Katharina Szabo / 21.07.2016 / 15:20 / 10 / Seite ausdrucken

Kein Staatsversagen weit und breit

Die mediale und politische Aufarbeitung des Attentates von Würzburg ist abgeschlossen. Um den Bürger umfassend zu informieren, traten Politiker und Experten vor die Mikrophone, veröffentlichten die Nachrichtenmagazine ihre Meinungen und ergingen sich die üblichen Talkshowrunden im byzantinischen Geschwätz.  Was sind die Hintergründe, lautete die Frage, wie konnte das passieren? Warum tat der junge Mensch das, was er getan hat? Und was müssen wir tun, damit so etwas nicht wieder passiert? Inzwischen haben andere Ereignisse des Weltgeschehens die Tat aus den Nachrichten verdrängt. Zeit also, um zu rekapitulieren und das Gelernte zu verinnerlichen.

Die wohl wichtigste Erkenntnis der letzten beiden Tage lautet: Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass ein Versagen von Staat und Behörden vorliegt. Weiter wäre es mehr als absurd anzunehmen,  ein Zusammenhang zur Einladung unserer Kanzlerin an die arabische Welt zu uns zu kommen, läge vor. Der Täter, so ließ uns Innenminister Thomas de Maiziere wissen, kam bereits im Juni 2015 nach Deutschland. Nicht erst im Herbst.  Dies bedeutet, dass der junge Mann eben nicht auf Einladung Merkels ins Land kam, sondern uneingeladen. Die auf der Pressekonferenz anwesenden Journalisten hätten hier einhaken können, um folgende Frage zu stellen:

Wie kann es sein, dass in dem doch noch ruhigen Monat Juni - als eben noch nicht täglich Tausende "Schutzsuchende" die deutschen Grenzen überrannten und man aus Überforderung jedwede Kontrolle von Papieren und Identitäten einstellte – ein Pakistaner, dem ein Blinder ansieht, im besten Mannesalter zu sein, als 17jähriger Afghane die Grenzen passiert und fortan auch als solcher bei den deutschen Behörden geführt wird? Wie kann es sein, dass ein Trupp von Sozialarbeitern und Beamten nun über mehr als ein Jahr diesen Mann als unbegleiteten jugendlichen Flüchtling betreut, ohne dass man auf die Idee gekommen wäre, von einem Sprachkenner die behauptete Herkunft zumindest prüfen zu lassen? Wie kann es sein, dass man eine IS-Flagge im Zimmer des Mannes fand und keine der zuständigen Personen, die an der Verbesserung der Zukunftsperspektive des Flüchtlings ein Jahr lang arbeiteten, etwas bemerkte? Könnte es weitere derartige Fälle geben? Dutzende? Hunderte? Tausende? Zehntausende?

Es kann offenbar nicht Aufgabe des Journalismus sein, Ressentiments zu schüren oder gar einen Keil zwischen Politik und Bevölkerung zu treiben und damit den Riss, der sich bereits sichtlich auftut, zu vergrößern. Es darf nicht Aufgabe des Journalismus sein, Panik und Unruhe zu verbreiten. Marktschreierische Fragen, wie beispielsweise die, ob Erdogan eine Atombombe hat, der IS seelisch komplett verwahrloste Mörder einschleust oder aber, wie im vorliegenden Fall, Männer aus Nahost, deren Identität nie geprüft wurde, mit finsteren Absichten derzeit in deutschen Pflegefamilien, Asylunterkünften oder Wohnanlagen leben, sind nicht dazu geeignet, das Vertrauen in die Politik zu stärken. Und man will die "Politikverdrossenheit" der Bürger nicht weiter befördern.

Deswegen wird beruhigt. Der junge Mann hatte niemals Kontakt zum IS, nie Berührung zum Terrorismus und verfolgte keinerlei politische Absicht. Zwar ist die Identität des Mannes ungeklärt, auch hat der Islamische Staat sein Bekennervideo veröffentlicht, aber Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier nahm uns in einem Interview, welches er dem heute-journal gab, alle unbegründeten Sorgen. 

