Klaus-Dieter Humpich, Gastautor / 06.07.2021 / 14:00 / Foto: Pixabay / 30 / Seite ausdrucken

Kernenergie: Russland will nicht zurück ins Mittelalter

Im Juni 2021 begann in Sibirien der Bau eines speziellen Reaktors mit angeschlossener Wiederaufbereitung und "natürlicher Sicherheit". Was steckt dahinter?  

Im Juni 2021 begann der Bau eines neuen Reaktors im sibirischen chemischen Kombinat Seversk. Der Ort ist nicht zufällig gewählt, sondern es handelt sich um ein grundsätzlich neues System: Ein spezieller Reaktor mit angeschlossener Wiederaufbereitung. Ziel ist ein Kernkraftwerk, dem lediglich Uran (aus abgebrannten Brennelementen) zugeführt wird und nur (endlagerfähige) Spaltprodukte abgeführt werden. Der entscheidende Punkt gegenüber herkömmlichen Reaktoren ist der Abfall von Spaltprodukten. Die Problematik der Endlagerung über sehr lange Zeiträume wäre damit vom Tisch, da Spaltprodukte in weniger als 300 Jahren zerfallen sind. Die sehr langlebigen Transurane werden bei diesem Reaktor kontinuierlich „mit verbrannt“. Diese „Stromfabrik“ besteht also aus drei Einheiten: Der (neuartigen) Brennelemente-Fabrik, dem Kernreaktor und der Wiederaufbereitungsanlage. Die Brennelemente-Fabrik soll 2023 und die Wiederaufbereitung 2024 gebaut werden. Der Reaktor soll 2026 in Betrieb gehen.

Das Entwicklungsziel dieses Reaktors der vierten Generation war „natürliche Sicherheit“. Das Kühlmittel ist nicht Wasser unter hohem Druck, sondern nahezu druckloses Blei. Der Reaktorkern befindet sich deshalb nicht in einem dickwandigen Druckbehälter, sondern in einem (nahezu drucklosen) Tank für flüssiges Blei. Der Schmelzpunkt von Blei liegt bei rund 330°C. Dies ergibt ein neuartiges Sicherheitsproblem, denn es muss gewährleistet sein, dass das Blei an keiner Stelle einfriert und irgendwelche Kanäle verstopft.

Andererseits ist der Siedepunkt mit über 1.700°C so hoch, dass sich kein Druck im Reaktorkreislauf aufbauen kann. Leckagen sind unproblematisch, da Blei weder mit Luft noch mit Wasser heftig reagiert. Blei wird praktisch auch nicht aktiviert, sodass nur ein einfacher Kreislauf nötig ist, was Kosten spart und das System vereinfacht. Die Austrittstemperatur des Blei beträgt rund 540°C. Ist also weit von der Siedetemperatur entfernt. Hinzu kommt die große Wärmespeicherfähigkeit des Bleis (spezifisch und über das Tankvolumen), die alle Lastsprünge abfedert. Ein solcher Reaktor ist in seinem (sicherheitstechnischen) Verhalten sehr gutmütig.

Blei ist ein sehr schlechter Moderator, der die Neutronen kaum abbremst. Schnelle Neutronen können zwar alles Uran, Plutonium und sogar die minoren Aktinoide spalten – das allerdings mit einer weit geringen Wahrscheinlichkeit. Als Konsequenz muss man entweder eine hohe Anreicherung oder einen höheren Gehalt an Plutonium verwenden. In diesem Sinne sind solche Reaktoren sinnvollerweise als Nachfolger der Leichtwasserreaktoren anzusehen. Erst wenn man entsprechend viele abgebrannte Brennelemente besitzt – von „Atomkraftgegnern“ fälschlicherweise als „Atommüll“ bezeichnet – aus denen man das Plutonium extrahieren kann, kann man sinnvollerweise mit dem Aufbau einer Flotte schneller Reaktoren beginnen.

Ein Unglück wie in Fukushima wäre gar nicht möglich

Für jede Erstbeladung muss das Plutonium von außen kommen. Läuft ein solcher Reaktor, kann er genug neues Plutonium bilden, um für seinen Weiterbetrieb selbst zu sorgen. Man muss dann nur die Spaltprodukte entfernen (die nukleare Asche) und die gespaltenen Kerne durch U238 – ebenfalls von „Atomkraftgegnern“ als „Atommüll“ bezeichnet – ersetzen. In diesem Sinne verfügen wir bereits heute über gigantische Energievorkommen in der Form abgebrannter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren. Bisher war die Nutzung wegen der geringen Natururan-Preise noch unwirtschaftlich. Allerdings kommen die stets steigenden Lagerkosten für abgebrannte Brennelemente einer schnelleren Nutzung entgegen.

