Von Max Leonard Remke.
Ich gehöre mit 34 Jahren zu den Letzten, die noch nach der alten Wehrpflicht eingezogen wurden und dann verweigert haben. Hier steht, warum. Achgut.com stellt heute zwei ganz unterschiedliche Sichtweisen zur Diskussion.
Ich habe dann pflichtschuldig meinen Dienst als Spülknecht in einer Jugendherberge abgeleistet. Ich gestehe, ich fand das Wehrpflichtsystem damals relativ OK, denn ich war unerfahren, sehr links und hatte daher sehr wenig Sinn für den Wert individueller Rechte und freiwilliger Entscheidungen. Vielleicht auch, weil die Wehrpflicht mich und meine Altersgenossen in einem Lebensabschnitt traf, wo man an weitreichende, eigene Entscheidungen noch nicht gewöhnt ist und direkt aus dem staatlichen Zwangssystem Schule herauskommt.
Seitdem habe ich dazugelernt – und daher möchte ich mich heute gerne, persönlicher als in meinen anderen Artikeln für Achgut, an Sie wenden. Und das zuerst mit einer Bitte um aufrichtige Begriffe. Begriffe, die ungeschönt sind vom ganzen „der Staat sind wir alle“-Gerede, das aktuell bei unseren Herrschenden so in Mode ist.
Worüber reden wir also, jetzt wo die Debatte um Wehrpflicht und Ersatzdienst wieder Fahrt aufnimmt? Die Antwort ist einfach: Zwangsarbeit. Denn um nichts anderes handelt es sich bei einer Wehrpflicht oder auch bei einem irgendwie gearteten Ersatzdienst. In dieser Hinsicht ist Wehrpflicht Demokratie von ihrer hässlichsten Seite: Eine (größtenteils ältere) Mehrheit schickt sich an, nach eigenem Belieben über die Lebenszeit und Arbeitsleistung der Jugend zu verfügen. Dem Einzelnen, dem Individuum, wird keine Mitsprache eingeräumt. Oder wie es Goethe einst im Erlkönig reimte: „Und bist Du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“
Wem wird diese Macht in die Hand geben?
Wenn wir davon ausgehen, dass der Staat zuerst dazu dient, den Menschen, seine Würde, sein Recht auf sein eigenes Leben zu schützen, so kann es keine größere Pervertierung dieses Grundprinzips geben als die Wehrpflicht. Niemand hat das so anschaulich auf den Punkt gebracht wie die Bestseller-Autorin und Philosophin Ayn Rand, als sie schrieb: „Wenn der Staat die Menschen zwingt, ihr Leben, Verstümmelung oder Verkrüppelung zu riskieren in einem Krieg, erklärt nach Gutdünken des Staates, für einen Grund, den der Gezwungene weder zustimmen oder auch nur verstehen muss, wenn keine Zustimmung nötig ist, um den Menschen in unbeschreibliches Martyrium zu schicken – dann, im Grundprinzip, sind alle Rechte verneint durch den Staat, und die Regierung ist nicht länger ein Beschützer des Menschen. Was ist dann noch übrig, um beschützt zu werden?“ Das ist die Frage.
Und eine andere Frage drängt sich gleich mit auf: Wenn eine Wehrpflicht kommt, wer wird es dann sein, der über das Leben oder den Tod von Ihnen, von Ihrem Sohn, Ihrer Tochter oder von Ihren Enkeln entscheidet? Wem wird diese Macht in die Hand gegeben? Sie kennen die Antwort. Sie sehen sie jeden Tag im Fernsehen, die Merze, die Eskens, die Baerbocks dieser Welt. Sie sind es, die, die Stimmkarte hoch oder runter, dann über Leben und Tod entscheiden – oder, im günstigsten Fall über monatelange Zwangsarbeit. Zwangsarbeit die nicht nach dem Willen des arbeitenden, jungen Menschen bestimmt ist, sondern nach ihren Regeln, ihren Vorstellungen vom Sozialen, Nachhaltigem, Demokratischen.
Aber natürlich brauchen unsere aktuellen Politiker eine Wehrpflicht so dringend wie selten zuvor. Denn die einzige Alternative zum Zwangsdienst ist die Kraft der Überzeugung. Menschen können nur auf zwei Arten zu etwas bewegt werden: Mit dem Argument oder dem Lauf einer Waffe. Aber unsere aktuelle Politik ist nicht gut im Überzeugen. Egal ob morgendliche Hausdurchsuchungen wegen Internet-Lappalien, zwangsfinanzierte Medien, steuerfinanzierte „Zivilgesellschaft“, explodierende Umverteilung oder endlose Bürokratie – sie alle bieten keine guten Argumente für den Wert von Freiheit und Bürgerrechten, für den Wert unseres aktuellen Staates. Genau davon aber muss man jemanden überzeugen, wenn er für Deutschland bereit sein soll, in den Tod zu gehen.
Überzeugende Argumente und Freiwilligkeit
Ich möchte diese Frage auch an Sie, verehrte Leser, richten: Sind Sie überzeugt? Ist dieses real existierende Deutschland es wert, sein Leben dafür zu geben? Wenn Sie sagen: „Nein!“ – dann, Glückwunsch, gehören Sie zur Mehrheit in diesem Land. Gerade einmal 17 Prozent der Bürger dieses Landes würden sich noch aufraffen, unser Deutschland mit einer Waffe in der Hand zu verteidigen, glaubt man den regelmäßigen Umfragen von Forsa im Auftrag von n-tv.
Gegen eine chinesische, kommunistische Diktatur würde ich kämpfen, aber marschierte morgen die USA ein – ich würde vermutlich schnell zum Hochverräter. Ich denke, ich stehe damit nicht alleine. Aus Sicht vieler Bürger und auch junger Menschen (schauen wir uns nur die Erstwählerstimmen der AfD an) leben wir in einem Land, das fertig hat. Einem Land, dass sich in den Augen vieler Bürger so verachtungswürdig gemacht hat, dass die ersten schon anfangen, auf Putins Soldaten zu hoffen, statt sie zu fürchten. Das ist es, was uns Sorgen machen sollte – und nicht die Konsequenz eines mangelnden Wehrwillens, die daraus erwächst. Und genau hier liegt der besondere Reiz gerade keiner Wehrpflicht. Sie zwingt das Land, den Staat und ein Stück auch die Gesellschaft sich eines riskierten, jungen Lebens würdig zu machen.
Bestehen Sie auf dem einzigen zivilisiertem Prinzip des Zusammenlebens: Überzeugende Argumente und Freiwilligkeit. Und wenn Sie das nur konsequent genug in allen politischen Fragen machen, dann wird es vielleicht auch wieder ein Deutschland geben, dass es aus Sicht seiner eigenen Bürger wert ist, verteidigt zu werden und das auch ich mit der Waffe in der Hand verteidigen möchte. Dieses heutige Deutschland ist es nicht wirklich.
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Max Leonard Remke (34) ist freier Autor, klassisch liberaler YouTuber und Fellow bei Young Voices. Er ist Mitbegründer von Deutschlands größter parteiunabhängiger pro-kapitalistischen Jugendorganisation Liberty Rising und der deutschen Ayn Rand Gesellschaft.