Henryk M. Broder / 27.12.2016 / 06:29 / Foto: Carodejnice Pikovicich / 8 / Seite ausdrucken

Kehrwoche beim ZDF

Jetzt ist auch das ZDF aufgewacht und nimmt den Kampf gegen die "Fake News" auf. Allerdings nicht die eigenen. Denn mit den "Fake News" verhält es sich wie mit dem Mundgeruch: Stinken tun immer nur die anderen.

Hier die Geschichte:

Die Redaktion von Berlin direkt kündigt am 16. Dezember auf ihrer Twitter-Seite einen Beitrag an: 

"Fake News gefährden die Demokratie, sagt @MGrosseBroemer - mehr dazu am Sonntag bei #berlindirekt". Dazu stellt die Redaktion als Teaser einen 40 Sekunden langen O-Ton mit Grosse-Brömer ein, in dem der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sagt, im Netz seien viele Leute unterwegs, "die destabilisieren wollen, die falsche Meinungen verbreiten, die manipulieren wollen", und dagegen müsse die Politik etwas unternehmen.  

Am Sonntag, 18. Dezember, läuft bei Berlin direkt tatsächlich ein Beitrag über die Verbreitung von Fake News und die damit verbundenen Gefahren, wobei auch Michael Grosse-Brömer zu Wort kommt. Und wenn ich mich nicht total verhört habe, sagt er dabei auch den Satz mit den vielen Leuten, "die destabilisieren wollen, die falsche Meinungen verbreiten, die manipulieren wollen".

Worauf sich ein Shit-Storm über der Redaktion und speziell Michael Grosse-Brömer entlädt. Eine Zuschauerin spottet: "Also ich fand das gut. Kommt selten vor, das ein Politiker so ehrlich ist." Ein Zuschauer meint: "Das war eine lehrbuchmäßige, Freud'sche Fehlleistung - mit tiefer Überzeugung vorgetragen." 

Michael Grosse-Brömer meldet sich am 19.12. noch einmal zu Wort und erklärt, wie er es gemeint hat: "Auf die Idee, das das 'falsche Meldungen' heißen sollte, sind Sie nicht gekommen, oder?" Er schon, aber offenbar erst nach der Sendung.

Ob er nun "falsche Meldungen" gemeint, aber "falsche Meinungen" gesagt hat, oder ob das Es aus ihm gesprochen und ungewollt das artkuliert hat, was er wirklich sagen wollte, wenn Sie nun in die Mediathek des ZDF gehen und die Sendung Berlin direkt anklicken, werden Sie zwar den Beitrag über Die Dimension von Fake News finden, darin aber nicht mehr das Staatement von Michael Grosse-Brömer über "falsche Meinungen". Es ist weg, ex und hopp. Und auf der Twitter-Seite fehlen alle Einträge vom 19. Dezember, es geht vom 18.12. direkt auf den 20.12. Der Shit-Storm ist weg, übrigens auch der Eintrag von MGB, dass er zwar Meinungen gesagt, aber Meldungen gemeint hat. Man hat ordentlich aufgeräumt. Nur der Teaser vom 16.12. wurde übersehen. Keine Panik, Jungs, wir haben alle Screen-Shots.

Hier noch einmal das komplette Statement von MGB, für alle Zeiten festgehalten und seziert von Dushan Wegner.

Wir stehen in der Tat vor neuen Herausforderungen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, unterstützt durch Erkenntnisse, von Journalisten, Wissenschaftlern, auch Nachrichtendiensten, im Netz sind `ne Menge Leute unterwegs, die destabilisieren wollen, die falsche Meinung verbreiten, die manipulieren wollen, und da muss Politik mit umgehen, insbesondere vor Wahlkämpfen. Denn eins ist ja klar: Wenn man sich nicht mehr auf die Informationen verlassen kann, die ja Grundlage für eine Wahlentscheidung ist, sondern wenn die manipuliert werden, dann ist da letztlich auch die Demokratie gefährdet. Und da müssen wir gegenhalten, als Politik, und da müssen wir erstmal sensibilisieren für dieses Problem, und wir müssen neue Strategien entwickeln, mit anderen zusammen, um dem zu begegnen.

 

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Peter Goetz / 27.12.2016

Haha! Selten so gelacht, einfach schön!

