Von Gerald Wolf.
Ich bin kein Klimatologe. Und das mag der Grund sein, warum ich unsere Welt nicht so recht verstehe, insbesondere deren Erwärmung nicht. Zwar sind die meisten, die oft und angstvoll darüber sprechen und schreiben, ebenfalls keine Klimatologen, aber sie wissen bestens Bescheid. Das spürt man. Andererseits: So ganz sicher sind sie sich offenbar doch nicht. Wie sonst sollte man es erklären, dass das Umwelt-Bundesamt skeptische Journalisten und Fachleute auf eine schwarze Liste gesetzt hat und sie öffentlich anprangert? Oder dass die Ausrichter der nächsten großen Klimakonferenz Mitte des Monats in Marrakesch störrische Journalisten gleich ganz aussperren? (Siehe auch hier).
Der Kommunikationschef des UN-Klimasekretariats, Nick Nuttall, erklärt gegenüber CBC/Radio Canada, dass Journalisten des Internet-Senders Rebel Media von der Konferenz offiziell verbannt seien, weil sie die falsche Auffassung haben:
„Nach den Headlines ihrer Website scheinen sie nicht sonderlich ausgewogen zu berichten. Es scheint mir mehr eine Anti-Flüchtlinge, Anti-Klimawarner, anti-dieses und anti-jenes. Daher schien es mir nicht angemessen, dass sie einem allgemeinen Publikum im Sinne eines besseren Verständnisses vom Klimawandel berichten.“
Nanu, wenn die Übrigen sich zu einhundert Prozent einig sind, dann wird man doch wohl so ein paar journalistische Lästermäuler aushalten? Das tun alle anderen auch. Die Europäische Union hält Euro-Skeptiker aus, der Papst erträgt Papst-Kritiker, Volkswagen hält Volkswagen-Skeptiker aus. Nur: Warum führt sich das UN-Klimasekretariat gegenüber Journalisten auf wie Donald Trump? Haben die tief in Ihrem innersten etwa Angst, dass sehr viel mehr Menschen der Klima-Politik skeptisch gegenüberstehen, als man glauben machen möchte? Gibt es von meiner Sorte etwa viel mehr, nur traut sich kaum jemand, es laut zu sagen? Oder liegt‘s an meinem Wohnort in Dunkeldeutschland (Sachsen-Anhalt)? Aber nein: "In Berlin liegt die Zahl der Klima-Zweifler sogar bei 41 Prozent, so hoch wie nirgends sonst in der Republik. Nur 31 Prozent vertrauen in der Hauptstadt den Klimaforschern", berichtet die eher unverdächtige taz.
Ein Rascheln im Busch – was ist das?
Mir fehlt echt der Durchblick, obwohl ich mich darum bemühe. Das verdrießt mich, denn nicht richtig zu verstehen, was da um einen herum passiert, raubt mir die Ruhe. Eigentlich jedem Menschen. Schon immer war das so. Ein Rascheln im Busch – was ist das? So fragte sich der Steinzeitmensch, und so tun wir’s heute. Ein Tier? Ein Mensch? Gar einer mit bösen Absichten, oder doch nur der Wind? Ebenso fragen wir uns, wie das Wetter wird, morgen, in sieben Tagen, in vier Wochen, wie in einem Jahr, wie in 20 oder 50? Und dann natürlich: Werden wir die 2-Grad-Grenze einhalten?
Ich verstehe das alles nicht, aber lesen kann ich, und so kommt bei mir die Frage auf, was denn an der ganzen Klimastory wahr ist und was falsch. Auch so manch andere fragen sich das, nicht nur vormalige DDR-Bürger, die gelernt haben, ihre Ohren zu spitzen, wenn es um Linientreue geht, um „politische Korrektheit“, wie es heute heißt.
Politisch korrekt ist beispielsweise, von „erneuerbaren Energien“ zu reden. Nach dem Energieerhaltungssatz der klassischen Physik jedoch kann Energie weder erzeugt noch vernichtet werden, mithin auch nicht erneuert. Gemeint also sind erneuerbare Energie-Quellen. So viel Zeit sollte der Wissenschaftlichkeit halber doch wohl sein, das korrekt auszudrücken. Ebenso und gerade hat das für eine Bundeskanzlerin zu gelten, die studierte Physikerin ist.
Ein großes Verständnisproblem habe ich damit, dass Vorhersagen des Wetters (das ja immerhin etwas mit Klima zu tun hat) im Laufe der folgenden Tage immer unsicherer werden, solche über das Klima in 20, 30 oder 50 Jahren aber ohne weiteres möglich sein sollen. Vorausgesetzt, wir kriegen das mit dem Klimaschutz in den Griff. Soviel sich aus verschiedentlich veröffentlichten Daten schlussfolgern lässt, hat die Konzentration des „Klimakillers Nummer eins“, des CO2, seit der vorindustriellen Zeit ständig zugenommen. Sie stieg um etwa ein Viertel, nämlich von 0,03 auf 0,04 Prozent.
Die globale Temperatur macht nicht so richtig mit
Allerdings, ziemlich dumm für die Klimaschützer, macht da die globale Temperatur nicht so richtig mit. Auf vergleichbare Satellitendaten gestützt, behaupten die Klima-Skeptiker, es gäbe im gesamten Erdenrund zurzeit überhaupt keine Erwärmung! Zwar schwankten die Daten von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr, aber seit etwa 2005 hätten wir bei all der Wackelei im Durchschnitt eine konstante Phase oder gar eine der Abkühlung. Manche sprechen wie bei der Börse von einer „Seitwärtsbewegung“. Die Meereisdicke und das Meereisvolumen nehmen teilweise wieder zu, zumindest in der Antarktis, und da vor allem das Festlandeis.
