Dirk Maxeiner / 26.09.2008 / 11:43 / 0 / Seite ausdrucken

Hochrechnungen im Kartenhaus

Von Maxeiner & Miersch erschienen in DIE WELT vom 26.09.2008

Investmentbanker und Analysten sind - zumindest bisher - beliebte Gastredner und Diskussionsteilnehmer auf Kongressen, die sich der Rettung der Welt verschrieben haben. Gutmeinende Kreise, die diesen Berufsstand normalerweise den raffgierigen Heuschrecken zuordnen, küren sie dort zu unbestechlichen Kronzeugen - vorausgesetzt sie warnen vor furchtbaren ökonomischen Folgen des Klimawandels.

Ganz groß in diesem Geschäft war beispielsweise Lehman Brothers. Zu den Vorzeigekunden der Bank gehörte Al Gores Investmentfirma GMI, die mit Kohlendioxid-Ausgleichszertifikaten handelt. Zu den Vorzeigeberatern der Bank zählte der amerikanische Klimapapst James Hansen, der die dräuende Klimakatastrophe in den düstersten Farben ausmalt und schon mal Gefängnis für Manager der Ölindustrie fordert. Lehmann Brothers wollte laut Eigenwerbung das „führende Brokerhaus für Emissions-Gutschriften“ werden. In Reports mit dem Titel „The Business of Climate Change“ machte man mächtig Druck, damit die Politik möglichst schnell den Weg für das Megageschäft mit heißer Luft ebnen möge. Ähnliches hatte auch der britische Regierungs-Ökonom Sir Nicholas Stern im Sinn, als er seinen „Stern-Report“ veröffentlichte. Er prophezeite, der vom Menschen gemachte Klimawandel könne im Verlauf des Jahrhunderts eine Weltwirtschaftskrise auslösen.

Was die Damen und Herren nicht vorhersahen: Eine globale wirtschaftliche Krise stand bereits unmittelbar vor der Tür.  Sie ist tatsächlich vom Menschen gemacht, aber nicht auf dem Umweg übers Kohlendioxid. Während die Ökonomen und Analysten hypothetische Katastrophen in 100 Jahren vorausberechneten, saßen sie in einem Kartenhaus aus faulen Krediten - und merkten es nicht. Vielleicht führt das zumindest dazu, solche Prognosen für die nächsten 100 Jahre ein wenig vorsichtiger zu betrachten.

Das künftige Wetter mag problematisch sein, um Wirtschaft und Wohlstand zu ruinieren braucht der Mensch es nicht. Das kann er immer noch ganz alleine. Wie das geht, zeigen die aktuellen Vorgänge um den erwähnten Emissionshandel. Die EU will ab 2013 immer mehr Unternehmen die Menge ihrer Kohlendioxidemissionen vorschreiben. Wer mehr verbraucht soll Gutschriften an einer Börse von jenen zukaufen, die weniger brauchen als ihnen zugestanden wird. Das ist theoretisch eine gute Idee, aber nur wenn alle Länder dieser Welt dabei mitmachen. Dies ist aber nicht der Fall. Und deshalb kostet der Handel viele Milliarden, bringt dem Klimaschutz aber nichts. Emissionen von besonders betroffenen Branchen wie Chemie, Beton oder Aluminium werden schlicht ins Ausland verlagert - und mit ihnen die Arbeitsplätze. Das hat inzwischen sogar Angela Merkel gemerkt: „Ich bin für Klimaschutz. Aber was ich nicht unterstütze, ist, dass wir uns durch eine unkluge Klimapolitik Arbeitsplätze in Deutschland zerstören.“ Fieberhaft versucht die Kanzlerin wieder die Geister zu besänftigen, die sie noch vor einem Jahr medienwirksam von grönländischen Gletschern hinab rief.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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