Peter Grimm / 24.04.2023 / 06:05 / Foto: Pixabay / 34 / Seite ausdrucken

Keine Sieger beim Votum der Berliner Genossen

Mit nur 979 Stimmen Vorsprung hat eine knappe Mehrheit der 65 Prozent Berliner SPD-Mitglieder, die abgestimmt haben, für die Koalition mit der CDU votiert. Mit einem anderen Ergebnis hätten sie die gerade erstarkte CDU noch davor bewahren können, gleich wieder den nächsten Absturz anzusteuern.

Nun wird sie also kommen, die CDU-SPD-Koalition in Berlin. Die Genossen haben gesprochen. Knapp zwei Drittel derer, die in Berlin ein SPD-Parteibuch besitzen, haben an der Abstimmung teilgenommen – insgesamt 11.886, schreibt der Tagesspiegel. 6.179 votierten für, 5.200 gegen die Koalition mit der CDU. Das ergibt 54,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ein knappes Ergebnis, die SPD-Basis zeigt sich in dieser Frage gespalten.

Aber vielleicht ist die Partei so gespalten auch wieder nicht, denn inhaltlich wird sich ja so gut wie nichts ändern. Blickt man in den Koalitionsvertrag, so wundert man sich allenfalls darüber, dass ihn die CDU tatsächlich unterschrieben hat. Dieses Regierungsprogramm hätten rot-rot-grüne Koalitionäre eigentlich in weiten Teilen auch so formuliert. Claudio Casula hat dazu an dieser Stelle jüngst schon das Nötige geschrieben.

Der Abstimmungserfolg der Koalitionsbefürworter bei der SPD ist ein harter Schlag für die Berliner CDU, auch wenn es deren Parteiführung noch nicht weiß, bzw. nicht wissen will. Heute entscheidet ein CDU-Landesparteitag über den Koalitionsvertrag, doch wahrscheinlich dürfte die Aussicht, dass die Partei die Landesregierung anführen darf, die Delegierten-Mehrheit zur Zustimmung verführen. Dann muss die Partei eine Stadt regieren, in der das Regieren ohnehin schon fast unmöglich zu sein scheint. Und sie muss dies nach einem Regierungsprogramm tun, bei dem man nicht glauben kann, dass an seinem Zustandekommen ideologiebefreite bürgerliche Politiker beteiligt gewesen sein sollen. Offenbar ist die Berliner CDU bereit, fürs Regieren politische Höchstpreise zu zahlen. Die SPD konnte natürlich in den Verhandlungen immer damit drohen, bei größerer Kompromissbereitschaft keine Mehrheit der eigenen Genossen an der Basis zu bekommen. Sie wird nun die programmatische Unterwerfung des größeren Regierungspartners auch in der Regierungspraxis weiterhin einfordern.

Die CDU hat es nicht besser verdient

Die CDU hat sich hingegen kaum noch Wege zu einem nötigen Politik-Wechsel offen gelassen. Aber wenn in der Staatsversagens-Hauptstadt überhaupt noch jemand Erwartungen enttäuschen kann, dann ist es die Berliner CDU. Vom Regierungspartner SPD erwartet das Berliner Publikum diesbezüglich nichts mehr, denn die Partei war jahrzehntelang an allen Landesregierungen beteiligt. In einer Stadt, in der sich nur noch die Älteren daran erinnern können, dass so etwas wie eine normal funktionierende Verwaltung sogar hier einmal selbstverständlich war, glaubt niemand mehr an die Reformversprechen, die natürlich auch im Koalitionsvertrag stehen.

Die Berliner CDU-Führung will um fast jeden Preis regieren und auf jeden Fall vermeiden, dass das Zustandekommen dieser Regierung an ihr scheitert. Hätten die Berliner SPD-Genossen nun mehrheitlich gegen den Koalitionsvertrag gestimmt, es wäre die Rettung für die Berliner CDU gewesen. Aber statt unter lautem Protest kraftvoll in die Opposition gehen zu können, müssen die Christdemokraten der Hauptstadt nun wohl federführend die wiederholt erfolglose Berliner SPD-Politik fortsetzen, was bei CDU-Wählern kaum allzu gut ankommen dürfte.

