutz werde zu einem Generationenkonflikt eskaliert und Kinder dürften von uns Erwachsenen nicht für ihre Zwecke instrumentalisiert werden.
STEFFI NEU:
Wie reagiert denn die nicht-prominente Netz-Community?
SIDEKICK AUER:
Ja vor allem wirklich massiv, muss man sagen. Über 15 000 Posts auf unserer Facebook-Seite von WDR 2 zu dem Clip. Teils sehr, sehr harte Kritik. So ein Rundumschlag gegen die Öffentlich-Rechtlichen, aber vor allem immer wieder die Richtung: mangelnder Respekt gegenüber Älteren und Instrumentalisierung von Kindern sei das von uns gewesen. Es heißt auch, das Video sei ideologisch gewollt gewesen. Aber es gibt vereinzelt auch andere Stimmen, muss man sagen; Andrea Meier-Garbe zum Beispiel: Viele Menschen würden Satire eben nicht verstehen, sagt sie, und Irmi Bussmann sagt, sie habe sehr gelacht über diesen Text. Und andere Reaktionen auch. Man sei vor allem schockiert über die ganze Reaktion jetzt im Netz, die ja sogar bis zum Hass reicht.
STEFFI NEU:
Herzlichen Dank, Sebastian Auer, du behältst weiterhin im Blick was kommt an Mails. Jochen Rausch, Programmchef bei WDR 2: Haben wir einen Bock geschossen?
JOCHEN RAUSCH:
Also grundsätzlich stehe ich als Chef immer vor und hinter meinen Leuten. Aber in dem Fall denke ich können wir auch die Hosen runterlassen und sagen: Wir haben vielleicht eine – nicht nur vielleicht! – wir haben einen Ausdruck benutzt, nämlich Umweltsau, und das in Verbindung gebracht mit der lieben Omi, der man das natürlich gar nicht persönlich vorwerfen kann. Das war ja überhaupt nicht die Geschichte. Ich glaube, das ist auch das Problem, dass viele da so die liebe Omi sehen, die abends irgendwie Geschichten vorliest, und sagen: Wie kann man die jetzt als Sau bezeichnen? Dass das eine Metapher ist, will ich aber jetzt hier nicht weiter erklären, das hätten wir selber sehen müssen, dass das genau das auslöst, was jetzt passiert ist, nicht in der Tragweite. Aber insofern würde ich schon sagen, dafür würde ich mich auch entschuldigen, dass wir nicht lange genug darüber nachgedacht haben, ob wir hier mit der richtigen sprachlichen Feinheit gearbeitet haben.
STEFFI NEU:
Jochen Rausch, Programmchef WDR2. Sie können mit ihm reden: 0800-5678 222 ist die Nummer zu uns und wdr2@wdr.de ist der Weg der Mail. Herzlichen Dank, Jochen, bis hier schon mal. Und am Telefon habe ich Thomas Hiltgen. Hallo, lieber Thomas, guten Abend!
ANRUFER 1:
Guten Abend in die Runde, ich grüße Sie. Also ich finde, dass bei dem Thema wieder sehr polarisiert wird. Vielleicht ist der Ausdruck mit der Umweltsau ein bisschen glücklich (sic! – Anrufer meint wohl „unglücklich“) gelaufen. Wenn es vielleicht geheißen hätte: Umweltferkel, würde da kein Hahn nach krähen. Ich finde im Fernsehen wird tagtäglich Mord und Totschlag im öffentlichen oder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auch gezeigt, wo Jugendliche und Kinder frei wählen können. Und mich regt das schon wieder auf, dass so eine Sache zum Thema wird.
Wenn Satire über einen Menschen, der in den vierziger Jahren leider Gottes gelebt hat, da wird nicht polarisiert, dann heißt es: das ist Satire. So. Und da ist es halt jetzt ein lustiges Lied gewesen. Worin besteht generell das Problem? Dass die Oma jetzt als Umweltsau bezeichnet wurde?
STEFFI NEU:
Jochen, Was sagt du? Es ist das Wort, was jetzt wieder (unverständlich)...
JOCHEN RAUSCH:
Also ich glaube, es ist genau dieser Zweiklang: auf der einen Seite die Omi, die wir uns alle vorstellen. Bei mir ist es die Mutter, die mit dem Einkaufsnetz einkaufen gegangen ist und natürlich keine Plastiktüten benutzt hat, einmal in der Woche nur Fleisch gegessen hat, und die stellen wir jetzt, die werden in diesem Video quasi… mit dem SUV fährt die rum und schert sich gar nicht um irgendwelche Umweltthemen… und das ist im Grunde genommen, glaube ich, das, was so auf den roten Knopf drückt bei vielen Menschen und ich kann das auch verstehen.
STEFFI NEU:
Thomas, danke für den Anruf und gute Fahrt von Bochum wo immer sehen müssen.
ANRUFER 1:
Sehr gerne und ein frohes 2020 wünsche ich Ihnen.
