Mit nur 979 Stimmen Vorsprung hat eine knappe Mehrheit der 65 Prozent Berliner SPD-Mitglieder, die abgestimmt haben, für die Koalition mit der CDU votiert. Mit einem anderen Ergebnis hätten sie die gerade erstarkte CDU noch davor bewahren können, gleich wieder den nächsten Absturz anzusteuern.
Nun wird sie also kommen, die CDU-SPD-Koalition in Berlin. Die Genossen haben gesprochen. Knapp zwei Drittel derer, die in Berlin ein SPD-Parteibuch besitzen, haben an der Abstimmung teilgenommen – insgesamt 11.886, schreibt der Tagesspiegel. 6.179 votierten für, 5.200 gegen die Koalition mit der CDU. Das ergibt 54,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Ein knappes Ergebnis, die SPD-Basis zeigt sich in dieser Frage gespalten.
Aber vielleicht ist die Partei so gespalten auch wieder nicht, denn inhaltlich wird sich ja so gut wie nichts ändern. Blickt man in den Koalitionsvertrag, so wundert man sich allenfalls darüber, dass ihn die CDU tatsächlich unterschrieben hat. Dieses Regierungsprogramm hätten rot-rot-grüne Koalitionäre eigentlich in weiten Teilen auch so formuliert. Claudio Casula hat dazu an dieser Stelle jüngst schon das Nötige geschrieben.
Der Abstimmungserfolg der Koalitionsbefürworter bei der SPD ist ein harter Schlag für die Berliner CDU, auch wenn es deren Parteiführung noch nicht weiß, bzw. nicht wissen will. Heute entscheidet ein CDU-Landesparteitag über den Koalitionsvertrag, doch wahrscheinlich dürfte die Aussicht, dass die Partei die Landesregierung anführen darf, die Delegierten-Mehrheit zur Zustimmung verführen. Dann muss die Partei eine Stadt regieren, in der das Regieren ohnehin schon fast unmöglich zu sein scheint. Und sie muss dies nach einem Regierungsprogramm tun, bei dem man nicht glauben kann, dass an seinem Zustandekommen ideologiebefreite bürgerliche Politiker beteiligt gewesen sein sollen. Offenbar ist die Berliner CDU bereit, fürs Regieren politische Höchstpreise zu zahlen. Die SPD konnte natürlich in den Verhandlungen immer damit drohen, bei größerer Kompromissbereitschaft keine Mehrheit der eigenen Genossen an der Basis zu bekommen. Sie wird nun die programmatische Unterwerfung des größeren Regierungspartners auch in der Regierungspraxis weiterhin einfordern.
Die CDU hat es nicht besser verdient
Die CDU hat sich hingegen kaum noch Wege zu einem nötigen Politik-Wechsel offen gelassen. Aber wenn in der Staatsversagens-Hauptstadt überhaupt noch jemand Erwartungen enttäuschen kann, dann ist es die Berliner CDU. Vom Regierungspartner SPD erwartet das Berliner Publikum diesbezüglich nichts mehr, denn die Partei war jahrzehntelang an allen Landesregierungen beteiligt. In einer Stadt, in der sich nur noch die Älteren daran erinnern können, dass so etwas wie eine normal funktionierende Verwaltung sogar hier einmal selbstverständlich war, glaubt niemand mehr an die Reformversprechen, die natürlich auch im Koalitionsvertrag stehen.
Die Berliner CDU-Führung will um fast jeden Preis regieren und auf jeden Fall vermeiden, dass das Zustandekommen dieser Regierung an ihr scheitert. Hätten die Berliner SPD-Genossen nun mehrheitlich gegen den Koalitionsvertrag gestimmt, es wäre die Rettung für die Berliner CDU gewesen. Aber statt unter lautem Protest kraftvoll in die Opposition gehen zu können, müssen die Christdemokraten der Hauptstadt nun wohl federführend die wiederholt erfolglose Berliner SPD-Politik fortsetzen, was bei CDU-Wählern kaum allzu gut ankommen dürfte.
Der Tagesspiegel vermerkt ausdrücklich, dass die Jusos, die die Kampagne gegen eine Koalition mit der CDU bekanntlich gestartet hatten, „diplomatisch“ auf das Ergebnis reagiert hätten. Vielleicht haben die jungen Genossen begriffen, dass ihre jetzige Niederlage der ungeliebten CDU mehr schadet, als wenn sie erfolgreich gewesen wären. Das hat die CDU aber auch verdient, wenn sie sich so sehr auf das SPD-Regierungsprogramm einlässt. Schade ist es nur um Berlin, bzw. die Bereiche, die dort noch nicht kaputt sind.