Das professionelle Schnüffeln und Ausspähen von Bürgern gegen Bürger ist ungeheuerlich, und was hier stattfindet, ist offener Verfassungsbruch unter den Fittichen eines Bundesministers.
Kein „Respect“ vor der Meinungsfreiheit: Das könnte die ironische Spiegelung einer neu geschaffenen, gleichnamigen Institution der Bundesnetzagentur und ihres Präsidenten Klaus Müller (Grüne) sein, die dem Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck direkt unterstellt sind. Mit „REspect“, einer Art Agentur und Meldestelle für demokratisches Missverhalten und „unzulässige Inhalte“ in der öffentlich-medialen Sphäre, wollen Robert Habeck und sein Kampfgefährte Klaus Müller nun auch einen Beitrag zum staatlich gelenkten Schutz der Demokratie leisten – wie bereits viele andere Projekte, die allesamt Steuergeld und Demokratierettung für ein zwingendes Junktim halten und sich damit altruistisch produzieren.
Allerdings liegt der Unterschied zu anderen „zivilgesellschaftlichen“ Projekten in der Länge des bürokratischen Hebels, mit dem Robert Habeck und Ursula von der Leyen über die Erfüllung von Anforderungen des europäischen Digital Services Act das Projekt „REspect“ ausgestattet haben. Der Hebel heißt „Trusted Flagger“, in etwa übersetzt mit „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“, der eine Art Zertifikat für die Vergabepraxis amtlicher Stigmata im Zusammenhang mit Zensur sein soll. „REspect“ ist der erste „Trusted Flagger“ in Deutschland, der diese Aufgabe übernimmt. Wenn man genauer hinschaut, stellt sich der „vertrauenswürdige Hinweisgeber“ schnell als „regierungstreuer Denunziant“ dar.
Was bisher privatwirtschaftlichen Unternehmungen überlassen wurde, soll ab sofort also einen staatlich-offiziellen Rahmen bekommen. Die Bundesnetzagentur hatte dazu bereits im Mai dieses Jahres einen vielsagenden Leitfaden herausgegeben, mit dem die Anforderungen an „Trusted Flagger“ festgelegt werden – als zertifizierte Meldestellen, die nicht nur Denunziationen von Nutzern annehmen, sondern selbst auch aktiv das Netz auf Missverhalten durchsuchen und Löschungen delegieren.
Verfassungsbruch unter den Fittichen eines Bundesministers
Der „Leitfaden zur Zertifizierung als Trusted Flagger gemäß Artikel 22 Digital Services Act“ gibt an, es ginge um „überwachen“ und „aufspüren“. Es werden auch Schulungen vorgeschlagen, „um ihr Verständnis für technische Werkzeuge und die Überwachung der Plattform zu verbessern.“ Strukturen und Methoden einer professionalisierten Zensurindustrie werden hier im großen Stil angeleitet – und es wird deutlich: Im Widerspruch zum Grundgesetz, das festlegt, „eine Zensur findet nicht statt“, gründen die Parteigenossen Habeck und Müller eine zusätzliche Ermittlungsbehörde an den bestehenden staatlichen Behörden vorbei. Das professionelle Schnüffeln und Ausspähen von Bürgern gegen Bürger soll hier organisiert und administriert werden. Staatsrechtliche Eingriffe in die Gewaltenteilung sind jedoch verfassungswidrig: Insofern ist eine parallele Judikativ/Exekutivgewalt „REspect“ ein riesiger Skandal. Das juckt Habeck und Müller aber nicht. Sie freuen sich.
Es ist kaum anzunehmen, dass dieser Vorstoß als verfassungskonform durchgeht. Das heißt, der Bundesminister und sein Untergebener Müller verstoßen proaktiv gegen das Grundgesetz, um ihre grüne Agenda durchzusetzen. Es ist außerdem kaum unwahrscheinlich, dass es beim Aufspüren von „Hass und Hetze“ bleibt. Beides, weder die Definitionsmacht über inkriminierende Inhalte noch die Ahndung von angeblichem Missverhalten, obliegen den beiden Herren oder einer von ihnen künstlich aus der Taufe gehobenen Institution. Es ist ungeheuerlich, was hier stattfindet: offener Verfassungsbruch unter den Fittichen eines Bundesministers.
