Volker Seitz / 03.05.2025 / 10:00 / Foto: Montage achgut.com / 9 / Seite ausdrucken

Keine Goldpässe mehr?

Mit Staatsbürgerschaften lassen sich seit 2012 große Geschäfte machen. 

Es lohnt sich deshalb, genauer hinter diese aktuelle Presseverlautbarung zu schauen:

„Der Europäische Gerichtshof hat das problematische Investorenprogramm Maltas soeben für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union erklärt. Die Unionsbürgerschaft sei mit Rechten der Freizügigkeit, politischer Teilhabe und Rechtssicherheit verbunden – sie dürfe daher nicht Gegenstand eines bloßen Geschäftsmodells sein. Allerdings bleibt es den Mitgliedstaaten weiterhin vorbehalten, selbst über die Vergabe ihrer Staatsbürgerschaften zu entscheiden.“

Der Staatsbürgerschaftsmakler Henley & Partners in London vermittelte in den letzten Jahren auch Pässe an vermögende Nigerianer, Südafrikaner, Kenianer, Senegalesen und Bürger aus der Côte d’Ivoire. 

Die Firma bezeichnet sich selbst auf ihrer Homepage in 15 Sprachen als globaler Marktführer für Wohnsitz und Staatsbürgerschaft durch Investitionen.

EU-Eintrittskarten über die Karibik

Zu den beliebtesten Zielen zählen zum Beispiel auch Antigua, Dominica, Grenada, St. Lucia sowie die Inselstaaten im Pazifischen Ozean Tuvalu und Vanuatu. Die Regierung von St. Lucia hat Pässe z.B. an reiche Nigerianer ausgestellt. Pässe von Vanuatu „Citizenship by Investment“ gibt es für ein Minimum von 240.000 Euro. Außerdem muss man ein Anwesen im Wert von mindestens 700.000 Euro kaufen und für fünf Jahre behalten. Daneben müssen 10.000 Euro an eine wohltätige Organisation gespendet werden.

Der Inhaber des Passes darf in 148 Länder ohne Visum einreisen (Henley Passport Index). Pässe der karibischen Inseln Dominica (200.000 Euro) und Grenada (235.000 Euro) bieten eine zweite Nationalität für die ganze Familie mit Reisefreiheit nach 143 bzw. 147 Destinationen, darunter auch EU-Staaten.

Das ist günstiger als der Kauf eines europäischen Passes bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung in der EU. In Portugal ist das Mindestgebot 500.000 Dollar (seit 2012 soll Portugal nach einem Bericht der Anti-Korruptions-NGO „Global Witness“ in Brüssel mehr als 22.000 Aufenthaltsgenehmigungen – eine Vorstufe zur Staatsbürgerschaft – verkauft und fünf Milliarden Euro damit eingenommen haben). 

Das Goldene Visum

Laut der Beratungsfirma Relocate & Save (Stand 2025) kann eine Person das Goldene Visum in Portugal immer noch beantragen, wenn sie:

- einen bestimmten Geldbetrag in Immobilien, Fonds oder Unternehmen in Portugal investiert oder dem portugiesischen Staat spendet.

- sich mindestens 7 Tage im Jahr in Portugal aufhält.

- die Investition für mindestens 5 Jahre beibehält.

Diese Destinationen ersetzen Großbritannien, das den Reichen als Gegenleistung für Investitionen in Höhe von mehreren Millionen Pfund einen Wohnsitz, aber keinen Pass anbietet.

Die zwielichtige Visa-Passvergabe an EU-Neubürger

Auch Griechenland bietet seit Jahren „Goldene Visa“ an, wenn für mindestens 250.000 Euro Immobilien gekauft werden. Mit dem Visum ist Reisefreiheit in 27 Länder des Schengenraums verbunden. Damit können nach dem Brexit auch vermögende Briten frei im Schengenraum reisen.

Neben Henley & Partners bietet die Anwaltskanzlei „La Vida Golden Visa“ mit Niederlassungen in London, Dubai und Hongkong zahlungskräftigen EU-Ausländern ihre Dienste zur Erlangung von Aufenthaltstiteln und Pässen an. Offenbar wird die zwielichtige Visa-Passvergabe an EU-Neubürger immer noch toleriert. Daran hat das aktuelle Urteil aus Luxemburg nichts geändert.

Es wäre sicher sehr interessant, herauszufinden, wie genau die Geschäftsmodelle funktionieren. Mir fehlen leider die Mittel für aufwändige Recherchen. Natürlich sind Staatsbürgerschaftshändler sehr vorsichtig und geben Einzelheiten ihrer Deals nicht preis. Die Zahl der verkauften Staatsbürgerschaften wird man nur schätzen können. Dazu bräuchte man integere Informanten in den betreffenden Staaten.

 

Volker Seitz ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert, dtv, 2021 (11. aktualisierte Auflage).

Das Buch wurde seit dem erstmaligen Erscheinen (2009) mit jeder der zahlreichen Neuauflagen aktualisiert und erweitert. Von der ersten Auflage bis heute haben sich die Seitenzahlen fast verdoppelt. Das Buch hat durch seine Informationsdichte einen hohen Wert. Seine Aussagen gelten nach wie vor. Die so genannte Entwicklungshilfe subventioniert immer noch schlechte Politik. Solange immer Ausreden gefunden werden, warum korrupte Regime unterstützt werden sollen, werden auch die Fluchtursachen nicht verringert werden. Die Profiteure der Entwicklungshilfe behaupten: Hilfe funktioniert. Aber warum gehe es heute den meisten afrikanischen Ländern schlechter als zum Ende der Kolonialzeit, fragt Seitz. Es würden kaum Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und das breite Elend werde nicht beseitigt, weil Zielgruppen nicht in die Maßnahmen einbezogen werden. Afrikanische Kritiker würden nicht zu den Kongressen eingeladen.

