Peter Hahne, Gastautor / 14.02.2021 / 11:00 / Foto: Superbass / 112 / Seite ausdrucken

Kirchen-Kartoffeln in Corona-Zeiten

Von Peter Hahne.

Ich gebe zu: Ich bin nicht der Onliner, meine Bücher entstanden allesamt sogar handschriftlich. Es waren also echte Manuskripte. Ich bin auch kein Blogger. Deswegen juble ich ja auch über die „Roten Daumen“ bei kath.net, weil sich postalisch niemand die Mühe machen würde, mir unter diversen Absendern zu schreiben und dafür Briefmarken auszugeben. Ausschließlich in diesem Online-Fall halte ich’s mit der großen Katastrophe namens Kanzlerin: „Das ist Neuland für uns.“ Doch inzwischen bin ich fasziniert, was ja zu deutsch fesselnd heißt. Ich lese gebannt mit gesteigertem Interesse die Blogs, ob bei kath.net oder zum Beispiel bei Tichy, Reitschuster oder der Achse des Guten.

Nirgends kann man so sehr Volkes Stimme hören und in die Volksseele blicken wie an dem – meist anonymisierten und deshalb „geschützten“ – Online-Stammtisch. Oder Online-Kaffeekränzchen, ganz wie Sie wollen. Bei den genannten Blogs diskutieren zudem auch viele Leute mit, die früher (wie ich) noch die Brieftaube schickten. Heute sind sie jedoch besser informiert und engagiert als die Mehrzahl der Zeitungsleser: Bürgerliche, Konservative, Ältere, Christen. Man kann die vier Substantive auch als Ganzes lesen! Und ausgerechnet bei dieser Klientel fällt eines auf, und ich habe heute einmal hunderte, ja tausende von Einträgen überflogen: keine Silbe über Glauben, Kirche, Gemeinde, Gott. Keine! Dabei müßte es doch beim leidigen „Corona-Thema“ und der Grundeinstellung der Schreiber nur so davon strotzen! 

Von allem ist heute die Rede, von Friseuren und Schulen, von Fachgeschäften und Fitnessstudios, von Reisen und Grenzen – aber mit keinem Wort von Gottesdiensten, Vereinsleben, Chören etc. Wenn die aktuellen Regierungen schon keinen Gedanken daran verschwenden, dann doch wenigstens die bürgerlichen Blogger. Jedoch totale Fehlanzeige! Dass der Friseur wieder föhnen darf, löst Jubel aus – dass Kirchen und Gemeindehäuser, Freizeitheime und Tagungsstätten wie tot sind, regt niemanden auf. Wirklich niemanden! Nicht ein einziger Eintrag.

Öffnet die Kirchen!

Merken das Bischöfe, Pfarrer, engagierte Christen gar nicht? Ich warnte letzte Ostern, und das wurde sogar noch vom Fernsehen gesendet, was heute unmöglich wäre, wo Herr Söder zum Beispiel Kritiker stigmatisiert, denunziert und eliminiert wie den tapferen Ethikrat-Professor – vor zwölf Monaten gab es noch ein breites Echo dazu: Öffnet die Kirchen! Gebt den Menschen das Wichtigste, was ihnen jetzt hilft: Gemeinschaft, Singen und Beten, Eucharistie, Gottes Wort, Orientierung und Trost aus der Bibel... 

Ja, es gibt unermüdliche Christen vor Ort, Pfarrgemeinden, die Ideen und Engagement haben, die bewundernswert sind. Und natürlich ein Online-Angebot von Predigten und Gottesdiensten. Doch das alles ist nicht das, was das Evangelium unter „Gemeinschaft der Gläubigen“ versteht. Man lese nur die Apostelgeschichte des Neuen Testaments. Und die Selbstverliebtheit in YouTube-Auftritte blendet völlig aus, dass die „Quoten“ kaum messbar sind. Es wird immer weniger! Weil das eintritt, was ich an Ostern 2020 beschrieben habe. Die Menschen werden sich daran gewöhnen: Fitness kann man auch zu Hause stärken, Essen selber kochen, die Kinder vor den Computer setzen, Weihnachten und Ostern online feiern... man braucht keine Lokale, keine Fitnessstudios, kein Museum, kein Theater – und auch keine Kirche! 

