Thilo Schneider / 24.05.2020 / 10:45 / Foto: Wilhelm Trübner / 43 / Seite ausdrucken

Kein Hund!

Wenn der gepflegte Herr um die Fünfzig altert, dann denkt er schon einmal darüber nach, sich einen Ruhesitz zum stilvollen Altern zuzulegen, weil so ewig lang geht das Spiel ja dann wahrscheinlich auch nicht mehr. Die Banken rollen für Darlehen nicht mehr die roten Teppiche aus, sondern fragen misstrauisch, wie lange man noch arbeiten möchte und erklärt dann uns Selbstständigen, wie lange wir noch arbeiten müssen. Also sucht sich der Herr ein hübsches Häuschen auf dem Lande, das er zu erwerben trachtet und misst die Breite der Eingangstüre aus, ob diese gegebenenfalls für einen Rollstuhl, auf jeden Fall aber für einen Sarg reicht. Man will ja vorbereitet sein. 

„Oh toll“, sagt der Schatz, „und so ein schönes großes Grundstück dabei. Wir könnten einen Hund haben.“

Nein. Könnten wir nicht. 

Ich mag keine Hunde. Hunde sind so etwas wie transsexuelle Wölfe. Sie fressen und kacken, verlieren überall Haare und gucken zwischendurch lieb. Wie ich als Ehemann. Es reicht, wenn ein Exemplar im Haus ist, das die Wohnung verwüstet. Das mache ich lieber selbst, als das einem Geschöpf zu überlassen, das sich selbst die Hoden lecken kann und Briefträger beißt. Und, was noch viel schlimmer ist, dreimal am Tag nach draußen für seine Notdurft muss und sich danach nicht einmal die Pfoten wäscht. Wenn ich also eine kostenträchtige Unhygiene will, dann erzeuge ich die lieber selbst. 

„Aber ein Hund wäre toll“, sagt der Schatz. 

Nein. Wäre er nicht. Wir haben gerade die Kinder so aus dem Allergröbsten draußen. Sie verdienen sogar gelegentlich eigenes Geld, was mich von diversen Ausgaben für Pizza und Kino freistellt, und ich gedenke nicht, die frei werdenden Ressourcen jetzt ausgerechnet in Hundefutter zu investieren. Obwohl der Unterschied zwischen Fastfood und Pedigree Pal zugunsten des Hundefutters ausfallen dürfte. Außerdem können wir endlich in den Urlaub fahren, ohne das Ziel durch diverse familiäre Fachgremien schicken zu müssen. Ich habe sehr wenig Lust, künftig meine Hotels über den Filter „Hunde gestattet“ auszusuchen. Und ich habe keine Lust, am weißen Strand von Helgoland mit Passanten über das Fehlen eines Mundschutzes für meinen Hund zu diskutieren. Außerdem kostet ein Hund Steuern, und ich zahle meiner Ansicht nach bereits sowieso genug Geld für Autobahnen, die ich nächstens mit dem Diesel gar nicht mehr nutzen darf. Außerdem brauche ich dann ein hundegerechtes Auto, einen Kombi oder Pick-Up oder Kleinbus oder Schützenpanzer, weil der Köterich das komplette Interieur zerlegt, sollte ich auch nur fünf Minuten zum Zigarettenholen im Tankstellenshop sein. 

Da wären wir dann auch mitten im Thema „beste Freunde“

„Aber ein Hund hält gesund und ist der beste Freund des Menschen“, argumentiert der Schatz weiter. 

Nur, weil ich dreimal am Tag mit der Fressmaschine nach draußen gehen muss, bleibe ich nicht gesund. Im Gegenteil muss ich bei jedem Wetter raus, sogar dann, wenn man buchstäblich „keinen Hund vor die Türe jagt“, und draußen angekommen, muss ich mich dann gedulden, bis mein „bester Freund“ sich dazu durchgerungen hat, Dinge zu tun, die ein Hund tun muss. Und die trage ich ihm dann stolz im Plastikbeutelchen hinterher. Mit etwas Pech findet er ein totes Tier oder die Hinterlassenschaft eines Artgenossen, in der er sich dann schön wälzen kann und riecht danach wie die Kloake Roms nach den letzten Christenverfolgungen im Kolosseum. Was daran gesund sein soll, verschließt sich mir. Wenn ich an die frische Luft will, dann gehe ich auf den Balkon oder in den baldigen Garten, rauche eine Zigarette und trinke einen Rotwein. Ich brauche dabei niemanden, dem ich den Kopf tätscheln kann. Apropos Gesundheit: Besten Freunden lasse ich keine Euthanasie angedeihen, sollten sie krank werden. Das könnte ich meinem Hund dann auch nicht antun. Wenn das Tier krank wird, dann geht der erst richtig ins Geld. Es hat seinen Grund, warum Tierärzte sich Zusatzausbildungen zu Virologen leisten können, und ich möchte den Unfallchirurgen in unserer Bekanntschaft nicht dadurch verstören, bei einem reicheren Arzt als ihm Patient zu sein. 

