Volker Seitz / 20.02.2024 / 10:00 / Foto: Pixabay / 39 / Seite ausdrucken

Kein deutscher Wald für Afrika?

Das Aufforsten in Afrika ist sicher gut und hilft dem Klima, glaubt das Entwicklungsministerium und spendiert 83 Millionen Euro. Dafür gibts „Wiederaufforstung", wo nie Wald war, Monokulturen und oft mehr Schaden als Nutzen.

Es gibt zahlreiche Aufforstungskonzepte der Industriestaaten in Afrika. Wenig überraschend ist es, dass Deutschland bei Klimaschutzprojekten sich mit grünem Eifer zu den wichtigsten Financiers und Hauptverantwortlichen für die Umsetzung zählt. AFR 100 (African Forest Landscape Restoration Initiative) wurde 2015 auf dem Pariser Klimagipfel ins Leben gerufen. Im Rahmen der AFR100-Initiative finanziert das Entwicklungsministerium (BMZ) nach eigenen Angaben das Programm z.B. in sechs afrikanischen Ländern bis 2027 mit 83 Millionen Euro.

Aber wieder einmal werden die Projekte nicht so geprüft, dass nur solche Programme unterstützt werden, die sinnvoll für Klima und Natur sind. Bislang gibt es nur wenig Fortschritte. Dieser Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht erschwert eine realistische Einschätzung der Umsetzung.

Nun berichtete das renommierte Wissenschaftsfachjournal Science am 15. Februar 2024 über eine Studie der University of Liverpool („Conflation of reforestation with restoration is widespread – Acros Africa, vast areas of non forest are threatened by inappropriate restoration in the form of tree planting“), dass sich die Geldgeber in Afrika durch diese angeblichen Klimaschutzprojekte dem Verdacht des Greenwashings ausgesetzt haben.

Die Studienleiterin Kate Parr schreibt: „Statt Klima und Natur zu schützen, werden in großem Maßstab wertvolle Ökosysteme zerstört“, und: „Die Milliardenprogramme müssten sachkundiger umgesetzt werden.“ 

Meist gebietsfremde Holzarten

Vielfach würde – auf Wunsch der Teilnehmerländer um in den Genuss der Gelder zu kommen – dort „Wieder“-Aufforstung gemacht, wo es überhaupt keinen Wald gab. Folge: Bäume würden in ungeeigneten Savannen und Grassteppen gepflanzt, wodurch wertvolle Lebensräume für den artenreichen Wildtierbestand zerstört werden. Auch die Lebensgrundlage der Menschen sei durch die falsche Wiederaufforstung bedroht. Die Fläche der wenig fachgerechten Aufforstung sei inzwischen annähernd so groß wie Frankreich. 

„Die Wiederherstellung von Ökosystemen ist notwendig und wichtig, aber sie muss auf eine Weise erfolgen, die für jedes System angemessen ist“, schreibt die Forscherin Kate Parr. Derzeit seien die Projekte aber mit riesigen Summen ausgestattet, die für Entwicklungsländer große Anreize schaffen, an Programmen auch dann teilzunehmen, wenn passende Flächen gar nicht vorhanden seien. Unter den Unterzeichnerländern des AFR 100 Projekts sind acht Staaten, die über keine Waldflächen verfügen und nicht zum Waldökosystem gehören.

Trotz der bekannten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen werden unter dem Deckmantel der „Aufforstung“ oder „Wiederaufforstung“ auch im Rahmen der AFR100 Initiative umweltschädliche Monokulturplantagen angelegt. Dabei handelt es sich meist um gebietsfremde Holzarten wie Kiefer, Flechtwerk und Eukalyptus. Es sei ein Problem, dass oft keine einheimischen Baumarten verwendet würden, schreibt die Studienautorin Parr. 

Die Bonner Professorin Lisa Biber-Freudenberger sagte dem österreichischen Standard: „Gerade die Idee, ‚einfach‘ Bäume zu pflanzen, um den Klimawandel zu bekämpfen, ist eben nicht so einfach wie häufig in der Öffentlichkeit angenommen. Politische Initiativen wie die AFR 100 sind manchmal gut gemeint und sehr symbolträchtig, bringen aber wieder Probleme mit sich.“ 

 

Volker Seitz, ist Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“ dtv, 11. Auflage 2021

Foto: Pixabay

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Leserpost

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finn waidjuk / 20.02.2024

Jetzt verstehe ich auch, warum man deutschlandweit Wälder für Windräder abholzt. Der Wald ist ja dann nicht weg, er ist nur in Afrika! Was bin ich doch für ein Dummerchen!

Lutz Herrmann / 20.02.2024

Pflanzen verstoffwechseln Wasser besser bei hohen CO2-Leveln. Das ist eine Lösung, bei der die Entwicklungshilfe- und Umweltschutzindustrie nix verdient.

Charlene Riske / 20.02.2024

Bäume beschatten den Boden und tragen zur Humusentstehung bei. Sie sind das wichtigste Element der Renaturierung verödeter Flächen. Von daher gibt es am grundlegenden Konzept nichts zu meckern. Allerdings müssen natürlich passende Baumarten ausgewählt werden. Wichtig sind auch Projekte zur Meerwasserentsalzung und Regenwasserrückhaltung. Denn auf kurz oder lang kommt kein Kontinent um ein vernünftiges Bewässerungsmagament herum.

E. Sommer / 20.02.2024

Das eindimensionale Denken der linksgrünen guten Menschen ist evident.

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