Thomas Rietzschel / 21.07.2019 / 12:30 / Foto: Parpan05 / 90 / Seite ausdrucken

Kirchenaustritte: Rette sich, wer noch kann!

Den Kirchen laufen die Mitglieder davon. Die Nachricht ist ein alter Hut. Alle Jahre wieder, wenn die Politik in die Ferien geht, hilft sie Presse, Funk und Fernsehen das Sommerloch zu stopfen.

Am letzten Freitag war es wieder soweit. „Drastischer Anstieg der Kirchenaustritte“ titelte die FAZ; „Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken“, lautete die Überschrift bei SPON. Auch dürfte sich der Zuwachs derer, denen das am Allerwertesten vorbeigeht, proportional zu dem der Abtrünnigen verhalten. Ihre Zahl wächst von Jahr zu Jahr. 

2018 verließen 216.078 Männer und Frauen die katholische Kirche, 29 Prozent mehr als 2016. Auf 220.000 belief sich die Zahl der Austritte bei den Protestanten. Auch für sie war das Vorjahr eines des befeuerten Rückgangs. Dass das niemanden um den Schlaf bringt, kann kaum verwundern. Machen doch die Gottesmänner selbst den Eindruck, als hätten sie längst vor dem Zeitgeist kapituliert. Schließlich sei heute jeder, anders als in früher Zeiten, „frei“, sich für die Häresie zu entscheiden, sagt Heinrich Bedford-Strohm. 

Schwerlich konnte man sich des Eindrucks erwehren, dass der EKD-Ratsvorsitzende, diese peinlich lächelnde Karikatur des freigeistigen Gutmenschen, den neuerlichen Schwund als einen gesellschaftlichen Fortschritt ansieht, als einen Akt der Emanzipation, der ihn zwar „schmerze“, gegen den er aber im Gunde nichts einzuwenden habe.

Was die Gläubigen davontreibt

Überhaupt scheinen die Gottesmänner mehr Angst vor der Kritik an ihrem Aufbegehren, der Verteidigung des Glaubens, als vor dem Verlust ihrer Schäfchen zu haben. 

Sollen sie Gründe für deren Abkehr benennen, kommt das politisch Gefällige wie aus der Pistole geschossen: der Verweis auf die staatlich eingetriebene Kirchensteuer und die Klage über den sexuellen Missbrauch in den Reihen der katholischen Geistlichkeit. Dass die Moscheen längst schon verwaiste Tempel sein müssten, wenn solche Skandale der Grund für die Abwanderung der Gläubigen wären, darauf kommt niemand. Und erst recht kein Gedanke daran, dass es der mangelnde Einsatz der Pastoren und Pfaffen für den eigenen Glauben sein könnte, der sogar treue Christen veranlasst, sich von der Kirche abzuwenden.

Was um alles in der Welt und im Himmel sollten sie auch auf Institutionen geben, deren Vertreter das Kreuz ablegen, bevor sie den Tempelberg in Jerusalem betreten. So geschehen im Oktober 2016 bei der Visite von Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Kardinal Marx im heiligen Land. Warum sollte diesen Schlawinern noch vertrauen, wer es ernst meint mit dem christlichen Glauben? Die Oberhäupter der Kirchen, Männer wie der protestantische Bischoff und der katholische Kardinal, sie vor allem sind die Häretiker, die den Ruf der Kirchen beschädigen. Die Institutionen verfaulen vom Kopfe her. 

Der Exodus steigt von Jahr zu Jahr

Fraglos treten auch viele aus, weil sie die Kirchensteuer sparen wollen oder weil ihnen die Verschleierung der priesterlichen Unzucht übel aufstößt. Aber das allein erklärt noch nicht den von Jahr zu Jahr steigenden Exodus.

Wer glaubt, sucht eine geistliche Gemeinschaft, für deren Überzeugungen die Anführer kompromisslos eintreten, keinen Verein, dem Opportunisten vorstehen, die das Wort Gottes mit politischem Pragmatismus im Munde führen. 

Das war im Laufe der christlich abendländischen Geschichte oft genug der Fall. Heute aber haben wir die Freiheit, den eitlen Kirchenfürsten die Gefolgschaft zu versagen. Insofern wenigstens ist Bedford-Strohm beizupflichten. Aus gutem Grund wurde die Trennung von Kirche und Staat gesetzlich verbrieft. Die bürgerliche Gesellschaft braucht keine dressierten Papageien, die auf der Kanzel nachplappern, was ihnen grüne und linke Ideologen vorsagen. Wer das will, kann sich für das Original entscheiden, dieser oder jener Partei beitreten. Um die Kirchen muss er sich nicht weiter kümmern. In ihrem heutigen Zustand sind sie sinkende Schiffe. Es gilt der letzte Befehl: Rette sich, wer kann.  

Wenn es anders kommen sollte und die Kirchen im nächsten Sommerloch mit steigenden Mitgliederzahlen aufwarten, werde ich gern widerrufen. 

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Leserpost

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Sandra Richter / 21.07.2019

Ich bin 2017 aus der evangelischen Kirche ausgetreten, weil sie damals im Vorfeld des AfD-Parteitags in Köln unter dem befremdlichen Motto “Unser Kreuz hat keine Haken” zusammen mit Linksradikalen und Linksextremen, SPD-, Grünen und Linke-Politikern sowie Gewerkschaften und Sozialverbänden gegen die freiheitliche Demokratie demonstriert hatte. Mit der Kirchensteuer oder sonst was hatte mein Austritt nichts zu tun, er ist einzig und alleine wegen der offensichtlichen Unterwanderung der evangelischen Kirche durch grün-links erfolgt. Seitdem empfehle ich jedem Kirchenmitglied, mir zu folgen, was allerdings älteren Leuten leider eher selten gelingt.