Es geht doch alles auch online. Die eigene Verblödung und Vereinsamung nimmt man doch gar nicht wahr, die geschieht schleichend wie beim Frosch im erhitzten Wasser. Man vermisst höchstens den Friseur, das merkt nun auch die Politik und reagiert prompt und populistisch. Die BILD titelt völlig richtig (wo die Kirchen schweigen!): „Warum reden alle von Friseuren und niemand von unseren Kindern?!“ Und niemand redet von Kirche. Niemand! Sie hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. 

Kirche ist im Gespräch! Aber womit?

Aber die Kirchen schweigen ja gar nicht. O nein! Das wäre eine Diffamierung! Sie erreichen sogar Titelseiten und Spitzenmeldungen: Seenotrettung zum Beispiel, das Lieblingsprojekt des Münchner Kreuzverleugner-Duos vom Tempelberg. DBK-Chef Bätzing forderte zu Weihnachten (eigentliche Botschaft: Fürchtet euch nicht, euch ist heute der Heiland geboren!) eine Änderung des Katechismus, alles schön zeitgeistig anpassen an Modetrends in Sachen Sexualmoral, Gender, Priestertum.

Wobei man bei den evangelischen Führern immer berücksichtigen muss: Da spricht deren SPD- oder Grünen-Partei-Bibel, nicht das Evangelium! Einen Monat später spendeten (wovon eigentlich?) drei deutsche Bistümer 125.000 Euro für die klerikale Seenotrettung „Sea-Eye“, was Österreichs Kanzler Kurz dazu animierte, messerscharf festzustellen: „So führt private Seenotrettung am Ende zu mehr Toten.“ Man werbe ja geradezu, sich in Gefahr zu begeben und das „Geschäftsmodell Schleuserbande“ zu unterstützen.

Doch, Kirche ist im Gespräch! Die evangelische mit gnadenlosen Attacken gegen acht Millionen AfD-Wähler, die katholische mit einer ebenso gnadenlosen Hetzkampagne gegen ihren „Mitbruder“ Kardinal Woelki. Die Protestanten beglückten die Nation (ebenfalls zu Weihnachten!) mit einer Fibel über „Gendergerechte Sprache“ (Luthers „Dem Volk aufs Maul schauen“ ist passé), der Funktionärskatholizismus mit immer neuen Ideen zum Synodalen (Irr-)Weg.  

Die Evangelischen Kirchen von Baden und der Pfalz schießen den Vogel ab, bei dem Erschießungskommando werden sie von vier katholischen Diözesen assistiert: Sie werben in diesen Tagen gerade für Artenvielfalt und bieten ein besonderes Geschenk – ein Säckchen mit Pflanzkartoffeln. Monatlich will man dann sogenannte „Kartoffelbriefe“ versenden. Es ist kein Aprilscherz. Die Leute wissen zwar nicht, was an Ostern gefeiert wird, geschweige denn Himmelfahrt oder Pfingsten. Aber sie wissen wenigstens dann alles über Kartoffeln... In Kirchen, aus denen die Menschen in Massen die Flucht ergreifen, man fasst es nicht. 