Völlig abwegig sei es anzunehmen, der Staat habe keinen Schimmer hinsichtlich der tatsächlichen Identitäten der zu uns Geflüchteten. Immerhin würden die deutschen Behörden bei der Einreise großen Wert auf einen Abgleich mit Datenbanken legen, bei denen terroristische Gefährder geführt würden. Die Eingabe des gefälschten Namens des Axtattentäters von Würzburg in diese Datenbank habe keinen Treffer ergeben. Somit drängt sich der logische Schluss auf, dass der Täter keinerlei Kontakt zu Terroristen hatte. Altmaier muss wohl Recht haben, denn trotz des Umstandes, dass wir nicht wissen, wer der Mann ist und was er den lieben langen Tag so getrieben hat, außer sich IS-Flaggen zu basteln und ein Bekennervideo an Kontaktpersonen des Islamischen Staates zu schicken, wissen wir inzwischen mit absoluter Gewissheit, dass ein Fall einer sogenannten "spontanen Selbstradikalisierung" vorlag, ein Fall von Selbstentzündung.

Ohne von äußeren Einflüssen motiviert worden zu sein, befällt die spontane Selbstradikalisierung psychisch kranke Personen, welche dann, ohne dies groß anzukündigen, urplötzlich in einen Baumarkt fahren, eine Axt kaufen, in einen Zug steigen und Reisenden das Gesicht zerhacken. Hat die Tat also rein gar nichts mit islamischem Terrorismus zu tun, gibt es auch keinerlei Bezug zum Islamischen Staat, erübrigt sich konsequenterweise auch die immer wieder gestellte Frage, ob es einen Zusammenhang zum Islam geben könnte. Sei es nun der in deutschen Talkshows als richtig herausgearbeitete friedliche Islam oder der in der muslimischen Welt gelebte falsche Islam - mit Sharia, Frauenhass, Rassismus, Auspeitschungen, Sklavenhandel, Vergewaltigung, Folter, Unterdrückung, Mord und Totschlag und dem Genozid an Ungläubigen - sei einmal dahin gestellt. Die Antwortet lautet in jedem Fall: Nein. 

Was können wir, was sollen wir also tun, um derartige Vorfälle künftig zu verhindern? Die Antwort auf diese Frage lieferte Mittwochabend die Gesprächsrunde bei Sandra Maischberger: Am besten gar nichts. Denn, so das Resümee, konnten wir damals etwas gegen den Amoklauf von Erfurt tun? Ein minderjähriger Schüler ermordete seine Klassenkameraden mit der Sportschützenwaffe seines Vaters. Springen da die Parallelen nicht förmlich ins Auge? War der Axttäter nicht auch erst 17 Jahre alt? Und da wir rein gar nichts tun können, sollten wir uns auch nicht der irrationalen Angst vor Menschen hingeben, die urplötzlich Massaker an jungen Konzertbesuchern in Paris begehen, mit dem Beil Reisende in Stücke hacken oder an Flughäfen Blutbäder anrichten. Denn, so die ebenfalls anwesende Renate Künast, gibt es da nicht realere Gefahren, vor denen wir uns, ebenso wie sie, eher fürchten sollten: Pegida, Hass, Stigmatisierung, deutsche amoklaufende Männer und die ungarische Regierung? 

Nun, da alles vorbei und aufgearbeitet ist, können wir also beruhigt weitermachen, als sei nichts passiert: Politik und Behörden haben nicht versagt, kein Terrorismus weit und breit und, last but not least, der Islam ist nach wie vor friedlich.

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Leserpost

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Rolf Menzen / 21.07.2016

Ich kenne nur eine Sache, die schlimmer wäre als die im Artikel geschilderten Ereignisse : Renate Künast als Bundeskanzlerin!