STEFFI NEU:
Ihnen auch ebenso, dankeschön. Dann haben wir WDR2-Hörer Klaus aus Remscheid, guten Abend!
ANRUFER 2:
Ich finde den Beitrag des WDR beschämend. Ich finde auch die Art und Weise, wie der WDR mit den Reaktionen umgeht, noch beschämender. Wenn man überzeugt ist, dass es Satire gewesen wäre, hätte man den Beitrag nicht löschen müssen. Der war schon längst in allen Plattformen auf dem WWW für alle erkennbar und nachprüfbar. Die Redaktion ist „betroffen“ und aufgrund der Betroffenheit das zurückzuziehen, finde ich eine schlappe Reaktion. Ich hätte es angebracht gefunden, wenn der WDR Klasse gezeigt hätte und gesagt hätte: Wir haben einen Fehler gemacht, wir ziehen den Beitrag zurück – und hätte sich dafür entschuldigt. Ich finde nicht den Hauch einer Entschuldigung. Und 9 bis 13 jährige Kinder solch einen Text singen zu lassen und dann nicht von Instrumentalisierung zu sprechen, finde ich auch nicht angebracht. Die Kinder können vielleicht größtenteils dieses Wort schreiben, aber ob 9 bis 13 jährige Kinder erfassen, was sie da singen? Und dann vehement dagegen zu verwahren, dass die Kinder instrumentalisiert worden sind, halte ich ebenfalls für völlig daneben. Und da muss ich sagen: bedauerlich, dass man für solche Dinge öffentliche GEZ-Beiträge zahlt.
STEFFI NEU:
Klaus, herzlichen Dank. Jochen, zwei Punkte: Warum haben wir es rausgenommen?
JOCHEN RAUSCH:
Naja, das habe ich ja vorhin schon mal gesagt. Wir haben bei der Frage, ob wir die Kinder möglicherweise instrumentalisiert haben, vielleicht nicht lange drüber nachgedacht, weil natürlich genau dieser Eindruck entsteht: Die wissen ja nicht, worüber sie singen. Andererseits ist es natürlich logisch in dieser Anlage der Satire, dass die Kinder quasi die Rolle der jüngeren Generation einnehmen. Aber nochmal zum Thema, wie wir uns dazu verhalten. Ich finde, wir verhalten uns doch jetzt dazu. Wir reden ja mit den Hörern darüber und laden sie ein, mit uns darüber zu sprechen und im Netz wird diese Sendung ja auch dann später nachzuhören sein. Insofern ist die Reaktion ja da und wir ducken uns genau nicht weg. Wir sind ein Sender für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und nicht für uns.
ANRUFER 2:
Sie beharren auf der Richtigkeit. Sie beharren darauf, dass es keine Instrumentalisierung gewesen ist und finden auch nicht in geringsten Form eine Entschuldigung. Da muss ich sagen, das finde ich schon für einen Sender wie den WDR mehr als unpassend.
JOCHEN RAUSCH:
Naja es gibt natürlich Leute, die das auch anders sehen. Ich habe mich vorhin… Ich habe vorhin gesagt, wir haben einen Fehler gemacht. Damit ist auch eine Entschuldigung verbunden. Aber ich beharre überhaupt nicht darauf, ob es richtig oder falsch ist. Wir haben so unterschiedliche Reaktionen darauf bekommen. Insofern gibt es wahrscheinlich da auch kein Falsch oder Richtig. Ich halte es für einen Fehler. Ich habe mich dafür entschuldigt, wir haben uns als Sender dafür entschuldigt, und ich finde, das doch eigentlich eine sehr klare Aussage.
STEFFI NEU:
Klaus, ganz herzlichen Dank, dass Sie mit einem Namen und einer richtigen Telefonnummer zu uns gesucht haben. Das machen andere anders. Herzlichen Dank. Schönen Abend. Tschüss.
Es geht um die Satire: „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, die für sehr viel Wirbel sorgt bei unseren WDR2-Hörerinnen und Hörern. Unser Programmchef von WDR2 Jochen Rausch ist da, um mit Ihnen zu reden. Zum Beispiel mit WDR2-Hörerin Franziska Löwert. Schönen guten Abend.
ANRUFERIN 1:
Ja, guten Abend.
STEFFI NEU:
Hallo. Ihre Meinung zum Thema!
ANRUFERIN 1:
Erst mal habe ich fürchterlich gelacht, als ich das gehört habe, dieses Lied und ich habe das sofort als Satire verstanden und weiß ehrlich gesagt auch nicht, was da dran zu rütteln ist, und kann es überhaupt nicht verstehen, warum sich da so fürchterlich darüber aufgeregt wird, weil dann hätten wir uns die ganzen letzten Jahre schon darüber aufregen können, dass die Hühner mit den Abgasen der Motorräder belastet werden im Hühnerstall. Und ja, ich kann es überhaupt nicht verstehen, warum sich da jetzt so darüber aufgeregt wird, und ich denke, es gibt tausend andere Dinge auf dieser Welt, über die man sich wesentlich mehr aufregen sollte. Ich habe es absolut als Satire verstanden und fand es witzig und damit war für mich die Sache klar und ich habe es überhaupt nicht gesehen, dass da jetzt… Ich habe überhaupt nicht erwartet, dass von so einem Video so ein Shitstorm ausgehen kann.
