Gastautor / 10.06.2025 / 10:00 / Foto: pixabay.com / 101 / Seite ausdrucken

Kein Mensch will zur Bundeswehr – woran es wirklich liegt

Von Martin Toden.

Kein Mensch will zur Bundeswehr. Wie man ein Rekrutierungsproblem auch unter Beibehaltung einer Freiwilligenarmee lösen könnte, kann Boris Pistorius in den USA studieren.

Der 3. Juni 2025 war ein bemerkenswertes Datum. Zwei Meldungen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, verdienen unsere Aufmerksamkeit. Von den Qualitätsmedien in weitgehend spröden Berichten nur knapp gewürdigt wurde ein Interview mit dem Kommandeur der Heimatschutzdivision, Generalmajor Andreas Henne. Er ließ sich im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) über die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr hinsichtlich ihrer erforderlichen Personalstärke aus. 

In deutschen Leitmedien überhaupt nicht erwähnt wurde der Sachstand zum gleichen Thema in den USA, der sich zur Situation in Deutschland, nun, sagen wir mal: deutlich unterscheidet. Dazu weiter unten mehr; werfen wir unseren Blick zunächst ins Inland.

Herr General muss zugeben, was Achse-Leser schon lange wissen

Der geneigte Leser weiß, dass ich zum Thema Wehrfähigkeit bereits mehrfach meinen flecktarnfarbenen Senf abgegeben habe (z. B. hier, hier und hier). Im Gespräch mit dem RND ließ GM Henne verlauten: „(…) Je mehr Soldatinnen und Soldaten wir brauchen, desto wahrscheinlicher wird es, dass man an die Grenzen der Freiwilligkeit stößt“. Dies ist ein Euphemismus für die Erkenntnis, dass die Bundeswehr keine Chance hat, auch nur annähernd so viele Freiwillige rekrutieren zu können, wie sie in den Endplanungen für die Heimatschutzdivision benötigt, deren geplante sechs Regimenter als Teil der Territorialen Reserve bis 2026 aufgestellt werden sollen. Wir lassen die mindestens ebenso wichtigen Aspekte wie die Ausrüstung und die Befähigung solcher Heimatschutzkräfte einmal außen vor – die eklatante Lücke von mehreren 10.000 Soldaten, die GM Henne gefüllt sehen will, ist schon dramatisch genug.

Es ist nun also auch dem letzten Zweifler klar geworden, dass es in Deutschland nie und nimmer genug Freiwillige geben wird, die sich zum Dienst im Heimatschutz (oder überhaupt bei der Truppe) melden werden. Der geplante Rückgriff auf Millionen von wehrfähigen Reservisten ist ja unlängst ebenfalls als Vollkatastrophe aufgeflogen. GM Henne deutet an, worauf es hinauslaufen wird, wenn diese Erkenntnis in der Politik Konsequenzen zeitigt: das Ende der Aufhebung der Wehrpflicht (die natürlich nicht abgeschafft wurde, wie es immer wieder in den Qualitätsmedien zu lesen ist). 

Henne ist einer der wenigen „No-Bullshit-Generäle“ der Bundeswehr, und einer, den ich persönlich kennenlernte. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich beim Interview mehrfach auf die Zunge gebissen haben wird, um nicht Klartext zu reden (im direkten Gespräch tut er das). Er weiß, dass er seine Soldaten niemals bekommen wird, wenn es so weitergeht wie bisher.

Rekrutierung von Soldaten als Gradmesser nationaler Selbstverortung

Es gibt viele Gründe, sich heutzutage einer Wehrpflicht zu widersetzen. Zuvörderst sei hier eine libertäre Grundhaltung genannt. Ein staatlich erzwungener Dienst, wie Wehrpflicht oder Zivildienst, stellt demnach einen unzulässigen Eingriff in die Rechte der Souveränität des Individuums auf seinen Körper, seine Zeit und seine Arbeit dar und wird als Form der Zwangsarbeit betrachtet. Eine Gemeinschaft souveräner Menschen, Gemeinden, Städte oder Regionen kann sich freiwillig gegen äußere Bedrohungen wappnen und dazu Streitkräfte aufstellen, wenn das erforderlich scheint.

