Immer neue Auflagen und Verordnungen (siehe Düngeverordnung) bei unzureichenden Preisen machen das Leben der Bauern schwer, so dass es zu spontanen Traktorprotesten kam, vorbei am Bauernverband. Wann es es das je gegeben? Die Stimmung, das kann ich ihnen versichern, ist hundsmiserable, und der Zorn auf diese Regierung nicht zu unterschätzen. Dieser Artikel von Herrn Etscheit ist einfach nur billige Polemik, und das schreibe ich ihnen als Nichtlandwirt.
Wenn es ans ernten geht, ist kaum etwas so wichtig wie die Marktpreise. Um diese zu stützen, müssen die schrecklichsten Szenarien an die Wand gemalt werden. Optimismus ist Dummheit. Umso informativer sind dann die Preise, wenn es um die tatsächliche Menge geht. Die diesjährige Weizenernte wurde durch eine geringere Anbaufläche gedrückt. Die Hektarerträge bewegten sich auf hohem Niveau . In Frankreich litt die Weizenernte unter Feuchtigkeit im letzten Jahr. Russland, Ukraine und Polen kompensieren das durch Rekordniveau. Bei Gerste lief es global fantastisch.
Könnte das regelmäßig wahrgenommene Jammern vielleicht daran liegen, dass der Bauernverband die unterschiedlichsten Erzeuger von unterschiedlichsten Produkten vertritt, die auch sehr unterschiedlich spezialisiert sind? Gäbe es für jedes Produkt einen eigenen Verband (Verband der Weizenbauern, der Kartoffelbauern, der Salatbauern, der Zuckerrübenanbauer, ..., beliebig weit differenzierbar) gäbe es jedes Jahr sehr differenzierte Meldungen. Vermischt wird es ja nur beim Rezipienten. Nun Vertritt ein großer Verband alle spezialisierten Betriebe so, als würde ein Industrieverband alljährlich die Konjunktur aller Industrie-Branchen beurteilen - zumindest würde es so wahrgenommen werden. Der imaginäre Industrie-Verband beklagt beispielsweise in einem Jahr, dass der Absatz von Diesel-Fahrzeugen schrumpft. Herr Etscheit und andere machen daraus, dass die Pharmabranche oder der Maschinenbau schon wieder am Jammern wären. Nein. Es sind die am Jammern, die Diesel-Fahrzeuge produzieren und auch nicht die Papierindustrie.
Fängt der Bauer an zu klagen, will er nur `nen größ‘ren Wagen.
2018 haben die Landwirte geklagt weil es zu kalt war, 2019 haben sie geklagt weil es zu trocken war und 2020 klagen sie weil der neue E-Klasse-Mercedes so eine lange Lieferzeit hat. Ja, es gibt notleidende Landwirte, aber eigenartigerweise klagen diese selten, sondern eher die reichen Großbauern. Und stirbt der Bauer im Oktober, braucht er im Winter keinen Pullover.
Der alte Witz mit den Wahrsagerinnen funktioniert auch hier: „Treffen sich zwei Bauern. Dir geht’s schlecht, wie geht’s mir?“
Gerüchten zufolge kaufen die Bauern ihren Kindern mit Absicht Stiefel, die zwei Nummern zu klein sind. Damit sie beizeiten das Jammern lernen. – Nein, liebe Bauern, wenn ihr statt Subventionen abzugreifen lieber marktgerecht produziert, dann klappt das auch. Und wenn sich Milch nicht mehr lohnt, dann züchtet lieber Fleischrinder, statt euch wegen der Subventionen noch eine zweite Herde Milchkühe in den Stall zu stellen. Viele Kunden verlangen inzwischen Qualität und kein agronomisches Junkfood wie euer turbogemästetes Jungbullenfleisch. – Wie heißt eigentlich die männliche Form von Milchmädchenrechnung? Laktosedyskalkulie oder Marktintoleranz?
Mein Schwiegervater selig hat immer gesagt: Wenn ein Bauer jammert, muss man ihm einen gesunden Zahn ziehen!
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