Kompliment, Herr Lommatzsch, gut beobachtet und beschrieben. Das verbale Rumgestöpsel des Herrn Solms war peinlich und zugleich aufschlussreich, wurde doch klar, warum die Initiative des Herrn Lammert für eine kurzfristige Satzungsänderung Sinn machte.
Ich bin einigermassen erstaunt, dass in der deutschen Publizistik nicht bemerkt wird, was da in dieser Bundestagssitzung vom ehrenwerten Wolfgang Schäuble gesagt wurde. Oder wurde nicht begriffen, was er impliziert hat? Schäuble, wörtlich: “So etwas wie Volkswille entsteht überhaupt erst in und mit unseren parlamentarischen Entscheidungen.” Punkt. Ist denn keinem klar, was das heisst? Wir, das Volk, immerhin noch der Souverän dieses ganzen Ladens, der sich noch das Etikett “Demokratie” gibt, haben keinen Willen unabhängig von den feinen Herrschaften, die uns im Bundestag vertreten. Der Volkswille ensteht im Bundestag, sonst nirgendwo. Basta. Man fragt sich, aufgrund welcher Instinkte wir Wahlbürger eigentlich diesen Bundestag wählen. Aufgrund irgendwelcher zufälligen, willkürlichen “Vapeurs”, kindlichen und beliebigen Launen, wie man sie vor 200 Jahren kränkelnden oder schwangeren Damen unterstellte? Rationale, vernunftbegabte Wesen mit eigenem Willen scheinen wir Grundlinge für unsere Eliten-Abgeordneten wohl nicht zu sein. Wir müssen angeleitet und gelenkt werden. Am besten in einer gelenkten Demokratie à la Putin oder Merkel. Sonst schlagen wir über die Stränge. Dieses Über-die-Stränge-Schlagen nennt sich dann Populismus. Wobei unklar ist, ob letzterer Ausdruck aus Rücksicht auf ‘populus’ (Volk) zurückgreift, oder nur aus Unkenntnis auf eine Herleitung von ‘plebs’ (Pöbel) verzichtet. Vielleicht sind wir ja keine Populisten, sondern “Plebser”. Jedenfalls zeigt der neue Adel bei uns keinen Mangel an Verachtung für uns hier unten.
Mich würde an Herrn Schäuble höchstens interessieren, ob er endlich den Verbleib der berühmten 100.000,00 DM erklärt, die von dem ehrenwerten Herr Schreiber in die Kasse der CDU fließen sollten.
Ich für mein Teil bin froh, mit Herrn Schäuble einen Bundestagspräsident im Amt zu wissen, der mir und hoffentlich auch den gewählten Parlamentariern Orintierung gibt. Orientierung ist in diesen unruhigen Jahren sehr wichtig. Früher, in der guten alten Zeit, als es nur CDU, SPD und FDP im Parlament gab, waren die Verhältnisse noch durchschaubar. Heute ist die Architektur völlig undurchsichtig, und daher begrüsse ich ausdrücklich, wenn mir der zweite Mann dieses Landes sagt, welche Partei eine Schande für dieses Land ist, und welche nicht.
Dieser Artikel ist ein Lehrstück über angeblich gelebte Demokratie. Ach dem Motto:“Was mir nicht passt, das schnitzˋ ich mir. Allein die Vertreterriege verursacht ein grausliches Gefühl.
Sie haben den Sitzungsverlauf nett ironisch beschrieben,sehr geehrter Herr Lommatzsch,aber den Finger in die heuchlerische Rede des neugewählten Bundestagspräsidenten W.S. sollte man schon legen.Er sprach von Fairness und Versöhnung,und daß man sich nicht"prügeln” sollte.Fair und ehrlich wäre es gewesen,wenn er sich für seine üblen Verbalausfälle gegnüber der AfD wie “üble pöbelnde Demagogen,Dumpfbacken,Rattenfänger,sie appellieren an niedere Instinkte,Schande für Deutschland"entschuldigt hätte.Diese Grösse hat er natürlich nicht.Das wäre ein Signal für eine faire,weitere parlamentarische Zusammenarbeit gewesen!Medial von allen Mainstreammedien schadenfroh befeuert,steht die AfD als “ausgebremster” Verein da(Schlagzeile von heute morgen).Er ist lediglich ein gewöhnlicher Heuchler unter vielen Anderen.Das sollte die AfD nur bestärken,unbeirrt ihren schweren Weg weiter aufrecht zu gehen.
Ich sagte es in einem anderen AchGut-Leserbrief zur selben Thematik schon einmal (wurde leider nicht veröffentlicht): Alter und Lebenserfahrung schlägt Dienstalter samt Dienstaltererfahrung. Leider werden nun die oben zitierten Vorschläge von einem H. O. Solms als weise und applauswürdig von Parlamentariern und Presse gefeiert: “„Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger“ dürfen „wir“ (die Abgeordneten?) nicht „diesen Stimmungen überlassen“. Die gesellschaftliche Debatte solle wieder dahin gebracht werden, wo sie hingehöre, in den Bundestag.” Geradezu grotest! Mitbürger werden Stimmungen überlassen? Wer ist denn dann der Nicht-Mitbürger? Eine gesellschaftliche Debatte solle ohne “Mitbürger” ausgetragen werden, immerhin diejenigen, die sie angestoßen haben. Nein, die Debatte gehört zuerst in die Gesellschaft, in die Medien, auf die Straße. Dann AUCH gern in den Bundestag. Im hermetisch abgeriegelten Bundestag wird die Debatte jedoch zusehends fleisch- und saftlos oder gar stigmatisiert und erstickt, wenn sie sich kritisch mit ihm auseinandersetzt. Der Bundestag feiert sich selbst. Er hat mich aber ausgeladen. Folglich gibt es von mir keine Glückwünsche.
Alle diese Aspekte hatte ich gestern, zum Inthronisierung Schäubles, auch bemerkt. Ich meine, man hat Herrn zu Solms benutzt, ihm eine vorgestanzte Rede zur Hand gereicht. Eines habe ich als Hobby-Fotograf (mit 50-jähriger Übung im Formate-Erkennen) sofort bemerkt. Die dämliche, ideologisch bestimmte Franktionsverteilung im Großen Sitzungssaal hat dazu geführt, dass die Fraktion der AfD nun im Blickwinkel der Regierungsbank ist. Ergo: Zeigt die Kamera die Regierungsmitglieder, zeigt das TV die AFD, jedoch mindestens die Hälfte davon. Postiert man die Kamera auf der anderen Seite, wird die Regierungsbank übersehen und nicht gezeigt. Welch dummer, dummer Fehler von Herrn Lindner. Auch sein schmales Grüppchen ist aus dem Format gerutscht.
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