Ramin Peymani, Gastautor / 09.08.2021 / 14:00 / Foto: Pixabay / 57 / Seite ausdrucken

Karlsruhes seltsames Verständnis von Propaganda

Das Verfassungsgericht hat entschieden: Die GEZ-Erhöhung kommt, die Verfassungsbeschwerde wurde abgeschmettert. Begründung: Die Einflussnahme auf das Programm durch den Staat müsse ausgeschlossen bleiben.

Sie kommt also, die Erhöhung des sogenannten Rundfunkbeitrags. Um dies vorherzusagen, musste man kein Prophet sein. Wer sich auf das bis dato geltende Einstimmigkeitsprinzip verlassen und mit Blick auf die Verfassungsbeschwerde des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf das höchste deutsche Gericht gehofft hatte, musste sich nunmehr eines Besseren belehren lassen. Harbarth und Co. haben zugunsten der herrschenden Politik und gegen die Bürger entschieden. Wieder einmal. Grotesk mutet die Begründung des Verfassungsgerichts an: Jedes Risiko einer Einflussnahme auf Programmauftrag und Programmgestaltung durch Staat und Parteien müsse ausgeschlossen bleiben, so die Karlsruher Richter.

Als Zwangsfinanzierer kommt man sich verspottet vor. Mit ebendieser Begründung müsste vielmehr die Beitragserhebung für weite Teile des Programms der öffentlich-rechtlichen Anstalten auf der Stelle untersagt werden. Es trieft auf den rund 100 Fernseh-, Radio- und Internetkanälen von ARD, ZDF und Deutschlandradio nämlich geradezu vor Staatspropaganda und Parteienagitation.

Wer die Einflussnahme tatsächlich unterbinden wollte, müsste den Hebel zu allererst bei der Besetzung der Rundfunk- und Fernsehräte ansetzen, in denen die Parteien und ihre mehr oder weniger gut getarnten Helfershelfer tonangebend sind. Angeblich wollen die Richter um den immer umstrittener agierenden Präsidenten Harbarth jedoch verhindern, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk zum Spielball des Koalitionsgeschachers wird. Hintergrund ist eine im Vorfeld der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt vom damaligen Innenminister und CDU-Vorsitzenden Holger Stahlknecht durchgesetzte Gegenstimme, mit der die CDU-geführte Landesregierung die Beitragserhöhung zum Jahreswechsel verhindert hatte.

Immer wieder einseitig Stellung beziehen

Nun haben die Richter Neuland betreten und neue Regeln geschaffen. Es ist die völlige Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip – mit weitreichenden Folgen. Dass die Richter der Landesregierung Sachsen-Anhalts unlautere Motive unterstellen, ist allerdings eine Unverfrorenheit. Warum nur in diesem Fall und nicht auch in jenen Fällen, in denen etwa die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung auf den Prüfstand der Verfassungsrichter geraten waren? Wer so einseitig Stellung bezieht und nur dort Verfassungswidrigkeit sieht, wo jemand dem polit-medialen Apparat in die Quere kommt, erweckt den Verdacht, sich vom Hüter der Verfassung zum Kollaborateur der Staatsregierenden zu machen. Denn dass die herrschende Politik ein gehöriges Interesse an immer höheren Einnahmen ihrer Sprachrohre hat, kann niemand ernsthaft bezweifeln.

Es ist überdies ein schlechter Witz, wenn Harbarth und seine Kollegen behaupten, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei von größter Bedeutung, um in Zeiten von Fake-News und Filterblasen „Fakten und Meinungen auseinanderzuhalten und die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen“. Wer auch nur einen Tag lang zu einer beliebigen Uhrzeit für eine halbe Stunde ARD oder ZDF einschaltet, stellt fest, dass die größte Filterblase der Republik in den Sendezentralen liegt, in denen mitunter realitätsleugnende „Wokies“ und Aktivisten das Programm bestimmen. Sie schaffen es mit skrupelloser Kaltschnäuzigkeit, Halbwahrheiten, Verzerrungen und mitunter gar Lügen zur öffentlichen Meinung zu machen, weil sie mit 8,5 Milliarden Euro steuerfreier Zuflüsse aus dem Vollen schöpfen und auf diese Weise eine maximale Reichweite erzielen können. Denn Durchdringung ist alles im Agitprop-Geschäft.

