Ulrike Stockmann / 21.02.2021 / 14:00 / Foto: Martin Kraft / 66 / Seite ausdrucken

Karl Lauterbach und die „Hasskommentare“

Der Impfstoff von AstraZeneca geriet in den letzten Tagen in Verruf, nachdem in verschiedenen Krankenhäusern geimpftes Personal vermehrt mit Nebenwirkungen zu kämpfen hatte. In einer Braunschweiger Klinik konnten beispielsweise von 88 Geimpften 37 vorübergehend nicht zur Arbeit kommen. Die Impfbereitschaft gerade bei diesem Präparat ist sehr gering, vor allem medizinisches Personal, das bevorzugt geimpft werden soll, scheint dem Impfstoff nicht so recht zu trauen.

„SPD-Gesundheitsexperte“ und Mediziner Karl Lauterbach wollte dieser Skepsis entgegenwirken, indem er sich in der kommenden Woche selbst mit diesem Stoff immunisieren und zudem noch höchstpersönlich als Impfarzt in einem Leverkusener Impfzentrum in Erscheinung treten wollte.

Dem Tagesspiegel gegenüber ließ er verlauten: „Wir wollen auch dort ein klares Bekenntnis zu Astrazeneca abgeben, das ist ein sicherer und guter Impfstoff.“

Lauterbachs Entschlossenheit geriet jedoch kurze Zeit später ins Wanken. Der „SPD-Bundestagsabgeordnete, der noch selbst tweetet“ (Selbstauskunft auf seinem Profil) gab auf Twitter bekannt:

Ich wollte am Freitag als Impfarzt in Leverkusen meinen Dienst aufnehmen. Leider hat es schon im Vorfeld so viele angekündigte Proteste gegen das Leverkusener Impfzentrum gegeben, dass ich den Start erst einmal absagen muss. Polizei und Sicherheitsbehörden sahen Gefährdung. Da ich weder die grossartigen KollegInnen noch den Betrieb des Zentrums gefährden will, nehme ich mich zurück. Es ist allerdings schade, wie stark der Einfluss radikaler Minderheiten auf unser Handeln jetzt wächst.

Beweise liefert er jedoch nicht

Leider ist nicht bekannt, welche „radikalen Minderheiten“ angeblich Leib und Leben des SPD-Politikers bedrohen. Der Tagesspiegel spricht in diesem Zusammenhang von einer „zunehmende(n) Radikalisierung im rechten und rechtsextremen Spektrum“. Lauterbach berichtete dem Blatt, „dass er vom Sozialdezernenten der Stadt auf eine mögliche Gefährdung hingewiesen worden sei, auch vom Bundeskriminalamt habe es Hinweise auf eine Gefährdungslage gegeben.“ Außerdem wird er zitiert mit: „Die Impfgegner werden immer radikaler.“

Das kann alles möglich sein. Konkrete Beweise für eine dramatische Zunahme des Online-Hasses gegenüber seiner Person liefert Lauterbach jedoch nicht. Bereits am vergangenen Wochenende klagte Karl Lauterbach öffentlichkeitswirksam über „eine Hasswelle über mich im Internet, mit Morddrohungen und Beleidigungen, die schwer zu ertragen sind. Immer wieder Aufrufe zur Gewalt“. Seine Bürotische seien voller Anzeigen. Ohne zynisch klingen zu wollen, entsteht in mir der Eindruck, dass sich hier jemand wichtiger nimmt als er ist.

Dazu passt auch, dass vor ein paar Tagen eine ZDF-Sendung über Karl Lauterbach und seinen Kampf gegen den Hass gezeigt wurde. Mit dem verräterischen Titel „Wo bleibt das Gesetz gegen Hass im Netz?“ Das wirkt alles eine Spur zu konzertiert. Und sollte die Polizei wirklich nicht in der Lage sein, einen entschlossenen Impfarzt bei seiner Arbeit in einem Impfzentrum ausreichend zu schützen, bloß weil ein paar „radikale Minderheiten“ diesen bedrohen? Könnte es sein, dass hier ein Meister der Eigen-PR nach den vielfach erprobten Mechanismen die verfolgte Opferkarte zieht?

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Arnold Balzer / 21.02.2021

Als die ersten Meldungen über mangelnde Impfbereitschaft gerade im pflegerischen und medizinischen Bereich mit unverhohlenem Unverständnis kolportiert wurden, war mir sofort klar, warum gerade dort Impf-Unwillen herrscht! Nun soll gerade das Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sinnvollerweise bevorzugt geimpft werden. Von deren geringer Impfbereitschaft kann nicht auf dieselbe in der Gesamtbevölkerung geschlossen werden. Aber dass Mediziner und Pfleger sich in großer Zahl weigern, liegt nahe: Erstens ist bei ihnen gewisser Sachverstand in Bezug auf Impfrisiken vorauszusetzen (zumindest mehr als bei irgendwelchen geschwätzwissenschaftlichen Dödeln, die jede regierungsamtliche Propaganda glauben bzw. dieselbe weiterverbreiten). Zweitens stehen sie an vorderster Front im “Kampf gegen Corona”, und sehen selbst, was mit Patienten und Altenheimbewohnern passiert, wenn diese (zwangs-)geimpft wurden. Drittens, wenn ihre Kollegen geimpft wurden und von denen einige wegen allerlei Nebenwirkungen mehrere Tage ausfallen, dürfen die anderen die Arbeit der Erkrankten mit übernehmen. Wenn dagegen Oma oder Opa, immer noch rüstig und daheim lebend, sich bereitwillig impfen lassen, und dennoch an Nebenwirkungen leiden, dann bleibt dieser Vorfall im privaten Familienkreis und wird nicht publik.

