Jost Kaiser schreibt für Vanity Fair über den Plan, einen McDonald’s in Kreuzberg zu eröffnen:
Der alternative Kiez mit “gewachsenen Strukturen” besteht natürlich hauptsächlich aus Imbissbuden, die mieses, fettiges Essen anbieten, Ramsch- und Telefonläden, diese sind aber eben “klein” und deshalb “gewachsen”.
Da haben wir wieder alle antiamerikanischen Mythen, direkt aus der Ursuppe der deutschen Seele abgeschöpft, zusammen: “Gewachsenes” (also Natürliches) wird von einem Multi, einem Riesen plattgemacht, der in die Idylle eindringt. Opfer: Der “Wrangelkiezbewohner”, ein authentischer, bisher dem unverfälschten Leben frönender Menschenschlag, umgeben von tollen, selbstverwalteten Imbissbuden, die bedrohte Miniunternehmer heldenhaft betreiben, um der Kommerzialisierung des Lebens wenigstens auf dem Feld des Bratkloppses Widerstand zu leisten.
Auch der Mythos, dass Multis nur etwas machen, um “gewachsene Strukturen” (gewachsen=deutsch, künstlich=amerikanisch) zu zerstören und nicht aus rational-wirtschaftlichen Gründen, ist natürlich ein alter, braun-roter Mythos. Warum sollte McDonalds in Kreuzberg einen Laden aufmachen, wenn sie nicht vermuten würden, es gäbe dort einen Markt für fettiges Fleisch und Fritten? Ehrlich gesagt: Wer durch die Straßen des mit “gewachsenen Strukturen” gesegneten “Kiezes” geht, wird notwendigerweise zu der Überzeugung kommen: Leider für nichts anderes als für genau das gibt es hier einen Markt.
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