Auch hat es in den vorigen Jahrhunderten und Jahrtausenden Änderungen in der Kohlendioxid-Konzentration (viel höhere Werte als heute) gegeben, ohne dass entsprechende Klimaänderungen folgten. Mitunter sind diese sogar gegenläufig gewesen. Messungen in Bohrkernen kilometerdicker Eisschilde an den Polen ergaben, dass die Kohlendioxid-Konzentration den Temperaturveränderungen in keinem Fall vorangegangen war, sondern immer hinterherhinkte. Was ist denn nun Ursache und was Folge und was eine nichtkausale Korrelation? Verstehe das, wer will. Ich bin wie all die Politiker kein Klimatologe und verstehe es trotzdem nicht.
Einige der Faktoren, die das Weltklima beeinflussen, sind gut bekannt. Die Sonnenaktivität zum Beispiel und weltweite Luft- und Meeresströmungen, allen voran El Niño, das Christkind. Sie bewirkten das Auf und Ab des Klimas auch in den Zeiten, in denen es noch gar keine Menschen gab. Oder zum Beispiel 1998 das weltweite Korallensterben, El Niño wollte das so. Danach erholten sich die Nesseltiere wieder, und das trotz steigenden CO2-Gehaltes in der Atmosphäre. Warum? Womöglich weil die Tierchen von Klimatologie und Klimapolitik nichts verstehen. So wie ich.
Anders die Klimatologen. Bei denen sollte man sich mal ordentlich umhören. Natürlich nicht nur bei den Mediendarlings, den Schellnhubers und Latifs, sondern auch bei bereits pensionierten Größen des Fachs. Die sind auffallend skeptischer als ihre Kollegen, die noch um Forschungsgelder und Posten ringen.
Der Mensch ist ja nichts anderes als eine kleine Verbrennungsmaschine
Gut verstehe ich, dass Kohlendioxid zur Natur gehört. Nicht nur hauchen die Vulkane dieses Gas aus, wir Menschen tun’s auch. Zu vier Prozent besteht unsere Ausatemluft aus Kohlendioxid. Wir sind ja nichts anderes als kleine Verbrennungsmaschinen. Sämtliche Tiere und die meisten Mikroben produzieren diesen Stoff. Selbst die Pflanzen atmen Kohlendioxid aus, in der Nettobilanz aber machen sie‘s umgekehrt, sie leben davon. Ohne CO2 können Pflanzen gar nicht existieren, da sie daraus, per Photosynthese, ihre Biomasse aufbauen. Und von dieser hinwiederum ernähren sich Tier und Mensch (oder eben von Tieren, die ihrerseits Pflanzen fressen). Ähnlich die meisten Mikro-Organismen, Bakterien also und Pilze, die die wahren CO2-Massenproduzenten sind.
Immerhin besteht Einigkeit, dass etwa nur 3 bis 5 Prozent des Kohlendioxids der Erdatmosphäre durch die moderne Zivilisation verursacht werden, durch Kraftwerke, Industrie, Autos, Heizung und so weiter. Dennoch: 4 Prozent gemessen an den 0,04 Prozent Kohlendioxid-Anteil der Atmosphäre macht 0,0016 Prozent. Deutschland soll an diesen 0,0016 Prozent mit etwa 3,1 Prozent beteiligt sein. Ergo: Rund 0,00005 Prozent der Weltluft ist deutsches CO2. Das sind ganze 5 von 10 Millionen Molekülen; 0,5 parts per million (ppm).
Um diesen Anteil nach Möglichkeit konstant zu halten oder gar noch zu drücken, ist Deutschland bereit, viele, viele Milliarden Euro auszugeben. Im Wesentlichen für alternative Energiequellen, um unseren Kohlendioxid-Ausstoß zu vermindern. „Dekarbonisierung“ ist das Zauberwort. Und das bei all den Unklarheiten in Hinblick auf Ursache und Wirkung.
Klar, wir sind ein reiches Land. So jedenfalls wird uns gesagt. Wie stark von dem Klima-Opfergeld die Klimatologen profitieren und all die Politiker und Organisationen, die sich um den Klimaschutz kümmern, weiß ich nicht. Auch nicht, was das alles weltweit kostet.
Demgegenüber ist das, was 2015 die 12-tägige Pariser UN-Klimakonferenz gekostet hat, sicherlich nur ein Klacks. Immerhin mussten die 40.000 Teilnehmer an- und abtransportiert, untergebracht und verpflegt werden, um schließlich das Klimaabkommen zu beschließen, das für die nächsten Jahrzehnte die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad vorsieht. Und jetzt folgt die gleiche Übung in Marrakesch. Aber immerhin werden diesmal die Flüge skeptischer Journalisten eingespart.
Professor Gerald Wolf ist Hirnforscher und emeritierter Institutsdirektor. Er widmet sich in seinen Vorträgen und Publikationen und regelmäßig im Fernsehen (MDR um 11, Sendung „GeistReich“) dem Gehirn und dem, was es aus uns macht. Neben zahlreichen Fachpublikationen und Fach- und Sachbüchern hat er auch drei Wissenschaftsromane veröffentlicht.