Gastautor / 09.01.2016 / 06:00 / 1 / Seite ausdrucken

Warum es Whistleblower in Deutschland so schwer haben

Von Susanne Baumstark

Die Tatsache, dass nun breit über die Vorgänge von Köln berichtet wird, ist mutigen Menschen in Behörden und Institutionen zu verdanken, die unter Verschluß gehaltene Papiere öffentlich machten. Gedankt wird ihnen das nicht unbedingt.

Es gibt nur einen bekannteren Verein in Deutschland, der sich um Whistleblower kümmert. Leider. Denn der ist zu einem guten Teil linksideologisch bestimmt. Wer etwa bei dem unsäglichen Gründungsversuch einer Regionalgruppe in Berlin dabei war, kann ein Lied davon singen.

Aufgrund der linken Vereinnahmung des Themas Whistleblowing wurde dessen Potenzial - ganz ähnlich auch beim Thema Menschenrechte - bereits im Keim erstickt. Wie das geht? Man definiert einen Missstand als solchen, wenn er gerade ins Weltbild passt und lässt nicht-konforme Missstände außen vor oder beschönigt diese.

Ein Beispiel: Inge Hannemann - man erinnere sich: die glorifizierte Heldin der Jobcenter-Beschimpfer - wird kurzerhand zur Whistleblowerin erklärt, weil sie es skandalös findet, wenn Jobcenter bei fehlender Kooperation der Antragsteller zu Sanktionsmitteln greifen und weil sie dies als Mitarbeiterin eines Jobcenters öffentlich machte. Sie hatte von Anfang an eine riesige Lobby von Seiten der Medienbranche sowie von steuergeldlich gepäppelten Agitationsvereinen.

Ergebnis: Hannemann bekam den taz-Panter-Preis für Zivilcourage, den Clara-Zetkin-Frauenpreis der Linkspartei, das Marburger „Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ der Humanistischen Union und last but not least: ein Mandat von der Partei Die Linke für die Hamburgische Bürgerschaft, wo sie derzeit residiert. Das hat sich wohl gelohnt.

Eigentlich aber sind Whistleblower Menschen mit gut funktionierendem Gewissen, die - trotz des Risikos dann Mobbingopfer zu werden - uneigennützig Missstände öffentlich machen, wenn diese erheblichen Schaden für die Gesellschaft befürchten lassen und die Angelegenheit nicht auf dienstlichem Wege lösbar ist.

Nach der ursprünglichen Definition ist eine typische Whistleblowerin etwa die Polizistin Tania Kambouri, die bereits vor dem deutschen Silvesterschock über polizeirelevante Missstände informierte.
       
Was die linke Journaille tatsächlich von Whistleblowern hält, mit deren Bezeichnung sie sich sonst wohlfeil brüstet, beschreibt aktuell etwa die taz: „Mit Pauschalurteilen über Muslime lässt sich Kasse machen. Das hat auch die Bochumer Streifenpolizistin Tania Kambouri erkannt.“

Nur „angeblich“ hätten junge Muslime keinen Respekt vor Polizisten und dann warf sie dem Bundeskriminalamt (BKA) auch noch vor, Statistiken zur Flüchtlingskriminalität zu fälschen, weil „das ‚politisch nicht gewollt‘ sei, gab sie rechten Verschwörungstheoretikern Futter“. Auch die Steuerung von Beamten durch die Politik, sonst immer einen taz-Aufschrei wert, will man Kambouri nicht abnehmen. Sie habe „ihre ganz eigenen Wahrheiten“.

Gegen Kambouris Erklärung zur Ausbreitung von „No-go-Areas“ in etlichen Städten obrigkeitsschleimt die taz geradezu, dies widerspreche der Aussage von NRW-Innenminister Ralf Jäger: in seinem Land gebe es keine „No-go-Areas“. Die Statistiken des BKA nimmt die taz ebenfalls vollkommen unkritisch und willfährig hin: danach gebe es keinen überproportionalen Anstieg der Kriminalität durch Flüchtlinge. Wer das hinterfragen will, lese den Beitrag in der Welt „Wie die Polizei-Statistik Verbrechen verheimlicht“.

Ein Honigtopf aber ist immer noch übrig in der taz-Redaktionsstube. Den bekommt Thomas de Maizière. Der sagte nämlich, Flüchtlinge würden im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig wie die hiesige Bevölkerung. Das ist doch ein ehrbares, keiner weiteren Recherche bedürftiges Wort!

Für manche Kollegen von Kambouri sei „das Fass jetzt übergelaufen“, so die taz weiter. Zitiert werden alsdann sowohl verschwörungstheoretische Aussagen - „Wer steuert und instrumentalisiert die Kollegin eigentlich die ganze Zeit?“ - als auch die Grundsätze des Berufsbeamtentums - „Wann gibt es eigentlich das erste Disziplinarverfahren“?

Bis zum NRW-Innenministerium hat sich die plötzlich dem Berufsbeamtentum verbundene taz mit ihren Verunglimpfungen einer Whistleblowerin durchgefragt. Sicher enttäuschend für die Redaktion: das zuständige Polizeipräsidium in Bochum werde nach einem einvernehmlichen Gespräch mit Kambouri keine dienstlichen Maßnahmen einleiten.

Linker Gesinnungs-Journalismus die nächste: Neues Deutschland titelte fast zeitgleich: „Flüchtlinge: BKA fälscht keine Zahlen zur Kriminalität“ und „Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert dienstliche Konsequenzen für Beamtin“. Hier sind es neben Kollegen auch „Kriminalexperten“, die „auf Kambouri nicht gut zu sprechen“ seien. Höchst beeindruckend.

Linker Kampagnen-Journalismus die übernächste: Amid Rabieh, Kreissprecher der Linken, darf mittels Der Westen Polizeipräsidentin Kerstin Wittmeier zum Handeln aufrufen. Kambouris „kulturrassistische Äußerungen“ seien keine Privatsache.

Das mediale Mobbing gegen Kambouri wird nach dem deutschen Silvesterschock nicht fruchten; sicher auch, weil sie Beistand durch einen weiteren Whistleblower aus dem Polizeikreis bekommt, der die Vorgänge in Köln nachvollziehbar beschreibt.

Einiges zu erzählen hätten sicher auch Angestellte anderer Berufsgruppen, etwa aus der medizinischen und psychologischen Sparte. Es wäre gerade ein guter Zeitpunkt, einen möglichst ideologiefreien Whistleblowerverein zu gründen.

Susanne Baumstark, Jahrgang 1967, ist freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin.
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Franck Royale / 09.01.2016

Baumstarker Beitrag :-) Es gibt nur eine Möglichkeit, dieses Land zu retten: Alle liberalen und konservativen Kräfte müssen den Selbsthassern und Rassisten in den Redaktionsstuben von taz & Co. die Stirn bieten. Es würden sich noch viel mehr Menschen wie Tania Kambouri aus der Deckung trauen und ihrem Unbehagen Luft verschaffen, wenn sie für ihre Zivilcourage mehr Unterstützung erwarten könnten, besonders eben auch mediale.

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