Wie ist es, wenn die Fernheizungswärme eines Kraftwerkes mitten im klirrenden Winter plötzlich zur Mangelware wird? In Nürnberg ist das gerade der Fall. Die Stadt musste den Katastrophenfall erklären, nachdem das Großkraftwerk Franken wegen eines Brandes vom Netz genommen werden musste. Das Kraftwerk speiste 1.150 Anschlusspunkte für Fernwärme, wie br.de berichtet. Betroffen seien neben tausenden Haushalten unter anderem auch große Betriebe, eine Klinik, Schulen, ein Einkaufszentrum sowie zwei Alten- und Pflegeeinrichtungen. Die Fernwärme-Versorgung für die betroffenen etwa 15.000 Menschen könne bei den aktuell niedrigen Temperaturen nicht vom Kraftwerk im Stadtteil Sandreuth aufgefangen werden, habe der Energieversorger N-Ergie mitgeteilt. Die Wärmeversorgung für einzelne Abnehmer werde deshalb vorübergehend reduziert.
Es herrscht also Mangel an Heizwärme an diesen äußerst kalten Tagen und vor allem den noch kälteren Nächten. Da muss gehandelt werden. Die Stadt Nürnberg hat sofort den Katastrophenfall ausgerufen und sucht nach Lösungen für das Wärmeproblem. Die Verwaltung hat es mit einem handfesten Notstand zu tun – mitten im Corona-Ausnahmezustand, der das Handeln lähmt und dessen Angemessenheit ohnehin immer mehr infrage gestellt wird.
Der Katastrophenfall begann mit Appellen an die Bürger. Die fernbeheizten Nürnberger sollten möglichst kein warmes Wasser mehr entnehmen und die eigene Heizung drosseln, damit die Wärme irgendwie noch für alle reicht. Ob diese Art der Solidarität wirklich funktioniert, wenn 20 Grad unter null für die Nacht angesagt sind?
Im Gegensatz zu den Planern des Corona-Ausnahmezustands haben die Verantwortlichen, die den Nürnberger Wärme-Katastrophenfall managen müssen, keine Zeit und möglicherweise auch keine Neigung, ein Verbots-, Regulierungs- und Sondervorschriften-Gebäude zu errichten. Die Frauen und Männer im entsprechenden Krisenstab tun stattdessen offenbar das, was man in der Vor-Corona-Zeit in Notstands-Situationen auch gemacht hat: Sie suchen nach praktischen Lösungen für handfeste Probleme. Schließlich würden die Verantwortlichen, so berichtet focus.de, davon ausgehen, dass die Fernwärmeversorgung aus dem Großkraftwerk nicht innerhalb der nächsten 14 Tage wiederhergestellt werden könne. So lange wolle man aber niemanden in der Kälte leben lassen.
Nach dem Motto handfester Notstand schlägt fragwürdigen Ausnahmezustand wurde die Corona-Verordnung für Nürnberg umgehend teilweise außer Kraft gesetzt. Wer bei Verwandten oder Freunden mit funktionierender Heizung unterkommen könne, begehe damit keinen Verstoß gegen die Corona-Verordnung, hieß es. Auch 1.000 Hotelzimmer würden zu einem geringeren Preis zur Verfügung gestellt und stünden bereit.
Zeitgleich werden mobile Heizzentralen organisiert, die schnellstmöglich nach Nürnberg gebracht werden sollen. Eine solche Heizzentrale sei in etwa so groß wie ein Schiffscontainer, dazu werde noch ein gleich großer Container zur Diesellagerung benötigt. Der Heizwärme-Mangel lasse sich damit in den nächsten Tagen abmildern.
Zumindest aus der Ferne hört sich das so an, als würde man in Franken den praktischen Umgang mit einer überraschenden Notstandsituation noch beherrschen. Das ist insofern bemerkenswert, als das zeitgleich allein schon der im Winter keineswegs so überraschende Schneefall bei frostigen Temperaturen landesweit für Chaos sorgte. Auch in solchen Städten und Regionen, in denen es keinerlei außergewöhnliches Wettergeschehen für einen Februartag gab, schien der Winterdienst nicht auffindbar, wurden Straßen kaum oder gar nicht geräumt, weshalb man dann auch gleich den öffentlichen Nahverkehr und die Müllabfuhr einstellen musste. Das ließ mancherorts schon ernste Zweifel aufkommen, inwiefern staatliche Körperschaften hierzulande noch zu praktischer Problemlösung in der Lage sind.
Das Abschalten von Kraftwerken – wenn auch nicht so überraschend – wird es in den nächsten Jahren öfter geben. Dass das dann bei Störfällen schneller zu Energie- und Wärmemangel führen kann, dürfte niemanden überraschen. Daher ist es sicher gut, wenn ein Gemeinwesen im Umgang mit solchen Versorgungsmängeln geübt ist.
Vielleicht ist es für Nürnberg auch etwas tröstlich, dass das jetzt zwischenzeitlich lahmgelegte Großkraftwerk Franken nicht vom Kohleausstieg betroffen sein dürfte. Es ist ein Gaskraftwerk, das im Bedarfsfall – sollte wer den Gashahn zudrehen – auch mit leichtem Heizöl betrieben werden kann. Klingt eigentlich ganz krisensicher.