Da Blei ein schlechter Moderator ist, kann man die Gitterabstände im Kern vergrößern. Durch den verringerten Strömungswiderstand kann man mehr Wärme über Naturkonvektion abführen, was die Notkühlung auch nach einem Blackout (Fukushima) ermöglicht. Zu diesem Zweck sind Kamine (2 von 4 genügen) vorhanden, die die Restwärme passiv an die Umgebungsluft abführen. Selbst unter vollständigem Verlust der Wärmesenke bei voller Leistung von 700 MWth erreicht die Hüllrohr-Temperatur am ungünstigsten Brennstab keine 900°C. Für die Hüllen aus Stahl kein großes Problem: Ein Unglück wie in Fukushima wäre gar nicht möglich. Es könnte kein Knallgas entstehen (Reaktion der Zirconium-Hüllen mit Wasserdampf), und es wäre keine aktive Not-Kühlung nötig. Treffender kann man nicht verdeutlichen, was mit „natürliche Sicherheit“ gemeint ist.

Auch hier geht man neue Wege. Bei herkömmlichen Reaktoren verwendet man Urandioxid als Brennstoff in Hüllrohren aus Zirkalloy. Uranoxid ist eine (spröde) Keramik mit schlechter Wärmeleitung. Es kann bei einem Störfall passieren, dass die Brennstäbe in ihrem Zentrum bereits aufschmelzen und Spaltprodukte freisetzen, während sie ansonsten noch intakt sind. Fallen sie kurzzeitig und lokal trocken (Kühlmittelverlust-Störfall), kann die Abschreckung durch die Notkühlung fatale Konsequenzen haben (Harrisburg, Fukushima).

Bei diesem Typ verwendet man Uran-Plutonium-Nitrid als Brennstoff. Es besitzt eine um 30 Prozent größere Dichte, eine vier- bis achtfache Wärmeleitung, gute Rückhaltung für Spaltprodukte, gute Formstabilität und geringe Reaktionen mit der Edelstahl-Hülle. Die hohe Dichte und gute Wärmeleitung führen zu geringeren Temperaturgradienten zwischen Zentrum und Umfang. Dies führt zu einer hohen Lebensdauer der Brennelemente (Brennstoffwechsel nur alle fünf Jahre) und großen Sicherheitsreserven für Störfälle.

Der Kern besteht aus 169 Brennelementen, hat eine Höhe von lediglich 1,1 Meter und beinhaltet rund 20 Tonnen Brennstoff. Die Brennelemente sind sechseckig, wodurch sich eine sehr dichte Packung ergibt. Sie sind rundum offen, um bei einer etwaigen Verstopfung auch Querströmung zu ermöglichen. Aufgrund der Brennstoffeigenschaften und der Konstruktion ist die Neutronenökonomie so gut, dass keine separate Brutzone erforderlich ist und trotzdem eine Konversionsrate von Eins („Selbstversorgung“) erzielt wird.

Bisher wurde großtechnisch nur das PUREX-Verfahren angewendet. Dieses nass-chemische Verfahren zielt – ursprünglich aus der Rüstung kommend – auf die Rückgewinnung von möglichst reinem Uran und (insbesondere) Plutonium ab. Alles andere ist Abfall. Dieser ist wegen der minoren Aktinoide besonders langlebig und erfordert ein geologisches Tiefenlager zur Endlagerung. Bei diesem Reaktorkonzept sieht die Fragestellung gänzlich anders aus. Hier gilt es nur die Spaltprodukte – die nukleare Asche – zu entfernen. Alles andere soll und kann als Energieträger verbleiben. Die Spaltprodukte können anschließend weiterverarbeitet oder verglast werden und in Edelstahlbehälter abgefüllt werden. Wegen der relativ geringen Halbwertszeiten kann dieser Abfall je nach Gusto „tiefengelagert“ oder „ingenieurgelagert“ werden. Auf jeden Fall, zu verschwindend geringen Kosten gegenüber der Endlagerung von kompletten Brennelementen.