STEFFI NEU:
Liebe Franziska, ich kenne meinen Chef jetzt ein bisschen. Das Mü eines Lächelns ist jetzt in seinem Gesicht.  
JOCHEN RAUSCH:
Ich will mich jetzt nicht plötzlich mehr entschuldigen, als Sie es von uns erwarten. Aber ich habe ja vorhin schon mal gesagt, ich glaube, der Auslöser ist letzten Endes dieser Terminus Umweltsau, und der passt einfach auch nicht für mich in unser Programmanliegen, nämlich Kommunikation herzustellen zwischen Menschen, auch einen Ausgleich herzustellen, Meinungen zuzulassen. Ich glaube wir haben mit einem sehr großen Hammer auf einen relativ kleinen Nagel gehauen und das ist vielleicht das, was ich mitnehme aus der Geschichte.
STEFFI NEU:
Liebe Franziska, ganz herzlichen Dank für diese positive Rückmeldung. Dankeschön. Ein weiterer Anrufer: es ist der Intendant des Westdeutschen Rundfunks Tom Buhrow. Schönen guten Abend, Herr Buhrow.
ANRUFER 3 (TOM BUHROW):
Ja, ich grüße Sie herzlich, Frau Neu.
STEFFI NEU:
Hallo. So, was sagen Sie zum Hühnerstall?
ANRUFER 3 (TOM BUHROW):
Ja, ich bin als Intendant ja der Letztverantwortliche für das ganze Programm, für alle vom Westdeutschen Rundfunk Ich bin sehr froh über das, was Jochen Rausch heute Abend sagt, denn zu dieser Verantwortung gehört ja auch, Fehler einzugestehen und das will ich heute Abend tun. Das Video mit dem verunglückten Oma-Lied war ein Fehler, und ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber jetzt dafür. Und Frau Neu, Sie sollen auch wissen und alle Hörerinnen und Hörer sollen auch wissen, von wo aus ich jetzt in die Sendung anrufe, nämlich vom Krankenhaus aus. Mein 92 jähriger Vater ist seit Heiligabend hier im Krankenhaus in meiner Heimatstadt Siegburg. Ich bin wie jeden Tag bei ihm. Er sitzt auch neben mir. Ich kann sagen, er ist keine Umweltsau. Er hat sein Leben lang hart gearbeitet und versucht anständig zu leben. Ich habe mein ganzes Berufsleben dafür gekämpft, dass wir die Menschen nicht spalten und gegeneinander in Stellung bringen sondern das Miteinander gestalten. Und ich verspreche allen Hörerinnen und Hörern, dass wir das im neuen Jahr noch mehr als Verpflichtung ansehen. Und wenn wir dem mal nicht gerecht werden, dann müssen auch dazu stehen und uns entschuldigen, und das tue ich jetzt, denn wir wollen beitragen zu einem besseren Klima in unserem Land.
STEFFI NEU:
Lieber Tom Buhrow ganz herzlichen Dank für Ihren Anruf und ganz liebe Genesungswünsche an Opa Buhrow. Schönen Abend und guten Rutsch. Danke, tschüss!. – Zu dem Thema, das uns den ganzen Tag beschäftigt bei WDR 2, nämlich das Satire-Video zu „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, umgetextet, gesungen von einem Dortmunder Kinderchor. Der Schuss ist, sagen wir es mal so, nach hinten losgegangen, und unser Programmchef Jochen Rausch ist da, um mit Ihnen darüber zu reden. 0800-5678 222 – und ich fange direkt an mit Bernd Ulrich aus Straelen. Schönen guten Abend!
ANRUFER 4:
Schönen guten Abend, Frau Neu, und ich sage auch einen schönen guten Abend an Herrn Rausch. Was ich gut fand, war soeben das Statement von Herrn Buhrow. Wobei ich sagen muss, da haben einige in den Chefetagen bei dem Liedchen nicht richtig zugehört und sich nicht die Überlegung haben von sich gehen lassen zu sagen: Mensch, das kann man nicht veröffentlichen. Warum, will ich kurz erklären. Als erstes: unsere Kinder werden heute mit dem SUV zur Schule gebracht. Da machen die sich keine Gedanken drum. Die Rolle der jüngeren Generation spielt zwar eine Rolle, aber haben die sich mal Gedanken gemacht, dass wir früher als Großeltern – ich bin Großvater, meine Frau ist Großmutter – noch mit dem Einkaufsnetz einkaufen gegangen sind, die Milch mit der Milchkanne geholt haben, keinen PC, kein Handy, keinen Laptop, keine Spielekonsole besaßen, und wir haben trotzdem wunderbar leben können und eine tolle Kindheit verbracht. Und wir kriegen heute vorgehalten: „Uns wird die Kindheit gestohlen.“ Ja, von wem denn? Von den Verbrauch der Kinder, was sie gerne haben möchten, was sie in der Werbung sehen. Wenn sie so leben würden, wie wir gelebt haben, dann würden sie anders denken. Aber das wollen die nicht mehr. Darum kann ich das nicht nachvollziehen und dieses Lied, tut mir leid, ist eine Ohrfeige für alle älteren Menschen auf dieser Welt, die Kinder und Kindeskinder in der Welt haben, und das finde ich nicht so gut.
