Hans Hofmann-Reinecke, Gastautor / 14.11.2021 / 14:00 / Foto: Freud / 39 / Seite ausdrucken

Kolonialismus im Namen des Klimas

Auf dem Klima-Gipfel COP26 in Glasgow wurde dem Land Südafrika nahegelegt, seine Stromversorgung auf Wind- und Solarenergie umzustellen und zwei riesige, nagelneue Kohlekraftwerke abzureißen. Ein deutscher Minister spielte hier eine wichtige Rolle. Erleben wir eine Renaissance des deutschen Kolonialismus auf dem schwarzen Kontinent?

Kolonialismus ist das politische oder militärische Eingreifen eines Staates in einen anderen, meist weniger entwickelten, mit dem Ziel, sich wirtschaftliche oder strategische Vorteile zu verschaffen. Der afrikanische Kontinent war vom späten 19. bis mittleren 20. Jahrhundert bevorzugtes Objekt dieser Eingriffe. Im internationalen Vergleich war Deutschlands Rolle dabei zurückhaltend, dennoch übt sich der heutige Mainstream im Fremdschämen für unsere Ur-Urgroßväter und deren Kolonialherrschaft in Südwest-Afrika – vor mehr als hundert Jahren. Das soll demonstrieren, wie moralisch überlegen das heutige Deutschland im Vergleich zum damaligen Kaiserreich doch ist. 

Es gibt aber auch einen sanften Kolonialismus, genannt Missionierung, bei der den Betroffenen Wohltaten versprochen, jedoch tatsächlich die Eigeninteressen der Missionierenden verfolgt werden. Und auf diesem Gebiet nun wird die deutsche Regierung wieder aktiv, und zwar im Land Südafrika, unmittelbar neben der alten Kolonie Namibia gelegen.

Südafrika hängt im Netz

Südafrika hat einen jährlichen Stromverbrauch von ca. 235 Terawattstunden (zum Vergleich: Deutschland 573 TWh). Das sind rund 4.000 kWh per Capita, und das ist viel für ein afrikanisches Land. Den Löwenanteil an Energie verbraucht der Bergbau im Nordosten des Landes. 

Dem staatlichen Konzern ESKOM gelingt es nicht, das Land zuverlässig mit Strom zu versorgen. Während diese Zeilen geschrieben werden, gibt es täglich dreimal, gerecht über die 24 Stunden des Tages verteilt, eine programmierte Stromsperre. Das ist für den Autor dieses Artikels zu verkraften, für viele Gewerbe aber ein Desaster. Was macht ein Restaurant, wo der Strom von 18:00 bis 20:15 ausfällt? Eine Werkstatt für Einbauküchen, wenn die Maschinen für zwei oder vier Stunden streiken? Ich war in der Vorstellung eines russischen Balletts, als dank Stromsperre der Notstromgenerator des Theaters ansprang. Die Vorstellung ging weiter, aber bei dem Lärm des Diesels war die Musik kaum noch zu hören – auch nicht für die Ballerinas.   

2008 begann, behindert durch technische und politische Probleme, der Bau zweier moderner Kohlekraftwerke, „Medupi“ und „Kusile“, mit einer geplanten Gesamtleistung von 9,6 Gigawatt (das entspricht 8 ausgewachsenen Kernkraftwerken). Derzeit stehen zwei Drittel dieser Nennleistung zur Verfügung, zumindest theoretisch. In der Praxis hat man deren Betrieb noch nicht so richtig in den Griff bekommen.

Die Missionare in Sachen CO2

Anlässlich der IPCC Klimakonferenz in Glasgow wurde nun auf Südafrika Druck ausgeübt, seine Energieversorgung doch auf Wind und Sonne umzustellen. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller plädierte allen Ernstes dafür, die beiden nagelneuen Kraftwerke, von denen jedes geschätzte 14 Mrd. Euro gekostet hat, wieder abzureißen und durch Windräder zu ersetzen. Davon bräuchte man dann einige zigtausend Stück. Bei der Finanzierung dieses Wahnsinns würde man großzügig helfen.

Nun hat die Energiewende in Deutschland mehr als deutlich demonstriert, dass es nicht möglich ist, ein zivilisiertes Land kontinuierlich mit Strom aus alternativen Quellen zu versorgen. Es geht einfach nicht. Punkt. Deutschland hatte einmal eine unauffällige, preiswerte und zuverlässige Stromversorgung. Heute müssen energiehungrige Verbraucher wie Aluminium-Schmelzwerke zeitweise vom Netz genommen (und dafür fürstlich entschädigt) werden. Man hat die höchsten Preise pro Kilowattstunde weltweit und will dennoch auf diesem aussichtslosen Weg weitermarschieren. 

Wir erleben in Deutschland also, dass es sehr teuer werden kann, wenn politische Entscheidungsträger mit geringer Bildung und noch geringerem Sachverstand die Macht haben, ihre eigenen fixen Ideen zur Staatsräson zu machen.