Da wären wir dann auch mitten im Thema „beste Freunde“: Okay, Blondi blieb, im Gegensatz zu Himmler und Göring, bis zum Schluss bei seinem Führer, aber das tat Eva Hitler, geborene Braun, auch. Wenn ich also dazu einen Hund brauche, habe ich im Leben aber ein paarmal böse danebengegriffen. Jaja, ich weiß: „Dass mir mein Hund das Liebste ist, sagst Du, o Mensch, sei Sünde, der Hund blieb mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde“.

Der kann nur treudoof gucken 

Der Hund bleibt mir gar nicht treu, wenn ein Hase oder eine Katze an ihm vorbeisaust. Da ist er dann weg im Unterholz, der treue Hund. Egal, ob es stürmt oder windet. Und ich kann dann da stehen und wie Grönemeyer beim Bochum-Konzert herumbrüllen, dass er wiederkommt. Das ist mir weder mit den besten noch mit den schlechtesten Freunden bisher passiert. Außerdem haben meine menschlichen Freunde den Vorteil, dass sie nicht dauernd bei mir herumhängen und mit mir oder dem Schatz ins Bett wollen, zumindest, soweit ich das weiß. Die wissen sich auch meistens zu benehmen und können mir Geld leihen, wenn ich mal wieder meine PIN vergessen habe. All das kann ein Hund mir nicht bieten. Der kann nur treudoof gucken. 

„Aber das Grundstück ist groß genug, wir könnten ja einen Zwinger und einen höheren Zaun um den Garten bauen. Außerdem schützt so ein Hund“, erklärt der Schatz.

Ja, und für viel Geld könnte ich den Zaun und den Käfig so hoch und robust bauen, dass ich mir statt eines Hundes eine der beliebten Großkatzen wie Tiger oder Löwe anschaffen könnte und da beim Gassigehen keine Angst haben müsste, dass „mein Hund“ gebissen wird. Im Gegenteil dürfte ich auf respektvolle Abstände der anderen Tierhalter hoffen, aber ein unbarmherziges Ordnungsamt sieht da ja sehr wenig Handlungsspielraum vor. Abgesehen davon ist ein Hund nun einmal ein Raubtier der unappetitlichen Sorte, und ich habe keine Lust, beim Rasenmähen mit einem Schutzanzug herumzulaufen, damit mir nichts um die Ohren spritzt, was mir unser Wachhund hinterlassen hat. Außerdem will ich nicht jedes Mal den Garten nach Tretminen absuchen müssen, wenn ich doch nur ein Glas Wein trinken will. Hinzu kommt, dass Hunde, ähnlich wie ein Taliban in Einzelhaft, dazu tendieren, ihrer Enttäuschung und ihrem Kummer lautstark Ausdruck zu geben, wenn ihr Rudelführer nicht in der Nähe ist. Ich bin sehr sicher, dass unsere neuen Nachbarn, „Land“ hin oder her, nicht sonderlich begeistert wären, aus dem Mittagsschlaf geheult zu werden.     

„Und eine Katze?“, fragt der Schatz?

Katze geht. Katze verstehe ich. Katze nehmen, Tür aufmachen, Katze ´rausschmeißen, Miaumiau, Türe wieder zu und fertig ist die Laube. Wenn ihr draußen langweilig wird, klingelt sie auf Katzenart durch lautes Wehklagen und Herumnerven, und dann mache ich eben die Türe wieder auf. Katze geht. Pech für „Hasso vom Massengrab“, der nie mein Hund sein wird. 

