Die Polizei hat den Mann festgenommen, der am Düsseldorfer Flughafen im September mit einem verdächtigen Gepäckstück den Betrieb lahmlegte.
Im Theater fangen die meisten Komödien so an, daß jemand anderer als derjenige, der gerade erwartet wird, auftritt. Im wirklichen Leben endet es meist in einer Tragödie, wenn jemand sich, wie man so sagt, zur falschen Zeit am falschen Ort befindet. Beide Sorten von Verwechslung zusammen ergeben ungefähr die Konstellation, die der Kofferaffäre am Düsseldorfer Flughafen zugrunde liegt. Auf der einen Seite geht es um die Möglichkeit eines Terroranschlags entsetzlichen Ausmaßes – eine Bombe in Deutschlands drittgrößtem Flughafen, und auf der anderen Seite handelt es sich um die Entdeckung einiger Pakete Mehl und Backzutaten. Selten liegen das Grauen und der Ulk so nahe beieinander.
Begonnen hatte die Mißverständniskette des 24. September mit einem banalen Kofferklau. Der jetzt verhaftete und geständige Dieb, der sich auf das Entwenden hochwertiger Gepäckstücke spezialisiert hat und in Großbritannien deswegen schon mehrfach im Gefängnis saß, schnappte sich wieder einmal einen fremden Trolley. Als er ihn öffnete, bekam er einen Schreck, denn darin befand sich weißes Pulver in Tüten – wahrscheinlich Drogen, mutmaßte er und suchte seine Beute umgehend los zu werden. Daran sieht man wieder einmal, wie simpel und hierarchisch die Welt der gewerbsmäßigen Ganoven aufgeteilt ist: ein Kofferdieb arbeitet in der Region von 1000 bis 5000 Euro, mit den Drogenschmugglern, die in der Region von 100 000 bis 500 000 Euro pro Koffer operieren, möchte er nichts zu tun haben oder bekommen.
Also stellte er die vermeintlich heiße Ware unter den Linsen der Überwachungskameras im Flughafen ab, worauf das nächste Mißverständnis seinen Lauf nahm. Die alsbald alarmierte Polizei fand, daß es sich bei der Substanz in dem Koffer um Sprengstoff handeln könne und ließ das ganze Gebäude räumen. 140 Flüge wurden gestrichen, mehr als 10 000 Passagiere saßen fest. Jetzt hatte der Kofferdieb einen mächtigeren Gegner als jedes Drogensyndikat am Hals, nämlich die deutschen Sicherheitsbehörden. Und das bloß wegen seiner blöden Furcht! Denn nicht das Verschwindenlassen eines Gegenstands schuf hier das größere Problem, sondern das Zurücklassen.
Auch wenn es sich um eine echte Bombe handeln würde, wäre es natürlich wünschenswerter, ein Gepäckdieb nähme sich ihrer rechtzeitig an. So könnten die großen Verbrecher durch kleinere Kollegen in ihrem ganzen Tun empfindlich gestört werden, wenn wegen gewohnheitsmäßigen gewerblichen Kofferklaus der Sprengstoff für Attentate nie am Zielort ankäme. So kehren sich die Machtverhältnisse zuguterletzt um: nicht die Großen beherrschen die Kleinen, sondern die Kleinen haben die Großen in der Hand. In einer wahren Kleptokratie verschwindet auch alles Böse in fremden Taschen und die bestohlene Gesellschaft kann erleichtert aufatmen.