Der Tagesspiegel vermerkt ausdrücklich, dass die Jusos, die die Kampagne gegen eine Koalition mit der CDU bekanntlich gestartet hatten, „diplomatisch“ auf das Ergebnis reagiert hätten. Vielleicht haben die jungen Genossen begriffen, dass ihre jetzige Niederlage der ungeliebten CDU mehr schadet, als wenn sie erfolgreich gewesen wären. Das hat die CDU aber auch verdient, wenn sie sich so sehr auf das SPD-Regierungsprogramm einlässt. Schade ist es nur um Berlin, bzw. die Bereiche, die dort noch nicht kaputt sind.

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Leserpost

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Steffen Huebner / 24.04.2023

CDU = SPD = FDP = CSU = GRÜN - - *Es muss demokratisch aussehen, aber…

Jochen Lindt / 24.04.2023

CDUCSUSPDFDPGRÜN sind bundesweite Einheitspartei. Eigentlich gehört auch die Linke dazu, aber die ist bereits tot.  Welcher Flügel der Einheitspartei gerade regiert, ist egal.

George Samsonis / 24.04.2023

Wie sagte Alfred Tetzlaff schon damals: Sozialdemokraten sind nicht per se dumm (das sind ja keine GRÜNEN, Anmerkung des Kommentators), sie haben nur manchmal Pech beim Nachdenken. Nehmen wir das mal so für die 5.200 Sozialdemokraten, die im Bundesland Berlin gegen eine Koalition mit der CDU gestimmt haben, an. Die wollten aus dem Abgeordnetenhaus im Bundesland Berlin weiter eine LinksGrüne sozialistische Volkskammer machen. Besorgniserregend ist jedoch, dass vor allem SPDler aus Berlin, also dem alten Westteil des Bundeslandes, gegen die Koaltion gestimmt haben. Das hätte ich eher in Ostberlin erwartet. Aber die da drüben haben ja die GRÜNEN und die SED-Nachfolgepartei DIE LINKE.

Wilfried Düring / 24.04.2023

’ ... denn inhaltlich wird sich ja so gut wie nichts ändern.’ Wenn das in der Praxis auch so sein wird, frag ich mich doch, warum die Juso-Kampfbären so gegen die neue Koaliton mobilisiert haben. Nicht vergessen: Jusos, dass sind nach dem Beschluß ihres eigenen Bundeskongresses die Lümmel, die marodierende Pali-Terroristen auch (nicht nur !) auf Berliner Straßen als ihre poltischen Verwandten (Brüder und Schwestern) bezeichnet habenn!!! Ich will hier nicht zu Gewalt aufrufen, aber vielleicht wäre es ein Anfang, wenn die SPD die dafür verantwortlichen OberBundes-Pimpfe, die Genossen KÜHNERT und ROSENTHAL wenigstens POLITISCH rückstandsfrei entsorgen würde. ‘... Vielleicht haben die jungen Genossen begriffen, ...’ . Diese Hoffnung kann ich nicht teilen. Wer sich kiffend durch die gruene Baumschule gemogelt und Freitags auch die noch geschwänzt hat ... - bei solchen Leuten ist ‘Begreifen’ ein Wort aus einer anderen kulturellen Welt. Bildungsgsfern, trinkfest, arbeitsscheu - und dem Maoismus treu. Eigentlich müßten sich selbst die Terror-Palis von solchem Pack angewidert abwenden.

Heiko Stadler / 24.04.2023

Ich glaube, wir sind alle auf den Koalitionsvertrag der Berliner CDU und SPD reingefallen. Das 134-Seitige Geschwurbel war in Wirklichkeit nur ein Werbeschreiben an die durchgeknallten Depp*innen der SPD-Basis für die Koalition mit der CDU. Dank der vollständigen Inhaltsleere des “Koalitionsvertrags” hat die neue Koalition jetzt weitgehende Handlungsfreiheit und die Idiot*innen der SPD-Basis sind ruhig gestellt. Das war meiner Meinung nach ein geschickter Schachzug, was man ja auch am knappen Wahlergebnis sehen kann.

Thomas Szabo / 24.04.2023

Besser die Koalitionsverträge brechen als die Wahlversprechen. Das käme bei den Wählern an und die CDU könnte SPD & Grüne ausmanövrieren. (Wenn die CDU Eier hätte, wenn die weißen alten Männer der CDU nicht von Angela kastriert worden wären.) Ich würde an Stelle der CDU jetzt die Gelegenheit nützen und die SPD politisch überfahren. Erstmal die Grünen exorzieren.

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