Das liest sich natürlich sehr theoretisch und in der derzeitigen Weltlage utopisch, es hat aber einen wichtigen, wahren Kern. Ein Gemeinwesen, für das sich eine hinreichend große Anzahl von Freiwilligen finden soll, um dieses notfalls mit Waffengewalt zu verteidigen, muss schon einen sehr hohen intrinsischen Wert besitzen, der die erforderliche Motivation hervorruft, für sie zu kämpfen. Von diesem hohen Wert (moralisch, ethisch, kulturell…) wurde bekanntlich nicht nur mein Wunsch genährt, Soldat der Bundeswehr werden zu wollen. Dieser Wert ist in den letzten 40 Jahren drastisch gesunken und inzwischen bei unter Null angekommen.

Denn abgesehen von der grundsätzlichen Ablehnung staatlicher Zwangsverpflichtung steht heutzutage natürlich der weiße (oder bunte?) Elefant im Raum, den niemand sehen, geschweige denn benennen will: Für ein Land, dessen Führung immer noch dem woken Wahnsinn anhängt und der weiterhin tausende potenzielle Gefährder per Regierungscharter nach Deutschland holen will, lässt man sich erst recht nicht heranziehen. (Zum Aufnahmeprogramm von Afghanen nach Deutschland ist hinzuzufügen, dass Außenminister Wadephul die bestehenden Zusagen einhalten will, Innenminister Dobrindt die Umsetzung dieser Aufnahmen aber vorläufig ausgesetzt hat. Es gibt derzeit keine endgültige Entscheidung, und die Spannungen zwischen den Ministern spiegeln eine uneinheitliche Linie wider, was niemanden ernsthaft verwundern dürfte.)

Die auf unser Land zurollende Welle an sozialen Spannungen und innerem Widerstand gegen eine so umwälzende Richtungsentscheidung wie die Wiederscharfstellung der Wehrpflicht dürfte niemandem so richtig klar sein. Da kann der Russe noch so drohen. Aus der selbstgewählten Lähmung, die die Erschöpfung der Friedensdividende hervorgerufen hat, kommen wir so schnell nicht mehr heraus.

Tu felix America, nube.

Nun schauen wir wie angekündigt auf die USA, wo sich zum exakt gleichen Thema ein gänzlich anderes Bild bietet. Auch bei unseren Freunden jenseits des großen Teichs (bei denen der Bundeskanzler unlängst Gast von Präsident Trump war, um seinen Antrittsbesuch abzustatten und dabei eine erfreulich gute Figur machte) waren die beständig sinkenden Rekrutenzahlen ein Dauerthema, vor allem unter Biden, wie ich ebenfalls hier auf der Achse schon berichtete

Was sich das Verteidigungsministerium an bunt-diversen Grotesken leistete, schreckte so viele potenzielle Rekruten ab, dass die Armed Forces in ernste Schwierigkeiten zu kommen drohten. Das Blatt hat sich mit der Wiederwahl von Donald Trump ins Präsidentenamt auf geradezu dramatische Weise gewendet. Das angepeilte Jahresziel 2025 für die Rekrutierung zukünftiger Soldaten des Heeres lag bei 61.000. Es wurde jetzt, Anfang Juni, bereits erfüllt; ein Vorgang, der in den letzten Jahrzehnten seinesgleichen sucht. Woran liegt das?

Führen durch Vorbild

Mit Pete Hegseth hat Präsident Trump einen hochdekorierten Veteranen ins Amt des Verteidigungsministers gehoben. Dessen Habitus als aufrechter, konservativer Mann und Soldat, der Werte wie Freiheit, Ehre, Verantwortungsbewusstsein und Kampfbereitschaft glaubhaft verkörpert, ist das, was man in der militärischen Führungslehre gemeinhin als „Führen durch Vorbild“ bezeichnet. Und es ist der diametrale Gegensatz zu dem, was unter Biden als soldatische Tugenden verkauft wurde (und bei uns immer noch wird). Die Macht der Bilder ist auch für Hegseth ein Mittel der Wahl, und so ließ er sich bei seinem Besuch in Sindelfingen Anfang Februar dieses Jahres dabei fotografieren, wie er mit den Soldaten des dort stationierten 1st Battalion, 10th Special Forces Group, am morgendlichen Sport teilnahm.