Russland will nicht zurück ins Mittelalter

Der Reaktor verfügt über eine elektrische Leistung von 300 MWel bei einer thermischen Leistung von 700 MWth. Er wäre per Definition damit noch ein SMR (Small Modular Reactor). Der Hersteller selbst betrachtet ihn eher als Vorläufer für einen Reaktor mit 1.200 MWel, der etwa Anfang der 2030er Jahre gebaut werden soll. Es ist der russische Weg der kleinen, aufeinander aufbauenden Schritte mit immer mehr gesammelten Erfahrungen, die in das jeweilige Nachfolgemodell einfließen können. In diesem Zusammenhang muss man feststellen, dass die Entwicklung bleigekühlter Reaktoren in Russland eine jahrzehntelange Tradition hat. Sie reicht bis auf die U-Boote der Alfa-Klasse (Bauzeitraum 1968 bis 1975, Außerdienststellung 1983 bis 1997) zurück. Zahlreiche Probleme bezüglich Korrosion und Verschleiß konnten inzwischen gelöst werden.

Der Aufbau ähnelt klassischen Druckwasserreaktoren: In der Mitte befindet sich der Reaktor. Von ihm gehen vier Kühlkreisläufe (flüssiges Blei) ab. Jeder Kühlkreislauf versorgt zwei Dampferzeuger. Das in den beiden Dampferzeugern abgekühlte Blei wird von einer Umwälzpumpe angesaugt und dem Reaktor wieder zugeführt. Die acht Dampferzeuger produzieren etwa 1.500 t/h Dampf mit einer Temperatur von über 500°C. Aufgrund der höheren Dampftemperaturen ergeben sich bessere Wirkungsgrade und andere Anwendungsgebiete (zum Beispiel Wasserstoffherstellung durch Hochtemperatur-Elektrolyse, Raffinerien, chemische Industrie etc.). Jeder Kühlkreislauf bildet eine separate Baugruppe mit kompletter Notkühlung, Umwälzpumpe etc. in einer eigenen „Betonkammer“. Das Ganze ist von einem Betonzylinder als Schutz gegen Einwirkungen von außen umgeben.

Anders als bei Leichtwasserreaktoren wird der Kern durch eine Lademaschine versorgt. Sie kann Brennelemente entnehmen, umsetzen und durch frische ersetzen. Verbrauchte Elemente werden im Bleitank bis zum erforderlichen Abklingen zwischengelagert. Sie stehen also stets unter dem gleichen Schutz (Fukushima) wie der Reaktorkern. Ein Brennstoffzyklus dauert fünf Jahre (Leichtwasserreaktor 9 bis 16 Monate üblich). Sind erst einmal die üblichen Kinderkrankheiten beseitigt, kann man von einer noch besseren Verfügbarkeit als heute (etwa 90 Prozent) ausgehen. Geplant ist ein Abbrand zwischen 5,5 und 9 Prozent Schwermetall. An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, sich die Materialströme und Abfallmengen zu verdeutlichen. Wenn dieser Reaktor das ganze Jahr voll durchläuft (Grundlast), verbraucht er etwa 270 kg Uran. Das ist gleichzeitig die Menge hochaktiver Spaltprodukte, die jährlich anfällt.

Geht man von einem mittleren Abbrand von 8 Prozent Schwermetall aus, sind etwa 3,5 Tonnen frische Brennelemente jährlich nötig. Das alles erinnert mehr an eine Anlage im Labormaßstab. Wollte man diese Strommenge von 2,6 TWh mit einem Offshore-Windpark erzeugen, müsste dieser mindestens 1.000 MW umfassen oder bei einem Photovoltaik-Park mindestens 2.000 MW. Wobei dies lediglich die gleiche Energieproduktion wäre. Da aber Wind und Sonne nur zufällig und unvorhersehbar sind (Wettervorhersage), müssten noch die zwingend erforderlichen Stromspeicher (zusätzliche Investitionen) und deren Verluste (circa 50 Prozent für längere Ausfallzeiten) hinzugerechnet werden. Diese wenigen Zahlen machen deutlich, dass zumindest Russland nicht zurück ins Mittelalter will, ob nun „Klimakatastrophe“ oder nicht.