Nur 43 Prozent der Erträge fließt in den Programmaufwand

Gebraucht wird ein erheblicher Teil der Einnahmen allerdings nicht für das Programm, sondern für die Personalkosten. Fünfstelligemonatliche Pensionszahlungen an ehemalige Führungskräfte sind dabei keine Seltenheit. Schon im laufenden Sendebetrieb verschlingen die Gehälter für Kleber, Miosga & Co. Milliardenbeträge. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs hat ausgerechnet, dass mit 16,6 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024 gerade einmal 43 Prozent der Erträge in den Programmaufwand fließen. Im gleichen Zeitraum werden rund 12,4 Milliarden Euro für Personalkosten und Altersvorsorge fällig. Dies alles ist vor dem Hintergrund immer weiter steigender Werbeeinnahmen zu sehen, die über eine halbe Milliarde Euro zusätzlich pro Jahr in die Kassen spülen.

Dass der als „Demokratieabgabe“ schöngefärbte Rundfunkbeitrag seit 2009 nicht erhöht und zwischenzeitlich gar geringfügig gesenkt worden war, erscheint angesichts der kräftig sprudelnden Werbeerlöse als Argument völlig untauglich, zumal das Beitragsaufkommen durch die 2013 erfolgte Umstellung von einer Gerätegebühr auf eine Haushaltsabgabe fortlaufend gestiegen ist. Der Landesregierung Sachsen-Anhalts wurde in Karlsruhe zum Verhängnis, dass sie ihr Veto mit der Forderung nach einer Zusammenlegung von Sendern und einer Reduzierung der Programme verknüpfte. Vor allem diese Argumentation bot dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts das Schlupfloch für seine Entscheidung. Juristen sind eben clevere Leute. Da kann der Normalbürger nur noch dumm aus der Wäsche schauen. Es bleibt das Gefühl der Ohnmacht und der Wut über einen Staat, der sich vor unseren Augen in rasantem Tempo auf allen Ebenen in eine Richtung bewegt, die nichts Gutes verheißt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

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Leserpost

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Daniel Oehler / 09.08.2021

Deutschlands furchtbare Juristen mal wieder. In Deutschland ist die Justizgläubigkeit trotz der Erfahrungen mit der systemnahen Justiz des Dritten Reiches immer noch erschreckend hoch. Hitlers Blutrichter Freisler starb durch einen Bombenangriff. Da haben die Alliieren mal den Richtigen getroffen. Ansonsten war es eines der größten Versäumnisse bei der Entnazifizierung durch die Besatzer, so gut wie gar nicht bei der deutschen Justiz durchgegriffen zu haben. Viele Richter und Staatsanwälte haben vorsätzlich dem Regime ungenehme Menschen in den Tod geschickt. Dafür hätten sie wegen Mordes vor Gericht gestellt werden müssen. Damals galt für Mord noch die Todesstrafe.

Petra Wilhelmi / 09.08.2021

@Gudrun Meyer: Frau Meyer, ist Ihnen nicht aufgefallen, dass es keine Dokus in dem Sinne mehr gibt? Die Dokus wurden i.d.R. aus vielen zusammengeschnitten und sie wurden i.d.R. mit einem neuen Text versehen. Der Gipfel war mal, dass die Mezoamerikanischen Völker sehr viel weiter waren als in Europa, als die Spanier dort an Land gingen. Die Mezoamerikanischen Völker, die noch nicht mal einen Rundbogen bauen konnten. Und dann wurde auf die weiße Rasse eingedroschen. Die Dokus wurden geframt und der Ideologie angepasst. Leider.

Albert Pelka / 09.08.2021

Fazit: Die Staatsparteien-Demokratur marschiert und marschiert und marschiert, die Reihen festgeschlossen. Darum brauchen wir jetzt nicht nur Bundesgesetze zur Privatisierung dieser Zwangsgebührenanstalten, wir brauchen auch eine umfassende Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit, um solche Entartungen,  für die der Name Harbarth lediglich ein markantes DATUM darstellt, wieder zurückzuführen auf ein Niveau eines wirklichen demokratischen Verfassungsstaats. Und zwar dringend!