Darüber hinaus machte sein zuständiger Heeres-Staatssekretär in einem Interview zum Erreichen des Rekrutierungsziels deutlich, worum es gehen wird: „Diese zukünftigen Soldaten werden unsere Tradition von Ehre, Mut und Dienstbereitschaft vorantreiben. Ihre Bedeutung an vorderste Stelle zu stellen, hat konkrete Auswirkungen und zeigt, dass junge Menschen in unserem Land Teil der tödlichsten Landkampfkraft sein wollen, die die Welt je gesehen hat.“

Wer ein solches Beispiel gibt, braucht sich um Rekrutenzahlen keine Sorgen zu machen.

Gegenrede aus Washingtoner Think Tanks

Es gab zu den selbstbewussten Verlautbarungen aus dem Pentagon natürlich auch Gegenstimmen, so etwa ein „Faktencheck“ der Associated Press-Journalistin Melissa Goldin, die in ihrem Artikel, der bereits vom 26. April datiert, das Narrativ der US-Regierung zu widerlegen versucht. Sie behauptet, es gebe andere Gründe für den Rückgang bis 2025 (etwa die „COVID-Pandemie“) und führt einige Stimmen ins Feld, von denen sie sich wahrscheinlich erhofft hatte, sie mögen die Auswirkungen der neuausgerichteten Politik unter Trump marginalisieren, etwa Mark Cancian, einen Berater des Center for Strategic and International Studies in Washington, DC. Doch kommt Frau Goldin nicht umhin, das Fazit ihres „Faktenchecks“ ziemlich vage ausfallen zu lassen. 

Sie zitiert Cancian mit den Worten: "Ich denke man muss ehrlicherweise sagen, dass Hegseth einen gewissen Teil der amerikanischen Gesellschaft begeistert hat." Er habe angemerkt, dass die Datenlage letztendlich noch zu dünn sei, um die Auswirkungen von Trump und Hegseth auf die Rekrutierungszahlen beurteilen zu können.

Das kann man nun interpretieren wie man will – meiner Auffassung nach drehen sich die (recht dünnen) von Melissa Goldin geäußerten Zweifel um den gleichen heißen Brei, den beim Namen zu nennen sich auch US-amerikanische Think Tanks scheuen und der in meinen Ausführungen die zentrale Rolle spielt: Das Selbstverständnis des Soldaten ist in erster Linie abhängig davon, ob er sich mit seinem Land (und somit auch seiner Regierung) identifizieren kann oder nicht.

Der für das Thema Personal zuständige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Nils Hilmer war übrigens nie Soldat und hat Zivildienst geleistet.

 

Martin Toden (60) ist studierter Personalentwickler, Reserveoffizier der Bundeswehr und blickt auf 40 Jahre zivile und militärische Führungserfahrung zurück. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Foto: pixabay.com

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Martin Müller / 10.06.2025

Ein Land mit offenen Sozialsystemen und offenen Grenzen verteidigt man nicht mehr…... Ein Land ohne kulturelle und ethnische Identität verteidigt man nicht mehr….. Ein Land ohne Nationalstolz und Solidagemeinschaft verteidigt man nicht mehr…. Bestenfalls verteidigt man noch das eigene Haus und die eigene Familie….

