Wenn es um Corona-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche geht, beweisen Regierende regelmäßig eine besondere Laxheit und Ignoranz.
So verschickte die Berliner Gesundheitsministerin Dilek Kalayci Mitte August ein Schreiben an 12- bis 17-Jährige, in dem die Impfung als „wirkungsvoll“ bezeichnet und als Schutz für „die gesamte Gesellschaft, also uns alle“ gepriesen wurde. Minderjährige sollten zu einer Impfung überredet werden, obwohl damals noch keine STIKO-Empfehlung für Kinder ab 12 Jahren vorlag (diese hatte sich dann wenige Tage später zu einer Empfehlung durchgerungen).
Kurz darauf warben auch die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher und Bildungsministerin Britta Ernst in einem Brief an Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren für die Impfung. In diesem Schreiben wurden zudem „Familienimpftage in den Impfzentren, spezielle Zeitfenster in den Impfzentren für Schulklassen und je nach Bedarf mobile Impfangebote in den Schulen/Schulnähe“ angekündigt.
Außerdem hieß es: „Minderjährige Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr (Nachweis über Personalausweis) können die Einwilligung selbstständig vornehmen, sofern von der notwendigen Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit in die COVID-19-Impfung ausgegangen werden kann.“ Gemeint ist natürlich, dass Jugendliche ab 16 Jahren selbst entscheiden können, ob sie sich impfen lassen. Formal müsste dann jedoch die Rede vom 17. und nicht vom 16. Lebensjahr sein. Gleichzeitig wurde im Schreiben betont: „Alle diese Impfangebote sind selbstverständlich freiwillig.“
„Fliegende Impfzentren“
Inwiefern von einer Freiwilligkeit angesichts angekündigter Impfungen im Klassenverband noch die Rede sein kann, ist wohl die drängendste Frage, die sich hier auftut. Der Druck auf ungeimpfte Kinder und Jugendliche, der somit entstehen muss, ist leicht vorstellbar. Die generelle Übergriffigkeit eines solchen „mobilen Impfangebotes in Schulnähe“ liegt auf der Hand, ebenso wie die Unklarheit über Nebenwirkungen beziehungsweise Langzeitfolgen der Impfung. Jugendliche ab 16 Jahren sollen sich außerdem ohne die Einverständniserklärung der Eltern impfen lassen können. Auch hier kann man sich problemlos ausmalen, welche Kurzschlusshandlungen angesichts „fliegender Impfzentren“ ermöglicht werden.
Als Reaktion auf deren Schreiben hat ein Teil der Brandenburger AfD-Fraktion vergangene Woche eine Strafanzeige gegen die Ministerinnen Ernst und Nonnemacher gestellt, und zwar wegen des Anfangsverdachts der Begehung von Körperverletzungs-, Anstiftungs- und Beihilfehandlungen im Zusammenhang mit der Bewerbung der Impfung von minderjährigen Schülern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Dennis Hohloch, äußerte in diesem Zusammenhang, dass es hier um besonders schutzbedürftige Personen gehe.
Kurz und knapp abgebügelt
Der Anzeige vorangegangen war eine fruchtlose Auseinandersetzung der Opposition mit der Regierung. Bei der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport im Landtag Brandenburg vom 9. September wurde der Impfbrief besprochen (Video-Mitschnitt liegt der Redaktion vor). Dennis Hohloch hatte hierzu Fragen an die Ministerin Ernst gestellt:
„Sie hatten im Brief ja darüber informiert, dass es spezielle Zeitfenster geben soll, in denen die Schulklassen in die Impfzentren gehen können und dass es auch speziell Zeitfenster gebe für die mobilen Impfangebote an den Schulen (…) Wann genau soll denn dann eigentlich geimpft werden? (…) Was passiert dann eigentlich mit den Schülern, die die Einwilligung der Eltern nicht haben und die sich selbst nicht impfen lassen wollen? (…) Wer übernimmt die Beaufsichtigung dieser Schüler? (…) Wie funktioniert denn die Phase der Aufklärung über die Impfung? (…) Sie gehen davon aus (…) dass man sich ab 16 (…) dann impfen lassen kann, wenn man die Einsichtsfähigkeit in diesen mRNA-Impfstoff hat (…) Wie viel Zeit hat der Schüler denn (beim Besuch eines mobilen Impfzentrums) um zu (…) zeigen, dass er die Einsicht hat, zu erkennen, welche Auswirkungen diese Impfung hat? (…) Die Klasse geht in das Impfzentrum rein, die werden kurz alle wahrscheinlich belehrt, weil das muss ja alles schnell, schnell gehen. Man hat auch nicht besonders viel Zeit und dann müssen die Schüler sich mal schnell entscheiden, ob sie das machen oder nicht. Und dann würde mich mal interessieren, ob ihrer Meinung nach in so einem Prozedere wirklich eine Einsichtsfähigkeit gegeben sein kann? “
Die Ministerin zog sich in dieser Angelegenheit kühl aus der Affäre:
„Das Impfen von Schülerinnen und Schülern ist Aufgabe der örtlichen Gesundheitsämter, da bin ich auch nicht für alle diese Fragen, die Sie gestellt haben, die richtige Ansprechpartnerin. Ich bin auch nicht fachkundig, um festzustellen, wie ein Arzt oder eine Ärztin sich über die Einsichtsfähigkeit der Jugendlichen vergewissert, aber es ist von der Rechtsprechung ganz eindeutig so vorgesehen (…) Wichtig ist, dass weitere Impfgelegenheiten geschaffen werden für die Kinder und Jugendlichen und dass der Ort Schule dabei auch eine Rolle spielt.“
Zu einem späteren Zeitpunkt der Sitzung thematisierte Dennis Hohloch Impfschäden bei Kindern und Jugendlichen und stellte die Frage, wer bei einem Impfschaden durch eine an der Schule durchgeführte Impfung eigentlich haftet?
Auch diese Frage wurde von der Ministerin kurz und knapp abgebügelt: „Auch bei der Frage zur Haftung bei Impfschäden handelt es sich, glaube ich um Bundesrecht, da sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner.“
Bildungsministerin Britta Ernst gibt also an, mit den näheren Details rund um die Kinderimpfung nicht besonders vertraut zu sein. Trotzdem hielt sie das nicht davon ab, Kinder und Jugendliche gemeinsam mit Kollegin Nonnemacher in einem Brief zum Impfen zu überreden.