Dieser neue Zensurapparat ist ein bürokratischer Homunkulus des Brüsseler Digital Services Act und seiner deutschen Erfüllungsgehilfen, die die Demokratie in Gefahr sehen, weil freche Bürger ihren Mund frei und legal aufmachen aber mehr oder weniger ungebührend und unbequem auffallen. Meinungsfreiheitlich gedeckte „Frechheiten“ werden seit einiger Zeit pauschal und inkriminierend als „Hass und Hetze“ gebrandmarkt, was bewusst unscharf und weitreichend formuliert eine riesige Ermessensgrauzone entstehen lässt, in der auch unbedenkliche, demokratische, aber unbequeme Äußerungen massenhaft verklappt und versenkt werden können. „REspect“ ist die aufgepfropfte Regulierungsbehörde einer denkenden Gesellschaft, die aufhören soll zu motzen, zu tadeln, sich lustig zu machen. Sie droht, ein zusätzliches Instrument politischen Kontrollwahns und polit-puritanischer Rechthaberei zu werden.
Vorbereitungen für eine Gesinnungssäuberung
Noch kann man auf Basis gesetzlich garantierter Bedingungen poltern, bald schwindet der Spielraum jedoch unter dem Druck verschärfter Überwachung, willkürlicher Verfolgung und vorsorglicher Löschung ohne eindeutige Gesetzeslage, ohne schnell wirksame Einspruchsrechte der Betroffenen. Da fragt sich der „traditionelle“ Altdemokrat: Wie kommt es, dass Staatsangestellte neuerdings Ultra-vires-Überwachungs- und Löschungsmechanismen selbstgerecht aufbauen können, die vom Grundgesetz nicht vorgesehen und nicht notwendig sind? Man überschreitet Kompetenzen und Auftrag und wird nicht davon abgehalten. Man feiert sich selbst als Bewahrer der Demokratie. Diese selbstgefällige Attitüde ist zum Stereotyp des postmodernen, einfältigen und hochmütigen Politakteurs geworden, der sich Rechte herausnimmt, die ihm nicht zustehen.
Es gäbe jedoch pseudo-vernünftige Gründe... Haben diese Mechanismen einen Selbstzweck, der nicht – wie propagiert – dem Schutz der Demokratie dient, sondern eher der Manifestation einer von Parteien zunehmend als Privileg ausgelegten Oligarchie in Zeiten schwindender Wählerzustimmung? Dann würden wir hier am Übergang zweier Regierungsformen um die Meinungsfreiheit ringen. Der Showdown hat offenbar begonnen, die Bürger liegen im Kräftemessen noch mit Punkten vorn, auch im Falle von „REspect“, das droht – wie die Heizungsarie von Robert Habeck – ebenfalls zum Rohrkrepierer zu werden.
Ein zertifizierter Zensurbetrieb aus dem Hause Habeck tritt hier also erstmals auf, schamlos und übergriffig, wie alles, was grüne Hirne im drohenden, demoskopischen Endstadium noch ersinnen können. Er soll einer ohnehin schon freiwillig erfolgten Selbstgleichschaltung der „intellektuellen“ Szene nun noch den totalitär-staatlichen Maulkorb aufsetzen. Sind das vielleicht übereilte Vorbereitungen für eine Gesinnungssäuberung, um eine aseptische Wahlkampfumgebung im September nächsten Jahres herzustellen, in der nur kuratierte Wahrheiten kursieren sollen? Einer Partei, die ihre hochgesetzten Weltrettungsmaßnahmen nicht mit einstelligen Wählervoten wird exekutieren können, ist das durchaus zuzutrauen.
Die Grünen haben in den letzten Monaten mehrfach bewiesen, wie wenig vorbereitet sie darauf sind, wenn die Gesellschaft auf grünfamiliäre Vetternwirtschaft, machtpolitische Instinktlosigkeit und das kompetenzfreie Wünsch-mir-was genervt und abschätzig reagiert. Nun legt man schon wieder einen Musterfall von Idiotie mit diesem „Respect“-Projekt vor, der Zensurabteilung der Netzgesellschaft, die schon an den Anforderungen der Energiewende gescheitert ist, aber nun endlich an der Meinungswende mit einer neuen, verfassungswidrigen Ermittlungsbehörde reüssieren will.