Wolfgang Richter / 10.06.2025

@ Ben Goldstein - Zu Scheuer “hat eine Unternehmensberatung gegründet. Welche Unternehmen legen genug Geld für einen Realschullehrer hin, mit dem der seinen Lebensstandard halten kann?” - Die selben Konzerne, die weiland einen Joschka Fischer als “Berater” einstellten oder einen SPD-Pop-Beauftragten Gabriel zum Konzern-Aufsichtsrat machen. Und dann gibt noch sog. “US-Elite-Unis”, wo selbige -sicher nicht als unbezahlte Ehrenamtler- als Dozenten werkelten, würdiger aktueller Nachfolger ein Dr. Habeck. Die Welt ist nur noch irre, aufgeteilt ua in selbige, die den “Scheiß” zwangsweise zu zahlen haben und deren selbst ernannte Retter, die davon fürstlich leben. Aber wenn die Zahlknechte das mit sich machen lassen, ohne zu murren ..... haben die anderen offenbar alles richtig gemacht.

Klaus Hergesheimer / 10.06.2025

Ich bin der Meinung, dass sich Staaten die Verteidigungsbereitschaft ihrer Bürger verdienen müssen. Regierungen, die selbst einen hybriden Krieg gegen das von ihnen ungeliebte Land und die von ihnen verachtete Bevölkerung führen, müssen dabei scheitern, die Bevölkerung gegen angebliche oder tatsächliche äußere Bedrohungen hinter sich zu vereinen. Und inkompetenten Hobbystrategen folgt man zum eigenen Vorteil ohnehin nicht. Die Bürger werden sich mit Recht sagen: “Nicht für diese Leute, nicht für das, was diese Leute aus diesem Land gemacht haben.”

Steve Acker / 10.06.2025

Ich fühl mich viel mehr hier bedroht, von den grün-rot-woken , von der grenzenlosen Migration, aber auch aus Brüssel Bedrohung, wo immer wieder neue Gesetze zur Zerstörung der europäischen Wirtschaft hervorgebracht werden . Der Westen zerstört sich selbst, dass schafft er schon alleine. Da braucht es keine Putin. Vielleihct sind die Grünen deshalb jetzt für Aufrüstung , weil sie gemerkt haben ,dass das zur Zerstörung des Landes beitragen wird.

Wolfgang Richter / 10.06.2025

@ Dr. Gerhard Giesemann - “Kein verständiger junger Mann wird in eine Armee gehen, in der Frauen bei der Truppe sind.” - Die auch noch trotz der biologisch bedingten Fehlzeiten dank “Frauenquoten” auch noch stets vor ihm befördert werden, um ihm dann zu befehlen, wohin er wann wie hoch zu springen hat. So einen Scheiß tut sich doch ernsthaft keiner an, der noch alle Sinne beisammen hat, und zwar vorallem die, die er ggf. im “richtigen” Einsatz benötigt. Und dann sei noch auf die Vorgaben der diversen woken “Beauftragten” hingewiesen. Viel Spaß dabei.

Wolfgang Richter / 10.06.2025

“Freiwillige rekrutieren zu können, wie sie in den Endplanungen für die Heimatschutzdivision benötigt, deren geplante sechs Regimenter als Teil der Territorialen Reserve” - Irgendwie scheint “Politik” da was verpaßt zu haben, denn “Heimat” gibts ja nach Meinung der Linksgrünen hier nicht mehr, ist so was von Rächtz, daß “beobachtungswürdig”, wer mit dem Begriff hausieren geht. Wenn man also erfolgreich eine “Heimatschutzdivision” aufzustellen gedenkt, hätte man bezeiten vielleicht v o r h e r damit begonnen, dem zukünftig zu verheizenden Bürgen “Heimat” als wohl und schützenswert zu verkaufen. Und erst recht den “Neupaßdeutschen” hätte man vielleicht mal vorher und beizeiten erklären müssen, daß es hier entgegen der politischen Verkündungen doch ein Land mit Kultur gibt, in das man sich integrieren könnte, um sodann nach Erlangen der Staatsbürgerschaft für sich und die Nachkommen ins Kalkül zu ziehen, dafür auch einen Dienst zu leisten, bei dem man “seinen Kopf”  d a f ü r riskiert. So wird das jedenfalls nix, wenn die Hirne der Untertanen noch nicht ganz das Denken eingestellt haben.

Heiner Unguh / 10.06.2025

Was soll denn verteidigt werden?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com