Ivo Bozic / 23.03.2013 / 02:09 / 0 / Seite ausdrucken

Kein Öl fürs Blut

Zehn Jahre nach dem Beginn des Irakkriegs zeigt die deutsche Friedensbewegung keinerlei Reue.

Der zehnte Jahrestag des Beginns des Irak-Krieges bedeutet auch zehn Jahre Schande der deutschen Friedensbewegung. Vorab: Ja, die Begründungen der USA für den Krieg waren falsch, schlichtweg dreist gelogen, es gab die behaupteten Massenvernichtungswaffen nicht. Ja, die militärisch Verantwortlichen in den USA haben die Lage im Irak offenbar völlig falsch eingeschätzt und bei der Kriegsführung katastrophale Fehler gemacht. Ja, die USA haben auch schwerwiegende Verbrechen begangen, vor allem durch Misshandlungen von und Folter an Gefangenen. Ja, der iranische Einfluss in der Region ist heute größer als zuvor. Und ja, vermutlich hätten die USA diesen Krieg nicht beginnen sollen. Aber: Das Ziel, einen Tyrannen zu stürzen, war damals richtig und im Interesse vieler fortschrittlicher Kräfte im Irak. Der 10. Jahrestag der US-Invasion fiel jetzt fast genau mit dem 25. Jahrestag von Halabja zusammen. Als Saddams Kampfflugzeuge 1988 die Stadt mit Giftgas bombardierten starben 5.000 Zivilisten. Gerade im kurdischen Norden hat nach dem Ende der Saddam-Diktatur eine sehr positive Entwicklung eingesetzt. Auch lässt sich nicht behaupten, dass dieser Regimechange dem späteren Aufbruch im arabischen Raum geschadet hätte. Vielleicht sogar, das ist natürlich Spekulation, im Gegenteil.

Dass es zu einem so lang anhaltenden Krieg und zu einem bis heute andauernden Terror auf den Straßen im Irak gekommen ist, ist die Schuld jener als „Widerstand“ daherkommenden, anfangs vor allem ba’athistischen Terrorgruppen, die von der deutschen Friedensbewegung unterstützt wurden, auch finanziell – zumindest symbolisch (http://jungle-world.com/artikel/2003/51/12002.html). Der überwältigende Teil der Toten und Verletzten, der aller größte Teil der Zerstörung und der Gewalt gehen auf das Konto von Terroristen, die hierzulande als „legitimer Widerstand“ verklärt wurden und bis heute werden. Und noch heute schimpfen sich Leute „Friedensbewegung“, die dieses Blutvergießen als antiimperialistischen Kampf bejubelt haben. Auch das Erstarken des shiitischen und iranischen Einflusses ist in erster Linie Ergebnis der katastrophalen Sicherheitslage und Folge des Terrors. Kurz: Man kann die USA für den Sturz Saddams verantwortlich machen, wenn man das denn möchte, und für jede Menge Fehler und für Verbrechen, aber für den grausamen Terror, für den größten Teil des Blutvergießens seit 2003 sind andere verantwortlich.

Der antiimperialistische Teil der Friedensbewegung, der sich hinter den so genannten „Widerstand“ gestellt hatte (http://daserste.ndr.de/panorama/media/terrorpazi100.html), hat sich bis heute nicht von diesen Verbrechern distanziert und nutzte auch den Jahrestag des US-amerikanischen Invasion ausschließlich, um die USA zu kritisieren. Nicht einmal zur selbstkritischen Einsicht reicht es, dass sich gerade die am lautesten vorgetragene Begründung für die Ablehnung des Krieges, nämlich die Behauptung, es sei den USA nur ums Öl gegangen, als komplett falsch, als gelogen, herausgestellt hat. Der Krieg hat den USA rund 2,2 Billionen Dollar gekostet, von den neuen Ölverträgen hat hauptsächlich China, das nicht im Krieg involviert war, profitiert, außerdem Konzerne aus Angola, Norwegen, Kanada und Russland.

„Mehr als 150.000 Tote hatte der Krieg zur Folge, ohne dass die verantwortlichen Politiker, zum Beispiel George Bush und Tony Blair, dafür zur Rechenschaft gezogen worden sind“, erklärte jetzt MdB Heike Hänsel von der Linkspartei. Wie verbohrt muss man sein, um nicht zu erkennen, dass die meisten dieser Toten aufs Konto von Terroristen, von den Gegnern der USA gehen? Hänsel weiter: „Die Linke fordert eine strafrechtliche Aufarbeitung des Irak-Krieges“ Wirklich? Da wäre tatsächlich noch einiges zu tun. In Deutschland hat die Staatsanwaltschaft Heidelberg 2004 ein Ermittlungsverfahren gegen einen Aktivisten des Heidelberger Friedensforums eingestellt, obwohl er offen zugegeben hatte, zehn Euro für die Terrorgruppe Irakischen Patriotischen Allianz gespendet zu haben (http://www.antiimperialista.org/de/node/3735).

Der Heidelberger Staatsanwalt mühte sich offenbar nicht mit aufwändigen Ermittlungen, sondern surfte auf die Website des Heidelberger Friedensforums, wo der Beschuldigte in einer Stellungnahme alle Vorwürfe von sich wies. In der Einstellungserklärung der Staatsanwaltschaft las sich das dann so: »Das Ermittlungsverfahren war einzustellen, da aufgrund der Stellungnahme des ›Heidelberger Forums gegen Militarismus und Krieg‹ und des Beschuldigten ein vorsätzliches strafbares Verhalten der Beschuldigten nicht vorliegt, beziehungsweise zumindest nicht nachweisbar ist.«

Und Heike Hänsel? Organisierte 2003, vor dem Kriegsbeginn, eine „internationale Friedensdelegationen“ in den Irak Saddam Husseins. Und engagiert sich jetzt selbstverständlich gegen einen Krieg in Syrien, also das heißt: gegen eine militärische Intervention von außen. Lieber solle man mit dem Diktator Assad verhandeln, fordert Hänsel zusammen mit vielen anderen Unterzeichnern eines Aufrufes (http://www.peaceinsyria.org/downloads/Peace%20Initiative%20Syria%20Platform%20de.pdf), unter denen sich auch Awni al-Kalemji findet, der Sprecher der ba’athistischen IPA, die sich 2003 zum Ziel gesetzt hatte, den Terrorkrieg gegen die USA im Irak zu organisieren, und an den die Spendengelder der österreichischen und deutschen Friedensbewegung flossen (http://jungle-world.com/artikel/2004/39/13715.html).

Tja, Frieden ist eben Ansichtssache

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