Marei Bestek, Gastautorin / 25.02.2017 / 18:07 / Foto: Marco Verch / 7 / Seite ausdrucken

„Kein Kölsch für Nazis!“ Darf´s denn ein Alt sein?

Von Marei Bestek.

Über ein Jahr ist es nun her, dass sich in der Silvesternacht die Kölner Domplatte in einen Hexenkessel verwandelte. Seitdem ist man bemüht, das angeknackste Image der Stadt wiederherzustellen. Das heißt im Klartext, noch toleranter werden und den „Kampf gegen rechts“ intensivieren. Die Sorge um den aufkeimenden Rechtsextremismus scheint damit jedoch nicht gebannt, weshalb man nun eine Protestbewegung aus dem Jahr 2008 wieder aufleben lassen möchte.

Damals schlossen sich rund 100 Kölner Wirte unter dem Slogan „Kein Kölsch für Nazis“ zusammen und sorgten nach eigenen Angaben nicht nur für „bundesweites Aufsehen“, sondern halfen auch dabei, die „Aufmärsche rechtsextremer Splittergruppen“ zu verhindern. Eine Aktion, die wie geschaffen scheint, um dem derzeitigen „Rechtsruck“ erzieherisch entgegenzuwirken. Diesmal geht es allerdings nicht so sehr um rechtsextreme Splittergruppen. Jetzt wollen mehrere Kölner Kneipenwirte und Clubbesitzer kein Kölsch mehr an „Rechtspopulisten“ ausschenken. Doch der Einfachheit halber nennt man auch die einfach „Nazis“. Dafür werden gerade extra 200.000 Bierdeckel mit dem Logo „Kein Kölsch für Nazis – Kein Raum für Rassismus“ bedruckt; zudem möchte man Aufkleber und Banner anfertigen lassen.

Doch selbst den Initiatoren scheint aufzufallen, dass ihr Bestreben, den „Nazis“ den Bierhahn zudrehen zu wollen, eher einen Symbolcharakter hat. In Zeiten, in denen ungefähr jeder Zweite als „Rechtspopulist“ bezeichnet wird, würde eine solche Aktion schließlich erhebliche Einnahmeverluste mit sich bringen. Soweit will man dann anscheinend doch nicht gehen, sondern vielmehr „mit Aktionen, Demonstrationen, Informationsabenden mit Krach, mit Kunst und Musik und mit viel Humor denen begegnen, die unser gesellschaftliches Miteinander gefährden“.

Wie erkenne ich einen Rechtspopulisten am Tresen?

Kleine Frage: Dienen die getroffenen Sicherheitsverschärfungen für den Kölner Karneval – darunter Betonsperren, ein Verbot für Lastwagen, ein Großaufgebot an Polizeibeamten und der Einsatz von Maschinenpistolen – etwa dazu, uns vor den Anschlägen und Aufmärschen rechtsextremer Gruppen zu schützen? Oder könnte es sein, dass es da noch ein anderes Problem gibt? Und warum bleibt man da nicht seiner Linie treu und macht irgendetwas mit „Kunst, Musik und viel Humor“?

Unbeantwortet bleibt am Ende auch die Frage, wie man denn überhaupt einen Rechtspopulisten in der eigenen Kneipe erkennen möchte. Gerade jetzt zur Karnevalszeit, wo die Kneipen größtenteils bis zum Anschlag gefüllt sind. Verkleiden sie sich erwartungsgemäß als SS-Offiziere oder tragen eine AfD-Brosche am Jackett? Und kann man als Rechtspopulist die Bier-Sperre einfach umgehen, indem man ein Alt bestellt oder muss man dafür extra nach Düsseldorf fahren?

Vielleicht geht es den Kneipenbesitzern aber gar nicht darum, einen wirklichen Widerstand zu formen, sondern lediglich dem neuen Zeitgeist Folge zu leisten – und das möglichst medienwirksam. Denn was damals viel Mut erforderte, ist heutzutage bequem und eine Zurschaustellung der eigenen moralischen Überlegenheit. Aus dem einst heroischen Kampf gegen Hitler wird heute eine erfolgsversprechende Marketingstrategie kreiert, mit der sich Unternehmen, Medien und Prominente imagefördernd in Szene setzen. So kann man beispielsweise der Website „Kein Kölsch für Nazis“ entnehmen: „Wir werden große Aufkleber mit dem Logo drucken, die alle, die mitmachen, gut einsehbar an der Eingangstür ihres Ladens aufkleben können.“

„Mutig gegen rechts“ als Markenartikel

Die Haltung „Mutig gegen rechts“ wird damit zu einer inhaltslosen und stigmatisierenden Marke, hinter der längst keine politische oder kritische Auseinandersetzung mehr steht oder gar eingefordert wird, sondern die allein zur Selbstdarstellung, Dämonisierung und Meinungslenkung genutzt wird.

Sprachen wir damals in der Schule über das Nazi-Regime, schwang mit der Fassungslosigkeit auch immer ein Hauch Häme mit: „Warum haben die Menschen nichts gemerkt?“, fragten wir.  Aus dem Schulunterricht hätten wir die Lehre ziehen müssen, wachsam gegenüber kommenden Machtmonopolen und jeder Form von Extremismus zu sein. Anstatt jedoch Verantwortung für die Gegenwart zu übernehmen, sehen sich Linke als die neuen Widerstandskämpfer gegen „Nazis“ und „Fremdenfeindlichkeit“ und wollen so den verpassten Widerstand ihrer Vorfahren nachholen.