JOCHEN RAUSCH:
Ja, ich hoffe… das habe ich vorhin schon mal gesagt… ich glaube, das ist das Problem eigentlich des Songs, dass es sich so explizit an die Oma richtet. Das liegt natürlich an dem Original, weil das Lied heißt nun mal so im Ursprung… der Hühnerstall und die Oma. Und eigentlich haben Sie vollkommen Recht, es richtet sich eigentlich an uns alle…ja, an alle, die das bewirkt haben, wie wir heute leben miteinander, nämlich dass wir offenbar doch ein großes Umweltproblem haben. Das ist ja unstrittig und das diskutieren wir eigentlich auch. So gesehen ist jedes Mittel recht, darüber zu diskutieren… ich glaube, das ist der Fehler bei der Geschichte, dass wir es nicht richtig adressiert haben und dass sich jetzt ganz viele Menschen betroffen fühlen und das ist auch etwas, was ich selber nicht gut finde, dass jetzt Menschen sagen: Was kann ich denn dafür, wenn meine Kinder die Enkelkinder mit einem SUV zur Schule fahren. Ich habe die da zu Fuß hingebracht oder gar nicht hingebracht. Das ist glaube ich so ein Adressierungsfehler. So würde ich das mal bezeichnen.
STEFFI NEU:
Lieber Bert, ganz herzlichen Dank für den Anruf! Und schöne Grüße an den Niederrhein nach Straelen.
ANRUFER 4:
Danke, Ihnen auch. Tschüss!
STEFFI NEU:
WDR 2 mit einem Spezial am heutigen Samstagabend zum Thema „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, ein Satire-Video, das wir bei Facebook eingesetzt haben. Was aber ganz viele kritische Stimmen hervorgerufen hat und unser Programmchef Jochen Rausch hat gesagt: So, jetzt reden wir mal Tacheles miteinander. Torsten Breus, WDR 2 Hörer aus Dingolfing, allerdings gebürtiger Westfale oder Ostwestfale?
ANRUFER 5:
Ostwestfale!
STEFFI NEU:
Hallo, schönen guten Abend.
ANRUFER 5:
Schönen guten Abend im Studio.
STEFFI NEU:
Was haben Sie gedacht, als Sie es gesehen haben?
ANRUFER 5:
Als erstes möchte ich mich meinem Vorredner gerne anschließen. Ich habe wirklich nur noch mit dem Kopf geschüttelt, wie ich das gehört habe, zumal ja kurz vor Weihnachten oder Heiligabend war es, dieser Post von FridaysForFuture auch noch aufkam, von wegen: „Was regen sich die Alten überhaupt auf, die sind eh bald nicht mehr da.“ Wenn man dann an die älteren Generationen denkt, die Kriegskinder oder auch direkt die Nachkriegsgeneration, die haben so viele Entbehrungen hinnehmen müssen, zum Teil die Lebensmittel selber noch im Garten angebaut, eingekocht, eingemacht und dergleichen mehr. Und das sind Aussagen… oder auch… das verstehe ich schon nicht mehr als Satire. Das reiht sich in einer Spur mit dem Schmähgedicht von Herrn Böhmermann mit ein, der ja auch wieder heute einen glorreichen Twitter-Post rausgehauen hat von wegen „Die Leute, die sich darüber aufregen, würden am liebsten die deutsche Nationalhymne in allen drei Strophen vorgesungen bekommen. Oder der Herr Hollek von der WDR Aktuelle Stunde, der es noch absolut überspitzt mit der Aussage: „Wir reden jetzt nicht mehr über Umweltsäue, sondern unsere Omas sind Nazi Säue. Das geht doch mal überhaupt nicht. Ganz ehrlich!  Das ist absolut unter aller Würde. Und dafür, muss man wirklich sagen, zahlt der Bundesbürger Gebühren. Also, es tut mir leid, da hab ich kein Verständnis für, wirklich nicht.
STEFFI NEU:
Thorsten, dankeschön.
