Gastautor / 28.04.2012 / 12:55 / 0 / Seite ausdrucken

Kinderbetreuung – wie Welpen im Tierheim?

Günter Ederer

Wer sich nicht dem Verdacht aussetzen will, ein Macho von vorgestern zu sein, muss sich gegen das Betreuungsgeld aussprechen. Besser noch: Sie sagen gleich Herdprämie zu dieser weiteren geplanten Sozialleistung – dann sind Sie über jeden Verdacht erhaben, Sie seien unmodern. Dadurch, dass es gelungen ist, diesen Begriff mit so viel emotionalen Totschlagargumenten zu besetzen, wird das Chaos unserer Familienpolitik vernebelt. Besonders auffällig dabei: Die einst christliche konservative Partei CDU zeigt sich dabei besonders orientierungslos. Sie steht für jede nur denkbare Argumentation im Für und Wider eines Betreuungsgeldes.

Eines wird in der Argumentationsschlacht schnell deutlich: Es geht den Gegnern des Betreuungsgeldes um die Rolle der Frau in einem „modernen“ Industriestaat. An vorderster Front kämpfen da die traditionellen Feministinnen. Ihr Motiv: Die Frau muss aus der Abhängigkeit des Mannes, von der Unterordnung unter Küche und Kirche befreit werden. Deshalb darf sie nichts dazu verführen, sich vielleicht doch lieber um Kinder und Familie zu kümmern.

Die Position der Wirtschaft, so wie sie Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vorbringt, unterscheidet sich davon nur wenig. Ihm geht es bei den Frauen um ein Arbeitskraftreservoir. Also ja keine Leistungen, die Frauen davon abhalten könnten, einen außerhäuslichen Arbeitsplatz anzunehmen. Die Wirtschaft spricht von der „Arbeitsplatzverwertbarkeit“ der Menschen. Schließlich sieht die vereinigte Linke in dem Betreuungsgeld einen Rückschritt. Die Familie würde gestärkt, der Alleinerziehungsanspruch des Staates geschwächt. Hat doch schon Karl Marx in seinem Manifest geschrieben: Die Erziehung ist Staatsaufgabe.

Was mir bei allen Gegnern des Betreuungsgeldes auffällt: Es geht ihnen um alles, nur nicht um das Recht eines Kindes auf Geborgenheit, auf die Liebe und Zeit seiner Eltern und vor allem im ersten Lebensjahr auf seine Mutter. Dabei haben alle Studien ergeben, dass die enge Bindung der Säuglinge an die Mutter im ersten Lebensjahr als entscheidend für die spätere Entwicklung des Kindes maßgebend ist. Im wirtschaftlichen und ideologischen Schlachtenlärm ist das Wohl der Neugeborenen begraben worden. Die Familientherapeutin und Ärztin Maria Steuer beschreibt das mit einem drastischen Vergleich: Säuglinge in einer Kinderkrippe abgeben ist so, wie einen Welpen aus dem Zwinger zu holen und ihn dann in einem Tierheim abzuliefern.

Trotzdem bin auch ich gegen das Betreuungsgeld. Denn es ist eine Folge des Elterngeldes. Das soll den Einkommensausfall nach einer Geburt mindern – gestaffelt nach dem Einkommen. Angeblich sollte das die Geburtenfreudigkeit ankurbeln. Ist aber nicht geschehen. Erst Elterngeld, dann Betreuungsgeld usw. Denn schon machen sich die Politiker Gedanken, ob da nicht auch noch ein Rentenausgleich her muss. Und Hartz-IV-Empfänger sollen nichts bekommen. Bevölkerungspolitik nach Kassenlage und Sympathiepunkten.

Deshalb: Weg mit den ganzen staatlichen Lenkungs- und Erziehungsversuchen. Dafür: in der Höhe gleiches Kindergeld für alle, damit Eltern eine echte Wahlmöglichkeit haben. Dazu ein regelmäßiger verpflichtender Gesundheits-Check aller Kinder, verbunden mit einer Stärkung der Jugendämter. Die Wirtschaft bleibt gefordert, die Kinderbetreuung für Eltern wesentlich zu verbessern, statt den Staat zum Büttel ihrer Interessen zu degradieren. Eine Gesellschaft, in der Mütter und Väter nach ihrer „Arbeitsplatzverwertbarkeit“ beurteilt und Kleinkinder dem Staat überlassen werden, hat sich vom christlichen Menschenbild verabschiedet. Die Debatte um das Betreuungsgeld zeigt vor allem, dass die Parteien fast aller Richtungen die Orientierung verloren haben, wenn es um den stabilen Kern der Gesellschaft geht: um die Familie.

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