Mehr Selbstauflösung geht nicht

Keine Schlagzeile dazu, was Jesus in Corona-Zeiten bedeutet, kein Trost, keine Ermutigung, nichts. Kartoffeln, Gender, Schiffe. Mehr Selbstauflösung geht nicht. Ja, es war ein Grundfehler, an Ostern 2020 nicht vor die Verfassungsgerichte zu gehen (Öffnung der Kirchen) oder die Kirche samt ihren Mitarbeitern als „systemrelevant“ anerkennen zu lassen – was bedeutet hätte: Wie Notfallseelsorger werden Pfarrer vorrangig mit Schutz- und Hygienemittel ausgestattet, um ständig in Alten- und Pflegeheimen und Kliniken präsent zu sein. Ständig! Walter Brandmüller, einer der Hellsichtigen unter den Kardinälen, setzte zu Ostern Klartext ins kath-net-Forum, nachdem er vorher schrieb, was verfolgte Christen alles auf sich nahmen, um Gottesdienst und Eucharistie feiern zu können und was die Märtyrer erlitten haben: 

„Und heute? Da ist es der Polizeistaat, der hart zuschlägt und die Schließung der Kirchen am hohen Osterfest erzwingt. Konnte mit einem Appell an Vernunft und Disziplin freier, mündiger Bürger nicht mehr erreicht werden als durch Zwang und Gewalt?“  

Nein, Kirche hat sich selbst aufgegeben. Und bekam dafür die Quittung: Massenaustritte, null Aufmerksamkeit oder gar Dank – wofür auch?!

Kirche kommt nicht vor. Man kann das natürlich auch anders sehen, weil wenigstens die Basis bemüht ist. Aber die öffentliche Wahrnehmung sieht es so, wie die Internetforen und Blogs eindeutig beweisen. Kirche wird nicht mehr beschimpft, sie wird gar nicht mehr erwähnt. Endstation auf dem Weg in die Belanglosigkeit. Kritik lohnt sich nur an etwas, was man als relevant oder bedeutsam empfindet. Das ist Kirche längst nicht mehr. Gleichgültigkeit ist in Nichtbeachtung umgeschlagen, wie ein Wind zum Tornado.

Exodus und Exitus

Und wenn die klerikalen Zeitgeistlichen aufwachen, sind die Kassen und die Kirchen leer. Irreparabel! Die Kollateralschäden der Staatshörigkeit (plötzlich waren sie ja alles Pandemie-Experten wie weiland schon für Rüstung, Atomenergie oder Flüchtlingspolitik) führen zu Exodus und Exitus.  

Gerade wurde bekannt, dass der häufigste Name von Neugeborenen in Bremen und Berlin Mohammed ist. Es gäbe also viel zu tun mit einer Botschaft, die Menschen von Ideologien befreit und sie in die Freiheit des Evangeliums ruft. Ja, es gibt nur einen Weg, wieder „systemrelevant“ zu werden: durch die Konzentration auf das Wesentliche, auf den Markenkern.

Joachim Kardinal Meisner brachte es immer wieder auf die Titelseiten der Presse, wenn er zum Beispiel die CDU im Sinne der Bibel dazu aufrief, den Geboten Gottes und dem Evangelium von Jesus Christus wieder Raum zu geben oder sonst besser auf das „C“  zu verzichten. Da wurde nicht über Kartoffeln und Schiffe gestritten, sondern um die letzten Wahrheiten zum Leben und zum Sterben.

Helmut Matthies, einer der besten Kenner der Kirchenszene, über Jahrzehnte Chef der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, hat gerade ein hoch wichtiges Buch geschrieben, wie man Kirche „kurz vor zwölf“ vielleicht noch retten kann („Gott kann auch anders“, Fontis-Verlag): Die Kirchen müssen sich auf Evangelisierung umstellen, jede Kirchenleitung soll Rechenschaft ablegen über die Gründe der Massenaustritte, keine Altersbeschränkungen für kirchenleitende Funktionen, Setzen auf Lebenserfahrung, Seelsorge und Verkündigung als Hauptaufgabe, Total-Reform des Kirchensteuersystems, bei der das Geld in den Ortsgemeinden bleibt. Mit Papst Benedikt XVI. meint Matthies goldrichtig: „Das Geld erstickt den Glauben.“  

Und was für jedes Unternehmen das Allerwichtigste ist: Das Personal muss überzeugt sein, um überzeugend wirken zu können. „Nicht jeder darf Pfarrer werden!“ Wer Politik machen will, soll sich wählen lassen. Parlament statt Kirche, Rednerpult statt Kanzel, Thron statt Altar. In München bekäme der protestantische EKD/SPD-Mann im Doppelpack mit seinem katholischen Kompagnon gerade mal sieben Prozent! 

