Vera Lengsfeld / 19.10.2018 / 17:27 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 41 / Seite ausdrucken

Kein Fischfilet: Gelobt sei das Bauhaus!

Der heutige Aufreger für Medien, Politiker und „Kulturschaffende“ ist die Absage des Bauhauses Dessau, die linksextremistische Band „Feine Sahne Fischfilet“ auf ihrer historischen Bühne für das ZDF auftreten zu lassen. Das Bauhaus solle nicht zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden, teilte die Stiftung mit.

Wer die Texte dieser Band kennt, die von Gewaltaufrufen, Hass und Hetze nur so strotzen, sollte meinen, dass kein öffentlich-rechtlicher Sender, der die Aufgabe hat, Demokratie zu stärken, auf den Gedanken kommen könnte, eine solche extremistische Band in sein Programm zu heben. Allerdings hat Bundespräsident Steinmeier, der diese Gruppe auf seiner Facebook-Seite für das #wirsindmehr-Konzert in Chemnitz bewarb, offenbar die letzen Hemmungen gegenüber dem gewaltaffinen Linksradikalismus beiseite gefegt.

Zur Erinnerung: Am 3. September wiegte sich eine Menge von 65.000 aus ganz Deutschland herangekarrten Fans im gleichen Takt, brach immer wieder in frenetischen Beifall aus und brüllte sich die Kehlen wund. Warum? Ein paar Kostproben: „Deutschland ist Scheiße, Deutschland ist Dreck, gib mir ein Like gegen Deutschland“ grölte Jan Gorkow von den sahnigen Fischen. Das soll jetzt gebührenfinanziert in jeden dem ZDF zugänglichen Haushalt gesendet werden. Man hörte auch: „Ich ramme die Messerklinge in die Journalistenfresse“, was die bedrohten Presseleute wahrscheinlich dazu angespornt hat, das Konzert noch mehr zu bejubeln. Aber nicht nur Medienleute wurden von der Bühne bedroht. Auch Thilo Sarrazin und Eva Herman. Herman drohte man Vergewaltigung an, dem Sarrazin wurde ein Selbstmordattentat um sechs Uhr früh verheißen. Die Fans unten sangen eifrig mit. Das soll eine Stärkung der Demokratie sein?

Am Ende des Konzerts gab es ein kurzes Erschrecken darüber, was sich bei #wirsindmehr wirklich abgespielt hat. Bild berichtete über 27 Minuten Hass, auf YouTube wurden entlarvende Videos gelöscht. Auf der Bühne, so schrieb ein Beobachter damals sarkastisch, sonderte der Sänger von den sahnigen Fischen mehr staatstragende Sprechblasen ab, als einem, der Punk sein will, erlaubt sein dürfte. Die vorgetragenen Liedtexte hörten sich ganz anders an.

Die Proteste gegen die Absage ließen nicht auf sich warten

Man sollte meinen, dass die Hassparolen und Gewaltaufrufe von „Feine Sahne Fischfilet“ ausreichender Grund wären, ein Konzert dieser Deutschlandhasser nicht zu unterstützen. Aber nein, der Absagegrund sind „rechte Proteste“. Rechte Gruppen hätten in sozialen Netzwerken gegen das Konzert mobil gemacht, teilte eine Bauhaus-Sprecherin mit. Auf den Boden vor dem Eingang des Hauptgebäudes sei ein Hakenkreuz geschmiert worden. Das Bauhaus, das zum Unesco-Welterbe gehört, befürchte Demonstrationen vor der eigenen Tür, ähnlich wie im benachbarten Köthen.

Die Proteste gegen die Absage ließen nicht auf sich warten. „Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Freiheit von Medien und Kunst und in die Programmautonomie des ZDF, den wir ausdrücklich zurückweisen“, ließ sich die Linke-Fraktion im Landtag vernehmen. Die SPD-Fraktion zeigte sich „sehr besorgt“ über die Intervention.

Grünen-Fraktionschefin Lüddemann teilte mit: „Vage Indizien einer Bedrohungslage, die durch die Anmeldung einer rechtsextremen Kundgebung in der Nähe des Veranstaltungsortes auftreten, dürfen kein Grund sein, das Konzert abzusagen.“
Nur CDU-Politiker, Kulturminister und Stiftungsratsvorsitzender Rainer Robra sieht das anders. In seinem Kulturministerium bestand die Befürchtung, dass der Auftritt der Band die Marke Bauhaus beschädigen könnte. Auch hier kein Verweis auf die linksextremistischen Aktivitäten der Gruppe.

Auch die Kulturstaatsministerin hat kein Problem mit den Hasstiraden auf Deutschland. Ihre öffentliche Stellungnahme lautet: „Es ist ein fatales Zeichen, wenn der Druck der rechten Szene kulturelle Angebote unterbindet. Die Sicherheitsbedenken der Stiftung Bauhaus Dessau und deren Sorge um die Unversehrtheit von Besuchern und Weltkulturerbe im Vorfeld des Bauhausjubiläums 2019 muss man ernst nehmen. Doch es wäre Aufgabe der Behörden in Sachsen-Anhalt gewesen, das Konzert zu ermöglichen und die Sicherheit zu gewährleisten – auch wenn die Band nicht jedem gefällt. Der Stiftungsrat wird sich mit dem Vorgang intensiv befassen müssen.“

Das Land Sachsen-Anhalt soll verpflichtet sein, Hass auf Deutschland und seine Verfassungsorgane auf die Bühnen zu bringen? Weiß die Kulturstaatsministerin eigentlich, wovon sie redet? Wieso hält das ZDF Deutschlandhetze für programmfähig?
Hier soll gewalttätiger Linksextremismus endgültig salonfähig gemacht werden, mit allen fatalen Folgen, die das für unser Land haben wird. 

Bezeichnenderweise hat die Bundesregierung kein vergleichbares Statement verlauten lassen, als linksradikale Studenten der Humboldt-Universität zu Berlin 2013 einen Vortrag des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maizière durch Blockade verhinderten. Wenn ich mich richtig erinnere, hat damals auch das ZDF zu diesem Skandal geschwiegen.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Martin Landvoigt / 19.10.2018

Der Verfall der politischen Kultur in Deutschland ist erschrecken. Im Besonderen in der beobachtbaren Geschwindigkeit. Die Begründungen gegen die linksradikalen Hassprediger sind absurd. Warum sollte man denn auf einmal vor einem fiktiven gewalttätigen rechten Mob einknicken wollen? Straßengewalt von Links ist bekannter Weise real und von erschreckendem Ausmaß, seitens rechter Spinner eher ein Randphänomen. Hakenkreuz-Schmierereien und Hitler-Gruß werden oft genug von linken Aktivisten als False-Flag-Operationen durchgeführt, bei den Übrigen ist der Verdacht der V-Mann Aktivisten kaum wegzuwischen. Dagegen ist der bürgerliche Protest auf breiter Front gewaltfrei.

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