Karla Kuhn / 27.12.2016

Sagen Sie Herr Broder, Sie sind doch Journalist, warum wird solchen Typen wie Grosse- Brömer nicht einfach Berufsverbot erteilt ? Früher sagte man, naja, die Bildzeitung und heute ? Ich lese überhaupt keine dieser sogenannten “Qualitätsmedien” mehr.  Brömer braucht bald gar keine Strategien mehr entwickeln, dem werden die Leser in Scharen davonlaufen. Aber es macht ja nichts, auf Hartz hat jeder Anspruch.

Thomas Schmied / 27.12.2016

Meinungen ergeben sich auch aus Meldungen. Da gibt es natürlich Zusammenhänge. Meinungen ergeben sich aber auch aus Erfahrungen, aus individueller Leistung des Verstandes. Meldungen können sie beeinflussen, filtern. Sie können sogar Medien bekämpfen, die für sie ungünstige Meldungen verbreiten. Mit Erfahrungen funktioniert das nicht. Was ich an der Sache ganz besonders verwerflich finde, ist die Geringschätzung, die dem Verstand der Mehrheit entgegengebracht wird. Die Mehrheit wird für zu dumm gehalten, sich im Wust der Meldungen und Meinungen (was leider zunehmend vermengt wird), das eigene Urteil selbst bilden zu können. Man möchte die volkommene Herrschaft über die Meldungen - um die erlaubte Meinung zu definieren. Der Souverän als Schafherde?

Erich Schmidt / 27.12.2016

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie eng der ÖRR mit der Politik verknüpft ist, dann ist dieser jetzt wohl erbracht. Natürlich hat kein Politiker beim ZDF angerufen um die Löschung des Beitrages aus der Mediathek zu begehren. Das glaube ich sogar. Aber man ist beim ZDF natürlich ausreichend politisch geschult um selbst wissen zu können, was getan werden muss. Da liegt das Problem: Journalisten des ÖRR handeln im Interesse von Politikern und wir bezahlen beide Gruppen dafür fürstlich.

Holger Lensing / 27.12.2016

Es wird sicherlich schwierig werden, zwischen Meldungen und Meinungen zu unterscheiden - gar manches Mal wird womöglich nur jemand meinen, etwas melden zu müssen, weil es sich ganz gut macht, das Eine oder Andere sichtbar zu meinen - gerne auch in öffentlich-rechtlichen Medien und mit oder ohne innere Zustimmung oder Ablehnung, motiviert also aus anderen Gründen als der reinen Informationsübermittlung. Ähnlich ist es mit dem Nicht-Meinen, was gelegentlich als bloßes Unterlassen oder aber als Verschweigen einzusortieren wäre. Und wie, wenn nur ein Teil einer Information weitergegeben und überbetont, der Rest aber “vergessen” wird? Meldung und Meinung reiben sich an den Begriffen Lüge und Wahrheit - und was ist eigentlich Propaganda? Hier tut ganz offensichtlich ein Ministerium für Wahrheit not, das hat schon vor längerer Zeit George Orwell sehr richtig erkannt, damit die Gammas und Deltas bei Aldous Huxley die notwendigen (not-wendig, das gefällt mir!)  Informationen dosiert bekommen wie ihr täglich Soma. Das kann nur durch eine staatliche Stelle erfolgen! Wie wäre es, wenn wir diese Stelle der Einfachheit halber “Joseph” nennen? “Joseph” könnte dann in einer späteren digitalen Ausbaustufe “Siri” ablösen, damit ein jeder jederzeit weiß, obe er etwas zu melden und was er zu meinen hat und was eben nicht. Das würde das Leben des mündigen Bürgers erheblich erleichtern!

Frank Robenek -von Seggern / 27.12.2016

Ist denn schon 1. April???

Jens Brailow / 27.12.2016

Danke, lieber Herr Broder, Sie sind ja fast so investigativ, wie Ihr Kollege Mario Barth! Und leider genauso witzig!!

Georg Dobler / 27.12.2016

Ich habe das Gefühl für die Herbst-Wahl 2017 wird vorgesorgt. Wenn von Gefährdung der Demokratie durch Wahlentscheidungen, die auf falschen Informationen beruhen, die Rede ist und auch immer wieder vor Manipulationen durch Russland gewarnt wird dann können wir davon ausgehen dass beim “falschen” Wahlausgang das Ergebnis schlicht und einfach wegen angeblichen Manipulationen für ungültig erklärt werden wird.  Was die sich ausdenken wie es danach dann weitergeht weiß ich auch nicht.

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