Ihrer geliebten Demokratie einen Sprengsatz anheften
Ab sofort soll „REspect“ also als erster sogenannter „Trusted Flagger“ in Deutschland entscheiden, was sagbar ist oder was nicht, und als Hinweisgeber Medienplattformen zu Aktionen gegen Meinungsäußerungen und Hasskommentare von Nutzern nötigen dürfen. Offensichtlich hat man aus der medial verunglückten Corona-Paranoia Schlüsse gezogen, wo trotz eifriger Löschung und „Shadow Banning“ mit Rückendeckung des Kanzleramts auf den Plattformen noch zu viel quergedacht, interveniert und dokumentiert wurde – gegen Lauterbach, WHO und die ganze Impfkampagne, gegen die Protagonisten der Regierungslinie, die sich aktuell als Trugbild, bewusste Lüge und Gängelungsmethodik wider bürgerliche Freiheiten statt als verantwortungsvolle Politik entlarvt. Es gilt: Trau, schau, wem!
Wie immer, wenn Politiker etwas bemänteln wollen, greifen sie auf Euphemismen und Neologismen zurück, um ihre hässliche Anmaßung zu verhübschen: „Trusted Flagger“ klingt einfach besser als „Platzverweiser“, „Meinungsfilterer“, „Denunzianten“, „Löschexperten“ „Diskurskontrolleure“, „Zensurbeauftragte“. Eine politische Kultur, die vertrauenswürdige Fahnenträger benötigt, riecht verdächtig nach Personenkult, Aufmarsch und Parade, Winkelement mit gesinnungsstaatlichem Ornament, Führung und Verehrung, Choreografie der Massen. Wie kann den „guten Demokraten“ Habeck und Müller, die so besorgt um „unsere“ Demokratie sind, einfallen, ihrer geliebten Demokratie einen solchen Sprengsatz anzuheften? Wieder so ein Fehlgriff von Deutschlands hauptamtlichem Wirtschaftshavaristen, Heizungs- und Insolvenzfachmann Robert Habeck, der nun auch noch eine verfassungswidrige Zensurindustrie zum Glühen bringen will. Eine Menge Opportunisten und Anschwärzer halten schon ihren Hintern hin oder die Hand für die Staatsknete. Zukunftsjob: Flagellant, Denunziant.
Als Begleitmusik des seelisch-moralischen Niedergangs der Republik kommt nun die einäugige Staatsgewalt mit echten Zensurinstrumenten daher, damit die ungezogenen Bürger endlich aufhören, laut zu kritisieren und zu verhöhnen, was seit Jahren ohnehin schon als Skelettierung der Debattenkultur und als Stummschaltung von Herrschaftskritik betriebenen oder als strafbewährte „Blasphemie“ gegen staatliche Institutionen und deren Vertreter verunglimpft wird. Das alles passiert ohne eindeutige Rechtsgrundlage, aber mit der eitlen Geste des Unterdrückungsapparats.
Hofberichterstatter, Denunzianten, Narrativpfleger im Zensurkomplex
Das bösartige Verhöhnen und Beschimpfen ist in „normalen“, selbstbewussten, unregulierten Demokratien althergebrachtes Recht von Menschen, die „keinen Bock“ auf Stumpfsinn und Zerstörungswut von Demagogen aus den politischen „Eliten“ haben. Und ganz klar: Wenn Nancy Faeser und ihr Adlatus Thomas Haldenwang schon zugeben, dass man gegen Hass und Hetze vorgehen will, auch wenn diese sich im legalen Rahmen bewegt – warum sollte dann nicht auch ein Handlanger Habecks seine Position dazu missbrauchen, im großen Spiel der grünen Volkserziehung mit unlauteren Mitteln mitzumischen und das Volk gegen das Volk aufzuhetzen.