Für ihren „Kampf gegen die Geister der Vergangenheit“ beanspruchen sie allerdings die gleichen Mittel, die schon den Nationalsozialismus ausgezeichnet und großgemacht haben: Boykottaufrufe, absolute Systemtreue, Ablehnung und Ausgrenzung von Andersdenkenden, mediale Gleichschaltung, Machtmonopole, Demontage des Rechtsstaats, Verwendung einer politisch korrekten Sprache, Denkverbote, Gesinnungspolitik statt Faktencheck und schließlich die Erhöhung der eigenen Ansichten durch die Herabwürdigung anderer. Es ist kein aufkeimender Rassenhass, der uns die Parallele zum Dritten Reich aufzeigt, sondern vielmehr die Wiederentdeckung und Aneignung totalitärer politischer Strukturen.

Marei Bestek (Jahrgang 1990) wohnt in Köln und hat Medienkommunikation & Journalismus studiert.

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Leserpost

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Samuel Engler / 26.02.2017

sehr gut! treffend auf den punkt gebracht. das pendant zu “nazi/rechtspopulist” wäre ohne zeitgeist-brille: “islamist/streng gläubiger moslem” - so eine gleichsetzung (in der qualität*) ist aber seit einiger zeit nicht en vogue. demgemäß werden die betroffenen “kreise” ganz unterschiedlich betrachtet - seitens der regierung, der sog. opposition, der berichterstatter - und so eben auch von kölner gastwirten. “der deutsche ist” (so ein satzanfang ist auch unzeitgemäß) obrigkeitshörig und irgendwo glaubt er halt an seine ideologie. * eine ganz andere interessante betrachtung ist die quantität - wie ist das zahlenverhältnis nazis : islamisten. und wie sind die trends? kann man davon ausgehen dass 2015 >1 mio. menschen aus dem arabischen raum und nordafrika nach dtl. kamen? Kann man davon ausgehen dass >5% derer strenggläubig ist? kann man davon ausgehen dass von diesem 5% mehr als 1 prozent islamisten sind? wer das bejaht, ist sich bewusst dass unter der 1 mio. 2.500 islamisten ins land kamen.

Wieland Schmied / 26.02.2017

Über die Hirnlosigkeit der Kneiper in der tollen Dom- und Klüngelstadt ist es müßig sich auszulassen. Nur soviel: Wer nichts wird, wird Wirt. Das sagte schon mein Vater. Recht hatte er.

Andreas Rochow / 26.02.2017

Ohne irgendeine demokratische Legitimation wird hier immer mehr Geld für eine Stimmungs- und Gesinnungs-Angstkampagne eingesetzt, das man vorher dem Steuerzahler weggenommen hat. Allein das Familienministerium hat zu diesem Zweck 104,5 Millionen Euro eingeplant und wird nun von Aktivisten umschwärmt, die gute Ideen haben, was man damit alles “gegen Nazis” machen kann. Dieser einmalige Vorgang kann und darf nicht verfassungskonform sein! Es wird praktisch von höchster Stelle eine Polarisierung angeheizt, die schnell zu Unruhen führen kann. Egal, wie man Regierungskritiker in der Bundesrepublik bezeichnet: Es sind unverkennbar totalitäre Züge in dieser großangelegten Kampagne “Gegen Nazis” zu erkennen. - Die Frage, woran man “Nazis” erkennen kann, wird so ganz einfach zu beantworten sein: Das sind all jene, die bei den mutigen Aktionen nicht mitmachen, die der AfD Versammlungsräume und Hotels zur Verfügung stellen und es wagen kritisch zu bleiben.

beat schaller / 26.02.2017

hervorragend geschrieben, da gibt es nichts beizufügen…..ausser KOMPLIMENT beat schaller grüningen

k.knerzje / 26.02.2017

Mutig sind heute die, die der Aktion “Mutig gegen rechts” widerstehen. Jeder Wirt der dem offen entgegensteht riskiert eine demolierte Gastwirtschaft.

Arno Besendonk / 26.02.2017

Kölsche Toleranz .... Wer als Düsseldorfer gezwungen ist dort zu arbeiten, zum Glück nur in einem dem ehemaligen Herzogtum Berg zuzurechnenden Stadtteil und damit quasi noch auf heimischen Terretorium, der weiß, wie weit es mit der kölschen toleranz her ist. Solche Kampagnen wie “Arsch Huh” sind dort leider bitter notwendig, werden aber vom gemeinen Kölner oft nicht wirklich verstanden.

Carmen Müller / 26.02.2017

Recht haben Sie! “Für ihren „Kampf gegen die Geister der Vergangenheit“ beanspruchen sie allerdings die gleichen Mittel, die schon den Nationalsozialismus ausgezeichnet und großgemacht haben: Boykottaufrufe, absolute Systemtreue, Ablehnung und Ausgrenzung von Andersdenkenden, mediale Gleichschaltung, Machtmonopole, Demontage des Rechtsstaats, Verwendung einer politisch korrekten Sprache, Denkverbote, Gesinnungspolitik statt Faktencheck und schließlich die Erhöhung der eigenen Ansichten durch die Herabwürdigung anderer. Es ist kein aufkeimender Rassenhass, der uns die Parallele zum Dritten Reich aufzeigt, sondern vielmehr die Wiederentdeckung und Aneignung totalitärer politischer Strukturen. Und unsere Enkel werden die selbe Frage stellen” Wieso hat es keiner gemerkt? ”  Wieso haben so wenige dagegen etwas gemacht?”  Es ist nicht nur so, dass vor 80 J zugeschaut haben, wie die Juden verschwinden,  die selben Charaktere haben noch zum Schluss ihre Kinder für “den totalen Sieg ” zum Sterben geschickt .  Die Geschichte macht mir keine Hoffnung,  dass wir aus eigenen Kräfte uns befreien werden.

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