Henryk M. Broder / 31.05.2019 / 06:09 / Foto: Richard Elzey / 111 / Seite ausdrucken

Kippa für alle!

Einmal mehr redet Deuschland um den heißen Brei herum. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagt in einem Zeitungsinterview, er könne Juden „nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen“, es gebe eine „zunehmende gesellschaftliche Enthemmung und Verrohung“; ursächlich seien das Internet und die sozialen Medien, „aber auch die fortgesetzten Angriffe auf unsere Erinnerungskultur“.

Der Antisemitismusbeauftragte sagt auch etwas, das in solchen Fällen immer gesagt wird. Etwa 90 Prozent der Straftaten seien „dem rechtsradikalen Umfeld zuzurechnen“. Das freilich ist eine Mär, die dadurch entstanden ist, dass die Polizei alle unaufgeklärten Fälle automatisch dem rechtsradikalen Umfeld zurechnet. Sie wurde zwar inzwischen falsifiziert, was die Polizei und den Antisemitismusbeauftragten nicht davon abhält, sie weiter zu verbreiten.

Der Antisemitismusbeauftragte räumt immerhin ein, muslimische Täter schauten oft „arabische Sender, in denen ein fatales Bild von Israel und Juden vermittelt wird“. Das tun die arabischen Sender seit Jahrzehnten, aber erst jetzt wird diese Tradition zu einem Problem. Warum?

Experten im Vollrausch

Die Reaktionen auf das Statement des Antisemitismus-Beauftragten offenbaren jene Naivität, die im Umgang mit dem Judenhass zur Routine geworden ist. Die Gewalttaten „gegen Jüdinnen und Juden“ seien „beschämend für unser Land", sagt die Justizministerin. „Rechte Bewegungen“ hätten es „auf unser friedliches Zusammenleben“ abgesehen.

Der bayerische Innenminister versichert vollmundig: „Jeder kann und soll seine Kippa tragen, egal wo und egal wann er möchte“, sein Kollege aus Nordrhein-Westfalen ruft den „Jüdinnen und Juden“ zu, sie sollten sich nicht einschüchtern lassen „und stattdessen stolz und erhobenen Hauptes durch Deutschland gehen – selbstverständlich auch mit Kippa“.

Ein ehemaliges Mitglied des Zentralrates der Juden sagt, der Staat müsse dafür sorgen, „dass Juden sich überall angstfrei zu erkennen geben können“. Keiner der Experten weist auf einen Zusammenhang hin, auf den schon Karl Lagerfeld hingewiesen hat: dass der Anstieg des Antisemitismus mit dem unkontrollierten Zuzug tausender judenfeindlich erzogener Menschen aus arabisch-islamischen Ländern zu tun haben könnte. Das wäre zu einfach.

Und einfach ist in Deutschland das Gegenteil von richtig.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Stefan Riedel / 31.05.2019

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, geht mit gutem Beispiel voran. Mit Kippa durch Berlin- Neukölln. Die Wetten laufen : wie weit wird er es bringen? 5m,  10m, ... oder ...?

Richard Schulz / 31.05.2019

Ein sehr wahrer Artikel. Herr Broder, Sie treffen es immer wieder auf den Punkt.

Marc Blenk / 31.05.2019

Lieber Herr Broder, quasi sämtliche antisemitischen Taten werden ‘den Rechten’, wer immer die sein sollen, in die Schuhe geschoben. Man stelle sich vor, man würde irgendeine andere ‘Gruppe’ dieses oder ähnliches unterstellen. Und dies zu 90 %. Die politische Lüge, der gruppenbezogene Rufmord ist inzwischen staatstragende Pflicht geworden. Das Irre ist, dass die Realität in Bezug auf den Antisemitismus fast jeder weiß und die Lüge durchschaut. Die Lüge wird goutiert als irgendwie notwendiger ideologischer Sachzwang.  Die Politik von Medien und Politikern wird so natürlich niemals erreichen, dass Juden in Deutschland offen Kippa tragen könnten. Natürlich nicht. Aber das interessiert auch Herrn Klein nicht, sonst würde er ja die Fakten zur Kentnissnahme auf den Tisch legen. Herr Klein hätte übrigens seinen Job gar nicht, wenn alle Juden ihre Kippa ohne Sorge tragen könnten. Daraus mag jeder seinen Reim drauf machen wie er mag. In jedem Fall hat er gelogen, der Herr Klein. Um damit die wahren Täter zu schützen oder die vermeintlichen zu denunzieren. Oder beides.

Burkhart Berthold / 31.05.2019

Nicht zögern, handeln. Botschaft nach Jerusalem!

Frank Volkmar / 31.05.2019

Laut tagesschau : “Steinmeier betonte im Gespräch mit Schuster die Schutzpflicht des Staates. Es sei eine herausragende Aufgabe des Staates, “unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu schützen und einzuschreiten, wo es notwendig ist - auch und gerade bei Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen”, so der Bundespräsident.” Wenn also noch einmal skandiert wird “Jude, Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein” oder “Hamas, Hamas, Juden ins Gas” und ich nehme den Bundespräsidenten wörtlich und trete als “teil der aktiven Zivilgesellschaft” dem vom Bürgersteig aus energisch entgegen, dann bin ich erst der Zweite der einschreitet, weil die Polizei schon vorher energisch das Gesetz umgesetzt hat ? Wenn ich der Erste bin, schützt mich natürlich der Staat und mir wird nichts passieren, weil dies ja nur Sprüche sind mit denen man Kritik an der Politik Israels übt ? Warum habe ich da irgendwie Zweifel ? Warum äussert sich die tagesschau hierzu überhaupt, wenn es da gar nicht um Antisemitismus geht sondern nur um “teils israelfeindliche Sprechchöre” ?

Horst Gustmann / 31.05.2019

Sehr geehrter Herr Broder/Achgut Team, der Staat nimmt für sich in Anspruch für jedes einzelne Mitglied dieser Gesellschaft deren Sicherheit zu übernehmen. Leider gibt der Staat seit vielen Jahren dieses Monopol immer mehr zu Gunsten der Kriminellen der Gesellschaft, mit zusätzlichem Blick auf die Gesinnung, auf. Es lebt sich, scheint’s, mit Scheuklappen besser wie mit scharfem Blick. Das wird sich in der Zukunft für die gesamte Gesellschaft rächen, da die direkten Signale für die Verrohung der Gesellschaft aus der Politik der BRD kommen. Herzlichst H. Gustmann Weimar

Thomas Taterka / 31.05.2019

Wir sind Zeugen einer sich ausbreitenden “allgemein akzeptierten Atmosphäre systematischer Verlogenheit “. Um es mal mit Hannah Arendt zu sagen.

Martin Landvoigt / 31.05.2019

Das Thema wurde in den Kommentaren erwähbt, aber im Text ausgelassen: ‘Wegen der Haltung der AfD zum Holocaust meidet der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, nach eigenen Angaben jeden Kontakt zu der Partei.’ Das überrascht, denn die AfD ist unter den im Bundestag vertretenen Parteien vielleicht der treueste Freund Israels. Sie Unterstützte den FDP-Antrag zum Stop von Israel-Bashing in der UN. Was also Will Israel und sein Botschafter? Gesten wegen einer bestimmten Art und Weise, wie man einen Kult um die Erinnerungskultur begeht, oder wie man heutige Juden vor Übergriffen, Delegitimation und Doppelten Standards schützt? Antisemitismus sehe ich vorwiegend aus der islamischen Ecke, aber dazu schweigt der Rat der Juden weitgehend.

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