Überall entstehen Meldestellen und Denunziationsportale, private Hinterhöfe des Digital Service Acts aus dem Hause Ursula von der Leyen, in denen meinungsfeindlich gesinnte Handlanger der galoppierend schwindenden Legitimation ihrer Aufraggeber endlich Schützenhilfe leisten können. Hofberichterstatter, Denunzianten, Narrativpfleger im Zensurkomplex... eine Heerschaar eifriger Opportunisten für den Parteienstaat und seine Erste-Klasse-Versager.
Doch nun will man imstande sein, Widerspruch im Keim zu ersticken, qua Direktive und konform zum Digital Services Act, der das Hineinregieren in mediale Verfügungsgewalten und Hausmachten der Medienplattformen erst ermöglicht hat. Der Digital Services Act entpuppt sich zunehmend als Brüssels Ermächtigungsgesetz zur Einhegung unbequemer Demokratie statt zu ihrer Bewahrung und Förderung. Wie es in jeder beliebigen Diktatur zum dreckigen Alltagsgeschäft gehört, wird die freie Meinungsäußerung zum Drahtseilakt für die Nutzer, die im Löschungsfall kaum etwas entgegenzusetzen haben.
Komplementär gibt es jene zertifizierten „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“, die den Weg zu anerkannten Meinungen weisen, damit niemand ausschere und die ausgetretenen Pfade der verordneten „Wahrheiten“ verlasse. Platzverweise werden von den „Flaggern“ exekutiert. Die „Flagger“ wiederum werden von einer freiwilligen Schar von Denunzianten über die Meldestellen angefüttert. Prima System, klingt echt demokratisch (Ironie) – wer das wirklich so sieht, müsste Übelkeit empfinden, wenn er sich morgens im Spiegel betrachtet.
So viel Zynismus können grüne, gute Menschen ausstrahlen
Das wahrhaft „Delikate“ aber zum Ende: Es ist die erneute Wiederholung grüner Hybris, die sich wähnt, unfehlbar zu sein, aber krachend an der eigenen Unzulänglichkeit scheitert. Darauf könnte man bereits wetten. Nun haben sie bei der Bundesnetzagentur ihr Denunzianten-Stadl unter Schirmherrschaft von Robert Habeck zusammengebastelt. Sie sind angetreten, die Demokratie zu schützen, zumindest ihren kleinen Teil der selbstgerechten Demokratie, die sich auf ihrer grünen Wiese prostituiert. Die von ihnen verursachten Kollateralschäden an der Meinungsfreiheit treten ja nur bei den Leuten mit falscher Haltung auf, die in ihren Augen die Demokratie ohnehin nicht verdient haben. „Respect“: so viel Zynismus können grüne, gute Menschen ausstrahlen, wenn sie Demokratie nur zu simulieren beabsichtigen und dafür den Rechtsstaat verbiegen.
„Respect“ auch für die Wahl eines migrantischen Schöngeistes als Leiter der „Vertrauenswürdigen Hinweisgeber“ und als Ideengeber des Denunzianten-Stadls: Der Mann ist ein ausgewiesener Extremismusexperte. Wie unsere Autorin Birgit Kelle bei Nius beschreibt, ist Ahmed Gaafar Islamgelehrter mit besten Verbindungen in Islamistenmilieus wie die der Hamas.
Passt fantastisch: Grün ist die Farbe des Islam. In Verbindung mit dem „Respect“-Logo, einem fünfzackigen, magentaroten Stern, ergibt sich eine schnittige Melange aus schicker Sowjet-Zensurnostalgie und progressiv-religiösem Extremismus-Know-how. Claudia Roth wird begeistert sein.
Übrigens: „Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit steht von alleine aufrecht“, sagte bereits Thomas Jefferson.
Dieser Text erschien zuerst in gekürzter Fassung im wöchentlichen Newsletter von Achgut.com (jeweils am Freitag), den Sie hier kostenlos bestellen können.
Für unsere Rubrik „Achgut zum Hören“ wurde der Beitrag professionell eingelesen. Lassen Sie sich den Artikel hier vorlesen.
Fabian Nicolay ist Gesellschafter und Herausgeber von Achgut.com.