Um Größenordnungen „sicherer“

Die vierte Generation soll noch einmal um Größenordnungen „sicherer“ sein als die derzeitige dritte Generation. Gemeint ist damit die Wahrscheinlichkeit für Unglücke, bei denen Radioaktivität das Betriebsgelände überschreitet und damit Anlieger gefährdet. Diese Reaktoren sollen so sicher sein, dass sie unmittelbar in einer Chemieanlage betrieben werden können, denn sie sind nicht gefährlicher als diese Anlagen selbst, wodurch völlig neue Anwendungen für Kernenergie möglich sind.

Da diese Kernkraftwerke mit dem „Abfall“ der bisherigen Kernkraftwerke betrieben werden können, sind sie extrem „nachhaltig“. Damit sind nicht nur die abgebrannten Brennelemente gemeint, sondern auch das „Abfall-Uran-238“ aus den Anreicherungsanlagen. Ganz nebenbei löst sich auch die „Endlagerfrage“. Spaltprodukte sind im Vergleich zu den Aktinoiden kurzlebig. Diese Form von „Atommüll“ ist nach wenigen Jahrzehnten weiterverarbeitbar. In ihnen sind jede Menge wertvoller Stoffe enthalten. Schon heute werden seltene Isotope aus dem Abfall der militärischen Wiederaufbereitung für zum Beispiel medizinische Anwendungen gewonnen. Wer aber unbedingt möchte, kann sie auch weiterhin in geologischen Tiefenlagern verschwinden lassen. Nur eben zu viel geringeren Kosten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Klaus-Dieter Humpichs Blog Nuke-Klaus.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Ulla Schneider / 06.07.2021

Wir hatten ja mal eine Chance- den Dual Fluid Reaktor! Nun ist er in Kanada. - Den einzigen Kontakt mit diesem dollen “Ding” liegt nur noch im Aktienerwerb, demnächst. Nur davon wird es nicht hell und nicht warm genug. Welch ein verblödetes Land, mein Land.

Sabine Schönfelder / 06.07.2021

Dr. med. Jesko Matthes, glauben Sie denn, daß die Sicherheitskultur und Risikokommunikation in der restlichen Welt besser ist? Schauen Sie sich die Impfkampagne an, die w e l t w e i t gerade „durchgezogen“ wird. Kann mich da auch nur an Ihre Worte halten. Der „ misstraue ich daher so lange, bis die (genannten) bekannten Probleme gelöst sind, und sie mir dort (den inhärent sicheren Reaktor) - eine wirksame, sterilisierende Impfung zeigen - , deren potentielle Nebenwirkungen in einer objektiv- naturwissenschaftlichen Verhältnismäßigkeit zu ihrem Einsatz gewichtet werden. Vielleicht gestehen Sie Rußland auch eine „wönzige“ Entwicklung bezüglich innovativer Reaktorsicherheit zu. Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen zu nahe trat. Ich wollte Ihre naturwissenschaftliche Sozialisation in keinster Weise anzweifeln. Zudem bewundere ich Ihr Allgemeinwissen und Ihre Begeisterung für literarische und geisteswissenschaftliche Themen. So long.

Elias Schwarz / 06.07.2021

Das erste Atomkraftwerk der Welt wurde, wie jeder Schüler weiß, 1952 gebaut. OAES (so hieß das Wunderwerk) hat Kurtshatow und seinen Leuten (und das waren nicht gerade die schlechtesten), sehr viel Kopfschmerzen bereitet. Und hat von 1954 bis 2007 ohne Zwischenfälle gearbeitet. “Vertraut der Wissenschaft”, sagte mal irgendein Teeny-Star.

Arthur Erhardt / 06.07.2021

@Jesko Mathes: Der Vergleich mit den Reaktoren in den Alfa U-Booten geht weitgehend fehl, bis auf das ähnliche Kühlsystem. Wie Sie richtig bemerken wurde dort hochangereichertes Uran als Brennstoff verwendet. Der Grund dafür ist die beim Militär gewünschte Optimierung auf minimale Masse und minimales Volumen (weil man noch andere Dinge in einem UBoot unterbringen möchte). Alle sich aus dieser Wahl des Brennstoffs ergebenden Probleme entfallen bei der von Herrn Humpich vorgestellten Konstruktion. In Majak ist 1957 aufgrund ausgefallener Kühlung ein Tank mit nitrierten Transuranen (chemisch) explodiert. Das war die Aufbereitungsstufe, bei dem abgebrannte Brennelemente mit Salpetersäure (oder Nitriersäure, ich bin Physiker, kein Chemiker mit Spezialisierung auf die Chemie von Actiniden) in Lösung gebracht werden, um verschiedene Elemente (für Rüstung: hauptsächlich Trennung des Plutoniums vom Rest; unerwünschte Isotope werden durch häufigen Tausch der Brennelemente im Schritt davor vermieden) chemisch trennen zu können. Welchen Zusammenhang der Unfall in Majak mit der Funktionsweise des hier vorgestellten Reaktortyps und der dazugehörigen Infrastruktur haben soll bitte ich, zu erklären.