Kolonialismus 2.0

Diesen Segen wollen die Missionare der Energiewende nun dem Land am Kap aufdrängen, wo man schon mit konventionellen Kraftwerken keine stabile Stromversorgung hinbekommt. Und anders als in Deutschland gibt es hier keine freundlichen Nachbarn, die einspringen, wenn Wind und Sonne schlafen. Es gibt zwar eine Stromleitung nach Mozambik, zum Cabora Bassa Kraftwerk, aber auf die ist kein Verlass.

Man bedenke, dass 60% von Südafrikas Exporten im Bergbau gewonnen werden – und den soll man nun mit Wackelstrom aus Windmühlen versorgen? Tatsächlich? Es wäre ein winziger Beitrag zur globalen CO2-Senkung, aber ein gigantischer Schaden für das Land und seine Menschen, von denen viele in Armut leben. Auf deren Rücken wollen sich nun die Öko-Missionare mit ihren fixen Ideen austoben?

Vielleicht sollte man den deutschen Entwicklungshilfe- und Energiewende-Spezialisten einen „Reality Check“ gönnen, einen Gastaufenthalt in einer kilometertiefen Mine, wo dann bei Wolken und Flaute die Fahrstühle stehenbleiben und die Lüftung ausfällt. Vielleicht würde ihnen dann klar, dass am deutschen Wesen die Welt nicht genesen kann – auch dieses Mal nicht.

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Leserpost

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Arnold Balzer / 14.11.2021

Hat dieser Clown jemals was anderes produziert als geistige Fehlzündungen und Rohrkrepierer? Kann mich beim besten Willen nicht an auch nur einen Geistesblitz von ihm erinnern.

Arnold Balzer / 14.11.2021

@ G. Giesemann wg. E-Fuel etc.: Die Südafrikaner wussten schon immer etwas Sinnvolles mit ihrer reichlich vorhandenen Kohle anzufangen. Zu Zeiten der Apartheit haben sie die von Deutschen erfundenen Verfahren zur Kohleverflüssigung (s. Wiki) angewandt, um Benzin, Diesel, u.a. Kohlenwasserstoffe zu gewinnen. In jener Zeit hatten sie gute Handelsbeziehungen mit Israel. Beide Staaten waren aus politisch/rassistischen Gründen von der Belieferung von Erdölprodukten aus der Golfregion abgeschnitten.

RMPetersen / 14.11.2021

“...  Renaissance des deutschen Kolonialismus ...” Die Lebensbedingungen der “Eingeborenen” waren in etlichen dieser Länder besser in der Kolonialzeit. Allerdings ist meine Ansicht, dass die Europäer sich weitestgehend aus Afrika heraushalten sollten. Wenn die Chinesen diese Erfahrung machen wollen - bitte sehr.

Jens Rickmeyer / 14.11.2021

Meine Leseempfehlung als Korrektiv zum Mainstream-Narrativ: Bruce Gilley, »Verteidigung des deutschen Kolonialismus«, Edition Sonderwege.

Boris Kotchoubey / 14.11.2021

“Afrika ist überall”, auch in Osteuropa. Dem ukrainischen Präsidenten Selenski wird Ultimatum gestellt, Wirtschaftshilfe nur gegen Abbau der sicheren Stromversorgung (Kohle-, Kern- und große Wasserkraftwerke) und Ausbau von Widmühlen.

Paul Siemons / 14.11.2021

Dass es in Südafrika eine Stromversorgung gibt, weiß ich von meinen dortigen Freunden und Bekannten. Wenn die von Stromausfällen und - abschaltungen erzählen. Und davon, dass dann die Alarmanlagen nicht funktionieren…

Hans Wegener / 14.11.2021

Zum Glück wird der Gerd Müller ja nun vom Netz genommen. Es wird Zeit.

Gerhard Mader / 14.11.2021

Die Klimaretter haben offensichtlich noch nichts von beträchtlichen Klimaschwankungen in der Erdgeschichte, von Eiszeiten, Warmzeiten und Zwischeneiszeiten, gehört, bzw negieren sie einfach. Niemand fragt danach, was wohl die Ursache für diese beträchtlichen Temperaturschwankungen, denen wir nach der allgemein anerkannten Ansicht der Geowissenschaften einerseits die Entstehung des Steinkohlenwaldes und des Braunkohlenwaldes, andererseits Gletscherwanderungen in den Eiszeiten verdanken. Von Menschen können diese Klimaschwankungen jedenfalls nicht verursacht worden sein, eher von Schwankungen der Sonnenaktivität oder Veränderungen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Diese Überlegung ändert aber nichts an der Notwendigkeit, die Umwandlung von Sauerstoff in CO2 durch Verbrennungsvorgänge zu reduzieren, da alles Leben auf der Erde Sauerstoff benötigt und der Vorrat daran nicht unendlich ist. Uberdies wäre überhaupt der Verbrauch an nicht unendlich auf der Erde vorhandener Ressourcen einzuschränken. Dazu wäre als erstes eine unbedingte Reduzierung des ungebremsten Bevölkerungswachstums geboten. Doch davon hörte man kein Wort in Glasgow oder überhaupt von den Klimarettern.

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