Wenn der gepflegte Herr um die Fünfzig altert, dann denkt er schon einmal darüber nach, sich einen Ruhesitz zum stilvollen Altern zuzulegen, weil so ewig lang geht das Spiel ja dann wahrscheinlich auch nicht mehr. Die Banken rollen für Darlehen nicht mehr die roten Teppiche aus, sondern fragen misstrauisch, wie lange man noch arbeiten möchte und erklärt dann uns Selbstständigen, wie lange wir noch arbeiten müssen. Also sucht sich der Herr ein hübsches Häuschen auf dem Lande, das er zu erwerben trachtet und misst die Breite der Eingangstüre aus, ob diese gegebenenfalls für einen Rollstuhl, auf jeden Fall aber für einen Sarg reicht. Man will ja vorbereitet sein.
„Oh toll“, sagt der Schatz, „und so ein schönes großes Grundstück dabei. Wir könnten einen Hund haben.“
Nein. Könnten wir nicht.
Ich mag keine Hunde. Hunde sind so etwas wie transsexuelle Wölfe. Sie fressen und kacken, verlieren überall Haare und gucken zwischendurch lieb. Wie ich als Ehemann. Es reicht, wenn ein Exemplar im Haus ist, das die Wohnung verwüstet. Das mache ich lieber selbst, als das einem Geschöpf zu überlassen, das sich selbst die Hoden lecken kann und Briefträger beißt. Und, was noch viel schlimmer ist, dreimal am Tag nach draußen für seine Notdurft muss und sich danach nicht einmal die Pfoten wäscht. Wenn ich also eine kostenträchtige Unhygiene will, dann erzeuge ich die lieber selbst.
„Aber ein Hund wäre toll“, sagt der Schatz.
Nein. Wäre er nicht. Wir haben gerade die Kinder so aus dem Allergröbsten draußen. Sie verdienen sogar gelegentlich eigenes Geld, was mich von diversen Ausgaben für Pizza und Kino freistellt, und ich gedenke nicht, die frei werdenden Ressourcen jetzt ausgerechnet in Hundefutter zu investieren. Obwohl der Unterschied zwischen Fastfood und Pedigree Pal zugunsten des Hundefutters ausfallen dürfte. Außerdem können wir endlich in den Urlaub fahren, ohne das Ziel durch diverse familiäre Fachgremien schicken zu müssen. Ich habe sehr wenig Lust, künftig meine Hotels über den Filter „Hunde gestattet“ auszusuchen. Und ich habe keine Lust, am weißen Strand von Helgoland mit Passanten über das Fehlen eines Mundschutzes für meinen Hund zu diskutieren. Außerdem kostet ein Hund Steuern, und ich zahle meiner Ansicht nach bereits sowieso genug Geld für Autobahnen, die ich nächstens mit dem Diesel gar nicht mehr nutzen darf. Außerdem brauche ich dann ein hundegerechtes Auto, einen Kombi oder Pick-Up oder Kleinbus oder Schützenpanzer, weil der Köterich das komplette Interieur zerlegt, sollte ich auch nur fünf Minuten zum Zigarettenholen im Tankstellenshop sein.
Da wären wir dann auch mitten im Thema „beste Freunde“
„Aber ein Hund hält gesund und ist der beste Freund des Menschen“, argumentiert der Schatz weiter.
Nur, weil ich dreimal am Tag mit der Fressmaschine nach draußen gehen muss, bleibe ich nicht gesund. Im Gegenteil muss ich bei jedem Wetter raus, sogar dann, wenn man buchstäblich „keinen Hund vor die Türe jagt“, und draußen angekommen, muss ich mich dann gedulden, bis mein „bester Freund“ sich dazu durchgerungen hat, Dinge zu tun, die ein Hund tun muss. Und die trage ich ihm dann stolz im Plastikbeutelchen hinterher. Mit etwas Pech findet er ein totes Tier oder die Hinterlassenschaft eines Artgenossen, in der er sich dann schön wälzen kann und riecht danach wie die Kloake Roms nach den letzten Christenverfolgungen im Kolosseum. Was daran gesund sein soll, verschließt sich mir. Wenn ich an die frische Luft will, dann gehe ich auf den Balkon oder in den baldigen Garten, rauche eine Zigarette und trinke einen Rotwein. Ich brauche dabei niemanden, dem ich den Kopf tätscheln kann. Apropos Gesundheit: Besten Freunden lasse ich keine Euthanasie angedeihen, sollten sie krank werden. Das könnte ich meinem Hund dann auch nicht antun. Wenn das Tier krank wird, dann geht der erst richtig ins Geld. Es hat seinen Grund, warum Tierärzte sich Zusatzausbildungen zu Virologen leisten können, und ich möchte den Unfallchirurgen in unserer Bekanntschaft nicht dadurch verstören, bei einem reicheren Arzt als ihm Patient zu sein.
