@ Mathias Anderer / 11.12.2018 Ich hau mich weg. Sie kennen Röhl nicht? Das ist Satire guter Mann, nichts als blanke Satire.
Ich schlage 3 Platten von Marius-Mueller Westernhagen aus der Zeit vor, als er noch rotzige Texte zu geradliniger Rockmusik gemacht hat und nicht im “Freiheit”-Geplaerre sein Heil fand. Und das sind die Referenzscheiben: “Stinker” - 1981 (z.B. Ladykiller, Sei stark, Ich liebe Dich) “Sekt oder Selters” - 1980 (z.B. Der Junge auf dem weissen Pferd, Mein Schatz, Belmondo) “Mit Pefferminz bin ich Dein Prinz” - 1978 (z.B. Oh Margarete (... gib mir die Knete), Dicke)
Sehr geehrter Herr Röhl, als einer der ersten Helden und Wegbereiter der entsprechenden Szene, die Sie beschreiben, ist wohl Kool Savas anzusehen. Obwohl der tatsächlich mit seinen anfänglichen Songs “LMS” (bzw. ausgeschrieben “Lutsch mein Schw…”) und “Schwule Rapper” (damals noch) Gegenwind bekam und indiziert wurde, ist der gute Mann heute geläutert, ein echter Held und deswegen Vorbild für viele, die ihm nachfolgen.
Wenn schon Eugen Gomringers Gedicht “Avenidas” sexistisch ist, dann trifft das vermutlich auf 50% aller Songs zu. So besteht John Fogertys “Suzie Q” zu 90% aus den Zeilen “I like the way you walk”, “say that you’ll be true”, und “say that you’ll be mine”. Frauenverachtender geht es nicht? Besagte Suzie taucht in Warren Zevons “Excitable Boy” wieder auf, da geht es ihr noch schlechter: “He took little Suzie to the Junior Prom, excitable boy, they all said. And he raped her and killed her, then he took her home [...] After ten long years they let him out of the home. Excitable boy, they all said. And he dug up her grave and built a cage with her bones.” Das war es dann wohl mit ihr. Leonard Cohen setzte mit “Hallelujah” einem Spanner ein Denkmal, “Your faith was strong but you needed proof, you saw her bathing on the roof, her beauty and the moonlight overthrew you”, während Steve Miller sich in “The Joker” in sexuellen Anspielungen ergeht “I really love your peaches, want to shake your tree.” Noch schlimmer treibt es Bruce Springsteen, “Hey, little dolly with the blue jeans on, I wanna ramrod with you honey, till half-past dawn”, wobei man sich der Doppeldeutigkeit von “ramrod” bewusst sein muss. Schauen wir mal zu den Heroes of Haltung, in “Manche Frauen” der “Toten Hosen” texten Campino & Co.: “Manche Frauen sind so fantastisch, noch besser als sie scheinen. Und manche geh’n so, als hätten sie das Wichtigste zwischen ihren Beinen.” Erschreckend. Nur Grönemeyer ist aus dem Schneider, den versteht sowieso keiner wenn er “singt”.
Oh, es gibt jede Menge schlüpfrige Hits und versaute Lyriken. “Ring My Bell” von Anita Ward ist m.E. nicht unbedingt eine Antwort auf weihnachtliche Jingle-Glöckchen, auch das 60er-Werk “Young Girl” (musikalisch eines meiner Lieblingsstücke der 60er) von Gary Pucket & The Union Gap, das von der Liebe eines älteren Herrn zu einer noch kindlich Jugendlichen handelt, könnte in diese Kategorie fallen. Abgesehen davon ist auch die deutsche Schlagerszene nicht nur Zuckerguss, etwa einige Roland-Kaiser-Meisterwerke (etwa “Manchmal möchte ich schon mit dir”), Wolle Petrys “Da geht mir voll einer ab”, vom Titel her. Die Punk- und Deutschrock-Szene ist auch versaut und ekelhaft, z.B. Die Ärzte mit “Sweet Gwendoline”, “Geschwisterliebe”, “Mondo Bondage” et al, was ihnen die Feindschaft der Feministinnen einbrachte (trotz eindeutig satirischer Werke wie “Manchmal haben Frauen (ein kleines Bisschen Haue gern)”), ferner die allein ums Thema Sex (mit der Frau als eher passivem Part, die durchgebeischlaft wird) drehenden Texte des in Vergessenheit geratenen Eurodance-Projekts E-Rotic (u.a. “Help Me, Dr. Dick”, wobei sich dieser Name auf das gleichnamige Geschlechtsteil, nicht die Kurzform von Richard bezog), AC/DCs Sexhymne “You Shook Me All Night Long”, das HOSEN-Frühwerk “Hofgarten”, Rammsteins “Ich tu dir weh” (Hardcore SM-Nummer), dazu “Bück dich” von derselben Band…Ferner Billy Talent “The Crutch”, 20 Fingers “Short Dick Man”, The Offspring “Want You Bad”, die House-Songs der Outhere Brothers (“Boom Boom Boom” übers AF, “I Wanna F*** You In The A**” zum gleichen Thema), Sidos indizierter “AF-song”, auch sein “Fuffies im Club” ist sexistisch. Unappetitlich wäre nur noch Vicki Vomit mit “Wohin mit Omas Leiche”, ein satirischer Ich-Perspektive-Song über einen Erbschleicher, der seine Oma umbringt und die Leiche nicht mehr loswird. Ziemlich krass und politisch unkorrekt. Und da ist noch viel mehr!
Naja, also da muss man diskriminieren. Sind die Künstler Linke oder Rechte? Weiße oder Schwarze? Frauenfeindlichkeit ist nun mal nur dann schlecht, wenn sie von weißen alten Männern ausgeht, die in der falschen Partei Mitglied sind. Das mag rassistisch klingen & das ist es auch, aber vielleicht merkt es ja keiner.
Und warum hören Sie so einen Dreck? Ich spiele mich nicht als Zensurhörer auf. Die richtige Frage lautet doch: Wer kauft diese Titel und wer geht in die Konzerte. Nur durch Käufe werden diese Titel hochgespült.
Skandal um Rosi: “... und draußen in der großen Stadt - steh’n die Nutten sich die Füße platt…” (Spider Murphy Gang) dürfte demnächst auch auf der Zensurliste der Allesüberwacher - und zensierer stehen. Oha, Herr Röhl, wie ein Vorkommentator fürchte ich, dass Sie nun eine Säuberungswelle in Gang gesetzt haben, die auch vor Udo Jürgens nicht Halt machen wird (17 Jahr, blondes Haar), wohl aber verdientermaßen vor unseren Kulturbereicherern wie z.B. dem begnadeten Bushido. Als Mann würde ich jedes Register gegen Peter Maffays “Und es war Sommer” ziehen. Da verführt eine alte Frau (31 oder 32) - so genau habe ich den Text nicht mehr im Kopf - einen minderjährigen, unschuldigen Knaben (“Ich war 16…”). Her mit der Zensurschere!
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