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Erwin Obermaier / 24.05.2020

Drei Tage ist der Hund der König und man streitet sich darum mit ihm gassigehen zu dürfen. Dann erlahmt der Entusiasmus und nach drei Wochen ist der/die Alte dran, weil das Geschöpf einem Leid tut (eigene Erfahrung). Gut, es ist schon mehr als 20 Jahre her. Als die damalige Gattin nebst drei Kindern den Wunsch nach einem Hund geäußert hatten und man als “Hausherr” nie sicher sein kann ob dann nicht einfach mal so ein Viech ganz überraschend im Haus ist, habe ich einfach, neben meinem Mißfallen, folgendes gesagt: “Ich werde einen Hund nie fütter, ich werde nie mit ihm Gassi gehen, ich werde ihn nie bürsten, ich werde nicht mit ihm zum Tierarzt gehen und auch keine, wie auch immer geartete, Sauerei wegmachen”.  Und ich habe auch klar gemacht, daß nie NIE bedeutet. Es hat funktioniert.

Sebastian Weber / 24.05.2020

Da wäre noch das tropfen. Jetzt nicht so konstant wie es Wasserhähne manchmal tun aber sie tropfen. Und ich meine damit nicht das sabbern. Das kommt noch dazu. Aber wir haben dunkles Parkett im Haus und anthrazitfarbene Fliesen im Bad. Man sieht die Tropfen also recht gut und kann sie dann entfernen. Na ja, irgendwas ist immer.

Walter Weimar / 24.05.2020

Hund - nein, weder an der Leine, noch im Wok.

E. Thielsch / 24.05.2020

Katze? Ehrlich? Vielleicht erst mal da rein schauen: ... (Anm. d. Red.: Links sind hier leider nicht zugelassen. Bitte googeln nach »Simon’s Cat – Top 10 Episode Countdown«)

Wolfgang Kaufmann / 24.05.2020

Frauen brauchen was zum Erziehen und Spiegeln. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wird der Mann mit einem alljährlich neuen Paradimenwechsel bespielt: gestern fair getradet, heute öko, morgen vegan, übermorgen mit Mutter-Erde-Siegel, danach kein Kunststoff, irgendwann Spüli und Deo aus selbst gezogenen Waschnüssen selbst brauen. Vorwärts und nicht vergessen, keine blöden Bemerkungen und den Schatz für jede neue politische Korrektheit überschwänglich loben! – Wenn der Mann das Spiel leid ist, dann ist es Zeit für einen Hund oder für ein Mündel. Obwohl: Beim Hund weiß man, was man hat. Und bei guter Pflege hält er sich länger. Als der Mann, meine ich.

Heribert Glumener / 24.05.2020

Ich empfehle Ihnen eine Schildkröte. Bedächtige Tiere, beruhigend, harmonisierend, geradezu meditativ wirkend. Können auch mal eine Weile allein bleiben. - Und Menschenskind, Schneider, unterlassen Sie im eigenen Interesse das Zigarettenrauchen - Gift pur. Rotwein bitte nur in Maßen (behindert die Eisenresorption). Danke.

Ricardo Sanchis / 24.05.2020

Ein herrliches Thema. Da wird die maximale Beitragszahl voraussichtlich rasend schnell erreicht. Tierfans die nahezu alle Mitgeschöpfe lieben. Katzenfans in ihrer quasi rassistische einseitigen Liebe und die, die alles lebendige hassen, weil sie sich nur in der künstlich sterilen Plastikwelt sicher fühlen, aber ihre Neurosen zum Argument erklären wollen. Wie gesagt ein herrliches Thema….solange man es nicht ernst nimmt. :-)

Ricardo Sanchis / 24.05.2020

@Ackermann ” Ich mag es nicht, wenn so ein Viech unvermittelt vor mein Rad läuft und ich fast zu Tode stürze ” Offensichtlich befinden sie da dann auf einen geteilten Fuß/Radweg. Und was sagt da die Strassenverkehrsordnung Herr Ackermann? Richtig! Sie haben ab zu steigen und zu schieben, wenn sie nicht ausschließen können, das sie andere beim passieren gefährden. Also müßten sie korrekter formulieren: “mich stört es ungemein, wenn ich meine Mitmenschen und Mitgeschöpfe mit meinen grenzenlosen Egoismus gefährde und dabei selber zu stürzen drohe.” Eine Haltung die wiederum die meisten Mitmenschen stört ;-)

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