Michael Hoffmann / 21.02.2021

Die Impfzentren werden - wenn überhaupt - nicht vor Impfgegner geschützt, sondern im Gegenteil vor Impfwilligen, die nicht bereit sind, sich hinten anzustellen (berichtete mir ein “Insider”.)

Ricardo Sanchis / 21.02.2021

Angenommen er hätte zu Recht Angst in Leverkusen als Impfarzt ( ist der nicht Gesundheitsökonom? Klar !, von dem möchte sich Jeder impfen lassen *lach ) auf zu tauchen. Was aber hindert ihn nun daran sich den in Verruf gekommenen Impfstoff selber zu verabreichen??

Dr. Markus Hahn / 21.02.2021

Lauterbach inszeniert sich doch selbst als Hassfigur. Ich habe ihn in mein Herz geschlossen, seitdem er öffentlichkeitswirksam verlautbaren liess, qualitativ hochwertige fachärztliche Medizin gehöre alleine in die Hände von Kliniken. Dass er beinharter Kliniklobbyist ist, selber nie als Arzt gearbeitet hat und bis 2013 im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG saß, war den meisten Zuhörern natürlich nicht bekannt. Lauterbach bedient alle klassischen linkspopulistischen Topi - und das gerne deftig. Dass da verbaler Gegenwind weht, muss er schon aushalten. Es lassen sich halt nicht alle widerspruchslos als Rechtspopulisten und Deppen diffamieren, die nicht seiner Meinung sind.

Jochen Grünhagen / 21.02.2021

Selbstreflexion zählt wohl weniger zu den Stärken dieses Wichtigtuers. Lauterbach selbst sollte sich zurück nehmen und gemäßigter auftreten. Ein besonnen auftretender Politiker würde auch zu mehr Mäßigung in der Bevölkerung beitragen. Lauterbach und die Schreihälse auf der anderen Seite sind sich grundsätzlich sehr ähnlich. Besser wird es wohl nicht.

Werner Fett / 21.02.2021

Der kürzeste Lauterbach-Witz: Geht Karl Lauterbach an einem Mikrofon vorbei.

Sabine Heinrich / 21.02.2021

Herr Dr. Lauterbach tut mir außerordentlich leid! Hasskommentare gegen ihn, der es doch so gut mit uns meint und uns ständig vor C. und deren ganzen verheerenden folgenden Wellen mit Millionen Toten warnt, der erfolgreich vor Jahren durch den Einatz eines Impfstoffes verhindert hat, dass sich “dank” der Schweinegrippe die Toten an jeder Landstraße nicht stapeln - nein, dieser Mann erhält keine sog. Hasskommentare, sondern eher Heiratsangebote von willigen Frauen! Übrigens - ich bin - ohne Flachs - davon überzeugt, dass die Leute Schlange stehen würden, wüssten sie, dass der berühmte Panikmacher selbst die Spritze in ihren Körper jagen würde - sogar wenn er eine Ausrede dafür finden würde, diese nicht in seinem eigenen dürren Körper zu versenken. Und die allgegenwärtige Polizei, die doch - wenn es darauf ankommt - Grenzen schützen und Kinder von Rodelbergen vertreiben kann - ist nicht in der Lage, Herrn Dr. Lauterbachs Leben zu schützen? Vermutlich hat der gute Mann nur eine Handvoll feindseliger Kommentare bekommen - wenn überhaupt. Würde es ein so “mediengeiler” Mensch versäumen, geschützt durch Polizei und Sicherheitsdienst, öffentlich aufzutreten und sich als bedrohter Retter der Menschheit zu präsentieren? EBEN!

B.Rehfeldt / 21.02.2021

Was mich umtreibt, ist die Frage , ob Lauterbach auch nur eine Minute darüber nachdenkt, warum er so polarisiert? Ich erinnere in dem Zusammenhang an das Sprichwort mit dem Wald, in den man hinein ruft…. Aufruf zur Gewalt auch gegen Lauterbach geht selbstverständlich nicht, aber ich habe dem Herrn mehrere Mails zukommen lassen, die weder durch Hass noch Hetze gekennzeichnet waren. Leider keine Antwort bekommen. Ich überlege jetzt ernsthaft, doch ein paar aggressive Formulierungen zu verwenden, dann habe ich zumindestens die Chance, dass meine Mails in der Heute Show verlesen werden. Da ich davon ausgehe, dass Karl oder ihm nahestehende Personen hier mit lesen : Eine Regierung, die es nötig hat, einen Mann wie Lauterbach als Verkünder, Mahner, Medium oder was auch immer einzuspannen, hat irgendwie….fertig !

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