JOCHEN RAUSCH:
Ich glaube, Sie sprechen auch einen Punkt an, der sich für mich auch bei dieser Geschichte ganz intensiv zeigt, das ist nämlich: In welcher Weise diskutieren wir überhaupt Themen miteinander? Also dieses Diskutieren im Netz ist für uns alle mehr oder weniger neu, und ich glaube – und das sehen wir auch als Verpflichtung für den WDR an – eine Diskussionskultur herzustellen, indem wir in der Lage sind, auch unterschiedliche Meinungen anzuhören, zu ertragen, die zu diskutieren. Und wir haben uns inzwischen darauf verlegt, uns schnell mal ein paar Tweets hin und her zu schicken, und man ist sofort auch immer auf einer ganz bestimmten Seite, das finde ich ganz unglücklich und das gibt uns hier in der Redaktion auch nochmal zu denken, wie wir uns stärker in die Debatte einmischen können als Radiosender und eben nicht in diesem Kurztweets uns gegenseitig zu beschimpfen. Sie haben den Kollegen angesprochen, den ich persönlich gar nicht kenne. Ich weiß nur, dass der WDR diese privaten Tweets mit großer Empörung und mit großem Abstand zurückgewiesen hat. Das gibt in keinster Weise die Meinung des WDR wieder und auch erst recht nicht die Meinung von vielen Mitarbeitern, die hier beschäftigt sind. Das schadet uns. Das kommt immer wieder vor. Wir haben einige tausend Mitarbeiter; das lässt sich nicht vermeiden, dass Leute das vergessen, dass sich auch aus der Beschäftigung beim WDR auch eine gewisse Verpflichtung ergibt. Ich kenne den Kollegen nicht, aber ich entschuldige mich trotzdem an dieser Stelle, weil ich jetzt gerade sozusagen hier der Dienstälteste bin, mache ich das auch und das finde ich auch ehrlich gesagt unter aller Kanone.
STEFFI NEU:
Thorsten, ganz herzlichen Dank.
ANRUFER 5:
Ganz kurz noch – zumal es von einem Mitarbeiter, der explizit bei sich im Steckbrief stehen hat „Social-Media, ich bin ins Internet herein geboren worden“, also das war absolutes Kalkül was da gelaufen ist und das geht überhaupt nicht. Ganz ehrlich – und dieses Thema Nazi, das geht sowieso nicht. Und was Sie gerade meinten betreffs diskutieren heutzutage, andere Meinungen akzeptieren: Das gibt's doch gar nicht mehr. Wenn man keine Mainstream-Meinung hat in dem Sinne, dass es einen Klimawandel gibt – ja, gibt es definitiv, seitdem die Welt besteht, gibt es einen Klimawandel – aber sobald jemand eine andere Meinung hat, wird der niedergebrüllt, klein gemacht und angegriffen und dergleichen mehr. Und da, denke ich, sind gerade die öffentlich-rechtlichen Medien ganz groß drin oder müssten eigentlich an erster Stelle stehen, öffentlich und sachliche Diskussion zu führen und nicht irgendwie gerade mit solchen Videos, was leider hochgeladen worden ist vom WDR, da noch Öl ins Feuer zu gießen.
JOCHEN RAUSCH:
Ich gebe Ihnen absolut recht. Das ist ja genau der Grund, warum wir auch hier sitzen. Wir alle werden aus dieser Geschichte lernen. Es ist jetzt auch… Ich will es nicht relativieren, aber es ist jetzt keiner zu Tode gekommen bei der Geschichte. Aber wir werden das diskutieren hier in der Redaktion und das wird man dann im Programm auch hören.
STEFFI NEU:
Da ist noch einiges an Baustelle lieber Thorsten schöne Grüße an die neue Heimat nach Dingolfing.
ANRUFER 5:
Danke danke schöne Grüße in die alte Heimat.
STEFFI NEU:
Martin Sichelschmidt ruft aus Thüringen an. Schönen guten Abend!
ANRUFER 6:
Schönen guten Abend! Ich schließe mich auch auf jeden Fall meinen Vorrednern an. Das Thema wurde gerade angesprochen: Twitter. Dieser Herr Daniel Hollek oder wie er heißt. Wie es weitergeht mit der Person. Andere müssten dafür… werden gekündigt oder sonst dergleichen... Haben wir bei uns im Osten miterlebt, weil ja jemand geschrieben hat: „Hier fährt ein deutscher Fahrer“ – und der beleidigt ja eigentlich jede Oma in dem Sinn als Nazisau. Wie wird es mit dem vorgegangen? Weil nur eine Entschuldigung, das ist nicht mehr machbar. Weil es muss sich nicht jeder Bürger oder seine Oma als Nazisau von jemanden bezeichnen lassen, den wir auch bezahlen mit GEZ-Gebühren.
JOCHEN RAUSCH:
Sie werden sicher Verständnis dafür haben, dass ich jetzt nicht auf dem Sender mit Ihnen darüber diskutiere, welche personellen und rechtlichen Folgen das hat. Wir werden uns damit auseinandersetzen und es gibt Regeln im WDR, die für jeden Mitarbeiter gelten – in dem Fall war es übrigens ein freier Mitarbeiter, kein Redakteur. Es gibt ganz klare Regeln im WDR, wie wir uns zu bestimmten Themen zu verhalten haben, und das werden wir prüfen und dann mal gucken, was sich daraus ergibt. Aber das kann ich Ihnen jetzt hier nicht auf dem… werde ich Ihnen nicht auf dem Sender sagen, was wir da jetzt konkret machen.