Ich schreibe das alles nicht wütend oder gar zornig. Es ist einfach nur traurig, zu sehen, wie die beste Nachricht aller Zeiten nicht mehr vermisst wird, weil Kirchen Steine statt Brot liefern. Ein Betrug an unserer Gesellschaft, die ein Menschenrecht auf die rettende Jesus-Botschaft hat. Und zwar ein Betrug mit Ewigkeits-Dimension. Gerade in Corona-Zeiten. Ja, es geht um menschliche Wärme und Trost, es geht aber auch um Himmel und Hölle. Aber das hat die „moderne“ Theologie ja auch abgeschafft. 

Die Neue Osnabrücker Zeitung kommentiert treffend(!) in ihrem Leitartikel vom Wochenende:

In Augsburg haben sich Bischof und Generalvikar außer der Reihe und vor der Zeit gegen Corona impfen lassen. Das Bistum hatte sie zu Beschäftigten in Altenheimen deklariert. In Espelkamp waren gerade Angehörige von leitenden Verwaltungsmitarbeitern einer großen evangelischen Stiftung in der Nähe, als ein paar Impfdosen übrig waren. Zufällig? Angehörige der Chefetage? In Corona-Zeiten in einem Altenheim? (...)

So wenig Instinkt sagt einiges aus, gerade über die leitenden Kirchenkräfte. Sie sollten in Sachen Ethik sattelfest sein. In der Vergangenheit begaben sie sich in Lebensgefahr, indem sie Aussätzige behandelten, Spitäler gründeten, Todgeweihten Trost spendeten. Dieser Einsatz ist Wesensmerkmal des Christentums. Er machte die Kirche früher groß und bewundernswert. Ist sie das heute weniger, hat das Gründe.

 

BUCHTIPP: Gott kann auch anders: Und was ich sonst noch erfahren habe: Erfahrungen meines Lebens (Deutsch) Taschenbuch, 20. September 2019 – Von Helmut Matthies (Autor) – 17,70 Euro

Zuerst erschienen auf kath.net

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Frances Johnson / 14.02.2021

Das ist übrigens eine sehr gute Abhandlung mit vielen Einzelpunkten. “Gemeinschaft der Gläubigen” wird ja gerade statt dessen von der Regierung erstellt. Glauben an den Schutz von Pfegebedürftigen durch mindestens 90% aller anderen Memschen nur, weil man Pflegeheime nicht schützt, nicht genug Impfungen bestellt hat. Jesus, wie ich ihn wahrnehme, hätte genau diesen Schutz organisiert und auch genug Impfungen, so er die sinnvoll fände. Jesus war Jude, und Israel hat 70% der Bevölkerung geimpft in kurzer Zeit. Jetzt wird das Land zwar etwas unangenehm mit dem Rest, obwohl die 70% völlig ausreichen, aber immerhin ist es dezidiert an diesen Punkt gekommen. Und so muss man Jesus auch wahrnehmen: Logisch, menschlich abwägend, den Anderen nie hofierend, sondern auch mal in die Schranken weisend (der Balken im Auge, die Ehebrecherin), und Jesus hätte niemals alle eingesperrt für wenige, sondern eine intelligente Lösung gesucht. Auch Moses. Oder hat Moses 99% eingesperrt für wenige von Lepra Befallene? Was sollen wir mit einer Kirche, die dagegen nicht opponiert, weil sie die Ältesten als Angehörige hat, nicht aber die Jüngeren? Was ist von einer Kirche zu halten, die - politisch - ein Flüchtlingsboot fährt und immer neue Muslime ins Land bringt, die eine insuffiziente BuReg nicht zurückführt, auch wenn kein Asylanliegen vorliegt? Kirche totschweigen? Warum nicht? Wenn zwei Obere ihr Kreuz unaufgefordert ablegen, sind sie mit Ignoranz gut bedient, denn sie machen sie vor. Ignoranz gegenüber dem eigenen Glauben, der Politik hinterher hecheln. Verachtung führt zum Totschweigen. Und G.d.G. ohne Gesang? Wozu das denn?