Thomas Brox / 09.08.2021

Wie schon die vorausgegangenen Urteile des BVerfG zeigt auch dieses Urteil, dass EU/Deutschland ein Obrigkeitsstaat ist, der von einer allmächtigen, privilegierten Exekutive - dem Staatsapparat - beherrscht wird. Die Gewaltenteilung ist Makulatur. Der Kern des Staatsapparats ist das Beamtentum, das alle wichtigen Machtinstrumente in der Hand hat oder indirekt kontrolliert (Polizei, Justiz, BVerfG, Notenbank, Infrastruktur, ... ). Man sollte sich nicht durch billige Formalitäten täuschen lassen: Die etablierte Politkaste ist de facto ebenfalls verbeamtet. ++ Der EU/deutsche Obrigkeitsstaat bewegt sich in Richtung eines totalitären Sozialismus. Je mehr die inhärente Unfähigkeit und das Schmarotzertum des “Staates” zu Tage tritt, desto mehr wird das Regime die Zügel anziehen. ++ Der Rundfunk wird in Deutschland durch 3 Staatsverträge zwischen den 16 Bundesländern geregelt. Für diese Verträge und für sämtliche Änderungen war die Zustimmung ALLER 16 Bundesländer notwendig. Das BVerfG setzt in einer dreisten Kompetenzüberschreitung diese Zustimmungsklausel außer Kraft, und zerstört die Vertragsfreiheit der Bundesländer. Das BVerfG ist nicht legitimiert gültige, verfassungsgemäße Verträge zwischen den Bundesländern zu annullieren. Das BVerfG erhebt sich in unverschämter Selbstermächtigung über die Parlamente. Es ist nicht Aufgabe des BVerfG Verfassungsrecht zu setzen. Die Aufgabe eines Verfassungsgerichts in einem funktionierenden bürgerlichen Rechtsstaat besteht darin die Bürger vor Übergriffen der Staatsgewalt zu schützen. Das BVerfG ist jedoch nichts anderes als ein Teil des übergriffigen Staatsapparats. ++ Siehe hierzu auch den vernichtenden Artikel [NZZ: Der öffentlichrechtliche Rundfunk muss grundlegend reformiert werden].

Ulrich Viebahn / 09.08.2021

“immer weiter steigende Werbeeinnahmen (...) über eine halbe Milliarde Euro pro Jahr”: Die im Fernsehen Werbenden sollten einmal genau hinschauen, ob sie z.B. zahlungskräftige Kunden noch erreichen. Oder ob die ‘Quoten’ oder Zuschauerzahlen überhaupt stimmen. Das wäre doch ein schöner Hebel, den die Nicht-Mehr-Fernseher ansetzen könnten. Vielleicht nicht mehr nur nicht mehr fernsehen, sondern auch mal ein paar Briefchen an die Werbenden und denen Beispiele zeigen, in welchem bullshit ihre Werbung eingebettet ist. Wie wollen die Werbenden glaubwürdig wirken, wenn sie das in einem völlig unglaubwürdigen Medium versuchen?

Peter v. Falkenstein / 09.08.2021

Karlsruhes seltsames Verständnis von Propaganda….....Natürlich kann jeder selber entscheiden ob das jetzt ein seltsames Verhalten war , für mich gesehen aber auf keinen Fall ,sondern nichts weiter als auf der Tages Ordnung der Politik wie vergleichsweise in den 57 Islam und den paar noch Existierenden Kommunisten Staaten ,.Und dann kann man noch von Glück reden das die gekauften Schergen in den Roten Roben diesen Fall überhaupt ANGENOMMEN -VERHANDELT haben ....weil das kann auch ganz anders aus gehen .Und deswegen erinnere ich immer wieder gerne an diese Traurige Tatsache und Schlagzeile .....30.08.2017 — “Als haltlos erwiesen”. 1000 Strafanzeigen gegen Merkel wegen Hochverrats - ALLE abgeschmettert. Bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe…...Besonders bemerkenswert finde ich das Wort…... ALLE .....Tja so waren die schon im Jahre 2017 und wieso sollten die das inzwischen geändert haben ? Die Leben doch bestens im Besten Deutschland das es je gab oder ?

Richard Loewe / 09.08.2021

das Demos muss eine Abgabe an den Staat leisten. Schöner kann sich eine Diktatur nicht selbst entblößen.

Georg Andreas Crivitz / 09.08.2021

Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk parteipolitisch neutral? Wird sachlich und ausgewogen berichtet? Ich glaube, man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um diese Fragen klar zu verneinen. Schon die Sprache verrät die richtungspolitische Positionierung. Auch ohne auf inhaltliche Aspekte einzugehen, kann man leicht erkennen, dass man sich sprachlich eindeutig im Spektrum links der Mitte bewegt. »Politisch korrekte« Wortwahl, Gender-Grammatik, bestimmte Formulierungen lassen sofort eine Nähe zu linken Publikationen wie TAZ oder »Neues Deutschland« erkennen. Im Unterschied dazu kann ich aber immerhin selbst bestimmen, ob ich für die TAZ oder für das »Neue Deutschland« bezahlen möchte oder nicht. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk lässt man mir diese Wahl leider nicht. Und ich finde, dass 220 Euro im Jahr für eine Dienstleistung, die man nicht nutzt, eine Menge Geld ist.

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