Da wären wir dann auch mitten im Thema „beste Freunde“: Okay, Blondi blieb, im Gegensatz zu Himmler und Göring, bis zum Schluss bei seinem Führer, aber das tat Eva Hitler, geborene Braun, auch. Wenn ich also dazu einen Hund brauche, habe ich im Leben aber ein paarmal böse danebengegriffen. Jaja, ich weiß: „Dass mir mein Hund das Liebste ist, sagst Du, o Mensch, sei Sünde, der Hund blieb mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde“.
Der kann nur treudoof gucken
Der Hund bleibt mir gar nicht treu, wenn ein Hase oder eine Katze an ihm vorbeisaust. Da ist er dann weg im Unterholz, der treue Hund. Egal, ob es stürmt oder windet. Und ich kann dann da stehen und wie Grönemeyer beim Bochum-Konzert herumbrüllen, dass er wiederkommt. Das ist mir weder mit den besten noch mit den schlechtesten Freunden bisher passiert. Außerdem haben meine menschlichen Freunde den Vorteil, dass sie nicht dauernd bei mir herumhängen und mit mir oder dem Schatz ins Bett wollen, zumindest, soweit ich das weiß. Die wissen sich auch meistens zu benehmen und können mir Geld leihen, wenn ich mal wieder meine PIN vergessen habe. All das kann ein Hund mir nicht bieten. Der kann nur treudoof gucken.
„Aber das Grundstück ist groß genug, wir könnten ja einen Zwinger und einen höheren Zaun um den Garten bauen. Außerdem schützt so ein Hund“, erklärt der Schatz.
Ja, und für viel Geld könnte ich den Zaun und den Käfig so hoch und robust bauen, dass ich mir statt eines Hundes eine der beliebten Großkatzen wie Tiger oder Löwe anschaffen könnte und da beim Gassigehen keine Angst haben müsste, dass „mein Hund“ gebissen wird. Im Gegenteil dürfte ich auf respektvolle Abstände der anderen Tierhalter hoffen, aber ein unbarmherziges Ordnungsamt sieht da ja sehr wenig Handlungsspielraum vor. Abgesehen davon ist ein Hund nun einmal ein Raubtier der unappetitlichen Sorte, und ich habe keine Lust, beim Rasenmähen mit einem Schutzanzug herumzulaufen, damit mir nichts um die Ohren spritzt, was mir unser Wachhund hinterlassen hat. Außerdem will ich nicht jedes Mal den Garten nach Tretminen absuchen müssen, wenn ich doch nur ein Glas Wein trinken will. Hinzu kommt, dass Hunde, ähnlich wie ein Taliban in Einzelhaft, dazu tendieren, ihrer Enttäuschung und ihrem Kummer lautstark Ausdruck zu geben, wenn ihr Rudelführer nicht in der Nähe ist. Ich bin sehr sicher, dass unsere neuen Nachbarn, „Land“ hin oder her, nicht sonderlich begeistert wären, aus dem Mittagsschlaf geheult zu werden.
„Und eine Katze?“, fragt der Schatz?
Katze geht. Katze verstehe ich. Katze nehmen, Tür aufmachen, Katze ´rausschmeißen, Miaumiau, Türe wieder zu und fertig ist die Laube. Wenn ihr draußen langweilig wird, klingelt sie auf Katzenart durch lautes Wehklagen und Herumnerven, und dann mache ich eben die Türe wieder auf. Katze geht. Pech für „Hasso vom Massengrab“, der nie mein Hund sein wird.