Ernst-Fr. Siebert / 21.07.2016

... und wer ist den Bedrängten zu Hilfe geeilt? War sonst niemand im Zug?

Werner Lange / 21.07.2016

Danke Frau Szabo. Ich bin eigentlich noch zu bewegt, um gänzlich gefasst auf Ihre Veröffentlichung zu antworten, weil ich mir gerade die Fotos der in Nizza Ermordeten auf dieser Seite - Dank an Herrn Maxeiner - angesehen habe. Das sollten sicherlich auch die unsäglichen Relativierer, die zahlreichen Nutznießer der Migrationsindustrie und vor allem die vielen völlig verantwortungslosen, bockigen Politikerinnen wenigstens einmal tun, wenn sie schon nicht - wie die geschmähten Polizisten - in die zerhackten Gesichter der Opfer von Würzburg blicken müssen. Doch zum Staatsversagen ein Beispiel: Was wäre geschehen, wenn ich hier nach den NSU-Morden beschwichtigend geschrieben hätte, im Haushalt oder auf den Straßen lebe man gefährlicher, gegen Amokläufer, die sich spontan selbst radikalisieren würden, könne man nichts unternehmen, es habe sich um psychisch kranke, von der “Gesellschaft” zurückgewiesene Menschen ohne ideologischen Hintergrund gehandelt. Fraglos wäre sogleich ein Dutzend von Beamten - herbeigerufen vom IM “Victoria” - zu mir unterwegs gewesen. Die Morde des NSU und ihr ideologischer Hintergrund nebst seinen Verbindungen und vermuteter Begünstigung werden noch heute von der Justiz und von Untersuchungsausschüssen “aufgearbeitet”. Was geschieht jedoch, wenn die Täter Muslime sind? Ich nenne das Staatsversagen, Verantwortungslosigkeit, Scheinheiligkeit, beruhend auf der Angst vor Entscheidungen oder auf dem, was ein verantwortungsvoller Bundeskanzler einst “Bedenkenträgertum” nannte.

Dr. Maria T. Groepper / 21.07.2016

Ein kleiner Trost: der Mann hat den deutschen Steuerzahler nur rund 50.000,- Euro gekostet (Merkur, 21.07.16). Die deutsche Pflegefamilie bekam 1200,- monatlich, es wurden dann nur 14 Tage, das Kolpinghaus täglich 145,- Euro 11 Monate lang. Ein bescheidenes Leben, fürwahr. Schön, daß jedenfalls die gutmenschlichen Einrichtungen an den Schutzsuchenden eine goldene Nase verdienen.

sabine erdmann / 21.07.2016

Liebe Frau Szabo, kleine Korrektur: Robert Steinhäuser war bereits 19 Jahre, als er an meiner Schule mordete. Ansonsten volle Zustimmung zu allem, was Sie schreiben, übrigens auch zu Ihrem vorangegangenen Beitrag. Die Gleichsetzung der von Deutschen verübten Amokläufe (wenn man das überhaupt noch politisch korrekt so sagen darf) und der islamisch begründeten Attentate spottet jeder Beschreibung. Eine Gemeinsamkeit sehe ich aber dennoch: auch im Falle Robert Steinhäuser gab es mehr Interesse und Verständnis für den Täter als für die Opfer. Hier lautete die Entschuldigung, der arme Junge hatte aber auch keinen Schulabschluss, sodass die Opfer schließlich als Schuldige erschienen. Auch war der Begriff “Amoklauf” falsch, da der Mörder (für den in den Medien ebenso verniedlichende Bezeichnungen gefunden wurden wie für den Würzburger Attentäter) sich monatelang auf seine Tat vorbereitet hatte. Es ist unter den von Ihnen völlig zu Recht dargelegten politischen Skandalen eine weitere unheilvolle Tatsache, dass der gesellschaftlich-mediale Umgang mit Tätern im Vergleich zu den Opfern völlig aus der Bahn geraten ist. Sabine Erdmann

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