Hilfsgelder heizten in vielen Ländern die Korruption an und halten Afrika in Abhängigkeit. Deshalb plädiert Seitz aus Respekt vor der Leistungsfähigkeit der afrikanischen Gesellschaften, die bisherige Hilfe durch wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage beiderseitiger Interessen zu ersetzen. Wirkliche Hilfe würde bei der intensiven Förderung von Geburtenkontrolle beginnen. Weniger Geburten hätten in Teilen Asiens und Südamerikas zu besseren Lebensbedingungen geführt. Er wundert sich über die Ignoranz in der Politik und den Medien, wenn es um das wahre Problem Afrika gehe.

Seitz wird nie pauschal, hebt immer wieder positive Beispiele hervor und würdigt sie im Detail. Ein Buch, das über weite Strecken auch Lesevergnügen bereitet, ist immer noch genauso aktuell wie zum Zeitpunkt seiner Erstveröffentlichung. Es richtet sich nicht an ein Fachpublikum. Der Autor bedient sich einer Sprache, die klar ist, dass sie auch Lesern ohne jegliche Vorkenntnisse einen Zugang zu der Thematik – die uns alle betrifft – eröffnet.

Foto: Montage achgut.com

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Wolfgang Richter / 03.05.2025

@ Rolf Wächter - “brauchte unser Land heute keine Billion Schulden aufnehmen.”—Und weder “Berlin” noch “vdL s Brüssel” müßten sich Rechtskonstrukte einfallen lassen, wie sie sich die “Billionen” an Erspartem auf den Konten der Bürger aneignen können.

Wolfgang Richter / 03.05.2025

Zu Zypern und den 3 baltischen Staaten war schon vor Jahren zu lesen, daß auch sie mit diesem Geschäftsmodell ihre Staatskassen aufbessern und im Land zu investierendes Geld anlocken. Zielgruppen sollen vermögende Chinesen und “Russen” gewesen sein.

Volker Seitz / 03.05.2025

Wie es der Zufall will, erscheint heute in der Welt ein Artikel über den “Boom des Geschäfts mit den goldenen Visa” in der SCHWEIZ. “Wer genügend Geld hat, kann sich dort ein Aufenthaltsrecht kaufen, obwohl er die gesetzlichen Voraussetzungen dafür eigentlich nicht erfüllt… Jahrelang waren es vor allem reiche Russen, die sich in der Schweiz in großer Zahl niederließen. Das hat sich geändert. Dennoch belegen Vermögende aus Russland nach wie vor die Spitzenposition in der Rangliste - und ihre Zahl hat trotz des Ukrainekrieges leicht zugenommen.” RANGLISTE der Personen, die im März 2025 aufgrund “wichtiger öffentlicher Interessen” in der Schweiz leben, nach Nationen: Russland 94, China51, Großbritannien 49, USA 38, Kanada, 19, Mexiko 14, Saudiarabien 14, Türkei 12, Brasilien 11, Ukraine 10, Zypern 10, Japan 9, Malta 9, Australien 8, Israel 8. (Quelle Schweizer Staatssekretariat für Migration) Das sind 92 Personen mehr als noch 2023, was einer Zunahme von 22 Prozent in nur zwei Jahren entspricht. Die gelebte Praxis zeigt (so die Welt), dass für viele Kantone das Portemonnaie der entscheidende Faktor ist, ob jemand in der Schweiz ein dauerhaftes Bleiberecht genießen darf oder nicht. Wer bereit ist, einen gewissen jährlichen Betrag in die Steuerkasse einzuzahlen, darf sich hier niederlassen. Bekannt ist das Schlupfloch im Ausländerrecht deshalb unter dem Namen “Golden Visa”. (Bleiberecht gegen Geld auch hier).

Herbert Prieß / 03.05.2025

Bei uns müssen Migranten aufpassen, daß ihnen der deutsche Pass nicht nachgeschmissen wird und sie verletzt werden. Daß Leute die nicht einmal Deutsch beherrschen eingebürgert werden daran hab ich mich gewöhnt. Unsere ehem. Aussenministrierende hat ihrer US Greenpeace Staatsbürgerin, ohne Deutschkenntnisse,  innerhalb eines halben Jahres eingebürgert. Gleiches Recht für alle und die Linksgrünrotwoken wollen die dt. Staatsbürgerschaft an Gestalten vergeben die sich mind. 3 Jahre legal hier aufhalten also jeder der einen Aufenthaltsstatus bekommt, quasi praktisch jeder. Wir dürfen unsere Staatsbürgerschaft nicht mal abgeben und sind zwangsrekrutiert, weil alle Deutsche die im Ausland leben hier Steuern zahlen müssen. Wenn jemand mit seiner Firma ins Ausland will muß er eine Ausreisesteuer bezahlen die dem Wert der Firma entspricht. Und dann regen sich die Leute immer noch über die DDR auf, was unterscheidet uns denn von der noch?

Geert Aufderhaydn / 03.05.2025

Der Feind sitzt im Innern - ganz oben. Schön getrennt vom Plebs. Gated Communities.

Geert Aufderhaydn / 03.05.2025

“Allerdings bleibt es den Mitgliedstaaten weiterhin vorbehalten, selbst über die Vergabe ihrer Staatsbürgerschaften zu entscheiden.“  Danke, liebe EU - DANKE DANKE DANKE DANKE

Rolf Wächter / 03.05.2025

Wenn alle seit 2015 in unser Land gelassenen “Goldstücke” auch solche Summen bezahlt hätten, brauchte unser Land heute keine Billion Schulden aufnehmen. War unsere Regierung zu dumm, einen Staatsbürgerschaftsmakler zu beauftragen?

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