STEFFI NEU:
Lieber Herr Sichelschmidt, ganz herzlichen Dank auch für den Hinweis. Und sie werden sicherlich davon hören. Schöne Grüße nach Thüringen. Tschüss.
Es geht um Satire, ein Comedy Video: „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, das zu sehr vielen Reaktionen geführt hat. Unser Programmchef ist da, Jochen Rausch und der sagt: Lasst sie mal alle anrufen, und das tun wir mit sehr viel Freude heute. WDR2-Hörer Raven ist  am Telefon aus Neheim im Sauerland. Guten Abend.
ANRUFER 7:
Schönen guten Abend. Ich bin einfach der Meinung, dass man sich mal überlegen muss, dass es zwei Gruppen in dieser Thematik gibt, generell auch in der FridaysForFuture-Bewegung. Und dass sich jetzt auf ein Wort wie Umweltsau so aufgehangen wird... Ich sehe mehrere Autos durch die Stadt fahren, wo „Fuck Greta“ draufsteht, ja? Und das finde ich extrem grenzwertig. Also das Wort „fuck“ und dann den Namen eines 16 jährigen Mädchens. Im Gegensatz dazu... Das sind dann aber die Menschen, die sich übertrieben und sehr überspielt über so etwas aufregen; das finde ich wirklich grenzwertig, und ich muss auch sagen, dass ich das Video nicht rausgenommen hätte.
JOCHEN RAUSCH:
Ja ich verstehe diesen Gegensatz. Das ist mir auch aufgefallen, dass es offenbar erwachsene Menschen nötig haben, ein 16 jähriges Mädchen in dieser Weise zu kommentieren. Aber das ist ja auch genau das, was ich vorhin schon mal gesagt hatte, und meine, dass wir davon runterkommen müssen, nur Hassbotschaften miteinander auszutauschen. Und da kommt uns als Sendern – nicht nur dem WDR, auch allen Sendern – auch eine wichtige Rolle zu: Wie kann man das Thema versachlichen, das offenbar mit einer so hohen Emotionalität versehen ist.
ANRUFER 7:
Aber man muss sich ja eines überlegen: In dem Lied wird keine Person direkt angesprochen. Es ist ja nicht so, daß irgendwie die Person ABC angesprochen wird und die Umweltsau ist, sondern es ist ja… Es geht ja eigentlich um eine Generation, die da als Symbol für steht. Und das ist ein Riesenunterschied.
JOCHEN RAUSCH:
Ich glaube, es ist einfach das Spiel… Ich meine, ich will jetzt nicht über Herrn Trump reden, in welcher Weise der die Diskussionskultur vergiftet hat eigentlich auf der ganzen Welt. Aber das kann für den WDR kein Grund sein, mit Begriffen zu arbeiten, die einfach nicht zu unserer Sprache gehören, und das ist ja der Punkt, über den wir reden. Natürlich können wir das Thema aufgreifen, aber da gibts auch noch viele andere Möglichkeiten. Ich glaube, wir haben einfach – ich hatte das Bild vorhin schon mal – einen etwas zu großen Hammer genommen und das Thema an sich wird bleiben und damit werden wir uns auch weiter beschäftigen.
STEFFI NEU:
Lieber Raven, herzlichen Dank für den Anruf und Grüße ins vermutlich kalte Sauerland. Schönen Abend noch. Christoph Gesthuysen wohnt in Alpen und ist am Telefon. Schönen guten Abend.
ANRUFER 8:
Guten Abend, Steffi. Hallo. Ja, mein Vorredner hat schon was Wichtiges gesagt, und zwar finde ich in erster Linie, ohne dass ich dieses Lied überhaupt gehört habe, dass der WDR für mich eine Aufgabe hat und da gehört auch Satire zu. Und da gehört auch dazu, dass man Worte benutzt, die bezeichnend sind und das sicher aufzeichnen, was man sagen will. Ich verstehe auch ehrlich gesagt den Herrn Buhrow nicht, dass er sich entschuldigt dafür, dass Mitarbeiter beim WDR ihre Aufgabe erfüllen und das natürlich auch überzeichnen. Ich habe Herrn Buhrow mal bei der Stunksitzung in Köln kennengelernt und die arbeitet auch mit Überzeichnung und mit Satire. Und da weiß man aber, worum es geht, und das ist die Aufgabe. Und ich glaube, dass es gerade zu diesem Thema, zu dem wichtigen Thema und auch zu den Ausmaßen, was für die nächste Generation, für die nächsten Generationen da auf uns zukommt, einfach auch wichtig ist, und ich kann den WDR nur weiter ermutigen, diese Aufgabe zu erfüllen, auch für mich als Zahler von Gebühren, und kann so die Reaktion von allen nicht so verstehen; wir haben das Recht dazu zu überzeichnen, um auf wichtige Dinge hinzuweisen. Und ich bedanke mich bei den Mitarbeitern, die dieses gemacht haben, obwohl ich es überhaupt gar nicht gehört habe.