K.Richter / 06.07.2021

Nein, Herr Dr.med. Matthes wir reden nicht wie die Zaungäste, wir sind nur noch Zaungäste wenn es um die Erforschung wirklich zukunftsträchtiger Energierzeugung geht. Deutschland hat sich davon verabschiedet, Ingenieuren und Wissenschaftlern zu vertrauen und ihnen den Rücken freizuhalten, damit sie unter Beweis stellen können, dass “deutsche Ingenieurskunst” immer noch zur Weltspitze gehört. Stattdessen mischen sich politische “Eliten”, die augenscheinlich keinen Schimmer von Wissenschaft und Technik haben, in ihrer totalen ideologischen Verblendung in hochkomplexe Themen, wie es Energieversorgung nun mal darstellt, ein und riskieren unser aller Zukunft. Leider gibt es tatsächlich Ingenieure und Wissenschaftler, die sich vor diesen Karren spannen lassen, ja sogar erschreckenden Eifer darin entwickeln, an vorderster Front, Arm in Arm mit den Ideologiebeseelten, zu kämpfen. Mich überkommt immer öfter Fremdscham ob dieser schrecklichen Entwicklung, denn die, hat mit “Ingenieurskunst” rein gar nichts mehr zu tun.

Holger Kammel / 06.07.2021

Herr Humpich, Sie haben kein Wort über die Moderation der Reaktoren verloren. Das fehlt mir etwas. Ansonsten, ich bin weder Nuklearphysiker oder Ingenieur für Reaktortechnik, kenne mich lediglich in konventioneller Kraftwerkstechnik etwas aus, bin also interessierter Viertellaie, ein hochinteressanter Artikel mit einem noch interessanterem technischen Konzept. Ich wußte bisher nicht, daß Blei als Arbeitsmedium in Reaktoren benutzt wird. Natürlich liegen bestimmte Vorteile auf der Hand, ich muß nicht in den gasförmigen Zustand übergehen, vermeide dadurch hohe Drücke, habe einen reaktionsträgen Stoff und kann hohe Wärmemengen in verhältnismäßig geringen Volumina transportieren, Einiges ist mir trotzdem unklar. 1. Wie fährt man einen derartigen Reaktor an und ab? 2. Im Wärmetausch müssen Sie ein Absinken der Temperatur des Arbeitsmediums unter ca. 350 °C verhindern. Bei einer Obertemperatur von 500°C ist das ein relativ enges Temperaturgefälle. Das größere Rätsel besteht darin, wie eine promovierte Physikerin aus der Kerntechnik aussteigen und in “alternative Stromerzeugung” umsteigen kann.

Dr. med. Jesko Matthes / 06.07.2021

@Sabine Schönfelder: Ich erinnere mich nicht, in meinem Brief etwas über Befürwortung von Flatterstrom und die grundsätzliche Unlösbarkeit von Reaktorischerheit geschrieben oder gar über irgendjemandes Sozialisation spekuliert zu haben. Meine eigene war naturwissenschaftlich. Und historisch: Die Sicherheitskultur, Risikokommunikation und den Umweltschutz der Sowjetunion kenne ich zur Genüge; der Sicherheitskultur und Risikokommunikation Russlands misstraue ich daher so lange, bis die genannten Probleme gelöst sind, und sie mir dort den inhärent sicheren Reaktor zeigen. @F. Auerbacher: Danke, so war es gemeint. Damit, dass wir in Deutschland in Sachen Kernenergie komplett kneifen und daher anderen vertrauen müssen, gewinnen wir überhaupt nichts, noch nicht einmal Erfahrung und Expertise; wir sind schlicht draußen und haben keine Ahnung, wie wir unsere Grundlast sichern sollen. - Wir reden hier übrigens alle wie die Zaungäste.

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