Erbittert stritten die Regierungsparteien im vergangenen Sommer über Zurückweisungen von Migranten an der deutschen Grenze. Nach wochenlangen Auseinandersetzungen fanden CDU, CSU und SPD schließlich einen Kompromiss: An der deutsch-österreichischen Grenze sollten solche Schutzsuchenden zurückgewiesen werden, die schon in Spanien, Griechenland oder Italien Asyl beantragt hatten – falls diese Länder die Rücknahme per bilateralem Abkommen zusichern. Spanien und Griechenland taten dies im August; die italienische Regierung weigert sich bis heute, eine entsprechende Vereinbarung zu unterzeichnen.
Nun zeigt sich: Die Rücknahmeabkommen, die im vergangenen Jahr fast zum Zerbrechen der Großen Koalition führten, sind nahezu ohne praktische Auswirkungen geblieben. Laut dem Auslandsrundfunk der Bundesrepublik „Deutsche Welle“ (DW) sind seit August 2018 lediglich elf Menschen auf dieser Grundlage an der Einreise gehindert worden. Das Bundesinnenministerium habe der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kürzlich auf Anfrage mitgeteilt, dass neun Migranten nach Griechenland und zwei nach Spanien zurückgeschickt worden seien.
Nach den Dublin-Regeln ist normalerweise jenes Land für Schutzsuchende zuständig, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Migranten, die unerlaubt weiterreisen, können in ihr Ankunftsland zurückgeschickt werden. In der Praxis gelingt es aber oft nicht, die Betroffenen innerhalb der dafür vorgesehenen sechs Monate zurückzubringen. Die vor allem auf Drängen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) getroffenen Absprachen mit Griechenland und Spanien sollten bei diesem Problem Abhilfe schaffen. Ihre Wirkung wird vor allem durch die Tatsache geschmälert, dass sie sich ausschließlich auf die deutsch-österreichische Grenze beziehen, über die lediglich ein Bruchteil der Migranten nach Deutschland kommt und an der ohnehin nur punktuell kontrolliert wird.