JOCHEN RAUSCH:
Ich glaube, wir werden auch davon nicht lassen, dass wir satirische, kritische Beiträge haben, dass wir sehr unterschiedliche Formen wählen, um uns zu artikulieren. Das erwarten die Leute auch von uns, aber ich glaube, es ist trotzdem wichtig, dass wir in der Diskussion uns nicht auf eine Seite drängen lassen. Weil der WDR ist ein weltoffenes pluralistisches System und keineswegs ein Sender, der auf einer bestimmten Welle rutscht, und jetzt gibt es halt zum Beispiel diesen Shitstorm… kann man ganz deutlich sehen… das ist ja auch eine gewisse Richtung, die sich da ausdrückt, dass Leute das damit verbinden: Was macht eigentlich überhaupt der öffentlich-rechtliche Rundfunk? Warum gibt's den überhaupt noch? Ich glaube für uns ist es gerade in dieser digitalen Medienwelt wichtig, uns hier wirklich unabhängig zu halten und offen zu sein für alle Themen die angesprochen werden.
STEFFI NEU:
Christoph, danke für den Anruf! Schöne Grüße nach Alpen. Christina Hering ist am Telefon, aus Paderborn.  Schönen guten Abend, Frau Hering.
ANRUFERIN 2:
Guten Abend, ich habe Ihr Video heute tatsächlich zum ersten Mal gesehen. Nachdem ich mitgekriegt hatte, dass das so einen Shitstorm ausgelöst hat. Und ich bin tatsächlich überrascht, dass so viele Leute quasi in blanke Panik versetzt. Nur weil man ein Kinderlied, das so ziemlich die meisten Leute kennen, etwas satirisch verändert hat. Ich persönlich finde es gut, dass Sie diesen Beitrag gemacht haben, und da von einer Instrumentalisierung von Kindern zu sprechen finde ich tatsächlich schwierig. Einfach aus dem Grund: ich finde, man kann 9 bis 13 jährigen Kindern durchaus zutrauen, dass sie schon in groben Zügen verstehen können, was sie da eigentlich singen. Und dadurch dass sich so viele Leute darüber aufregen, hat Satire ja eigentlich genau das geschafft, was es soll. Sie hat nämlich richtig wehgetan. Scheinbar können das manche Menschen nicht vertragen, wenn man ihnen vielleicht einfach mal den Spiegel vorhält. Das ist meine Meinung dazu.
JOCHEN RAUSCH:
Es ist schwer, darauf etwas zu sagen, weil es ja genau in dieser Sendung darum geht, dass wir schon registriert haben, dass es doch die Gefühle von Menschen verletzt hat bis hinauf zum Ministerpräsidenten, der ja auch dieses Thema angesprochen hat und das nehmen wir auch ernst. Und ich finde, das müssen wir auch tun. Also wir können uns jetzt nicht hinstellen und sagen: Egal, was das bei den Leuten auslöst. Und insofern, wenn ich dieser ganzen Geschichte etwas Positives abgewinnen will, dann ist es genau diese Diskussion darüber, wie wir…  welche Tonalität wir selber anschlagen. Ob wir selber in dem Modus agieren, wie es viele sogenannte Hater im Netz machen, oder ob wir einen anderen Ton anschlagen, einen menschlicheren Ton, mit dem wir, glaube ich, besser diskutieren können, als wenn wir uns einfach nur so kurze Statements um die Ohren hauen.
STEFFI NEU:
Herzlichen Dank, Christina.
ANRUFERIN 2:
Ich finde es auf jeden Fall gut, dass Sie sich stellen. Das wollte ich noch loswerden. Vielen Dank.
STEFFI NEU:
Jetzt lacht er wirklich mal, der Jochen. Da sind auch verschiedene Mails gekommen, die auch zeigen, wie unterschiedlich das bewertet wird. WDR2-Hörerin Sigrid schreibt zum Beispiel: „Satirische Beiträge verstehen leider die wenigsten Mitmenschen, jeder fühlt sich gleich angegriffen. Bitte macht da mutig weiter.“ Dann schreibt WDR2-Hörer Michael: „Ich finde es beschämend. Eine Entschuldigung reicht nicht aus. So eine dumme Idee. Da müssen Köpfe rollen. Kein Wunder, dass die Jugend von heute keinen Respekt mehr hat.“ Was bedeutet denn sowas dann für uns als Sender, der ja auch Unterhaltung macht und auch Satire macht?
JOCHEN RAUSCH:
Also, mit der Jugend von heute… das ist auch so eine Metapher… Von jungen Leuten hört man sehr kritische Töne. Ich habe gerade ein Weihnachtsfest verbracht mit Freunden, wo wir älteren Erwachsenen alle einen Vortrag von einem 20-Jährigen gehalten bekommen haben,  wieso wir überhaupt Fleisch essen und was wir für Umweltverpester sind und so weiter. Das war ein interessantes Gespräch, und ich glaube, da haben alle was draus mitgenommen. Wir müssen stärker aufeinander zugehen, aber auch zulassen, dass junge Leute vielleicht auch zugespitzter argumentieren. Dann ist das eben so. Ich glaube, damit kommen wir aber zurecht. Wenn wir auf der argumentativen Linie bleiben, kann eigentlich nichts schiefgehen.