Christoph Kaiser / 14.02.2021

Was ist Kirche??? Kommt diesem Begriff in der Bibel irgendeine Relevanz zu?

Bettina Landmesser / 14.02.2021

Ich bin vor gut 15 Jahren wegen der Geburt meines Kindes wieder in die Kirche eingetreten. Diesmal in die katholische Kirche. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Gemeindebrief erhalten zu haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass mich der Pfarrer “unserer” ‘Gemeinde mal angerufen hätte, um einen Termin abzumachen, um sich vorzustellen. Das scheinen dort alles nur Verwaltungsfunktionäre zu sein, die ihre Posten bekleiden, von der Kirchensteuer leben.  Dabei ist Hamburg Diaspora. In unserer Nachbargemeinde ging es aktiver zu. Da war ein wirklich beliebter und aktiver Pastor, die Gemeinde blühte auf, sein Name war weit über die Gemeinde bekannt.  Das fand nicht eben Gefallen bei den Kirchenoberen in Hamburg. Er soll aus dem Amt gemobbt worden sein, war wohl wegen des Mobbings schwer krank.

Rosemarie Könen / 14.02.2021

Ich kann mit Kirche schon lange nichts mehr anfangen und bin vor Jahren ausgetreten. Täglich wird bestätigt, wie recht ich hatte. Kirche ist für mich ein dauernder Verrat an den Schäfchen, besser Schafen, alles und immer schon im Dienste der Mächtigen und des Geldes, das die Mächtigen verteilen an die Systemtreuen und - relevanten. Bis vor einiger Zeit tat man wenigstens noch so, als sei der Glaube wichtig und richtig und wenigstens im Jenseits sei man von allem Übel erlöst. Heute betet man die Ideologie im Gewand einer Religion an, die ganz offen ihre Feindlichkeit und ihren Übernahmewillen des ehemals christlichen Europa demonstriert, und legt gerne das Kreuz ab, um nicht anzuecken. Wann tragen Marx und Bedford Strom Fusselbart und Nachthemd und beleuchten den Kölner Dom in Regenbogenfarben, nachdem sie die Türme in Minarette umgestaltet haben? Der noch im alten Glauben verharrende und den ganzen Mist finanzierende Widerständler wird dann wie einst Pegida in den Schatten verbannt. Kein Licht leuchte ihnen, das ist doch schon lange Kirchenpraxis.

Detlef Rogge / 14.02.2021

Schöner Artikel, vielen Dank an den Autor. Der Zustand der EKD, ein Jammertal. Vermutlich waren meine Vorfahren, was sich aus ihrer geographischen Herkunft schließen läßt, bereits seit der Reformation Protestanten. Was nicht heißen will, daß sie mit den Praktiken der Amtskirche stets einverstanden waren. Mein Großvater mütterlicherseits, in Brandenburg beheimatet, betrat, nachdem man seiner erstgeborenen, noch ungetauften Tochter die Beisetzung in geweihter Erde versagt hatte, zeitlebens kein Gotteshaus mehr. Ersatzweise rezitierte er sonntäglich zu Hause höchstselbst das Neue Testament. Ich, sein Enkel, tue es ihm Jahren gleich; seit einem öffentlich ausgetragener Disput mit einem selbstgefälligen Kirchenfunktionär zur Willkommenskultur 2015 bleibe ich Gottesdiensten fern. Dennoch kommt ein Austritt aus der EKD für mich nicht in Frage, unverbesserlich wie ich nun mal bin, hoffe ich noch auf Gesundung meiner Kirche.