Michael Behrmann / 21.07.2019

Es mag unpassend sein, Werbung für ein Buch an dieser Stelle zu machen, aber es sei mir bitte ausnahmsweise vergönnt: “Die Benedikt Option”, heiß diskutiert in USA, erhältlich auch bei uns. Dort steht alles drin um zu verstehen, was mit der Kirche gerade passiert. Wohlgemerkt, mit der Kirche, nicht mit der Christenheit, dem Glauben oder gar der Religion. Traurig, in der Tat.

Martin Stumpp / 21.07.2019

Der Vergleich von Moscheen und Kirchen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch hinkt doch sehr, da Sex mit kleinen Mädchen im Islam nicht verwerflich ist, wenn einige Formalien eingehalten werden.  Dessen ungeachtet gilt dies in Deutschland als Missbrauch und Vergewaltigung auch wenn derzeit Justiz und Regierung mehr als nur ein Auge in dieser Angelegenheit zudrücken. Aber tatsächlich verschließen die Kirchen die Augen vor der Realität, wenn sie verkennen, dass ihre Unterstützung der Rot-Grünen Ideologie bei den ihnen verbliebenen Schäfchen vielfach auf Unverständnis stößt.

Rainer Niersberger / 21.07.2019

„ Die Institutionen verfaulen vom Kopf her“, knapp, aber zutreffend für sämtliche Institutionen dieser Volksrepublik, und dazu gehören auch die „ Kirchen“ bewertet. Mit „ Vulvamalen „ scheint es nicht getan zu sein, von einigen behandlungsbedürftigen Fällen bei allen Geschlechtern abgesehen. Während die Protestanten noch den Lutherismus mit seinen sehr problematischen Ausprägungen und Irrwegen wiederentdeckten, ist der ähnliche Weg des Katholizismus schwerer zu erklären. Selbst der „ linke“ Papst aus der Befreiungsbewegung reicht da kaum aus. Gerade in diesen Zeiten hätte der Katholizismus selbst aus der Sicht eines Agnostikers jede Menge JüngerInnen gewinnen können, wenn er sich zugleich entpolitisiert und -wieder - spiritualisiert hätte. So gilt : Das kann weg und - die Fortsetzung des Irrweges mit diesem unsäglichen Spitzenpersonal unterstellt - wird früher oder später im Orcus der Geschichte verschwinden. Die Ablösung wartet schon.

Sabine Schönfelder / 21.07.2019

Der Bedford-Strohmer selbst ist das überzeugendste Argument von jedem Glauben, den er vertritt, (hier den evangelischen) abzufallen. E r bildet das heiße Verlangen zur häretischen Seele. Ein Pope, der sein Kreuz verleugnet, ist wie ein Koch, der seine Zutaten zum Fenster rausschmeißt. Welchen hungrigen Menschen soll denn so ein Verhalten an den Essenstisch bringen? ‘Vulven’ malen, Kinder schänden und eine islamische Religion verherrlichen, die ihre Welt (eine den Laizismus ablehnende Welt), in Gläubige und Nicht-Gläubige aufteilt, und die Nicht-Gläubigen zu ihren Feinden erklärt, das alles machen nur Anhänger mit, die man in Amerika aufgrund ihres niedrigen Intelligenzquotienten nicht hinrichten darf; der liegt in diesem Fall bei 70-75. Wenigstens darüber muß man sich bei unseren obersten Hirten der beiden deutschen Staatskirchen keine Gedanken machen, daß sie in Amerika hingerichtet werden…...

Andreas Müller / 21.07.2019

Vielen Dank für diesen Beitrag. Nach meinem Eindruck stinkt der Fisch jedoch nicht nur vom Kopfe her, sondern von den verschiedensten Ebenen. Die meisten dieser Leute sind in der Seelsorge sowie im Umgang mit ernstzunehmenden spirituellen Fragen völlig unfähig. Man sollte die staatliche Alimentierung dieser Leute beenden.

Dieter Kief / 21.07.2019

Die Kirchen können nur fehlerhaft sein; sie können sich in diesem Punkt nicht von der Politik oder - haha, - vom Journalismus unterscheiden, Thomas Rietzschel.  Das ist soweit ok,  trotz der Kurzschlüsse in Ihrem Artikel. Ich erwähne die,  weil ein solcher Erkenntnisfehler nach Kant sogar unsere menschliche Würde verletzen kann. Um es positiv zu wenden: Für die Christliche Religion kann man durchaus auch dann sein, wenn man um deren Fehler weiß. Auch insofern gleicht sie dem Journalismus.

Zdenek WAGNER / 21.07.2019

Bravo! Auf den Punkt! Das Weltchristentum - und ganz besonders das europäische, wobei hier wiederum die Migrationsbefürworter, angeführt von Deutschland und seinen Bischöfen, besonders deutlich heraus stechen - lässt seit Jahren nichts unversucht, um sich selbst klein zu machen, zu demontieren, und in vorauseilendem Gehorsam dem Islam in dessen vier Buchstaben zu kriechen. Ich meine was soll sich denn der Durchschnittskatholik bei Aussagen wie: “Wir müssen den Islam mit offenen Armen empfangen”, oder auch dem verkrampften Totschweigen der systematischen Ausrottung der Christen durch Muslime,  denken, als “Offenbar ist mein Glauben derart überholt und minderwertig, dass sich nicht einmal seine höchsten Legaten für ihn stark machen -  und dafür soll ich noch zahlen?” Die heute ausgetretenen Christen sind die Dhimis von Morgen. Na denn, Amen ... ich meine Ala… na Sie wissen schon ...

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