STEFFI NEU:
Sie hören übrigens ein WDR 2 Spezial zu „Unsere Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, ein Satire-Video, das wir von WDR2 bei Facebook hochgeladen hatten, das sehr viele Reaktionen, auch negative Reaktionen hervorgerufen hat. Falls Sie die Sendung nicht ganz gehört haben: unser Intendant Tom Buhrow hat vorhin auch angerufen.
O-TON BUHROW
Ja, ich bin als Intendant ja der Letztverantwortliche für das ganze Programm, für alle vom Westdeutschen Rundfunk. Ich bin sehr froh über das, was Jochen Rausch heute Abend sagt, denn zu dieser Verantwortung gehört ja auch, Fehler einzugestehen und das will ich heute Abend tun. Das Video mit dem verunglückten Oma-Lied war ein Fehler, und ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber jetzt dafür. Und Frau Neu, Sie sollen auch wissen und alle Hörerinnen und Hörer sollen auch wissen, von wo aus ich jetzt in die Sendung anrufe, nämlich vom Krankenhaus aus. Mein 92 jähriger Vater ist seit Heiligabend hier im Krankenhaus in meiner Heimatstadt Siegburg. Ich bin wie jeden Tag bei ihm. Er sitzt auch neben mir. Ich kann sagen, er ist keine Umweltsau. Er hat sein Leben lang hart gearbeitet und versucht anständig zu leben. Ich habe mein ganzes Berufsleben dafür gekämpft, dass wir die Menschen nicht spalten und gegeneinander in Stellung bringen sondern das Miteinander gestalten. Und ich verspreche allen Hörerinnen und Hörern, dass wir das im neuen Jahr noch mehr als Verpflichtung ansehen. Und wenn wir dem mal nicht gerecht werden, dann müssen auch dazu stehen und uns entschuldigen, und das tue ich jetzt, denn wir wollen beitragen zu einem besseren Klima in unserem Land.
STEFFI NEU:
Das die Worte unseres Intendanten Tom Buhrow zum Ende des heutigen Abends, des WDR2 Spezials bei uns. Wir haben uns mit Ihnen ausgetauscht und Jochen, und ich glaube, wir haben auch bewiesen, dass Miteinander-Reden das Beste ist, was wir tun können.
JOCHEN RAUSCH:
Auch für uns beide
STEFFI NEU:
Ja, auch für uns beide und wenn irgendwelche WDR2-Hörer jetzt sagen: die haben aber miese Musik gespielt… Wir haben sie einfach weggelassen. Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend. Danke, dass sie mitgemacht haben. Ein schönes Wochenende, herzlichen Dank, bleiben Sie uns gewogen. Jochen, danke, dass du deinen Restaurant-Termin verschoben hast.
JOCHEN RAUSCH:
Wiederhören.

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Frank Holdergrün / 30.12.2019

Der baldige, liebe Umwelteber, Herr Rausch, grunzt ohne Wenn und Aber gegen seine MItarbeiter, bald darf er umweltverträglich im Stall bleiben und kann seine Wortungetüme der lieben Omi vorlesen. Herr Buhrow entbindet seinen 92-jährigen Vater von der schweren Sünde einer Umweltsau und das Ganze ist Kabarett vom Dümmlichsten: Wimmerndes Deutsches Radio.

Frank Mora / 30.12.2019

In welcher Welt leben diese WDR-Leute eigentlich?

Heinrich Niklaus / 30.12.2019

In ihrer grün-linken Ideologie-Blase werden sie sich vermutlich brüllend auf die Schenkel geklopft haben, die WDR-„Säue“. Aber es zeigt deutlich, dass die angeblichen Gegner des um sich greifenden Hasses selbst größte Hassverbreiter sind.

Manuela Pietsch / 30.12.2019

“nicht die Omas, sondern „wir alle“ seien gemeint, lautete die offizielle Erklärung” - Natürlich, so habe ich das auch verstanden, Herr Buhrow, ich bin ja nicht blöd. Es geht nicht um die Oma, es geht um die Beleidigung und Verunglimpfung von allen Andersdenkenden. Dieses Lied würde im Sinne des “Erfinders” als Hass-Botschaft gelten - würde es anderen Bevölkerungsgruppen gelten. Abgesehen davon ist es politische Meinungsmache, etwas, von dem sich die Öffentlich-Rechtlichen ja immer zu distanzieren versuchen. Die Unverschämtheit, KINDER dafür einzuspannen, die noch gar keine (eigene!) QUALIFIZIERTE Meinung zu diesem Thema haben können, setzt dem ganzen noch die Krone auf.

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