“Im Schlaf versammelt der Mensch um sich im Kreise den Lauf der Stunden, die Ordnung der Jahre und der Welten. Er zieht sie instinktiv zu Rate, wenn er aufwacht, und liest in einer Sekunde daraus ab, an welchem Punkt der Erde er sich befindet, wieviel Zeit bis zu seinem Erwachen verflossen ist; doch können ihre Ordnungen durcheinander geraten, sie können zusammenbrechen.” Unterwegs zu…Proust. Sätze wie Kathedralen. Für die nächste, überschaubare Zeit reicht mein Lesefutter noch, lieber Herr Björkson, wenigstens in dieser Hinsicht muß ich mir keine Gedanken machen. Kurz bevor “meine” Bibliothek die Schotten für die nächsten Wochen dicht gemacht hat, konnte ich noch drei Kunstbände ergattern, den neuesten Dürer (fast 500 Seiten), sowie die ebenfalls aktuellen Baselitz und Hopper. Insofern, d.h. nur in dieser Hinsicht, könnte ich zu einem Tati mutieren…herrliche Zeiten. Apropos. Wem kann schon einfallen, das Lesen (freiwillig) aufzugeben? Sowas darf nicht einmal gedacht werden - noch Scherz oder Satire sein. Lassen Sie mich deshalb nachdringlich eine Literaturkritikerin zitieren. Also, “Lesen Sie wohl”.
Warum sollten schwunglose Perorationen über lausige Zeiten besser sein, als gediegene Regalfüller über nicht weniger lausige Zeiten? Meine Dioskuren: Mahābhārata und Rāmāyaṇa.
Nun ja, geschrieben wird mehr als genug, nur halt weniger Belletristik, die dem Mainstream widerspricht, sondern eher Streitschriften, Polemiken, Sachbücher, Artikel im Internet usw. An einen Roman „die Nachhaltigen“ kann ich mich erinnern, der hier auf der Achse besprochen wurde. Da aber in der Leseprobe auch nichts anderes zu finden war, als der ohnehin geschilderte tägliche Irrsinn, der die Fiktion teilweise übertraf, habe ich das Buch nicht gekauft. Für Belletristik braucht es vielleicht doch einen zeitlichen Abstand. So sollen die Deutschen über Billy Wilders Filmkomödie „Eins-Zwei-Drei!“ über amerikanische „Tüchtigkeit“ und deutsches hackenknallendes Strammstehen vor den jeweiligen neuen Herren in Ost und West nicht so richtig gelacht haben, heute sorgt die alte Klamotte immer wieder mal für Amüsement, wie sie so schön mit den Klischees spielt.
Ich habe wohl 100 Bücher oder mehr von meinen Eltern geerbt und auch noch eigene in den Regalen stehen. Bis ich die durch habe, das dauert noch ein wenig. In den letzten Wochen habe ich einige historische Romane gelesen, jeder so um die 600 Seiten stark. Jedes Jahr im Herbst verkauft die örtliche Bücherhalle gebrauchte Bücher für 50 Cent, die aussortiert wurden. Darunter auch bekannte Autoren. Eigentlich ist da für Jeden was dabei. Wenn die neuen Bücher einem nicht gefallen, dann greift man eben auf ältere Exemplare zurück. Zur Not geht ja auch mal ein sog. Groschenroman um sich zu entspannen. Ich finde es übrigens nicht schlimm, wenn man sich ein Buch zur Unterhaltung greift um sich abzulenken. Wir haben so viele Probleme im Land, da muss ich mich nicht auch noch in meiner Freizeit ständig mit diesen Problemen auseinander setzen. Inzwischen bin ich soweit, dass ich mir zur Entspannung alte Columbo-Folgen ansehe und keine neuen Krimis. Denn nur dort kann ich vor der Regierungs-Propaganda sicher sein. Das fängt dabei an, dass irgendwo FCK…-Aufkleber ins Bild gebracht werden, geht weiter bei Protagonisten, die natürlich homosexuell und miteinander verheiratet sind und hört da auf, dass rechtsradikale Anhänger einer bestimmten Partei hilflose Flüchtlinge ermorden. Wenn der Krimi schon so anfängt, weiß man doch eh schon, wer der Mörder ist. Da kann man sich auch die 20zigste Wiederholung von Columbo ansehen, da ist es wenigstens noch interessant, wie geistreich er den Mörder überführt. Zum Glück kann man das TV-Gerät ja noch abschalten und muss sich nicht, wie bei 1984, dauerberieseln lassen. Müsste ich jetzt 6 Monate zu Hause bleiben, ich hätte kein Problem mich zu beschäftigen. Wer Hobbys hat, hat dann endlich mal Zeit, diesen zu frönen.
Ein Bibliophiler, Bibliomane vielleicht, der einst „noch fast jung war und dachte, (er) wäre ein Schriftsteller“ lamentiert – wie nicht anders zu erwarten, bei einem Autor, der sein Werk „Lamento Abendland“ unter die Leute bringen wollte – lamentiert also über „Kein Buch, nirgends“. Als seien Bücher erst zu seinen Lebzeiten geschrieben worden, seit 2015 jedoch nicht mehr. Als hätten Bücherliebhaber nicht massenhaft Bücher in den Regalen stehen, die sie schon immer haben lesen wollten, bislang aber noch nicht dazu gekommen sind. Die Bibliotheken dieser Welt, längst auch das Internet quellen über. Nicht unbedingt mit nach 2015 geschriebenen Büchern, aber sie quellen über. Noch immer erhältliche ältere Auflagen sind der politisch korrekten Überarbeitung vom Negerkönig zum Südseehäuptling nicht zum Opfer gefallen. Also lesenswert. Das Angebot ist irrwitzig größer, als ein Mensch je verarbeiten kann. Aber S. M. Björkson fehlen die „Erzählungen“ nach 2015. Als hätten wir gerade in der Zeit nach 2015 nicht Narrative satt.—- Und nach bisherigem Stand (ca. 15:00 Uhr) nutzen drei Herren, die vermutlich auch denken, sie wären Schriftsteller, die Leserbriefseiten, um auf sich aufmerksam zu machen.—- Ich werde mich jetzt mit Börne beschäftigen. Vor einigen Jahren hat 2001 oder Jokers oder irgendeiner dieser Anbieter eine 5-bändige Börne Gesamtausgabe äußerst günstig verhökert. Seither steht sie ungelesen bei mir rum. Also wann, wenn nicht jetzt? . Mal sehn, was Börne schreibt. Schlechter als das, was zeitgenössische Autoren fabrizieren, wird es schon nicht sein.
“alles was ich finde, ist so armselig, so plump, so langweilig” - ja, leider, da hatte Nietzsche wohl Recht mit seiner Feststellung “Daß jedermann lesen lernen darf, verdirbt auf die Dauer nicht allein das Schreiben, sondern auch das Denken” …
Meine Kinder und Freunde haben immer auf meine Bücherwände geschaut: “Hast du die alle gelesen? ” Aber ich habe keine Sammlung gelesener Bücher, sondern eine kleine Bibliothek zu verschiedensten Themen, immer eine Einladung zum Schmökern und dann sich in Themen zu verlieren. Welch ein Genuss in Tagen wie diesen!
Haaaalllloooo Es gibt E-Books, sogar kostenlose in der Gutenberg-Bibliothek. Wo ist das Problem
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