Ulrich Pletzer / 14.02.2021

Dort wo die frohe Botschaft verkündet werden sollte, wird die rotgrüne Botschaft vom nahenden Weltuntergang gepredigt. Wo lebensbejahende Zuversicht und Heilsgewissheit herrschen sollte, wird alles getan, um junge Menschen seelisch krank zu machen und ihnen mit Endzeitszenarien die Lebensfreude zu rauben. Gott wird in den Kirchen allenfalls pflichtschuldig am Rande erwähnt, wie ein unbequem kautziger Verwandter, der ohnehin allen peinlich ist. Hätten meine Großeltern geglaubt, einer klimatischen Katastrophe oder einer Pandemie entgegenzugehen, sie hätten Gott um Hilfe angerufen - wer möchte sich heute noch der Lächerlichkeit preisgeben und etwa aktuell praktizierenden Geistlichen vorschlagen, solcherart um ein günstiges Klima zu beten? In ” Kirche im WDR” beten Geistliche heute so: ” Herr, gib den Aktivisten, die sich für unser Klima einsetzen Kraft, damit sie etwas bewirken können!” Aus dem Allmächtigen Herren des Universums wird da einer, der allenfalls noch dazu zu gebrauchen ist, denen ein paar kräftigende Stullen zu schmieren, auf die es wirklich ankommt . Ich höre mir den Unsinn mitunter noch an, weil es so zum Brüllen komisch ist, wenn vulgärmarxistische und ökologistische Parolen mit dem salbadernden Singsang vorgetragen werden, der den Glauben als Erkennungszeichen von Kirche abgelöst hat. Oder wenn einer, sonntags life im Rundfunk übertragenen Predigt, die banalste Urlaubserlebnisse des Priesters und weise Worte eines alten, griechischen Schäfers zum Inhalt hatte, von einem unkundigen aber übereifrigen Messdiener ein “dies sind heilige Worte” hinterher gerufen wird. Ich frage mich nur immer wieder, wie lange ich diesen blasphemischen Zirkus noch mitfinanzieren kann, ohne mich zu schämen.

Heinrich König / 14.02.2021

Lieber Herr Hahne, recht haben Sie. Wir Christen unter den Foristen sind ebensowenig sichtbar wie die Amtskirche in den politischen Verhältnissen. Wir schwimmen halt auch gern in der Blase, die unsere Enttäuschung artikuliert; wir schlagen allzu gern und nicht ohne jede Rechtfertigung in die Kerbe, die Frustrierte vor uns angehauen haben. Ja, mit Kirche ist kein Staat mehr zu machen, und sie möchte doch nichts lieber als das. Fremdscham ist mir im Blick auf meine Kirche, der EVLKS, nicht fremd - und dennoch: sie ist meine geistliche Heimat. Viele Christen stehen dort nach wie vor geduldig gegen die grassierende Zeitgeitigkeit ein. Einfach , weil sie wissen, das unser Herr hinter den “verlorenen Schafen” her ist. Nicht nur unter den “Menschen da draußen”, sondern gerade in jener scheinbar moribunden Institution, die einst den Menschen Orientierung und Halt bot. Damals wußte sie noch, dass von Christus zu reden ist. Von nichts sonst. Herzlichst Ihr H.K.

Doris Schmidt / 14.02.2021

Das Gute an der Sache: viele, die aus den beiden Großkirchen ausgetreten sind, haben begriffen, daß der Glaube an Gott und die Mitgliedschaft in einer dieser beiden Institutionen, nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben und wenden sich christlichen Gemeinschaften zu, die das Wort Gottes noch als solches verkünden. Diesen Menschen ist nicht der Glaube an Gott abhanden gekommen. Vielmehr sind sie zu der Erkenntnis gelangt, daß sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche nichts anders sind als Großunternehmen, die profitorientiert arbeiten. Darum ist denen der Verlust von Einnahmen durch die Kirchensteuer auch nicht so wichtig; denn Geld kommt immer rein, notfalls über die Steuern, die der Staat erhebt und über die wir alle die Kirchenfürsten mitfinanzieren. Ob wir es wollen oder nicht.

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